Oberlandesgericht München:
Urteil vom 16. Februar 2012
Aktenzeichen: 6 U 2199/11
(OLG München: Urteil v. 16.02.2012, Az.: 6 U 2199/11)
Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung
Das Oberlandesgericht München hat entschieden, dass der Kläger einen Anspruch auf Unterlassung der Werbeaussagen der Beklagten für deren Behandlungsmethode "meso/Beauty-Lift" hat. Der Kläger ist ein eingetragener Verein, der sich unter anderem für Lauterkeit im Wettbewerb einsetzt und daher klagebefugt ist. Die Beklagte betreibt eine "Beauty Therapy Praxis" und wurde vom Kläger abgemahnt, weil ihre Werbung irreführend und unlauter sei. Das Landgericht München I hatte der Klage des Klägers in erster Instanz stattgegeben, und das Oberlandesgericht bestätigt nun diese Entscheidung. Es stellt fest, dass die angegriffenen Werbeaussagen der Beklagten irreführend sind und die Wirkungen der Behandlungsmethode wissenschaftlich nicht ausreichend gesichert sind. Die Beklagte konnte keinen Nachweis erbringen, dass ihre Methode dieselben Wirkungen wie eine Faltenunterspritzung oder gar eine chirurgische Operation hat. Das Gericht weist die Berufung der Beklagten daher zurück und verurteilt diese zur Unterlassung der beanstandeten Werbeaussagen. Darüber hinaus muss die Beklagte die Kosten des Berufungsverfahrens tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Gerichtsentscheidung im Volltext:
OLG München: Urteil v. 16.02.2012, Az: 6 U 2199/11
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Landgerichts München vom 10.03.2011, Az. 4 HK O 17937/10, wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III. Das Urteil des Landgerichts und das vorliegende Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe eines Betrages von 30.000,00 € abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
I.
Der Kläger nimmt die Beklagte wegen Wettbewerbsverletzung wegen behaupteter irreführender Werbung für eine Behandlungsmethode auf Unterlassung in Anspruch.
Der Kläger ist ein (im Vereinsregister des AG Charlottenburg unter Nr. €) eingetragener Verein, zu dessen satzungsgemäßen Aufgaben die Wahrung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder einschließlich der Lauterkeit des Wettbewerbs gehört. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung ist er als branchenübergreifender, überregional tätiger Wirtschaftsverband klagebefugt nach § 8 III Nr. 2 UWG.
Die Beklagte betreibt eine " Beauty Therapy Praxis" in der L. Straße in M.
Der Kläger, dem diese Angaben nach seinem Vortrag am 09.07.2010 bekannt wurden, hat die Beklagte mit Schreiben vom 22.07.2010 wegen wettbewerbswidriger, unlauterer Werbung erfolglos abgemahnt (Anlage K 2). Er erwirkte eine einstweilige Verfügung beim Landgericht München I, die antragsgemäß unter dem 06.08.2010 erlassen wurde (vgl. Az. 4 HK O 14681/10). Der Aufforderung des Klägers zur Abgabe einer Abschlußerklärung mit Schreiben vom 20.08.2010 (Anlage K 3) kam die Beklagte nach Zustellung der Beschlußverfügung und Fristsetzung nicht nach, so dass der Kläger am 23.09.2010 Klage erhob.
Der Kläger ist der Ansicht, dass die mit dem Klageantrag beanstandeten zehn Werbeäußerungen zu der von der Beklagten angewandten kosmetischen Behandlungsmethode "meso/Beauty-Lift" gegen die wettbewerbsrechtlichen Bestimmungen des §§ 4 Nr. 11, 3, 5 UWG i.V.m § 27 I Nr.1 und 2 LFGB verstießen, da sie aufgrund übertriebener Wirkaussagen irreführend seien. Auch setze die Beklagte die Wirkungen ihrer Behandlungsmethode mit den Ergebnissen einer Faltenunterspritzung oder sogar einer chirurgischen Operation gleich, wofür sie jedoch keinen wissenschaftlichen Nachweis erbringe. Hinsichtlich der Beanstandung der einzelnen im Klageantrag beanstandeten Wirkaussagen wird auf die Ausführungen unter Ziff. III.3. der Klageschrift vom 23.09.2010 (vgl. Bl. 7 ff. d. A.) Bezug genommen.
Der Kläger hat daher erstinstanzlich beantragt, die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, für die Behandlungsmethode "meso/Beauty Lift" mit den beanstandeten Äußerungen gemäß Anlage K 1 zur Klageschrift zu werben.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.
Die Beklagte rügt die fehlende Aktivlegitimation des Klägers.
Sie ist ferner der Ansicht, dass eine Irreführung nicht vorliege.
Die streitgegenständliche Behandlungsmethode sei kein medizinisches Verfahren, nutze jedoch Erfahrungen aus der medizinischen meso-Therapie und kombiniere diese mit der Anwendung vorwiegend biophysikalischer Verfahren (Iontophorese und Elektroporation).
Es erfolge auch keine Gleichsetzung der meso-Behandlung mit operativen Methoden (facelift; Unterspritzung), da der mündige Verbraucher, auf dessen Vorstellung es vorliegend ankomme, die streitgegenständlichen Aussagen nicht in diesem Sinne missverstehe. Ebensowenig werde der Begriff "Lifting" im hier verwendeten Zusammenhang von den angesprochenen Verkehrskreisen missverstanden.
