Bundespatentgericht:
Beschluss vom 11. Juni 2001
Aktenzeichen: 10 W (pat) 76/00
(BPatG: Beschluss v. 11.06.2001, Az.: 10 W (pat) 76/00)
Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung
Das Bundespatentgericht hat in einem Beschluss vom 11. Juni 2001 (Aktenzeichen 10 W (pat) 76/00) eine Beschwerde der Antragstellerin gegen einen Beschluss der Patentabteilung 11 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 12. Juli 1999 aufgehoben.
In der Entscheidung geht es um eine europäische Patentanmeldung, für die bereits ein Patent erteilt wurde. Ursprüngliche Inhaberin der Patentanmeldung war die V... in C.... Die Patentanwälte B... in M... wurden vom Deutschen Patentamt zu Vertretern in Sachen des Patents bestellt. In der Folgezeit wurden die Jahresgebühren für das Patent teilweise von den Patentanwälten B... und teilweise von einer "M... GmbH" entrichtet. Später wurde das Patent auf die T... AG in C... übertragen.
Es wird festgestellt, dass die Nachricht über die Zahlung der 13. Jahresgebühr nicht ordnungsgemäß zugestellt wurde und somit die Zahlungsfrist nicht zu laufen begonnen hat. Die Antragstellerin hat die Umschreibung des Patents beantragt und nachgewiesen, dass sie Rechtsnachfolgerin der eingetragenen Patentinhaberin ist. Die Patentabteilung hat den Wiedereinsetzungsantrag der Antragstellerin als unzulässig zurückgewiesen.
Das Bundespatentgericht entscheidet, dass kein Fall für Wiedereinsetzung vorlag, da die Frist nicht versäumt wurde. Die Antragstellerin hatte bereits vor Erlaß des angefochtenen Beschlusses nachgewiesen, dass sie Rechtsnachfolgerin der eingetragenen Patentinhaberin ist und die Umschreibung des Patents auf sich beantragt hat. Die Zahlung der Umschreibungsgebühr erfolgte zwar nicht rechtzeitig, jedoch wurde der Umschreibungsantrag mit Zahlung der Gebühr wirksam. Vom Zeitpunkt der Wirksamkeit des Umschreibungsantrags an ist die Antragstellerin berechtigt, die Wiedereinsetzung zu beantragen. Der Zugang der Gebührennachricht ist nicht nachgewiesen, daher konnte die Frist zur Zahlung der Jahresgebühr nicht zu laufen beginnen.
Der Beschluß der Patentabteilung wird daher aufgehoben. Der Wiedereinsetzungsantrag der Antragstellerin war von vornherein gegenstandslos.
Dies ist eine einfache und leicht verständliche Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung, die den wesentlichen Inhalt wiedergibt.
Die Gerichtsentscheidung im Volltext:
BPatG: Beschluss v. 11.06.2001, Az: 10 W (pat) 76/00
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluß der Patentabteilung 11 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 12. Juli 1999 aufgehoben.
Gründe
I.
Für die mit Wirkung auf die Bundesrepublik Deutschland erstreckte europäische Patentanmeldung 86 102 404.0 ist der Hinweis auf die Erteilung des Patents am 11. Januar 1989 veröffentlicht worden. Inhaberin der Patentanmeldung und des darauf anschließend erteilten Patents, das die Nummer 197 275 erhalten hatte, war ursprünglich der V... in C.... Der Hinweis des Deutschen Patentamts auf die Veröffentlichung der Erteilung ist den Patentanwälten B... in M... mitgeteilt worden, die sich unter Vollmachtsvorlage am 10. Oktober 1988 beim Deutschen Patentamt zu Vertretern in Sachen des - noch zu erteilenden - Patents bestellt hatten. In der Folgezeit sind die Jahresgebühren für das Patent teilweise durch die Patentanwälte B..., teilweise durch eine "M... GmbH" entrichtet worden. 1992 wurde das Patent auf die T... AG in C... umgeschrieben.
