Oberlandesgericht Hamburg:
Urteil vom 5. Dezember 2007
Aktenzeichen: 5 U 99/07
(OLG Hamburg: Urteil v. 05.12.2007, Az.: 5 U 99/07)
Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung
Das Oberlandesgericht Hamburg hat in einem Urteil die Berufung der Beklagten gegen die Entscheidung des Landgerichts Hamburg abgewiesen. Die Beklagte muss die Kosten der Berufung tragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, aber die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 32.000 Euro abwenden. Die Revision wird nicht zugelassen.
In dem Rechtsstreit ging es um einen Wettbewerbsverstoß zwischen den Parteien, die beide Elektroherde vertreiben. Die Klägerin mahnte die Beklagte wegen verschiedener fehlender Angaben in ihrer Online-Werbung ab und erwirkte eine einstweilige Verfügung. Das Landgericht Hamburg verurteilte die Beklagte daraufhin in der Hauptsache zur Unterlassung, Zahlung von Abmahnkosten, Auskunftserteilung und Schadensersatz. Die Beklagte legte dagegen Berufung ein und machte u.a. geltend, dass es an einem Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin fehle und die Klage rechtsmissbräuchlich sei.
Das Oberlandesgericht entschied, dass die Klage zulässig sei und ein Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin bestehe. Die Klägerin habe einen Unterlassungsanspruch wegen des Wettbewerbsverstoßes und könne auch Schadensersatz verlangen. Das Gericht wies außerdem den Einwand der Beklagten zurück, dass die Klage rechtsmissbräuchlich sei. Es sei nicht missbräuchlich, die Ansprüche gerichtlich geltend zu machen. Das Gericht hielt die vom Landgericht festgestellten Schadensersatzansprüche für gerechtfertigt und bestätigte auch den Auskunftsanspruch und die Kostenentscheidung des Landgerichts. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision sah das Oberlandesgericht nicht als erfüllt an.
Die Gerichtsentscheidung im Volltext:
OLG Hamburg: Urteil v. 05.12.2007, Az: 5 U 99/07
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, Kammer 16 für Handelssachen, vom 15.5.2007 (416 O 51/07) wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Zwangsvollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe € 32.000,- abwenden, wenn nicht zuvor die Klägerin Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Parteien sind Wettbewerber für Geräte der sogenannten €Weißen Ware€, u.a. Elektroherde. Die Klägerin betreibt ihren Handel in München, die Beklagte vertreibt ihre Waren im Wege des Versandhandels über das Internet unter der Adresse www.e. €e..de.
Am 7.11.2006 warb die Beklagte in ihrem Internetshop für die elektrischen Backöfen AEG Competence 41056 VI-mn und Siemens HN 12001 wie aus den Anlagen JS 1 und JS 2 ersichtlich. Bei den Backöfen fehlten jeweils die Angaben des Energieverbrauchs, bei dem AEG-Gerät auch die des nutzbaren Volumens.
Die Klägerin mahnte dieses aus ihrer Sicht wettbewerbswidrige Verhalten mit Schreiben ihrer jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 7.11.2006 vergeblich ab (Anlage JS 3) und erwirkte die einstweilige Verfügung des Landgerichts Hamburg vom 16.11.2006 (Beiakte LG Hamburg 312 O 905/06). Nach Zustellung der einstweiligen Verfügung ließ die Beklagte durch Schreiben ihrer jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 8.12.2006 (Anlage JS 4) mitteilen, dass sie keine Abschlusserklärung abgeben wolle.
Das Landgericht Hamburg hat auf die Hauptsacheklage die Beklagte im Wesentlichen antragsgemäß zur Unterlassung, Zahlung von Abmahnkosten in Höhe von € 465,90 nebst Zinsen sowie zur Auskunftserteilung verurteilt und festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den durch das angegriffene Verhalten entstandenen Schaden zu zahlen einschließlich der Verpflichtung, die verauslagten Gerichtskosten in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz zu verzinsen. Hinsichtlich der Einzelheiten einschließlich der gestellten Anträge wird auf das landgerichtliche Urteil verwiesen.
Die Beklagte wiederholt mit der Berufung gegen dieses Urteil ihren Sachvortrag aus der ersten Instanz. Das Landgericht Hamburg sei örtlich nicht zuständig bzw. die Auswahl dieses Gerichts sei rechtsmissbräuchlich. Unstreitig habe eine Schwestergesellschaft der Klägerin, die M. M. KG Hamburg-Nedderfeld die Unterlassungsverfügung des Oberlandesgerichts Hamburg vom 8.6.2006 (3 W 99/06) gegen sie, die Beklagte, erwirkt. Der Tenor dieses Verbotes sei identisch mit dem in diesem Verfahren gestellten Antrag (Anlage B 1). Sie habe € ebenfalls unstreitig € diese einstweilige Verfügung mit der Abschlusserklärung vom 30.6.2006 als endgültige Regelung anerkannt. Im Hinblick auf den gegen die Beklagte gerichteten gleichlautenden Unterlassungstitel der Schwestergesellschaft der Klägerin fehle es letzterer an dem erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis für die vorliegende Klage. Die Klage sei auch missbräuchlich iSv § 8 Abs. 4 UWG. Ein Verstoß gegen die Bestimmungen des Wettbewerbsrechts sei im Übrigen nicht gegeben, da vorliegend nur ein Bagatellverstoß vorliege und die Voraussetzungen des § 3 UWG nicht erfüllt seien.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 15.5.2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag und beantragt nach teilweiser Rücknahme der Klage hinsichtlich der Verzinsung der verauslagten Prozesskosten,
die Berufung zurückzuweisen.