Das Landgericht München I hat der Klage mit Urteil 10.03.2011 in vollem Umfang stattgegeben und die Beklagte wie folgt verurteilt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu verhängenden Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im geschäftlichen Verkehr zu unterlassen,
für die Behandlungsmethode "meso/Beauty Lift" zu werben:
1) "Wollen Sie auch 10 Jahre jünger wirken€ Ohne Skalpell € ohne Nadel€
Schnell ein straffes Hautbild, Fältchen rasch weg porotieren lassen. Ein paar Falten weniger€ Welche Frau, welcher Mann wünscht sich das nicht€ Endlich gibt es eine Alternative zur Faltenunterspritzung";
2) "Nadellos unterfüllen";
3) "Tadellos Muskeln straffen";
4) "Fältchen haben viele Ursachen, Mimikfalten nur eine. Die Muskeln im Gesicht sind verspannt, verhärtet, verformt und schwach. Die neue Methode der l. B. Labors/USA lockert, strafft, formt die Muskeln, womit die Falten auseinanderrücken, sie entfalten sich, die Haut wird glatt. Jetzt können die Zwischenräume nadellos unterfüllt und aufgepolstert werden";
5) "Starke Muskeln kennen kaum Falten, ein unterfülltes Hautbild wirkt einfach straff, jünger, attraktiv. Bessere Wirkung gibt es nicht";
6) "Lifting ohne OP";
7) "Alles, was Spritze und Skalpell nicht können";
8) "Nadellos straffen mit meso/Beauty Lift";
9) "die sanfte Methode, das Gesicht schmerzlos zu "unterfüllen" mit Biomolekülen und Hyaluron";
10) "Das Ziel: Harte Eingriffe vermeiden und trotzdem bis zu 10 Jahre jünger wirken":
sofern dies jeweils geschieht, wie in der Anlage K 1 zur Klage vom 23.09.2010 wiedergegeben.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger € 166,99 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 08.11.2010 zu bezahlen.
3. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar und zwar hinsichtlich Ziff1. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von € 10.000,00, hinsichtlich Ziff.2. und 3. In Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages.
Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Klage gemäß den §§ 2,3 UKlaG, §§ 8 I, 3 I, 5, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 27 I Nr. 1 und 2 LFGB begründet sei, da dem Kläger ein Anspruch auf Unterlassung der mit dem Klageantrag beanstandeten zehn irreführenden Werbeäußerungen über die Behandlungsmethode "meso/Beauty Lift" € wie aus Anlage K 1 zur Klage ersichtlich - gegen die Beklagte zustehe. Die Wirkaussagen bei Anwendung der streitgegenständliche Methode seien wissenschaftlich nicht genügend objektiviert, der Erfolg werde jedoch € jedenfalls zum Teil € als praktisch sicher dargestellt. Auch wenn die Beklagte darauf hingewiesen habe, dass von ihr mit der Behandlungsmethode "meso/Beauty Lift" keine medizinische, sondern eine kosmetische Behandlungsmethode beworben werde, würden aber die angegebenen Wirkaussagen überwiegend denen medizinischer Behandlungen gleichgestellt bzw. diese ersetzend beworben, so dass der durchschnittlich informierte Verbraucher diese auch so verstehe. Hinsichtlich der einzelnen Werbeaussagen wird auf die Gründe des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen (Bl. 77/89 d. A).
Das Landgericht hat dem Kläger auch die geltend gemachten vorgerichtlichen Mahnauslagen zuerkannt.
Gegen dieses Urteil, der Beklagten zugestellt am 12.05.2011, richtet sich die am 23.05.2011, eingegangen am 31.03.2011, eingelegte, mit Schriftsatz vom 05.07.2011, eingegangen bei Gericht am 06.07.201, begründete Berufung der Beklagten, mit der sie ihr Klageabweisungsbegehren weiter verfolgt.
Sie macht geltend, dass das Landgericht zu Unrecht angenommen habe, dass der Kläger zur Geltendmachung der Unterlassungsansprüche gegen die Beklagte gemäß § 8 III Nr. 3 UWG aktivlegitimiert sei, allenfalls käme eine Aktivlegitimation gemäß § 8 III Nr. 2 UWG in Betracht, auf die der Kläger seine Klage stütze. Jedoch sei eine solche gleichfalls nicht gegeben, da der Kläger nicht nachgewiesen habe, dass ihm eine erhebliche Anzahl von Unternehmen angehörten, die in Deutschland Dienstleistungen wie die Beklagten anbieten oder vertreiben würden. Zwar fänden sich auf der Liste der Mitglieder einige Hersteller und Vertreiber von Kosmetika, jedoch sei der Begriff "Kosmetika" weit, so dass der Kläger hätte darlegen müssen, welches Angebot welcher Mitglieder sich mit dem Angebot der Beklagten überschneide oder dieses künftig ersetzen könne. Dies sei jedoch nicht geschehen, so dass der Kläger seiner Beweislast nicht nachgekommen sei. Diesen rechtlich erheblichen Gesichtspunkt habe das Landgericht übergangen und damit gegen Art. 103 I GG verstoßen.
Dem Kläger stünden auch weder nach §§ 2, 3 UKlaG, noch nach den §§ 8 I, 3 I, 5, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 27 I Nr. 1 und 2 LFGB Unterlassungsansprüche gegen die Beklagte zu. Ein Anspruch nach §§ 2, 3 UKlaG scheide von vornherein aus, da der Kläger keine Verstöße gegen bestehende Verbraucherschutzgesetze im Sinne dieser Vorschriften geltend gemacht habe.
