Oberlandesgericht Düsseldorf:
Urteil vom 23. Februar 2006
Aktenzeichen: I-6 U 37/05
(OLG Düsseldorf: Urteil v. 23.02.2006, Az.: I-6 U 37/05)
Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung
Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat in einem Urteil vom 23. Februar 2006 entschieden, dass die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Düsseldorf erfolgreich ist. Die Klage wird abgewiesen und der Kläger muss die Kosten des Rechtsstreits tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar und der Kläger kann die Vollstreckung abwenden, indem er eine Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages leistet. In dem Verfahren geht es um eine Sachkapitalerhöhung, bei der die Beklagte keine Bareinlageverpflichtung trifft. Die genauen Darlehensforderungen, die Gegenstand der Einlage sind, wurden im Hauptversammlungsbeschluss nicht ausführlich festgelegt, jedoch sind die im Beschluss enthaltenen Festsetzungen ausreichend. Das Gericht betont, dass es bei der Beurteilung der Festsetzungen darauf ankommt, ob der identifizierbare Gegenstand der Sacheinlage und die einlegenden Personen hinreichend bestimmt sind. Die Gläubigerbanken erbringen als Sacheinlage alle ihre Darlehensforderungen gegen die Schuldnerin, soweit diese nicht erlassen oder noviert wurden. Die Kostenentscheidung beruht auf den Bestimmungen der Zivilprozessordnung und das Urteil ist nicht zur Revision zugelassen. Der Streitwert für das Berufungsverfahren beträgt 500.000,00 €.
Die Gerichtsentscheidung im Volltext:
OLG Düsseldorf: Urteil v. 23.02.2006, Az: I-6 U 37/05
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 28. Januar 2005 verkündete Urteil der 10. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf geändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
A.
Wegen des Sach- und Streitstandes im ersten Rechtszuge wird auf die tatsächlichen Feststellungen, wegen der zur Verurteilung der Beklagten führenden Erwägungen auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils in Verbindung mit dem Berichtigungsbeschluss vom 14. April 2005 mit der Ergänzung Bezug genommen, dass der Kläger mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 10. Januar 2005 vorgebracht hat, am 28. Dezember 2004 sei im Bundesanzeiger eine Aufforderung zur Bareinzahlung gemäß § 183 Abs. 2 Satz 3 AktG an die acht Gläubigerbanken, darunter die Beklagte, veröffentlicht worden; wegen der Einzelheiten wird auf Anlage K 12 (Bl. 160-162 GA) verwiesen. Dieses Vorbringen wird von der Beklagten im Berufungsverfahren nicht bestritten.
Mit ihrem Rechtsmittel wendet sich die Beklagte in vollem Umfang gegen ihre Verurteilung. Sie ergänzt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Namentlich bringt sie vor:
Die landgerichtliche Entscheidung führe zu einem wirtschaftlich grob unbilligen Ergebnis. Auch der Kläger habe sich im Insolvenzverfahren nicht so verhalten, als stünden die als Sacheinlagen eingebrachten Forderungen sowie die für sie bestellten Sicherheiten weiterhin den bisherigen Gläubigerinnen zu.
Der Hauptversammlungsbeschluss enthalte die gemäß § 183 AktG notwendigen Festsetzungen. Hinsichtlich der einzubringenden Forderung habe in diesem Beschluss - anders als bei der nachfolgenden Einbringung - eine gattungsmäßige Bezeichnung ausgereicht, weil es sich bei den rund 22 Mio. DM um den ganzen, nach Verzicht und Novation verbliebenen Rest der Alt-Darlehensforderungen gehandelt habe. Diesbezüglich dürfe die Einlage der Forderungen nicht isoliert betrachtet werden, vielmehr habe sich diese als Teil des Gesamtkonzeptes zur finanziellen Sanierung dargestellt; in diesem Rahmen habe es aber, da keine Darlehensforderung in ihrer ursprünglichen Form erhalten geblieben sei, keine Zuordnungsschwierigkeiten gegeben. Das Sanierungskonzept sei den Aktionären auch im Einzelnen bekannt gewesen, weil es vor der Beschlussfassung über die Kapitalerhöhung in der Hauptversammlung eingehend dargestellt worden sei, wie sich aus dem Protokoll der Hauptversammlung vom 24. Mai 1995 durch den dortigen Vermerk, dass ein bestimmtes Vorstandsmitglied die im Abschluss der Gesellschaft bereits vorweggenommenen Kapitalmaßnahmen erläutert habe, ergebe. Im Übrigen sei sowohl für die anderen Aktionäre als auch für die übrigen Gläubiger der Gesellschaft in erster Linie die Werthaltigkeit der Sacheinlage maßgeblich, und diese werde bereits durch anderweitige gesetzliche Schutzmechanismen gewährleistet.
