Bundespatentgericht:
Beschluss vom 11. November 2004
Aktenzeichen: 15 W (pat) 322/03

(BPatG: Beschluss v. 11.11.2004, Az.: 15 W (pat) 322/03)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Die Gerichtsentscheidung betrifft die Beschränkung und Aufrechterhaltung eines Patents. Das Deutsche Patent- und Markenamt hat das Patent mit dem Namen "Baustein" für einen Bauteilesatz erteilt, der Bausteine mit einem quadratischen Grundkörper enthält. Die Bausteine haben Ausnehmungen auf der Unterseite und Vorsprünge mit einer Rotationsfläche an der Oberseite. Die Bausteine können durch Eingriff der Vorsprünge in die Ausnehmungen klemmschlüssig miteinander verbunden werden. Die Bausteine können verdreht werden, indem der eine Baustein über einen benachbarten Kreuzungspunkt bewegt wird. Der Einspruch gegen das Patent wurde fristgerecht eingelegt und die Einsprechende argumentierte unter anderem mit einigen verschiedenen Druckschriften. Die Neuheit und erfinderische Tätigkeit des Patents wurde jedoch bestätigt und das Patent wurde in beschränkter Form aufrechterhalten. Die geltenden Patentansprüche entsprechen den erteilten Ansprüchen, nur der ursprüngliche Anspruch 16 wurde gestrichen. Die Entscheidung des Gerichts ist somit, dass das Patent in beschränkter Form aufrechterhalten wird.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 11.11.2004, Az: 15 W (pat) 322/03


Tenor

Das Patent wird mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrechterhalten:

Ansprüche 1 bis 15 und Beschreibung Spalten 1 bis 6, jeweils eingegangen am 17. November 2003 und 8 Seiten Zeichnungen mit Figuren 1 bis 15 gemäß DE 101 32 423 C1.

Gründe

I Auf die am 4. Juli 2001 eingereichte Patentanmeldung hat das Deutsche Patent- und Markenamt das Patent 101 32 423 (Streitpatent) mit der Bezeichnung

"Baustein"

erteilt.

Die erteilten Patentansprüche 1 bis 16 haben folgenden Wortlaut:

"1. Bauteilesatz, welcher Bausteine (1) mit einem quaderförmigen Grundkörper (2) enthält, welcher Ausnehmungen (5) an seiner Unterseite und Vorsprünge (3) mit einer Mantelfläche in Gestalt einer Rotationsfläche auf den Kreuzungspunkten eines gedachten quadratischen Gitters an seiner Oberseite aufweist, welche so ausgebildet sind, daß ein erster solcher Baustein (1) mit einem zweiten Baustein (1') des Bauteilesatzes durch Eingriff seiner Vorsprünge (3) in die Ausnehmungen (5) an der Unterseite des anderen Bausteines (1') klemmschlüssig verbindbar ist, wobei der Bauteilesatz einen oder mehrere Bausteine (1) enthält, bei denen die Vorsprünge (3) nur einen Teil der Kreuzungspunkte des gedachten quadratischen Gitters besetzen und mindestens vier Kreuzungspunkte des gedachten quadratischen Gitters vorhanden sind, so daß zwei durch Eingriff eines einzigen Vorsprungs (3) des ersten solchen Bausteins (1) in eine der Ausnehmungen (5) des zweiten Bausteins (1') verbundene Bausteine (1, 1') gegeneinander verdrehbar sind, indem der zweite Baustein (1') über einen dem eingreifenden Vorsprung (3) benachbarten, unbesetzten Kreuzungspunkt des gedachten quadratischen Gitters des ersten Bausteins (1) hinweg bewegbar ist.

2. Bauteilesatz nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Vorsprünge (3) eine zylindrische Mantelfläche haben.

3. Bauteilesatz nach einem der vorstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß die Vorsprünge (3) hohl sind.

4. Bauteilesatz nach einem der vorstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß die Bausteine (1) als an der Unterseite offene Kästen ausgeführt sind.

5. Bauteilesatz nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, daß die inneren Seitenflächen des Bausteins (1) von oben nach unten verlaufende Rippen (6) aufweisen, welche der klemmschlüssigen Verbindung zweier Bausteine (1, 1') dienen.

6. Bauteilesatz nach Anspruch 4 oder 5, dadurch gekennzeichnet, daß im Inneren des Kastens an der Unterseite der Wand, von welcher die Vorsprünge (3) ausgehen, in den Zentren des gedachten quadratischen Gitters Zylinder (7) vorgesehen sind, welche der klemmschlüssigen Verbindung zweier Bausteine (1, 1') dienen, insbesondere in Kombination mit den Rippen (6) gemäß Anspruch 5.