Auch sei § 27 LFGB entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht anwendbar, da in § 2 V S. 1 LFGB € ebenso wie in § 4 I Nr. 3, der den Anwendungsbereich des LFGB auf Mittel zum Tätowieren und ähnliche Stoffe erweitere - bei der Begriffsbestimmung des kosmetischen Mittels auf den Stoffbegriff abgestellt werde. Nicht darunter fielen Bedarfsgegenstände im Sinne von § 2 VI Nr. 3 Nr. 4 LFGB, die dem Wettbewerbsverbot in §§ 1, 3 HWG unterlägen, sowie Verfahren und Behandlungen, für welche ebenfalls ein Wettbewerbsverbot nach den vorgenannten Bestimmungen des HWG gelte. Die Behandlungsmethode der Beklagten, welche ausschließlich streitgegenständlich sei, sei daher kein kosmetisches Mittel im Sinne von § 27 LFGB, so dass diese Vorschrift im vorliegenden Fall als Anspruchsgrundlage ausscheide. Höchst vorsorglich macht die Beklagte geltend, dass das Landgericht zur Untermauerung seiner Rechtsauffassung, wonach sich aus den von der Beklagten vorgelegten Unterlagen keine genügende wissenschaftliche Absicherung ihrer Werbebehauptungen ergäbe, rechtsfehlerhaft auf die Ausführungen im Urteil des OLG Frankfurt am Main vom 22.4.2010 (Anlage K 11) Bezug genommen habe, zumal die als Anlage B 7 € B 11 im hiesigen Verfahren vorgelegten Gutachten dem vorerwähnten Verfahren nicht zugrunde gelegen hätten. Die Annahme einer irreführenden Werbung in Sinne von § 27 I Nr. 1 und Nr. 2 LFGB könne daher nicht darauf gestützt werden, die Behandlungsmethode der Beklagten besitze die von ihr beschriebenen Wirkungen nicht.
Wegen Nichtanwendbarkeit von § 27 LFGB hätte das Landgericht daher in eine Prüfung der Generalklausel der §§ 3, 5 UWG eintreten müssen. Sämtliche vom Kläger angegriffenen Angaben stellten jedoch keine gesundheitsbezogenen Aussagen dar, so dass der Kläger für die von ihm behauptete Irreführung beweispflichtig sei. Einen entsprechenden Nachweis habe er jedoch nicht erbracht.
Im Übrigen habe die Beklagte durch Vorlage der Gutachten der Professoren N. und P. (Anlagen B 9 und B 11) unter Beweis gestellt, dass ihre streitgegenständliche Methode der Elektroporation als wissenschaftlich unumstritten gelte. Hinsichtlich der einzelnen Werbeaussagen wird auf die Ausführungen der Beklagten im Berufungsschriftsatz vom 05.07.2011 (Bl. 107 € 115 d. A.) Bezug genommen.
Die Beklagte beantragt, die Klage unter Abänderung des Urteils des Landgerichts München I vom 10.03.2011 (Az.: 4 HK O 17937/10) zurückzuweisen.
Der Kläger beantragt Zurückweisung der Berufung.
Er verteidigt die ergangene Entscheidung des Erstgerichts.
Soweit die Beklagte weiterhin die Aktivlegitimation rüge, mache sich der Kläger die zutreffenden Hinweise des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main in dem als Anlage K 11 vorgelegten Urteil vom 22.04.2010 (dort S. 6) zu eigen, wonach die Beklagte den sachlich relevanten Markt zu eng definiere.
Entgegen dem Vorbringen der Beklagten seien vorliegend §§ 2, 3 UKlaG anwendbar, weil die verletzten Normen §§ 3, 5 sowie § 27 LFGB Verbraucherschutzgesetze im Sinne von § 2 UKlaG seien (vgl. Köhler in Köhler/Bornkamm, UWG, 29. Auflage 2011, § 2 UKlaG, Rdnr. 10 ff.I
Entscheidend sei, dass die einzelnen Werbeaussagen jeweils irreführend seien, weil die behaupteten Wirkungen nicht vom derzeitigen Erkenntnisstand gedeckt seien. Die Beklagte habe über die bereits in erster Instanz vorgelegten Studien keine weiteren wissenschaftlichen Studien zur vermeintlichen Absicherung ihrer Wirkungsaussagen vorgelegt; bei dem als Anlagenkonvolut B 7 vorgelegten Screening-Test hätten lediglich 5 Probandinnen, bei der als Anlage B 8 vorgelegten Studie lediglich 10 Probandinnen teilgenommen. Eine derart geringe Anzahl von Probandinnen vermöge jedoch keine repräsentativen Ergebnisse zu rechtfertigen.
Mit Schriftsatz vom 13.12.2011 hat die Beklagte auf entsprechende Anregung des Senats im Termin vom 01.12.2011 ein Lichtbild des von der Beklagten zur Durchführung der "meso/Beauty Lift" € Methode verwendeten Gerätes zu den Akten gegeben (Anlage B 20). Ferner hat sie mit demselben Schriftsatz als Anlage B 21 eine CD überreicht.
Im Übrigen wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und auf das Protokoll des Termins vom 01.12.2011 Bezug genommen.
II.
Die zulässige (§§ 517, 519 ZPO), insbesondere form- und fristgerecht eingelegte (vgl. Bl.95/96 d.A.) und begründete Berufung (vgl. Bl. 102 ff. d. A.) der Beklagten ist unbegründet. Der Kläger hat einen Anspruch auf Unterlassung der beanstandeten Werbeaussagen der Beklagten gemäß §§ 8 I, III Nr. 2, 3 I, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 27 I 2 Nr. 1 LFGB.
1. Der Kläger ist prozeßführungsbefugt gemäß § 8 III Nr. 2 UWG. Bei § 8 III Nr. 2 UWG handelt es sich nach ständiger Rechtsprechung des BGH (vgl. BGH GRUR 2001, 846 € Metro V) nicht nur um eine Vorschrift, die die Aktivlegitimation, sondern auch die Prozessführungsbefugnis von Wirtschaftsverbänden regelt. Ob eine Prozessführungsbefugnis gegeben ist, ist daher als Prozessvoraussetzung in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen.