Überdies sei eine etwaige Bareinlageverpflichtung nicht fällig. Zur Fälligstellung hätte es einer Aufforderung gemäß § 63 Abs. 1 AktG bedurft. Eine derartige Aufforderung habe der Kläger nicht in prozessual beachtlicher Weise vorgetragen. Soweit er auf eine Veröffentlichung vom 28. Dezember 2004 verweise, sei diese zudem inhaltlich unzulänglich. Die vom Landgericht angenommene Abstimmung eines Einzahlungstermins zwischen der Gesellschaft und den Zeichnerinnen entbehre einer Grundlage im Akteninhalt.
Die auf § 159 HGB analog gestützte Einrede der Verjährung bleibe aufrechterhalten. Die Gläubigerbanken hätten als Konsortium gehandelt. Die diesbezügliche anderweitige Auslegung des Landgerichts gehe am allseitigen Verständnis der Funktionsweise von Übernahmekonsortien vorbei.
Darüber hinaus ergebe sich eine Verjährung einer etwaigen Bareinlageverpflichtung auch aus der gebotenen analogen Anwendung des § 9 Abs. 2 GmbHG in der bis zum Ende des Jahres 2004 geltenden Fassung. Dieser Auffassung stehe der anderweitige Rechtsstandpunkt des Bundesgerichtshofes in Fällen verdeckter Sacheinlage nicht entgegen.
Schließlich könne der Kläger ausstehende Einlagen nur insoweit einziehen, als dies nötig sei, um die Gläubiger zu befriedigen. Hierzu habe der Kläger, obwohl ihm die Darlegungslast obliege, nichts vorgetragen.
Daneben erhebt die Beklagte zahlreiche Einwände gegen Grund und Höhe der vom Kläger geltend gemachten Zinsforderung.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 28. Januar 2005 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil umfassend und tritt den in zweiter Instanz erweiterten Darlegungen der Beklagten entgegen. Insbesondere macht er geltend:
Die wirtschaftlichen Folgen der erstinstanzlichen Entscheidung seien nicht unbillig, weil sich im Streitfall bei der Beklagten wie auch bei den übrigen Gläubigerbanken lediglich das im Falle einer fehlgeschlagenen Sacheinlage den Schuldner der Bareinlageverpflichtung treffende Insolvenzrisiko verwirklicht habe.