7. Bauteilesatz nach einem der vorstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß die Bausteine (1) außerhalb der Vorsprünge (3) auf ihrer Oberseite geschlossen sind und im wesentlichen eben ausgebildet sind.

8. Bauteilesatz nach einem der Ansprüche 1 bis 6, gekennzeichnet durch einen oder mehrere Bausteine (1), welche auf mindestens einem der Kreuzungspunkte des gedachten quadratischen Gitters anstelle eines Vorsprunges (3) ein Loch aufweisen, und durch einen oder mehrere Stifte, welche in die Löcher passen und eine Mantelfläche haben, deren Außendurchmesser mit dem Außendurchmesser der Vorsprünge (3) übereinstimmt.

9. Bauteilesatz nach Anspruch 8, dadurch gekennzeichnet, daß die Löcher Sacklöcher sind.

10. Bauteilesatz nach Anspruch 9, dadurch gekennzeichnet, daß die Stifte zylindrisch sind.

11. Bauteilesatz nach Anspruch 8, dadurch gekennzeichnet, daß das Loch durchgehend ist und der Stift einen Anschlag hat, welcher die Einstecktiefe des Stiftes begrenzt.

12. Bauteilesatz nach Anspruch 11, dadurch gekennzeichnet, daß der Stift zwei zylindrische Abschnitte mit unterschiedlichem Durchmesser aufweist.

13. Bauteilesatz nach einem der vorstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß die Bausteine (1) aus Kunststoff sind.

14. Bauteilesatz nach einem der vorstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß er eine Bauplatte enthält, welche Vorsprünge (3) mit einer Mantelfläche in Gestalt einer Rotationsfläche auf den Kreuzungspunkten eines gedachten quadratischen Gitters aufweist, welche so ausgebildet sind, daß die Bauplatte mit einem Baustein (1, 1') des Bauteilesatzes durch Eingriffe ihrer Vorsprünge (3) in die Ausnehmungen (5) an der Unterseite des Bausteins (1, 1') klemmschlüssig verbindbar ist, wobei auf der Bauplatte mindestens vier Kreuzungspunkte des gedachten quadratischen Gitters vorhanden sind und die Vorsprünge (3) der Bauplatte nur einen Teil der Kreuzungspunkte des gedachten quadratischen Gitters besetzen, so daß ein durch Eingriff eines einzigen der Vorsprünge (3) der Bauplatte in eine seiner Ausnehmungen (5) mit der Bauplatte verbundener Baustein (1, 1') gegenüber der Bauplatte verdrehbar ist, in dem er über einen dem eingreifenden Vorsprung (3) benachbarten, unbesetzten Kreuzungspunkt des gedachten quadratischen Gitters der Bauplatte hinweg bewegbar ist.

15. Baustein zur Verwendung in einem Bauteilesatz nach einem der Ansprüche 1 bis 14 mit einem quaderförmigen Grundkörper (2), welcher Ausnehmungen (5) an seiner Unterseite und Vorsprünge (3) mit einer Mantelfläche in Gestalt einer Rotationsfläche auf den Kreuzungspunkten eines gedachten quadratischen Gitters an seiner Oberseite aufweist, welche so ausgebildet sind, daß ein solcher Baustein (1) mit einem zweiten Baustein (1') des Bauteilesatzes durch Eingriff seiner Vorsprünge (3) in die Ausnehmungen (5) an der Unterseite des zweiten Bausteines (1') klemmschlüssig verbindbar ist, wobei die Vorsprünge (3) nur einen Teil der Kreuzungspunkte des gedachten quadratischen Gitters besetzen und auf dem Baustein (1) mindestens vier Kreuzungspunkte des gedachten quadratischen Gitters vorhanden sind, so daß der Baustein (1) bei Eingriff eines einzigen Vorsprungs (3) in eine der Ausnehmungen (5) des zweiten Bausteins (1') des Bauteilesatzes gegenüber diesem um den eingreifenden Vorsprung (3) herum verdrehbar ist, in dem der zweite Baustein (1) über einen dem eingreifenden Vorsprung (3) benachbarten, unbesetzten Kreuzungspunkt des gedachten quadratischen Gitters auf den ersten Baustein (1) hinweg bewegbar ist.