Der Kläger ist gemäß § 8 II Nr. 2 UWG prozeßführungsbefugt, worauf er sich in erster Instanz neben §§ 2, 3 I Nr. 2 UKlaG auch ausschließlich gestützt hat
Der Kläger hat zur Überzeugung des Senats dargelegt, dass ihm eine erhebliche Anzahl von Unternehmen angehört, die Waren und Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt wie die Beklagte anbieten. Aus den vorgelegten und in Bezug auf ihre Aktualität glaubhaft gemachten Mitgliederlisten (vgl. Anlagen K 9 und K 10 € eidesstattliche Versicherung der Geschäftsführerin des Klägers, L, von 04.02.2011) ergibt sich, dass dem Kläger 23 Hersteller von Kosmetika, 14 Hersteller von Kosmetika und Nahrungsergänzungsmittel, 1 Kurklinik, die auch auf kosmetische Behandlung spezialisiert ist, und 36 Hersteller von Naturheilmitteln und Naturkosmetika und sowie ein Betreiber einer Vielzahl von Krankenhäusern in mehreren Bundesländern angehören. Bei den genannten Unternehmen handelt es sich um Wettbewerber der Beklagten, da das Tatbestandsmerkmal "derselbe Markt" in § 8 II Nr. 2 UWG weit auszulegen ist. Soweit die Beklagte geltend macht, dass verschiedene Anwendungsbereiche in der Kosmetik zu unterscheiden seien, so dass der Kläger für die Feststellung, ob ihm eine erhebliche Anzahl von Unternehmen angehöre, die dieselbe oder eine ähnliche Behandlungsmethoden wie die Klägerin verwendeten, hätte darlegen müssen, welches Angebot welcher von ihm vertretenen Hersteller und Vertreiber von Kosmetika sich konkret mit dem Angebot der Beklagten überschneide, kann dem nicht gefolgt werden, da alle kosmetischen Produkte zum Gebrauch bestimmt sind, so dass sich lediglich die Art und Weise ihrer Anwendung - sei es durch die konventionelle, manuelle Applikation oder die im Streitfall verwendete Methode der Elektroporese und Iontophorese - unterscheidet. Es handelt sich demzufolge um Waren bzw. Dienstleistungen desselben Marktes im Sinne von § 8 III Nr. 2 UWG.
2. Der Kläger kann von der Beklagten Unterlassung der angegriffenen Äußerungen - wie aus dem Tenor des Ersturteils ersichtlich € gemäß §§ 8 I, 3 I, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 27 I 2 Nr. 1 LFGB verlangen.
a. Der Kläger stützt sein Klagebegehren vorrangig auf die Verletzung des § 27 LFGB, bei welchem es sich um eine Verbotsnorm im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG handelt (vgl. Köhler/Bornkamm, UWG, 30. Auflage, § 4 Rdnr. 11.136).
52b. § 27 I 2 Nr. 1 LFGB ist anwendbar, da Gegenstand der Werbung ein kosmetisches Mittel im Sinne dieser Vorschrift ist. Kosmetische Mittel sind nach der Legaldefinition in § 2 V LFGB "Stoffe oder Gemische aus Stoffen, die ausschließlich oder überwiegend dazu bestimmt sind, äußerlich am Körper des Menschen oder in seiner Mundhöhle zur Reinigung, zum Schutz, zur Erhaltung eines guten Zustandes, zur Parfümierung, zur Veränderung des Aussehens oder dazu verwendet werden, den Körpergeruch zu beeinflussen". § 4 I Nr. 3 LFGB erweitert den Anwendungsbereich auf Mittel zum Tätowieren oder ähnliche Stoffe. Bei der von der Beklagten beworbenen kosmetischen Behandlung wird ein sog. "Roll-on Applikator", auf welchem ein Behältnis (" Carrier"), das 20 ml eines Wirkstoffes enthält, mittels eines elektrischen Impulses über die Gesichtsoberfläche geschoben und hierdurch die gesamte Containerfüllmenge in die Haut eingeschleust (vgl. Schriftsatz der Beklagten vom 13.12.2011). Zentraler Punkt dieser Behandlung ist nach den Angaben der Beklagten daher die Auf- bzw. Einbringung des Wirkstoffes, der variabel ist. Da auch nach der herkömmlichen manuellen Methode ein kosmetischer Wirkstoff auf die Haut aufgetragen und einmassiert wird, steht im Mittelpunkt beider Behandlungsarten jeweils ein kosmetisches Mittel, das lediglich in unterschiedlicher Form appliziert wird. Durch die von der Beklagten verwendete Methode der Elektroporation sollen die Wirkstoffe lediglich in tiefere Hautschichten gelangen, so dass die beworbenen Effekte hervorgerufen werden. Der Senat vertritt daher € ebenso wie das Oberlandesgericht Frankfurt am Main in einem Parallelverfahren, Az. 6 U 55/09 -, die Auffassung, dass im Streitfall für die Frage der Anwendbarkeit von § 27 I 2 Nr. 1 LFGB nicht auf die Behandlungsmethode, sondern in erster Linie auf das kosmetische Produkt abzustellen ist, das auf bzw. in die Gesichtshaut eingebracht werden soll, so dass § 27 LFGB daher € entgegen der Auffassung der Beklagten € anwendbar ist.
c. Die angegriffenen Werbeaussagen der Beklagten sind irreführend gemäß § 27 I 2 Nr.1 2. Fall LFGB.
Gemäß § 27 I 1 LFGB ist es verboten, kosmetische Mittel unter irreführender Bezeichnung, Angabe oder Aufmachung gewerbsmäßig in den Verkehr zu bringen oder für kosmetische Mittel allgemein oder im Einzelfall mit irreführenden Darstellungen oder sonstigen Aussagen zu werben. Nach § 27 I 2 Nr. 1 LFGB liegt eine Irreführung insbesondere dann vor, wenn einem kosmetischen Mittel Wirkungen beigelegt werden, die ihm nach den Erkenntnissen der Wissenschaft nicht zukommen oder die wissenschaftlich nicht hinreichend gesichert sind. Die Beklagte hat ihrer Behandlungsmethode mit den beanstandeten Aussagen Wirkungen zugeschrieben, die wissenschaftlich nicht hinreichend gesichert sind.