Die Nachricht gemäß § 17 Abs 3 PatG für die 13. Jahresgebühr mit dem Zuschlag vom 5. Juni 1998 ist unmittelbar an die eingetragene Patentinhaberin unter der Anschrift "Postfach in C..." mit Einschreiben zur Post gegeben worden. Das Aktenexemplar der Benachrichtigung trägt den Vermerk "ab 09. Juni. 1998" und ein Namenszeichen. Ein Aufgabevermerk gemäß § 4 Abs 2 VwZG ist nicht angebracht.
Die Gebühr mit dem Zuschlag ist am 4. Dezember 1998 durch Patentanwalt S... in C..., für die Antragstellerin entrichtet worden. Die Antragstellerin hat unter Vorlage der entsprechenden Nachweise geltend gemacht, sie sei Rechtsnachfolgerin der eingetragenen Patentinhaberin, und hat die Umschreibung des Patents auf sich beantragt. Die Antragstellerin hat ausgeführt, der von ihr mit einer Routineüberprüfung beauftragte Patentanwalt S... habe am 2. Dezember 1998 festgestellt, daß das Patentamt das Patent wegen Nichtzahlung der 13. Jahresgebühr als erloschen ansehe. Da die T... AG, an die die Gebührennachricht gerichtet gewesen sei, seit 1992 nicht mehr bestehe, könne dieser die Gebührennachricht nicht zugestellt worden sein. Sie hat Wiedereinsetzung in die versäumte Frist beantragt, weil im Büro ihres Bevollmächtigten durch menschliches Versagen die Anmeldung nicht ordnungsgemäß bearbeitet worden sei.
Die Patentabteilung 11 des Deutschen Patentamts hat die Antragsberechtigung der Antragstellerin für die Wiedereinsetzung bezweifelt, weil diese nicht als Patentinhaberin eingetragen und die Umschreibung nicht beantragt sei. Die Patentabteilung hat den Wiedereinsetzungsantrag durch Beschluß vom 12. Juli 1999 als unzulässig zurückgewiesen.
Die Antragstellerin hat Beschwerde eingelegt.
Sie macht geltend, die Umschreibung rechtzeitig beantragt zu haben und damit zur Stellung des Wiedereinsetzungsantrags formell berechtigt gewesen zu sein. Die Umschreibung sei bereits 1992 gleichzeitig mit anderen Schutzrechten beantragt worden, jedoch aus Kostengründen zunächst ohne Zahlung der Umschreibungsgebühr. Diese werde mit der Beschwerdeeinlegung entrichtet. Sie wiederholt im übrigen ihr Vorbringen zur Wiedereinsetzung und macht weiter geltend, daß die Gebührennachricht weder der T... AG, noch den Patentanwälten B... noch Patentanwalt S... zugegangen sei, obwohl die Post Sendungen an die T... AG üblicherweise im Büro ihres Bevollmächtigten abliefere. Wegen der Einzelheiten des Vorbringens wird auf die Schriftsätze Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere ist die Antragstellerin beschwert, da ihr Wiedereinsetzungsantrag verworfen wurde.
Der Beschluß der Patentabteilung ist aufzuheben, weil mangels Fristversäumung ein Fall für eine Wiedereinsetzung nicht vorlag. Aus Gründen der Klarstellung ist der Beschluß daher zu beseitigen. Zudem trifft die Begründung nicht mehr zu, denn die Antragstellerin hatte bereits vor Erlaß des angefochtenen Beschlusses nachgewiesen, daß sie Rechtsnachfolgerin der eingetragenen Patentinhaberin ist und mit ihrem Schriftsatz vom 28. Mai 1999 die Umschreibung auf sich beantragt, was dem Patentamt anscheinend entgangen war. Zwar war der Umschreibungsantrag mangels Gebührenzahlung nicht wirksam, § 30 Abs 3 Satz 2 Alternative 2 PatG. Der Umschreibungsantrag ist mit Zahlung der Gebühr am 11. September 1999 jedoch wirksam geworden. Spätestens seit diesem Zeitpunkt ist die Antragstellerin berechtigt, die Wiedereinsetzung zu beantragen (vgl Schulte, PatG, 5. Aufl, § 123 Rdn 6). Ob der Wiedereinsetzungsantrag erfolgreich wäre, kann dahinstehen; es kann nicht festgestellt werden, daß die Frist zur Zahlung der 13. Jahresgebühr in Lauf gesetzt wurde und wann dies ggf geschehen ist. Die Frist kann daher nicht versäumt sein.