16. Bauplatte zur Verwendung in einem Bauteilesatz nach einem der Ansprüche 1 bis 14, welche Vorsprünge (3) mit einer Mantelfläche in Gestalt einer Rotationsfläche auf den Kreuzungspunkten eines gedachten quadratischen Gitters an ihrer Oberseite aufweist, welche so ausgebildet sind, daß die Bauplatte mit einem Baustein (1, 1') des Bauteilesatzes durch Eingriff ihrer Vorsprünge (3) in Ausnehmungen (5) an der Unterseite des Bausteines (1, 1') klemmschlüssig verbindbar ist, wobei auf der Bauplatte mindestens vier Kreuzungspunkte des gedachten quadratischen Gitters vorhanden sind und die Vorsprünge (3) der Bauplatte nur einen Teil der Kreuzungspunkte des gedachten quadratischen Gitters besetzen, so daß ein durch Eingriff eines einzigen der Vorsprünge (3) der Bauplatte in eine seiner Ausnehmungen (5) mit der Bauplatte verbundener Baustein (1, 1') gegenüber der Bauplatte verdrehbar ist, in dem er über einen dem eingreifenden Vorsprung (3) benachbarten, unbesetzten Kreuzungspunkt des gedachten quadratischen Gitters der Bauplatte hinweg bewegbar ist."

Gegen die Erteilung des Patents hat die Firma L... A/S in B... (D...) Ein- spruch erhoben. Sie stützt ihr Vorbringen im wesentlichen auf:

D1: US 48 80 384 D2: US 57 25 411 D3: WO 00/41791 A1 D4: BAUSTEIN LEGO Art. Nr.6180 D4A: Broschüre der LEGO GmbH aus dem Jahre 1999 D4-B: Bauanleitung des Modells Art. Nr.5563 (1999)

D5: Baustein und Stift, LEGO Art. Nr.3709 und 4274 D5-A: Broschüre der LEGO GmbH (1996)

D5-B: Bauanleitung, LEGO Art. 8230 (1996)

D6: Bauanleitung für Bauteilesatz LEGO Art. Nr.5808 (1999)

D7: WO 93/2201 D8: "Das LEGO Programm für den Kindergarten 1986"

D9: "LEGO Pädagogik Lehr- und Lernmaterial 1987".

Die Patentinhaberin tritt dem Einspruchsvorbringen entgegen und reicht mit der Eingabe vom 13. November 2003, eingegangen am 17. November 2003, neue Patentansprüche 1 bis 15 ein sowie eine angepaßte Beschreibung mit der Maßgabe, daß der erteilte Patentanspruch 16 gestrichen werde.

Die nunmehr geltenden Patentansprüche 1 und 15 lauten:

"1. Bauteilesatz, welcher Bausteine (1) mit einem quadratischen Grundkörper (2) enthält, welcher Ausnehmungen (5) an seiner Unterseite und Vorsprünge (3) mit einer Mantelfläche in Gestalt einer Rotationsfläche auf den Kreuzungspunkten eines gedachten quadratischen Gitters an seiner Oberseite aufweist, welche so ausgebildet sind, daß ein erster solcher Baustein (1) mit einem zweiten Baustein (1') des Bauteilesatzes durch Eingriff seiner Vorsprünge (3) in die Ausnehmungen (5) an der Unterseite des anderen Bausteins (1') klemmschlüssig verbindbar ist, wobei der Bauteilesatz einen oder mehrere Bausteine (1) enthält, bei denen vier Kreuzungspunkte des gedachten quadratischen Gitters vorhanden sind, von denen die Vorsprünge (3) nur zwei diagonal angeordnete Kreuzungspunkte des gedachten quadratischen Gitters besetzen, so daß zwei durch Eingriff eines einzigen Vorsprungs (3) des ersten solchen Bausteins (1) in eine der Ausnehmungen (5) des zweiten Bausteins (1') verbundene Bausteine (1, 1') gegeneinander verdrehbar sind, indem der zweite Baustein (1') über einen dem eingreifenden Vorsprung (3) benachbarten, unbesetzten Kreuzungspunkt des gedachten quadratischen Gitters des ersten Bausteins (1) hinweg bewegbar ist.

15. Baustein zur Verwendung in einem Bauteilesatz nach einem der Ansprüche 1 bis 14 mit einem quadratischen Grundkörper (2), welcher Ausnehmungen (5) an seiner Unterseite und Vorsprünge (3) mit einer Mantelfläche in Gestalt einer Rotationsfläche auf den Kreuzungspunkten eines gedachten quadratischen Gitters an seiner Oberseite aufweist, welche so ausgebildet sind, daß ein solcher Baustein (1) mit einem zweiten Baustein (1') des Bauteilesatzes durch Eingriff seiner Vorsprünge (3) in die Ausnehmungen (5) an der Unterseite des zweiten Bausteines (1') klemmschlüssig verbindbar ist, wobei auf dem Baustein (1) vier Kreuzungspunkte des gedachten quadratischen Gitters vorhanden sind, von denen die Vorsprünge (3) nur zwei diagonal angeordnete Kreuzungspunkte des gedachten quadratischen Gitters besetzen, so daß der Baustein (1) bei Eingriff eines einzigen Vorsprungs (3) in eine der Ausnehmungen (5) des zweiten Bausteins (1') des Bauteilesatzes gegenüber diesen um den eingreifenden Vorsprung (3) herum verdrehbar ist, indem der zweite Baustein (1) über einen dem eingreifenden Vorsprung (3) benachbarten, unbesetzten Kreuzungspunkt des gedachten quadratischen Gitters auf den ersten Baustein (1) hinweg bewegbar ist."