Im Einzelnen:
56aa.) Durch die Angaben " €10 Jahre jünger wirken€ ohne Skalpell € ohne Nadel €ein straffes Hautbild€Fältchen rasch weg porotieren lassen €.ein paar Falten weniger €, insbesondere aber den Hinweis darauf, dass es "endlich eine Alternative zur Faltenunterspritzung gebe", wird die Erwartung bei den angesprochenen Verkehrskreisen geweckt, dass durch die von der Beklagten angebotene Behandlung dieselben, dauerhaften Resultate erzielt werden können, wie es ansonsten nur durch eine medizinische Behandlung ("facelift") oder eine Unterspritzung erreicht werden kann. Aus der Sicht des durchschnittlichen Verbrauchers verbindet sich mit dem Hinweis, dass es endlich eine Alternative zur Faltenunterspritzung gebe, insbesondere die Erwartung des Durchschnittsverbrauchers, dass es der Kosmetik- bzw. Pharmaindustrie nunmehr gelungen ist, ein Produkt herzustellen, das dieselben Resultate erzielt wie nach operativen Eingriffen oder Einspritzungen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Hoffnung der angesprochenen Verkehrskreise in die Leistungsfähigkeit der chemischen und pharmazeutischen Industrie in Bezug auf die Fortentwicklung ihrer Produkte, insbesondere der von ihr hergestellten kosmetischen Mittel mit dem Ziel, eines Tages einen Wirkstoff zu entwickeln, der die Hautalterung stoppt, trotz aller bisher gegenteiligen Erfahrungen ungebrochen ist (vgl. auch BGH GRUR 1997, 537 € Lifting-Creme). Die maßgebliche Erwartung, die ein durchschnittlich informierter, aufmerksamer und verständiger Durchschnittsverbraucher diesen Angaben entnimmt, ist ohne weiteres durch den Senat festzustellen, da für die Beurteilung keine Spezialkenntnisse erforderlich sind.
Die behauptete Wirkung der Behandlungsmethode wird von der Beklagten nicht nur als im besten Fall erzielbar, sondern als wissenschaftlich gesichert dargestellt. Denn die angegriffene Aussage, ebenso wie die weiteren Aussagen, die im Gesamtkontext der unter I. wiedergegebenen Werbung für die "neue Methode", die "schnell, sicher und angenehm" unter Einsatz von Computertechnik beschrieben und von der Beklagten als "Spezialisten" mit über 30 Jahren Erfahrung in der Kosmetik", zu verstehen ist, lässt keine Zweifel daran aufkommen, dass ein "neuer Weg in der Kosmetik ohne OP" dargestellt wird.
Der Kläger hat unter Bezugnahme auf ein in einem früheren Rechtsstreit eingeholten Gutachten von Prof. N. vom 18.Mai 1994 jedoch geltend gemacht, dass Kosmetika grundsätzlich nur in der oberen Hornschicht der Epidermis - durch Aufquellung € wirkten, wegen des Aufbaus der Haut jedoch nicht in der Lage seien, in tiefere Hautschichten (Stratum basale, Stratum spinosum) vorzudringen. Die in diesem Gutachten allgemein zum Aufbau der Haut und der Wirkweise von Kosmetikprodukten gemachten Angaben des Sachverständigen stehen im Widerspruch zu den Aussagen der Beklagten über die von ihr beworbene Behandlungsmethode, mit welcher es möglich sei, Wirkstoffe zur Auffüllung von Falten unter die Haut zu transportieren und dauerhaft dasselbe Resultat zu erzielen, wie bei einer Unterspritzung.
Der Beklagten, die die Verantwortung für die Richtigkeit ihrer Wirkungsaussage trifft und die diese deshalb auch beweisen muss (vgl. BGH GRUR 2010, 359 € Coffein), ist der Nachweis, dass eine wissenschaftliche Absicherung der Wirkweise der von ihr beworbenen "meso/Beauty Lift" - Methode im Zeitpunkt der Werbung vorlag, nicht gelungen.
(1) Soweit sich die Beklagte hinsichtlich der wissenschaftlichen Absicherung der von ihr angebotenen Behandlungsmethode auf das Gutachten des Prof. Dr.-Ing. G., einem öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für Geräte der physikalischen Therapie, vom 24.11.2010 ("Gutachten zur Anwendung der Elektrostimulation der Muskulatur bei der Meso/Beauty Therapie" € Anlage B 10) beruft, ist hierzu festzustellen, dass dieses im Wesentlichen allgemeine Ausführungen zum Aufbau und zur Wirkung einer elektrischen Stimulation der Muskulatur € auch der Gesichtsmuskulatur € enthält, während auf die Wirkweise der Meso/Beauty Therapie im vorliegenden Fall nicht eingegangen wird, so dass aus dem Gutachten eine hinreichend wissenschaftlich abgesicherte Wirkung der "meso/Beauty Lift" Behandlungsmethode, wie sie von der Beklagten beworben wird, nicht entnommen werden kann.
