Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 20. August 1997
Aktenzeichen: 6 U 49/97
(OLG Köln: Urteil v. 20.08.1997, Az.: 6 U 49/97)
Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung
Das Oberlandesgericht Köln hat am 20. August 1997 ein Urteil zu dem Fall mit dem Aktenzeichen 6 U 49/97 gefällt. Die Antragstellerin hatte gegen das Urteil des Landgerichts Köln Berufung eingelegt. Das Oberlandesgericht wies die Berufung jedoch zurück und legte die Kosten des Berufungsverfahrens der Antragstellerin auf. Das Urteil des Oberlandesgerichts ist rechtskräftig.
Im Rahmen des Verfahrens ging es um die Werbeeinblendung beim Anwählen der Suchbegriffe "Rechtsberatung" oder "Beratungsdienste" auf dem Bildschirm über T-Online. Die Antragstellerin hatte eine einstweilige Verfügung beantragt, weil sie der Meinung war, dass die Werbung der Antragsgegnerin irreführend sei und sie dadurch im Wettbewerb benachteiligt werde.
Das Oberlandesgericht stellte fest, dass die Vorstellung des Online-Benutzers von den angezeigten Firmen zwar von der Erwartung beeinflusst werde, dass diese Firmen entsprechende Leistungen anbieten. Jedoch besage diese Erwartung allein nichts über das konkrete Verständnis der Werbung, die auf dem Bildschirm erscheint, wenn einer der Suchbegriffe und anschließend eines der genannten Unternehmen ausgewählt wird.
Das Gericht entschied, dass die Werbung der Antragsgegnerin keine Ankündigungen enthielt, die geeignet wären, glaubhaft zu machen, dass ein relevanter Teil der Verbraucher glaubt, er erhalte die gesuchte Rechtsberatung bereits von der Antragsgegnerin selbst oder einem bei ihr beschäftigten Anwalt. Die Tätigkeit der Antragsgegnerin beschränkt sich vielmehr auf den Nachweis von Rechtsanwälten. Das Gericht befand daher, dass die Werbung der Antragsgegnerin nicht irreführend sei und wies das Unterlassungsbegehren der Antragstellerin ab.
Für die Antragstellerin gab es keine andere Anspruchsgrundlage, die ihren Anspruch auf Unterlassung rechtfertigen könnte. Das Gericht hielt die Glaubhaftmachungsmittel seitens der Antragstellerin nicht für ausreichend. Somit konnte dem Unterlassungsbegehren im vorliegenden Verfahren nicht entsprochen werden. Die Kosten des Verfahrens wurden der Antragstellerin auferlegt. Das Urteil ist rechtskräftig.
Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln befasste sich mit der Frage, ob die Werbung der Antragsgegnerin beim Anwählen der Suchbegriffe "Rechtsberatung" oder "Beratungsdienste" auf dem Bildschirm irreführend ist. Das Gericht kam zu dem Schluss, dass die Werbung der Antragsgegnerin nicht irreführend ist, da sie ausreichend deutlich macht, dass sich ihre Tätigkeit auf den Nachweis von Rechtsanwälten beschränkt. Die Antragstellerin konnte nicht glaubhaft machen, dass ein relevanter Teil der Verbraucher die Werbung falsch interpretiert. Daher wurde das Unterlassungsbegehren der Antragstellerin abgewiesen und die Kosten des Verfahrens wurden ihr auferlegt.
Die Gerichtsentscheidung im Volltext:
OLG Köln: Urteil v. 20.08.1997, Az: 6 U 49/97
1. Die über T-Online verbreiteten Suchbegriffe ,Rechtsberatung" oder ,Beratungsdienste" rufen beim Online-Benutzer zwar die Vorstellung hervor, daß sich dahinter Firmen verbergen, die entsprechende Leistungen anbieten; die damit verbundene Erwartung allein besagt indes nichts über das konkrete Verständnis der Werbung, die bei Anwählen eines der beiden Suchbegriffe auf dem Bildschirm erscheint.