Gemäß § 17 Abs 3 Satz 3 PatG beginnt die 4-Monatsfrist zur Zahlung einer Jahresgebühr mit dem Ende des Monats in dem die Nachricht zugestellt wurde. Der Nachweis einer formgültigen Zustellung liegt hier nicht vor, so daß die Frist nicht, in Lauf gesetzt worden ist. Zuzustellen ist, wenn - wie hier - der Zustellungsempfänger nicht zu den privilegierten Empfängergruppen nach § 5 Abs 2 VwZG gehört, für den Regelfall mit Zustellungsurkunde oder mit eingeschriebenem Brief. Die letztgenannte Zustellungsart scheint das Patentamt für die Gebührennachricht vom 5. Juni 1998 gewählt zu haben, sofern man dem Vermerk unten links auf dem Vordruck P 3300 folgt. Zwar enthalten die Akten nicht den gemäß § 4 Abs 2 VwZG an sich geforderten Aufgabevermerk, dieser ist jedoch nicht für die Wirksamkeit der Zustellung als solcher zwingend erforderlich, da er nur die Vermutung für den Zustellungszeitpunkt begründet, vgl Schulte, PatG 5. Aufl, § 127 Rdn 26.
Damit spricht für die Zustellung der Gebührennachricht zunächst zwar eine Vermutung nach § 4 VwZG, wenn insoweit auch offen bleibt, wann die Zustellung erfolgt ist, da sich der Zustellungszeitpunkt nach dem - hier nicht angebrachten - Aufgabevermerk richtet. Die Vermutung des Zugangs ist hier jedoch widerlegt. Die Antragstellerin hat dargelegt, daß weder sie als dem Patentamt an sich bekannte Rechtsnachfolgerin der als Patentinhaberin eingetragenen T... AG, noch ihr anwaltlicher Vertreter, an den die Post üblicherweise an die T... AG gerichtete Schriftstücke abgeliefert habe, noch die von der ursprünglichen Patentinhaberin bevollmächtigten Patentanwälte die Gebührennachricht erhalten hätten und daß die eingetragene Patentinhaberin diese nicht habe erhalten können, da sie seit Ende 1992 nicht mehr als solche bestehe.
Das dadurch bereits glaubhafte Bestreiten des Zugangs erhält besonderes Gewicht durch den Umstand, daß die Gebührennachricht nicht unter einer zustellfähigen Anschrift, sondern nur mit der Angabe eines Postfachs zur Post gegeben wurde, so daß zusätzlich offen bleibt, wie dem - als solchen nicht mehr existierenden - Empfänger das Schriftstück ausgehändigt wurde.
Zwar kann die Behörde - hier das Patentamt - Zugang und Zugangszeitpunkt bei Zweifeln an einer ordnungsgemäßen Zustellung beweisen. Das ist nicht erfolgt. Da somit der Zugang der Nachricht nicht nachgewiesen und die für die Zustellung sprechende Vermutung widerlegt ist, hat die Zahlungsfrist nicht zu laufen begonnen. Die am 4. Dezember 1998 nachgeholte Zahlung von Gebühr und Zuschlag ist somit rechtzeitig. Es kann daher unerörtert bleiben, ob die Zustellung an die Patentanwälte B... als bestellte Vertreter hätte erfolgen müssen oder ob deren Eigenschaft als an sich berufene Zustellungsempfänger durch die Umschreibung des Patents vom V... auf die T... AG entfallen ist.
Da eine Frist somit nicht versäumt wurde, war der von der Antragstellerin gestellte Wiedereinsetzungsantrag von vornherein gegenstandslos. Der Beschluß der Patentabteilung war aus Gründen der Klarheit aufzuheben.
Bühring Dr. Schermer Schuster Fa/Ja
BPatG:
Beschluss v. 11.06.2001
Az: 10 W (pat) 76/00
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