Oberlandesgericht Oldenburg:
Beschluss vom 17. Januar 2003
Aktenzeichen: 15 W 3/03

(OLG Oldenburg: Beschluss v. 17.01.2003, Az.: 15 W 3/03)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Oberlandesgericht Oldenburg hat in dem Beschluss vom 17. Januar 2003 (Aktenzeichen 15 W 3/03) über die Reisekosten eines auswärtigen Prozessbevollmächtigten und ehemaligen Mahnanwalts entschieden. Es ging um die Frage, ob die Kosten für einen Unterbevollmächtigten erstattungsfähig sind. Der Beklagte zu 2. hatte gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Oldenburg vom 06.11.2002 Beschwerde eingelegt. Das Oberlandesgericht gab der Beschwerde teilweise statt und verwies den Fall zur erneuten Behandlung an das Landgericht. Es wurde festgestellt, dass nur Kosten von 1.531,90 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.10.2002 festgesetzt werden durften. Das Beschwerdeverfahren wurde auf einen Wert von bis zu 600,00 € festgesetzt.

In den Gründen wurde erläutert, dass die Mehrkosten eines Unterbevollmächtigten nur erstattungsfähig sind, wenn dadurch Kosten für den Prozessbevollmächtigten eingespart werden konnten. Es wurde betont, dass seit dem 01.01.2000 der Unterbevollmächtigte nicht mehr als notwendiger Anwaltswechsel gilt, da der auswärtige Mahnanwalt seinen Mandanten vor jedem Prozessgericht vertreten kann. Im vorliegenden Fall war die Beauftragung des Unterbevollmächtigten nicht als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendige Maßnahme anzusehen. Es wurde darauf hingewiesen, dass nur die Kosten für die Inanspruchnahme eines Anwalts erstattungsfähig sind. Die Mehrkosten für die Tätigkeit des Unterbevollmächtigten könnten nur dann erstattet werden, wenn dadurch Kosten für die Terminswahrnehmung des Prozessbevollmächtigten vermieden wurden.

Es wurde festgestellt, dass die Übernachtungskosten des Prozessbevollmächtigten nicht gerechtfertigt waren und dass es ihm zumutbar gewesen wäre, eine spätere Terminsansetzung zu beantragen. Das Oberlandesgericht übertrug der Rechtspflegerin die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens, abhängig von der Höhe der festzusetzenden Reisekosten.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

OLG Oldenburg: Beschluss v. 17.01.2003, Az: 15 W 3/03


Reisekosten des auswärtigen Prozessbevollmächtigten und früheren Mahnanwalts.

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten zu 2. wird der Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin des Landgerichts Oldenburg vom 06.11.2002 insoweit aufgehoben, als Kosten von mehr als 1.531,90 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.10.2002 festgesetzt worden sind. Im Umfang der Aufhebung wird das Kostenfestsetzungsverfahren zur erneuten Behandlung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Oberlandesgerichts an das Landgericht Oldenburg zurückverwiesen, das auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu entscheiden haben wird.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf bis 600,00 € festgesetzt.

Gründe

Mit seiner gemäß §§ 11 Abs. 1, 21 Nr. 2 RpflG i. V. mit den §§ 104 Abs. 3, 567 Abs. 2 und 569 Abs. 1 und 2 ZPO zulässigen sofortigen Beschwerde gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Oldenburg vom 06.11.2002 begehrt der Beklagte zu 2. die Absetzung der Kosten für den Unterbevollmächtigten (5/10 gemäß §§ 53, 31 I 1 BRAGO und 5/10 gemäß § 33 BRAGO) in Höhe von 501,12 €, die die Rechtspflegerin neben den Gebühren für den Prozessbevollmächtigten (10/10 Prozessgebühr gemäß §§ 11, 31 I 1 BRAGO und 3/10 gemäß § 33 III BRAGO) festgesetzt hat.

Das Rechtsmittel führt in der Sache zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung in dem sich aus dem Tenor ergebenden Umfang und insoweit zur Zurückverweisung des Kostenfestsetzungsverfahrens an das Landgericht Oldenburg zwecks erneuter Behandlung (§ 572 Abs. 3 ZPO).

Wird neben dem zuvor als Mahnanwalt tätig gewesenen am Wohnsitz der Klägerin in B. ansässigen Prozessbevollmächtigten ein Unterbevollmächtigter zur Wahrnehmung des Verhandlungstermins vor dem Streitgericht in O. beauftragt, so sind die dadurch entstandenen Mehrkosten nur in dem Umfang erstattungsfähig, in welchem für den Prozessbevollmächtigten Kosten für die Wahrnehmung des Gerichtstermins erspart worden sind (vgl. Zöller-Herget, ZPO, 23. Auflage, Rdnr. 13 zu § 91 ZPO, Stichwort: Reisekosten des Anwalts; OLG Düsseldorf Rpfl. 2001, 148; OLG Zweibrücken JurBüro 2001, 202). Ob dies nur gilt, wenn der Gläubiger nicht mit einem Widerspruch des Schuldners gegen den Mahnbescheid rechnen musste, kann offen bleiben, da diese Voraussetzung im vorliegenden Fall jedenfalls gegeben ist.