(2) Nicht aussagekräftig in Bezug auf die wissenschaftliche Absicherung der seitens der Beklagten beworbenen Behandlungsmethode ist auch das von ihr vorgelegte Gutachten von Prof. Dr. N. von der Universität B. ("Gutachten zur wissenschaftlichen Seriosität des Verfahren Elektroporation, Ionto- (Elektro-) phorese, Elektroosmose" - Anlage B 9). Nach Kenntnis des Sachverständigen gibt es die von der Beklagten beworbene Meso-Elektroporation in der wissenschaftlichen Literatur bislang nicht. Vielmehr macht er Ausführungen zu der Effizienz der Methode der "Funktionellen Membran-Elektroporation", die im Zusammenhang mit der genetischen Umprogrammierung von Zellen erstmals 1982 dokumentiert worden sei und welche in vielen Fällen der Biotechnologie und der klinischen Medizin angewandt werde. Die aus diesem Verfahren gewonnenen Erkenntnisse haben lediglich in einem Satz € in einer allerdings sehr allgemein gehaltenen Feststellung € einen Bezug zur beworbenen Methode der Beklagten, als es auf Seite 2 (des lediglich aus zwei Seiten bestehenden Gutachtens) heißt, €" dass leichtes Vibrieren der Elektrodenköpfe und der leichte wiederholte Rolldruck auch rein elektrochemo-mechanisch eine als angenehm empfundene Muskelstimulation bewirke. Damit könnten entsprechend dosierte elektromechanische Hautoberflächen-Behandlungen zur Entspannung und Glättung auch verhärteter Gesichtsmuskeln führen"... Abgesehen davon, dass die Aussage lediglich pauschale Angaben zur Wirkung einer elektrochemischen Muskelstimulation bei zeitgleicher Druckausübung enthält, erfüllt das Gutachten - ebenso wie das Gutachten von Prof. G. - in keiner Weise die Anforderungen, die nach der Rechtsprechung des BGH an wissenschaftliche Arbeiten zu stellen sind. Danach setzt die wissenschaftliche Absicherung zwar nicht voraus, dass die dem beworbenen Mittel beigelegte Wirkung bereits Gegenstand einer allgemeinen wissenschaftlichen Diskussion geworden ist; die wissenschaftliche Absicherung könne sich vielmehr schon aus einer einzelnen Arbeit ergeben, sofern diese auf überzeugenden Methoden und Feststellungen beruhe. (a.a.O Tz. 18 unter Bezugnahme auf Zipfel/Rathke, § 27 LFGB Rdnr. 43; Reinhart, in Meyer/Streinz, § 27 LFGB, Rdner. 39). Eine hinreichende wissenschaftliche Belegbarkeit erfordert auch keine randomisierte, doppelblind durchgeführte Interventionsstudie an statistisch signifikanten Bevölkerungsgruppen, wie sie für den Wirknachweis bei Arzneimitteln erforderlich ist. Der erforderliche Umfang der wissenschaftlichen Absicherung von Werbeaussagen ist vielmehr anhand einer Einzelfallprüfung festzustellen, wobei insbesondere darauf abzustellen ist, wie konkret die behauptete Wirkung in der Werbeaussage zum Tragen kommt. Je konkreter, härter, definierter Wirkungen behauptet werden, desto stärkere Anforderungen sind auch an den wissenschaftlichen Nachweis zu stellen (Meyer/Streinz, LFGB, § 27 Rdnr. 38 ff). Aufgrund der plakativen und konkreten Wirkaussagen der beworbenen "meso/Beauty Lift" € Methode sind daher im Streitfall hohe Anforderungen an den wissenschaftlichen Nachweis zu stellen, die die von der Beklagten vorgelegten Gutachten nicht erfüllen. Weder überzeugt die Methode, nach welcher die Gutachten erstellt wurden, noch wurden ausreichende Feststellungen getroffen, aus denen sich eine hinreichende wissenschaftliche Absicherung der behaupteten Wirkaussagen ableiten ließe.
(3) Auch können den Ausführungen im Gutachten von U. P., Institut für Bioprozess- und Analysemesstechnik e.V., Heilbad H. (Gutachten zum gegenwärtigen Stand der Technik zur Fragestellung "Unterstützung der transdermalen Darreichung durch elektrische Felder unter besonderer Berücksichtigung der Elektroporation" - Anlage B 11) keine gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Wirkungsweise der von der Beklagten beworbenen Behandlungsmethode entnommen werden. Vielmehr wird darin lediglich allgemein die Wirkungsweise der durch Elektroporation bzw. Iontophorese unterstützten Penetration wässriger Substanzen durch die Haut beschrieben und das Ergebnis von Studien aufgezeigt, die an Spenderhaut durchgeführt wurden. Ausdrücklich findet sich jedoch in dem Gutachten der Hinweis darauf, dass eine Aussage zu möglichen Hautreaktionen aufgrund der Studie an abgestorbenem Gewebe nicht gemacht werden könne. Es fehlt daher bereits an der Übertragbarkeit der Ergebnisse auf den vorliegenden Streitfall.
(4) Schließlich enthält auch das von der Beklagten als Anlage B 7 vorgelegte Gutachten zur Darstellung des Soforteffekts einer Gesichtsbehandlung aus dem Jahr 2008, welches im Auftrag der L. Cosmetics GmbH, welche kosmetische Produkte und Therapien, u.a. die sogenannte "Mesotherapie" vertreibt, von einem Institut für experimentelle Dermatologie der Universität W.(D.T. GmbH & Co.KG) erstellt wurde, keine wissenschaftlich fundierten Aussagen zu der von der Beklagten beworbenen Methode. Entgegen der Auffassung der Beklagten erfüllt die durchgeführte Untersuchung, bei welcher lediglich 3 Probandinnen nach derselben Methode behandelt wurden, ohne Bildung einer Vergleichsgruppe, die nach herkömmlichen Methoden behandelt wurde, nicht die Anforderungen, die an die Wissenschaftlichkeit derartiger Studien zu stellen sind.