Die im Kapitalerhöhungsbeschluss enthaltenen Festsetzungen seien schon deshalb unzulänglich, weil es den dort benannten "Rückzahlungsanspruch" überhaupt nicht gegeben habe; existiert hätten vielmehr ursprünglich über ein Dutzend individuelle Darlehensforderungen, die acht verschiedenen Gläubigerinnen gegen drei verschiedene Schuldnerinnen zu unterschiedlichen Konditionen, namentlich mit unterschiedlichen Laufzeiten und unterschiedlicher Besicherung, zugestanden hätten. Ohne Belang sei, was allein den auf der Hauptversammlung anwesenden Aktionären mündlich zu dem Sanierungskonzept erläutert worden sei. Abgesehen davon, dass der diesbezügliche Vortrag der Beklagten unsubstantiiert sei, hätte eine solche Aufklärung auch keine Information der nicht in der Versammlung anwesenden Aktionäre, der Gläubiger und erst recht der Öffentlichkeit bewirkt. Vielmehr hätten sämtliche relevanten Informationen im Kapitalerhöhungsbeschluss selbst enthalten sein müssen; nur dieser werde zum Handelsregister eingereicht und könne daher auch Grundlage für eine Beurteilung der Gesellschaftsverhältnisse durch künftige Aktionäre und Gläubiger sein. Allein bei diesem Verständnis werde der vom Gesetz durch die Anordnung eines bestimmten, für Aktionäre, Gläubiger und Öffentlichkeit Transparenz schaffenden Verfahrens angestrebte präventive Kapitalaufbringungsschutz verwirklicht. Dieses System des Kapitalaufbringungsschutzes sei von einer nachträglichen materiellen Erfolgskontrolle verschieden; dementsprechend komme es im hier maßgeblichen Zusammenhang auf die zur Sicherung der Werthaltigkeit der Sacheinlagen vorgesehenen Mechanismen ebensowenig an wie auf die im Streitfall angeblich gegebene Vollwertigkeit der zur Einlage vorgesehenen Darlehensrückzahlungsforderungen. Würde man das präventive System zugunsten der nachträglichen Kontrolle vernachlässigen, liefe dies auf eine Entmachtung der Hauptversammlung und eine Verlagerung der maßgeblichen Entscheidungen auf die Verwaltungsorgane hinaus. Selbst nach dem Inhalt des Sanierungskonzeptes könne aber keine Rede davon sein, dass mit den ungefähr 22 Mio. DM sämtliche noch bestehenden Alt-Darlehensforderungen hätten eingebracht werden sollen; vielmehr hätten die Übernahme der Verbindlichkeiten ihrer beiden Tochtergesellschaften durch die heutige Insolvenzschuldnerin, die Forderungserlasse und die Umschuldung ihrerseits ausdrücklich unter dem Vorbehalt der wirksamen Durchführung der Kapitalmaßnahmen und damit insbesondere deren Eintragung in das Handelsregister gestanden.
Die Fälligkeit der Bareinlageverpflichtung folge aus der Unanwendbarkeit der Regelungen des § 63 Abs. 1 AktG - auch der Bundesgerichtshof habe für den Fall einer Geldersatzleistung bei fehlgeschlagener Sachkapitalerhöhung nicht gegenteilig entschieden -, ferner daraus, dass das Landgericht verfahrensfehlerfrei von einer Einigung über den Leistungszeitpunkt ausgegangen sei. Auch könne die Veröffentlichung im Bundesanzeiger vom 28. Dezember 2004 nicht aus prozessualen Gründen übergangen werden. Inhaltlich sei die dortige Aufforderung weder bezüglich der Bezeichnung der Gesellschaft noch hinsichtlich der Bezifferung der einzuzahlenden Beträge zu beanstanden.
Einer Verjährung der Bareinlageschuld in entsprechender Anwendung des § 159 HGB stehe jedenfalls entgegen, dass die Sacheinlageverpflichtung ausweislich des Zeichnungsscheins und des Sacheinlagenvertrages nicht für ein etwaiges Konsortium, sondern allein für die Gesellschafter dieses Konsortiums selbst begründet worden sei.
Eine analoge Anwendung der Verjährungsvorschrift des § 9 Abs. 2 GmbHG scheide schon deshalb aus, weil die vom Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 13. April 1992 für den Fall einer verdeckten Sacheinlage gegen die Analogie angeführten Erwägungen auch im vorliegenden Fall Geltung beanspruchten.
Soweit sich die Beklagte mit ihrem Einwand, die eingeforderten Bareinlagen würden nicht benötigt, auf § 271 Abs. 3 Satz 2 AktG berufe, sei diese Vorschrift im hier gegebenen Insolvenzfall unanwendbar. Überdies würde die Darlegungslast für die fehlende Notwendigkeit die Beklagte treffen. Abgesehen hiervon sei das Vermögen der heutigen Insolvenzschuldnerin selbst unter Berücksichtigung der von den acht Gläubigerbanken geschuldeten Bareinlageverpflichtungen bei weitem nicht zur Befriedigung der Gläubiger ausreichend, sondern werde voraussichtlich lediglich eine Quote von ca. 16 % ergeben.