Hier sind nur zwei Gebühren erstattungsfähig, nämlich die Prozess- und die Verhandlungsgebühr für einen Prozessbevollmächtigten. Auf die Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten im Verfahren über den Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids kann schon deshalb nicht abgestellt werden, weil diese Gebühr nach § 43 Abs. 2 BRAGO auf die nachfolgende von dem Prozessbevollmächtigten verdiente Prozessgebühr anzurechnen ist. Nach der seit dem 01.01.2000 geltenden Fassung des § 78 ZPO stellt die gesonderte Inanspruchnahme eines Bevollmächtigten zur Vertretung vor dem Prozessgericht keinen notwendigen Anwaltswechsel im Sinne des § 91 Abs. 2 Satz 3 ZPO mehr dar, denn der am Wohn- oder Geschäftssitz des Gläubigers beauftragte auswärtige Mahnanwalt ist in der Lage, nach dem Übergang der Sache in das Streitverfahren als Prozessbevollmächtigter seinen Mandanten vor jedem Prozessgericht zu vertreten. Es ist im vorliegenden Fall auch nicht als eine zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendige Maßnahme im Sinne des § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO anzusehen, dass für die Wahrnehmung des Verhandlungstermins in O. ein unterbevollmächtigter Anwalt eingeschaltet wurde. Offensichtlich hat sich die Klägerin der Tätigkeit des Unterbevollmächtigten bedient, um ihrem Prozessbevollmächtigten die Anreise von B. nach O. zum Verhandlungstermin zu ersparen. Die in der Kostennote des Br. Unterbevollmächtigten abgerechneten Gebühren und Auslagen mögen zwar tatsächlich entstanden sein. Damit steht aber noch nicht fest, dass sich die prozessuale Kostenerstattungsverpflichtung der unterlegenen Beklagten auch auf diese Mehrkosten erstreckt. Die Bestimmung des § 91 Abs. 2 Satz 3 ZPO, der zufolge die Kosten mehrerer Rechtsanwälte insoweit zu erstatten sind, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste, gelten auch nach der ab dem 01.01.2000 geltenden neuen Fassung der ZPO. Da aus den genannten Gründen bei dem Übergang von dem Mahnverfahren in das Streitverfahren kein notwendiger Anwaltswechsel mehr vorliegt, hat es bei dem Grundsatz zu verbleiben, dass nur die Kosten für die Inanspruchnahme eines Anwalts erstattungsfähig sind. Demgemäß sind die im Zusammenhang mit der Tätigkeit des Unterbevollmächtigten entstandenen Mehrkosten nur insoweit erstattungsfähig, als infolge der zusätzlichen Beauftragung des Unterbevollmächtigten Kosten für die Terminswahrnehmung durch den Prozessbevollmächtigten (Fahrt- und Abwesenheitsgelder) vermieden worden sind. Der Berücksichtigungsfähigkeit dieser fiktiven Kosten steht nicht die Bestimmung des § 91 Abs. 2 Satz 2 ZPO entgegen, wonach der obsiegenden Partei die Mehrkosten nicht zu erstatten sind, die dadurch entstehen, dass der bei dem Prozessgericht zugelassene Rechtsanwalt seinen Wohnsitz oder seine Kanzlei nicht an dem Ort hat, an dem sich das Prozessgericht befindet. § 91 Abs. 2 Satz 2 ZPO bezieht sich nicht auf die Postulationsfähigkeit, sondern ausschließlich auf die Zulassung nach § 18 ff. BRAO. Ein Ausschluss der Erstattung von Reise- und Anwesenheitskosten wird demnach nur für den am Prozessgericht zugelassenen Rechtsanwalt angeordnet, nicht jedoch für den am Sitz des Gläubigers mit der Beantragung eines Mahnbescheids beauftragten Rechtsanwalt, der sich nach Einlegung des Widerspruchs mit der Notwendigkeit konfrontiert sieht, seinen Mandanten bei einem auswärtigen Prozessgericht zu vertreten (vgl. OLG Düsseldorf a.a.O.; OLG Frankfurt MDR 2000, 1215; OLG Oldenburg MDR 2002, 1457).

Es bleibt zu prüfen, welche fiktiven Kosten für die Wahrnehmung des Verhandlungstermins in Oldenburg durch den B. Prozessbevollmächtigten entstanden wären. Diese Prüfung wird gemäß § 572 Abs. 3 ZPO der Rechtspflegerin übertragen. Den Ansatz von Übernachtungskosten hält der Senat für nicht gerechtfertigt, da es den Prozessbevollmächtigten zuzumuten gewesen wäre, rechtzeitig eine spätere Terminsansetzung zu beantragen.

Der Rechtspflegerin wird auch die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens übertragen. Es hängt von der Höhe der festzusetzenden Reisekosten ab, inwieweit noch Kosten des Beschwerdeverfahrens entstehen werden.






OLG Oldenburg:
Beschluss v. 17.01.2003
Az: 15 W 3/03


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/c13958869607/OLG-Oldenburg_Beschluss_vom_17-Januar-2003_Az_15-W-3-03




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share