(5) Dies gilt in gleicher Weise für das weiter als Bestandteil der Anlage B 7 von der Beklagten vorgelegte Gutachten derselben Institution über den "Wirkungsnachweis einer kombinierten Gesichtsbehandlung" aus demselben Jahr. An dieser Prüfung haben zwar 6 Probandinnen teilgenommen, im Gutachten selbst heißt es jedoch auf Seite 8, dass es wünschenswert wäre, die oben genannten Untersuchungen mittels eines größeren Probandenkollektivs zusätzlich abzusichern. Zudem erfüllen die durchgeführten Untersuchungen und Messungen des Feuchtigkeitsgehalts nach zuvor durchgeführter Kosmetikbehandlung keine wissenschaftlichen Kriterien hinsichtlich des Nachweises einer dauerhaften Unterfüllung von Falten und einer Straffung der Haut.
(6) Schließlich fehlt es an der Übertragbarkeit des Ergebnisses des als Anlage B 8 vorgelegten Gutachtens desselben Instituts vom 10.11.2010 über eine "Wirksamkeitsstudie zum Nachweis der Penetrationsförderung eines Wirkstoffkonzentrates mit Hilfe der Meso-Beauty-Therapie" auf die Wirkungsweise der beworbenen Behandlungsmethode der Beklagten, da die Untersuchungen lediglich an den Unterarmseiten von 10 Probandinnen durchgeführt wurden und sich auf die Messung der kapillaren Hautdurchblutung sowie die Sauerstoffsättigung des Blutes nach erfolgter Behandlung eines Wirkstoffkonzentrates mit Hilfe der Meso-Therapie beschränkt haben.
Die Beklagte hat daher keine Studie vorgelegt, die unter Anwendung überzeugender wissenschaftlicher Methoden zu Feststellungen gelangt ist, die die angegriffenen Werbeaussagen als zutreffend erscheinen lassen könnten.
bb. Bei der Aussage "Nadellos unterfüllen" handelt es sich um eine plakative Werbung, die dem angesprochenen Durchschnittsleser aufgrund der verwendeten Terminologie "unterfüllen"- worunter die Unterspritzung von Falten mit körpereigenen (Körperfett) oder körperfremden Füllstoffen (z.B. Collagen, Hyaluron) verstanden wird - suggeriert, dass es mit Hilfe der "meso/Beauty Lift" € Methode möglich ist, den Wirkstoff in tiefere Hautschichten zu transportieren, so dass dauerhaft dasselbe Ergebnis einer glatten und faltenfreien Gesichtshaut erzielt werden kann wie bei einem Unterspritzen der Haut. Eine solche Wirkung ist jedoch aufgrund der vorgelegten Gutachten nicht belegt und daher irreführend im Sinne von § 27 I Nr. 1 Fall 2 LFGB.
cc. Auch die Angabe "tadellos Muskeln straffen" ist plakativ und enthält aus der Sicht eines durchschnittlich informierten Verbrauchers die Behauptung, dass mittels der beworbenen Behandlungsmethode - durch elektrische Stimulierung - die Gesichtsmuskeln gestrafft würden. Die Herbeiführung einer Straffung der Muskulatur als wesentlicher Wirkung einer kosmetischen Behandlung auf der Basis einer Elektrostimulation ist nicht möglich, so dass die Werbeaussage der Beklagten zu der angeblich Muskel straffenden Wirkung der Methode irreführend ist, da sie gleichfalls wissenschaftlich nicht belegt wurde. Zudem wird verstärkt irreführend mit dem Zusatz "tadellos" beworben, der suggeriert, dass das Ergebnis der angeblichen Muskelstraffung perfekt, jedenfalls aber äußerst zufriedenstellend ist und daher nicht nur die Fehlvorstellung des angesprochenen Verbrauchers hervorruft, dass eine Straffung der Muskeln tatsächlich auf diese sanfte Weise erreicht werden kann, sondern die Gesichtsmuskeln danach sogar perfekt ("tadellos") gestrafft sind.
dd. In der Werbeaussage Nr. 4 wird auf die "Lockerung, Straffung und Formung der im Gesicht verspannten, verhärteten, verformten und schwachen Muskeln" abgestellt, die durch die angeblich mit der von der Beklagten beworbenen, "neuen Methode der l.B. Labors/USA erreicht wird. Hierdurch würde erreicht, dass die Falten auseinanderrückten, sich entfalteten und die Haut dadurch glatt würde. Sodann könnten die Zwischenräume nadellos unterfüllt und aufgepolstert werden". Zur irreführenden Aussage der Muskelstraffung wird auf die vorstehenden Ausführungen unter cc. Bezug genommen. Soweit die Beklagte mit der anschließenden nadellosen Auffüllung und Aufpolsterung wirbt, wird wiederum mit eine Substitutionsbehauptung aufgestellt, wonach mit der "meso/Beauty Lift" - Methode dieselbe dauerhafte Wirkung wie bei einer Faltenunterspritzung erzielt werden kann, was jedoch wissenschaftlich nicht nachgewiesen ist (vgl. auch Ausführungen unter bb.)
ee. Mit den Angaben in Ziff. 5 "starke Muskeln kennen kaum Falten, ein unterfülltes Hautbild wirkt einfach straff, jünger, attraktiv. Bessere Wirkung gibt es nicht" werden der "meso/Beauty Lift" € Methode, wenn auch nicht so plakativ, dieselben bzw. sogar noch bessere Wirkungen als bei einer Faltenunterspritzung beigelegt ("bessere Wirkung gibt es nicht"). Auch wenn die Aussage, dass es eine bessere Wirkung nicht gebe sehr pauschal ist, ergänzt die Werbeaussage die vorstehenden Wirkangaben und ruft deshalb eine Fehlvorstellung über die mit der beworbenen Behandlungsmethode angeblich erzielbaren, dauerhaften Verbesserungen des Hautbildes bei dem Durchschnittsverbraucher hervor, die jedoch wissenschaftlich nicht nachgewiesen und daher irreführend sind.