Den Angriffen der Beklagten gegen die Zinsforderung tritt der Kläger entgegen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen, die Sitzungsniederschriften beider Rechtszüge und die tatsächlichen Feststellungen in den nachfolgenden Gründen zu B . Bezug genommen.
B.
Das zulässige Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg. Die Zahlungsklage ist unbegründet, weil die Beklagte keine Bareinlageverpflichtung aus Sachkapitalerhöhung gemäß § 183 Abs. 2 Satz 3 AktG trifft. Der Auffassung des Landgerichts im angefochtenen Urteil, der Hauptversammlungsbeschluss der G. AG zu TOP 2. d), soweit er die Sacheinlageverpflichtung behandelt, vom 24. Mai 1995 enthalte die gemäß § 183 Abs. 1 Satz 1 AktG erforderlichen Festsetzungen nicht, vermag sich der Senat, auch unter Berücksichtigung der nach Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Senat eingegangenen Schriftsätze insbesondere des Klägers, nicht anzuschließen. Vielmehr sind die im Hauptversammlungsbeschluss enthaltenen Festsetzungen zum Gegenstand der Sacheinlage und zur einlegenden Person - nur bezüglich dieser Erfordernisse herrscht zwischen den Parteien Streit, die übrigen gesetzlichen Anforderungen an den Beschluss sind eingehalten - ausreichend.
§ 183 AktG gehört zu denjenigen Vorschriften, die den Grundsatz der realen Kapitalaufbringung verwirklichen sollen. Er sieht einen Schutz der - aller - Aktionäre und Gläubiger, aber auch der interessierten Öffentlichkeit einerseits durch Publizität (in § 183 Abs. 1 Satz 1 AktG), andererseits (in § 183 Abs. 3 AktG) durch Kontrolle im Wege sachverständiger Prüfung auf Werthaltigkeit vor. Für die Beurteilung, ob die Publizität hinreichend gewahrt ist, bildet den Maßstab der Zweck der gesetzlichen Regelung, die Öffentlichkeit über die Kapitalverhältnisse und die Bindungen zu Lasten der Gesellschaft zu unterrichten und eine Prüfung der Werthaltigkeit der einzulegenden Gegenstände zu ermöglichen. Im Einzelnen jedoch hängt die Erfüllung dieser Anforderungen von den Umständen des konkreten Einzelfalles ab. Was den Gegenstand einer Sacheinlage anbelangt, muss seine Identität feststellbar, d.h. objektiv bestimmbar sein. Bei einzulegenden Forderungen sind regelmäßig Gläubiger und Schuldner, der Gegenstand der Forderung und der Schuldgrund anzugeben, wenn die Forderung nicht ausnahmsweise durch andere Umstände identifiziert werden kann. Die Bareinlageverpflichtung gemäß § 183 Abs. 2 Satz 3 AktG tritt unabhängig davon ein, ob die gemäß § 183 Abs. 1 Satz 1 AktG erforderlichen Festsetzungen im Kapitalerhöhungsbeschluss gänzlich fehlen, unvollständig oder unrichtig sind (zu allem Vorstehenden: Wiedemann in: Großkommentar AktG, 4. Aufl., Stand 1994, § 183 Rdnr. 3 f.; Röhricht, ebenda, Stand 1996, § 27 Rdnr. 129 f.; MK-Peifer, AktG, 2. Aufl. 2005, § 183 Rdnr. 2 bis 4 und 49; MK-Pentz, AktG, 2. Aufl. 2000, § 27 Rdnr. 70; KK-Lutter, AktG, 2. Auflage 1989, § 183 Rdnr. 2).