2. Erscheint bei Anwählen der Suchbegriffe ,Rechtsberatung" oder ,Beratungsdienste" auf dem Bildschirm die Werbeeinblendung
Tenor
Die Berufung der Antragstellerin gegen das am 16. Januar 1997 verkündete Urteil des Landgerichts Köln - 81 O 191/96 - wird zurückgewiesen. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Antragstellerin auferlegt. Das Urteil ist mit der Verkündung rechtskräftig.
Gründe
(abgekürztes Urteil gemäß § 543 Abs. 1 ZPO)
Die Berufung der Antragstellerin ist zulässig, aber
unbegründet.
Der Antrag der Antragstellerin auf Erlaß einer einstweiligen
Verfügung bleibt auch nach dem zweitinstanzlichen Vorbringen der
Antragstellerin ohne Erfolg.
Zwar bestehen keine Zulässigkeitsbedenken gegenüber dem von der
Antragstellerin mit ihrem Rechtsmittel verfolgten Begehren. Nach
dem unstreitigen Geschehensablauf ist insbesondere vom Vorliegen
des Verfügungsgrundes der Dringlichkeit auszugehen, wie die
Antragsgegnerin zu Recht nicht in Zweifel zieht. Ebenso ist die
Antragsbefugnis der Antragstellerin gemäß § 13 Abs. 2 Ziffer 1 UWG
für die Geltendmachung des streitgegenständlichen
Unterlassungsbegehrens zu bejahen, nachdem beide Parteien
Anwalts-Suchservice-Leistungen auf demselben örtlichen Markt
(bundesweit) anbieten, so daß dahinstehen kann, ob die
Antragstellerin als durch die beanstandete Wettbewerbshandlung der
Antragsgegnerin zu 1. unmittelbar Verletzte auch ungeachtet des §
13 Abs. 2 Ziffer 1 UWG klagebefugt wäre.
Der Antrag der Antragstellerin auf Erlaß einer einstweiligen
Verfügung ist jedoch nicht begründet.
Die Voraussetzung des § 1 UWG i.V.m. Artikel 1 § 1 RBerG oder
des § 3 UW sind von der Antragstellerin nicht hinreichend glaubhaft
gemacht. Andere Anspruchsgrundlagen, die den Anspruch der
Antragstellerin rechtfertigen könnten, sind aber nicht ersichtlich
und werden von der Antragstellerin auch nicht geltend gemacht.
Die Vorstellung des online-Benutzers von der Angebotspalette der
unter den streitgegenständlichen Suchbegriffen "Rechtsberatung"
oder "Beratungsdienste" aufgeführten Firmen wird zwar von der
Erwartung beeinflußt, daß diese Firmen Leistungen anbieten, die den
Suchbegriffen entsprechen. Diese Erwartung allein besagt jedoch
nichts darüber, wie der Benutzer die konkrete Werbung beurteilt,
die auf dem Bildschirm erscheint, wenn er einen der beiden
Suchbegriffe und sodann eines der dort aufgeführten Unternehmen
anwählt. Welche Leistungen er tatsächlich von diesem Unternehmen
erwartet, entscheidet sich vielmehr nach dessen jeweiliger
Werbeankündigung, im Streitfall also nach den beanstandeten
Werbehinweisen der Antragsgegnerin. Soweit es um die Einordnung der
Antragsgegnerin unter der Rubrikbezeichnung "Beratungsdienste"
geht, gilt dies schon deshalb, weil dieses Schlagwort derart
allgemein gefaßt ist, daß dem online-Benutzer gar nichts anderes
übrig bleibt, als sich genauer mit den einzelnen unter diesem
Schlagwort genannten Unternehmen zu befassen. Der von der
Antragstellerin mit der Antragsschrift vorgelegte Auszug zu diesen
Unternehmen, die von der Lifestyle Unterhaltungs GmbH, dem
Alpenhotel T. G., dem Bestatter-Bundesverband bis hin zum
Arbeitsamt und Versicherungsmakler reichen und daneben auch die
Antragsgegnerin nennen, bestätigt dies. Für online-Dienste gilt
somit nichts anderes als für den Benutzer der bislang üblichen
Branchenverzeichnisse, nämlich daß dieser sich um so intensiver mit
den zu den einzelnen Firmen gemachten Angaben beschäftigen muß, je
allgemeiner der Suchbegriff ist. Das sehr viel enger und spezieller
gefaßte Suchwort "Rechtsberatung" wird zwar die Erwartungshaltung
des online-Benutzers stärker lenken und beeinflussen als die
Rubriksbezeichnung "Beratungsdienste". Aber auch hier kommt es
maßgeblich auf die konkrete Werbeankündigung des Unternehmens an,
denn diese Werbung ist die Information, die der Verbraucher sucht,
wenn er sich des online-Dienstes und des in Rede stehenden
Suchworts bedient.