Die geltenden Patentansprüche 2 bis 14 sind identisch mit den erteilten Patentansprüchen 2 bis 14 (siehe oben).

Die Patentinhaberin beantragt, das Patent mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrechtzuerhalten:

Patentansprüche 1 bis 15 und Beschreibung Spalten 1 bis 6, jeweils eingegangen am 17. November 2003, und 8 Seiten Zeichnungen mit den Figuren 1 bis 15 gemäß DE 101 32 423 C1.

Die Einsprechende beantragt, das Patent zu widerrufen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II Der Senat entscheidet im Einspruchsverfahren aufgrund mündlicher Verhandlung gemäß § 78 und § 147 Abs 3 PatG.

III Der Einspruch ist frist- und formgerecht eingelegt worden. Er ist insofern erfolgreich, als das Patent beschränkt wurde.

1. Bezüglich einer ausreichenden Offenbarung der geltenden Patentansprüche bestehen keine Bedenken. Die Merkmale der Patentansprüche 1, 14 und 15 finden sich in den ursprünglichen Ansprüchen 1, 14 und 15 in Verbindung mit Seite 2, Absatz 2, Seite 9, Zeilen 18 bis 21 in Verbindung mit den Figuren 1 und 2 und in der Patentschrift in den Ansprüchen 1, 14 und 15, Spalte 1 und 2 Absatz 0005 und Spalte 5 Zeilen 47 bis 51 in Verbindung mit den Figuren 1 und 2. Die Patentansprüche 2 bis 13 entsprechen den ursprünglichen und erteilten Ansprüchen 2 bis 13. Demnach ist der Vorwurf der Einsprechenden bezüglich einer unzulässigen Erweiterung unbegründet.

2. Die Einsprechende trägt vor, daß die Beschreibung des Streitgegenstandes unklar sei. Sie begründet dies damit, daß die Beschreibung des Bausteins bzw Bauteilesatzes nebeneinander unklare Begriffe wie zB "gedachtes quadratisches Gitter" (Patentschrift Sp 2 Z 5/6) oder "quaderförmiger Grundkörper" (Sp 4 Z 24/25) oder "zwei diagonal gegenüber liegende Vorsprünge" (Sp 4 Z 38 bis 41) oder "quadratische Grundkörper" (geltender Patentanspruch 1) verwendet würden.

Unabhängig davon, daß mangelnde Klarheit kein Einspruchsgrund ist, richtet sich die Anmeldung an den zuständigen Fachmann, einen Entwicklungsingenieur, der sich mit Bausteinesätzen wie zB LEGO beschäftigt. Diesem erschließt sich der Streitgegenstand aus einer Gesamtsicht der Offenbarung in den Patentansprüchen, der Beschreibung und den Figuren. Dort ist mit dem Hinweis auf den Stand der Technik, wie er zB durch die LEGO-Bausteine offenbart wird (vgl Patentschrift Sp 1 Z 3 bis 11) iVm der Beschreibung des erfindungsgemäßen Bausteins bzw Bauteilesatzes zB in den Fig 1 (Aufsicht) und 2 (Seitenansicht) und der dazugehörigen Beschreibung der Patentschrift (vgl Sp 3 Z 61 bis 64, Sp 4 Z 24 bis 41 und Anspr 1) der Streitgegenstand klar erkennbar. Dadurch wird dem Fachmann vermittelt, was unter den angegriffenen Begriffen (quadratisch oder quaderförmiger Baustein, quadratische Gitter usw) zu verstehen ist.

3. Die Neuheit des Streitgegenstandes wird von der Einsprechenden nicht mehr bestritten und ist auch gegeben, da in keiner der Entgegenhaltungen ein Gegenstand mit allen Merkmalen des erfindungsgemäßen Bausteins bzw Bauteilesatzes beschrieben wird, wie es sich aus der nachfolgenden Erörterung der erfinderischen Tätigkeit ergibt.