Handelt es sich bei der Sacheinlage um eine Forderung des Aktionärs selbst gegen die Gesellschaft, besteht im Ergebnis kein Anlass, großzügigere Maßstäbe anzulegen. Zwar vollzieht sich bei dieser Umwandlung von Verbindlichkeiten in haftendes Kapital letztlich nur eine Veränderung auf der Passivseite der Bilanz und mögen die übrigen Aktionäre dadurch einen Vorteil erlangen, dass ihnen die Forderung nicht mehr wie bisher vorgeht; andererseits jedoch erleiden sie regelmäßig den Nachteil, dass die Forderung zum Nennwert getilgt wird und der neue Aktionär mit Anteilen zum Nennwert der Forderung am Gewinn der Gesellschaft beteiligt wird, obwohl er materiell eine Umwandlung seiner Forderung nur in einer Höhe verlangen kann, in der die Gesellschaft sie entsprechend ihrem Leistungsvermögen erfüllen kann, weil sich danach ihre Werthaltigkeit bemisst (BGHZ 110, 47/61 f.).
Auf diesen Grundlagen meint der Kläger, im Streitfall könnten die einzulegenden einzelnen Kreditforderungen weder ihrem Gegenstand noch der einlegenden Person nach hinreichend identifiziert werden, weil es im Erhöhungsbeschluss an einer genauen Aufteilung der Gesamtforderung in Teilbeträge, deren jeweiliger Zuordnung zu einer Gläubigerbank und einer Schuldnerin (einer der drei Gesellschaften der G.-Gruppe), der präzisen Beschreibung des jeweiligen Darlehensvertrages und der Benennung der jeweiligen Sicherheiten fehle. Dieser Standpunkt wäre jedoch nur dann zutreffend, wenn die in § 183 Abs. 1 Satz 1 AktG vorgesehenen Festsetzungen es zwingend erfordert hätten, die Sacheinlagen in ihrem rechtlichen Zustand vor Durchführung des Sanierungskonzeptes zu bezeichnen. Dies war indes nicht der Fall, und für den Zustand nach Durchführung jenes Konzeptes erweisen sich die tatsächlich getroffenen Festsetzungen als ausreichend.
Zur Zeit der Fassung des Hauptversammlungsbeschlusses war das Sanierungskonzept - auch hinsichtlich des von den Gläubigerbanken zu erbringenden Beitrages - zwischen den Verwaltungsorganen der heutigen Insolvenzschuldnerin, dem industriellen Investor und den Gläubigerbanken verbindlich vereinbart. Dass der Kapitalerhöhungsbeschluss zwar dieser Einigung über die Sanierung nachfolgte, der Umsetzung der zu ihrem Zwecke vorgesehenen rechtlichen Maßnahmen - Übernahme aller Darlehensverbindlichkeiten durch die heutige Insolvenzschuldnerin, Verzicht und Novation - aber voranging, indem diese aufschiebend bedingt waren oder ihnen Rückwirkung beigemessen wurde, stellt lediglich eine Einzelheit technischer Art der Abwicklung dar. Bei den Gläubigerbanken bestanden ebensowenig wie bei den sonstigen Beteiligten über die Fassung des Beschlusses auf der Hauptversammlung hinausgehende Vorbehalte. Aus dem beiderseitigen Parteivorbringen ist auch nicht ersichtlich, dass die tatsächliche Durchführung des Sanierungskonzeptes aus bestimmten Gründen zweifelhaft gewesen wäre.
Bei dieser Lage hätten die vom Kläger gewünschten zusätzlichen Angaben den Zweck, gegenüber Aktionären, Gläubigern und Öffentlichkeit Transparenz hinsichtlich der Kapitalaufbringung zu schaffen, jedenfalls nicht gefördert. Denn im Hinblick auf das Sanierungskonzept hatten weder die Aktionäre noch die Gläubiger der Gesellschaft ein nachvollziehbares Interesse daran, die genauen Umstände derjenigen Darlehensrückzahlungsansprüche, aus denen sich der einzulegende Forderungs-Gesamtbetrag vor Durchführung des Konzeptes zusammensetzte, zu erfahren.