71ff. Die Aussage "Lifting ohne OP" ist irreführend, da bei einem nicht unerheblichen Teil des Verkehrs die Vorstellung hervorgerufen wird, dass mit Hilfe der "meso/Beauty Lift" € Methode vergleichbare Ergebnisse der Hautstraffung und Faltenbeseitigung von einer gewissen Dauerhaftigkeit wie bei einem operativen Liften erzielt werden (siehe oben). Soweit die Beklagte unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des EuGH (NJW 2000, 1173, 1174) geltend macht, dass ein informierter, aufmerksamer und verständiger Verbraucher von einer Creme, deren Bezeichnung das Wort "Lifting" enthalte, nicht erwarte, dass diese dauerhafte Wirkung habe und die angesprochenen Verkehrskreise unter dem Begriff "Lifting" daher keinesfalls stets die operative Gesichts- und Hautstraffung verstünden, ist dem entgegenzuhalten, dass im Vordergrund der Werbung der Beklagten die "meso/BeautyLift"€ Behandlungsmethode steht, die mit Hilfe anerkannter Verfahren durch elektrische Stimulation ("wegporotieren; mit Computertechnik") Wirkstoffe in tiefere Hautschichten transportieren und auf diese Weise die beworbenen Effekte erzielen könne. Mit dem Einsatz von Computertechnik verbindet der Durchschnittsverbraucher die Erwartung, dass derartige Ergebnisse erzielt werden können, die bei einem bloßen manuellen Cremeauftrag nicht möglich sind. An dieser Beurteilung ändert auch der Umstand, dass die Beklagte das Wort Lifting in Anführungszeichen gesetzt hat, nichts, da der Adressat der Werbung hierdurch nicht genügend darüber aufgeklärt wird, dass die beworbene Methode mit diesem Begriff möglicherweise nur werblich, jedoch ohne konkrete Wirkaussage angepriesen werden soll.
gg. Aussage Nr. 7 enthält gleichfalls eine Substitutionsbehauptung, soweit die Beklagte darin der von ihr angewendeten "meso/Beauty Lift" € Methode die Wirkung: "alles, was Spritze und Skalpell nicht können" zuschreibt. Diese krasse Werbeaussage ist verstärkt irreführend, da sie suggeriert, dass eine neue Computertechnik aus den USA entwickelt wurde, die Cremes in solche Hautschichten transportieren kann, dass dabei dauerhaft vergleichbare oder sogar bessere Ergebnisse erzielt werden können wie bei einem facelift oder einer Unterspritzung. Eine solche Wirkung ist wissenschaftlich jedoch in keinerlei Hinsicht belegt.
hh. Hinsichtlich der Werbeaussage "nadellos straffen mit meso/Beauty Lift" ist auf die vorstehend unter bb) und cc) gemachten Ausführungen zu verweisen. Die Angaben sind irreführend, da ein wissenschaftlich hinreichend gesicherter Nachweis über die Wirkweise der von der Beklagten beworbenen Behandlungsmethode, die in der Lage ist, dieselben Ergebnisse wie bei einer Faltenunterspritzung zu erzielen, durch die vorgelegten Gutachten nicht als geführt anzusehen ist.
ii. Mit der Bewerbung der "meso/Beauty Lift" € Methode durch die Aussage der Beklagten, dass mit dieser sanften Behandlungsmethode das Gesicht schmerzlos mit Biomolekülen und Hyaluron "unterfüllt" werde, werden Wirkungen, nämlich die Beseitigung von Falten im Gesicht, übertrieben dargestellt und wiederum mit den Wirkungen einer sonst notwendigen medizinischen € und damit schmerzhaften € Unterfüllung gleichgesetzt, wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat. Auch diese Wirkungen sind in keiner Weise hinreichend wissenschaftlich gesichert.
jj. "Das Ziel: Harte Eingriffe vermeiden und trotzdem bis zu 10 Jahre jünger wirken" enthält im Wesentlichen dieselben werblichen Aussagen wie vorstehend in ii), wonach die von der Beklagten beworbene sanfte Methode gegenüber den "harten Eingriffen", worunter der Durchschnittsverbraucher die Unterspritzung bzw. Gesichtsoperationen versteht, die in aller Regel schmerzhaft sind, vorzuziehen ist, da dieselben dauerhaften Wirkungen erzielt werden können. Auch insoweit fehlt jedoch jeglicher wissenschaftliche Nachweis zu einer entsprechenden Wirkweise der beworbenen Methode.
Der Kläger hat daher einen Anspruch auf Unterlassung der angegriffenen Äußerungen der Beklagten zur Bewerbung ihrer "meso/Beauty Lift" € Behandlungsmethode.
3. Der Kläger kann seine vorgerichtlichen Abmahngebühren gemäß § 12 I Satz 2 UWG von der Beklagten ersetzt verlangen, da ihm wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche gemäß §§ 8 I, III Nr. 2, 3 I, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 27 I 2 Nr. 1 LFGB zustehen.
4. Nach § 97 I ZPO hat die Beklagte die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels zu tragen.
5. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit entspricht §§ 708 Nr. 10 € gemäß Satz 2 war die vorläufige Vollstreckbarkeit des landgerichtlichen Urteils ohne Sicherheitsleistung auszusprechen -, 711 ZPO.
6. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 543 I Nr. 1, II ZPO liegen nicht vor, da der Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung zukommt, noch Belange der Rechtsfortbildung oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine einheitliche Entscheidung durch den Bundesgerichtshof erfordern.
OLG München:
Urteil v. 16.02.2012
Az: 6 U 2199/11
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/ca9cd50ff849/OLG-Muenchen_Urteil_vom_16-Februar-2012_Az_6-U-2199-11