4. Die Entwicklung des erfindungsgemäßen Bauteilesatzes bzw Bausteins beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Mit dem Streitgegenstand soll die Aufgabe gelöst werden, die Vielfalt der Gestaltungsmöglichkeiten von Bauteilesätzen wie zB LEGO zu steigern. Dies soll dadurch bewirkt werden, daß zusätzlich zu den starren Konstruktionen bei den bisherigen Bausätzen auch der Bau von schwenkbaren oder drehbaren Konstruktionen ermöglicht wird (vgl Patentschrift Sp 1 Z 46 bis 54). Gelöst werden soll diese Aufgabe durch die Merkmale der Patentansprüche 1 und 15.

Der nach Ansicht der Einsprechenden nächstliegende Stand der Technik ist in der (D 1) US 48 80 384 beschrieben. In dieser Druckschrift wird eine Vorrichtung für den Unterricht in der Blindenschrift (Braille) beschrieben. Dazu werden auf einer Grundplatte rechteckige LEGO-ähnliche Bausteine so nebeneinander zusammengesetzt, daß Buchstaben, Wörter und Sätze in der Blindenschrift lesbar werden. Der Unterschied dieser Braille-Steine zu den bekannten zwei mal drei LEGO-Steinen liegt darin, daß von den sechs Vorsprüngen des LEGO-Steins je nach Braille-Buchstaben einige Vorsprünge fehlen und so die unterschiedlichen Braille-Buchstaben ertastet werden können. Wenn man diese Bausteine übereinander stapelt, werden auch mit diesen Braille-Bausteinen verdrehbare Kombinationen möglich sein. Allerdings ist eine "freie" Drehbarkeit, wie die Patentinhaberin in der mündlichen Verhandlung zutreffend vorgetragen hat, bei den 2 x 3-LEGO-, bzw Braillesteinen in der dritten Baulage nicht mehr gegeben, weil sich die Lage der Drehachse verschiebt. Demgegenüber bleibt die Drehachse bei den erfindungsgemäßen 2 x 2-Steinen über sämtliche Baulagen unverändert erhalten. Außerdem ist nach dem Verdrehen der 2 x 3-Braillesteine der Lerneffekt in der Blindenschrift gleich Null, da diese dann nicht mehr lesbar ist. Dh der Fachmann wird dieser Druckschrift wegen der völlig anderen Zielrichtung keine Anregungen zur Lösung der patentgemäßen Aufgabe nehmen können. Im übrigen unterscheiden sich diese Braille-Bausteine auch dadurch vom Beanspruchten, daß dort die Bausteine keine quadratischen Grundflächen und als solche keine diagonal gegenüber liegenden Vorsprünge aufweisen.

Die (D7) WO 93/22018 befaßt sich als einzige Druckschrift des genannten Standes der Technik mit der Verschwenkbarkeit von Bausteinen. Darin werden jedoch als Lösung längliche, einreihig mit Vorsprüngen versehene Bausteine vorgeschlagen, dh es wird dort eine in eine andere Richtung weisende Lösung offenbart. Anregungen zur patentgemäßen Lösung sind D7 nicht zu entnehmen.

Die übrigen zitierten Druckschriften liegen noch weiter vom Patentgegenstand entfernt, was sich ua darin auswirkt, daß in keiner dieser Druckschriften das dem Streitpatent zugrunde liegende Problem angesprochen ist und in Verbindung damit keine Bausteine mit quadratischer Grundfläche und zwei diagonal gegenüber liegenden Vorsprünge erwähnt sind, so daß sie weder einzeln noch in einer Zusammenschau zur beanspruchten Lösung führen.

Der Bauteilesatz gemäß Patentanspruch 1 des Streitpatents ist daher erfinderisch.

5. Der nebengeordnete Patentanspruch 15 hat keinen Bauteilesatz, sondern nur einen einzigen Baustein zum Gegenstand. Ansonsten werden die gleichen Merkmale genannt wie beim Patentanspruch 1. Daher trifft auch für den Patentanspruch 15 das zu Patentanspruch 1 Genannte zu. Damit ist auch der Baustein gemäß Patentanspruch 15 neu und erfinderisch und damit patentfähig.

6. Dies gilt auch für die auf den Patentanspruch 1 direkt oder indirekt bezogenen Patentansprüche 2 bis 14, die vorteilhafte Ausgestaltungen des Streitgegenstandes betreffen.

Kahr Jordan Klante Egerer Fa






BPatG:
Beschluss v. 11.11.2004
Az: 15 W (pat) 322/03


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/c462f1e14afe/BPatG_Beschluss_vom_11-November-2004_Az_15-W-pat-322-03




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