Es lag aufgrund der wirtschaftlichen Situation der G.-Gruppe auf der Hand, dass diese Kreditforderungen keinesfalls mehr zum Nennwert werthaltig waren. Sinnvollerweise konnten sich Aktionäre und Gläubiger nur fragen, ob in die Gesellschaft Forderungen eingelegt wurden, die unter Berücksichtigung der insgesamt vorgesehenen Sanierung und namentlich des von "Bankenseite" geleisteten Beitrages unter der gedachten Voraussetzung des Vollzuges dieser Sanierung von der Gesellschaft erfüllt werden konnten, so dass sich eine Umwandlung in haftendes Kapital zum Nennwert rechtfertigte. Für diese Einschätzung spielten die Einzelheiten der ursprünglichen Darlehensforderungen aber überhaupt keine Rolle. Im Kern bestand der durch die Gläubigerbanken zu leistende Sanierungsbeitrag nämlich in drei Komponenten: Zum ersten sollte die Gesellschaft, auf die die Darlehensverbindlichkeiten konzentriert wurden, von der drückenden Schuldenlast endgültig befreit werden (durch Forderungsverzichte), zum zweiten sollte bei wirtschaftlicher Betrachtung eine Befreiung im Wege des Rangrücktritts (durch Umwandlung in haftendes Kapital) erfolgen; drittens sollte die Gesellschaft in die Lage versetzt werden, künftig die verbleibenden Forderungen gleichmäßig und zu Vorzugskonditionen, zu denen vor allem das Absehen von jeglicher Besicherung gehörte, zu bedienen (durch Umschuldung). Die wirtschaftlich allein vernünftige Frage konnte sein, ob die Gesellschaft bei der vorbezeichneten Neugestaltung der Rechtsverhältnisse in der Lage wäre, den als Sacheinlage vorgesehenen Kreditbetrag, würde er nicht in haftendes Kapital umgewandelt, zurückzuführen. Der Kapitalerhöhungsbeschluss musste - lediglich - deutlich machen, ein wie hoher Teilbetrag der den Gläubigerbanken insgesamt zustehenden Forderungen von der zweiten Komponente des Sanierungskonzeptes, der Umwandlung in haftendes Kapital, betroffen war. Demgegenüber hätten einzelne Angaben zu Gläubigerin und Schuldnerin, zum Entstehungszeitpunkt und zur Laufzeit sowie zum Sicherheitenstatus der ursprünglichen Darlehensforderungen bei Aktionären und Gläubigern den unzutreffenden Eindruck vermitteln können, die wirtschaftliche Bedeutung dieser Forderungen hänge von den vorbezeichneten Einzelumständen ab, obgleich dies tatsächlich allenfalls dann der Fall war, wenn der Kapitalerhöhungsbeschluss nicht gefasst worden wäre.
Bei alledem darf - ohne dass das Verhältnis der Absätze 1 und 3 des § 183 AktG abschließend geklärt werden müsste - auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass die in § 183 AktG aufgestellten Publizitätserfordernisse und die dort vorgesehene Werthaltigkeitsprüfung, um dem geschützten Personenkreis überhaupt von Nutzen zu sein, als ein sinnvoll aufeinander bezogenes Ganzes verstanden werden müssen. Im Streitfall bezog sich die Werthaltigkeitsprüfung allein auf die Sacheinlage unter der gedanklichen Voraussetzung der Durchführung des Sanierungskonzeptes, und dies war, wie sich aus den vorstehenden Erwägungen ergibt, auch sachgerecht. Aktionären, Gläubigern und sonstiger Öffentlichkeit hätte es aber nichts genutzt, im Kapitalerhöhungsbeschluss zur Einlage vorgesehene Forderungen in jeder Einzelheit beschrieben zu finden, wenn sodann berechtigterweise gänzlich - bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtung - "andere" Forderungen auf ihren Wert geprüft wurden.