Die Werbung der Antragsgegnerin, die auf dem Bildschirm
erscheint, wenn der Interessent den Suchbegriff "Rechtsberatung"
oder "Beratungsdienste" und bei den sodann genannten Anbietern die
Firma der Antragsgegnerin anwählt, ist wie nachstehend
wiedergegeben gestaltet: pp.
Diese Werbung der Antragsgegnerin enthält jedoch auch unter
Berücksichtigung der vorstehend erörterten Erwartungshaltung der
Verbraucher keine Ankündigungen, die geeignet wären, glaubhaft zu
machen, daß ein nicht unbeachtlicher Teil der davon angesprochenen
Verbraucher meint, er erhalte die gesuchte Rechtsberatung bereits
von der Antragsgegnerin selbst bzw. von einem bei der
Antragsgegnerin beschäftigten Anwalt. Die im mittleren Teil der
Werbung enthaltene Aufforderung zum Anruf bei der Antragsgegnerin
"Sie suchen einen Anwalt€ Rufen Sie uns an: ..." ist zwar für
sich genommen nicht ausreichend, um den Interessenten
unmißverständlich darüber zu informieren, daß er von der
Antragsgegnerin lediglich Nachweise zu bei der Antragsgegnerin
nicht tätigen Rechtsanwälten erhalten kann. Oberhalb dieser
Aufforderung sowie unter diesem Hinweis wird aber jeweils die Firma
der Antragsgegnerin gut sichtbar wiedergegeben, in der deren
Leistungsangebot mit "Anwalt-Suchservice" beschrieben ist. Damit
wird jedoch hinreichend deutlich, daß sich die Tätigkeit der
Antragsgegnerin auf den Nachweis von Rechtsanwälten beschränkt.
Der Senat vermag danach ebenso wie das Landgericht nicht aus
eigener Kenntnis und Sachkunde allein aufgrund der beanstandeten
Werbung festzustellen, daß ein relevanter Teil der von der
Antragsgegnerin umworbenen Verbraucher über das Leistungsangebot
der Antragsgegnerin irregeführt wird, wie es die Antragstellerin
geltend macht. Es hätte daher der Beibringung entsprechender
Glaubhaftmachungsmittel seitens der Antragstellerin bedurft, woran
es jedoch fehlt. Dem Unterlassungsbegehren der Antragstellerin kann
deshalb im vorliegenden einstweiligen Verfügungsverfahren weder
gemäß § 3 UWG noch gemäß § 1 UWG i.V.m. Artikel 1 § 1 RBerG
entsprochen werden, denn es ist von der Antragstellerin nicht
hinreichend glaubhaft gemacht, daß die Antragsgegnerin zu 1) mit
der streitgegenständlichen Werbung aus der Sicht der Verbraucher
Rechtsberatung, und damit eine von ihr tatsächlich nicht ausgeübte
Tätigkeit anbietet.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Das Urteil ist gemäß § 543 Abs. 2 ZPO mit der Verkündung
rechtskräftig.
OLG Köln:
Urteil v. 20.08.1997
Az: 6 U 49/97
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/c29e2c2ad639/OLG-Koeln_Urteil_vom_20-August-1997_Az_6-U-49-97