Der Kapitalerhöhungsbeschluss durfte von der Lage nach Durchführung des Sanierungskonzeptes ausgehen, ohne selbst über den Inhalt dieses Konzeptes zu unterrichten.
Die Gläubiger der G. AG und die übrige interessierte - auch an dem Erwerb von Aktien interessierte - Öffentlichkeit erhielten durch den Beschluss die erforderlichen Angaben, um ihrerseits anhand der zum Handelsregister eingereichten Unterlagen ermitteln zu können, welche - ursprünglichen - Darlehensforderungen betroffen waren und in welchem Umfang diese erlassen und umgeschuldet wurden. Die Ermittlung konnte durch eine Gegenüberstellung der Jahresabschlüsse 2003 und 2004 bewerkstelligt werden. Insoweit standen sich die Dritten hier nicht anders, insbesondere nicht schlechter, als bei anderen Rechts- und Geschäftsverhältnissen der Gesellschaft, die sie sich auch durch die Registerunterlagen, eventuell mühsam, erschließen mussten. Das Ergebnis der Ermittlungen hätte den berechtigten Informationsbedarf abgedeckt.
Den Aktionären schuldete die Gesellschaft zwar jedenfalls die Erläuterung des Sanierungskonzeptes in den wesentlichen Zügen. Jedoch zog ein Versäumnis der Gesellschaft in dieser Hinsicht eine eigene und von der Anordnung einer Bareinlageverpflichtung in § 183 Abs. 2 Satz 3 AktG deutlich unterschiedene Sanktionsmöglichkeit nach sich. Bei unzureichender Information über die Rahmenbedingungen, die zu einer sachgerechten Bewertung der zu beschließenden Maßnahme herangezogen werden mussten, wurde der Kapitalerhöhungsbeschluss wegen Verstoßes gegen § 131 AktG anfechtbar, und die Sacheinlage konnte auf diese Weise zu Fall gebracht werden.
Auf der gedanklichen Grundlage einer erfolgten Durchführung des Sanierungskonzeptes sind die im Kapitalerhöhungsbeschluss getroffenen Festsetzungen ausreichend.
Der Beschluss kann in seiner maßgeblichen Passage unschwer dahin verstanden werden, die dort genannten acht Gläubigerbanken erbrächten als Sacheinlage alle ihnen nach Konzentrierung der Darlehensverbindlichkeiten auf die heutige Insolvenzschuldnerin gegen diese zustehenden Darlehensforderungen, soweit diese nicht erlassen oder noviert wurden. Damit waren hinsichtlich der einzulegenden Forderungen die Gläubigerinnen - nämlich die einzelnen genannten Banken -, die - nunmehr alleinige - Schuldnerin, der Schuldgrund und der - wenn auch in allgemein gehaltener Form beschriebene - Umfang genannt.
Dies reichte zumindest im hier gegebenen Fall aus. Ob die Lage bezüglich der einlegenden Personen anders zu beurteilen wäre, wenn unter den Einlegenden Personen relevant unterschiedlicher Bonität gewesen wären, bedarf keiner Entscheidung; denn im vorliegenden Fall bleibt der Gesichtspunkt einer aus der Person der Einlegenden herrührenden Leistungsstörung rein theoretisch, da für eine auch nur in geringem Umfang zweifelhafte Bonität der Einlegerinnen Anhaltspunkte weder vorgetragen noch ersichtlich sind.
C.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1 und 2, 709 Satz 2 ZPO.
Ein Anlass für die Zulassung der Revision besteht nicht. Die Ausführungen im vorliegenden Urteil zu der allein entscheidungstragenden Frage der Bestimmtheit der Festsetzungen in Beschlüssen über Kapitalerhöhungen mit Sacheinlagen beruhen allein auf einer Würdigung der konkreten Umstände des Einzelfalles; aus ihnen können keine allgemeinen, in Rechtsprechung und Literatur bisher nicht vertretenen Obersätze gebildet werden.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 500.000,00 € festgesetzt.
OLG Düsseldorf:
Urteil v. 23.02.2006
Az: I-6 U 37/05
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