Ergänzend wird auf die von den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
II.
Die zulässige Berufung ist, nachdem die Klage teilweise zurückgenommen worden ist, nicht begründet.
Zu Recht hat das Landgericht die Beklagte zur Unterlassung, Zahlung und Auskunft verurteilt und die Schadensersatzpflicht der Beklagten festgestellt. Zur Begründung wird auf die Ausführungen des Landgerichts in dem angegriffenen Urteil verwiesen. Im Hinblick auf die Berufung ist ergänzend auszuführen:
1. Die Klage ist zulässig.
a. Gemäß § 513 Abs. 2 ZPO kann die Frage der von der Beklagten gerügten örtlichen Zuständigkeit des Landgerichts Hamburg nicht zum Gegenstand des Berufungsverfahrens gemacht werden. Hiervon ist auch das Vorbringen der Beklagten, die ihren Sitz in Mannheim hat, erfasst, nach dem die in München residierende Klägerin die Klage rechtsmissbräuchlich vor dem Landgericht Hamburg erhoben habe. Da der Klägerin nach den zutreffenden landgerichtlichen Ausführungen mehrere Gerichtsstände zur Verfügung stehen, wird insoweit auf die Vorschrift des § 35 ZPO verwiesen. Hiernach hat der Kläger unter mehreren zuständigen Gerichten die Wahl.
b. Der Unterlassungsantrag ist auch nicht deshalb unzulässig, weil der Klägerin das hierfür erforderliche Rechtsschutzbedürfnis fehlt.
Das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis für eine Leistungsklage ergibt sich grundsätzlich aus der Nichterfüllung des geltend gemachten materiell-rechtlichen Anspruchs. Diese Voraussetzung ist vorliegend gegeben. Nach dem Vorbringen der Klägerin hat die Beklagte am 7.11.2006 einen Wettbewerbsverstoß begangen. Der Klägerin kann als unmittelbare Wettbewerberin wegen dieses Verhaltens einen Unterlassungsanspruch geltend machen (§§ 3, 4 Nr. 11, 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 UWG). Nachdem die Beklagte auf die Abmahnung der Klägerin vom 7.11.2006 nicht reagiert und nach Zustellung des Verfügungsbeschlusses vom 16.11.2006 die Abgabe einer Abschlusserklärung abgelehnt hat, verbleibt der Klägerin als eigenständige Rechtspersönlichkeit zur Durchsetzung des ihr zustehenden Unterlassungsanspruchs nur die Möglichkeit, im Klagewege vorzugehen. Sie braucht sich dabei nicht auf einen Unterlassungstitel verweisen zu lassen, den wegen eines früheren, wenn auch inhaltsgleichen Wettbewerbsverstoßes eine rechtlich eigenständige Schwestergesellschaft gegen die Beklagte erstritten hat und aus dem möglicherweise diese gegen die Beklagte vollstrecken könnte. Dieses folgt bereits aus der Unterschiedlichkeit des Streitgegenstandes der jeweiligen Verfahren. Dieses gilt nach Auffassung des Senates im Hinblick auf die eigenständige prozessrechtliche Stellung der Klägerin selbst dann, wenn eine Muttergesellschaft als Holding zentral die Rechtsverfolgung von Wettbewerbsverstößen koordinieren sollte.
c. Die Unterlassungsklage ist auch nicht rechtsmissbräuchlich im Sinne von § 8 Abs. 4 UWG. Nach dieser Vorschrift ist die Geltendmachung des in § 8 Abs. 1 UWG genannten Beseitigungs- bzw. Unterlassungsanspruchs unzulässig, wenn dieses unter Berücksichtigung der gesamten Umstände missbräuchlich ist, insbesondere wenn die Klageerhebung vorwiegend dazu dient, gegen den Zuwiderhandelnden einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder Kosten der Rechtsverfolgung entstehen zu lassen.
aa. Der von der Beklagten erhobene Einwand des Rechtsmissbrauches betrifft die Zulässigkeit der hier vorliegenden Unterlassungsklage (vgl. BGH WRP 2002, 977, 979 - Scanner-Werbung; BGH GRUR 2002, 980, 981 - Zeitlich versetzte Mehrfachverfogung; BGH GRUR 2006, 243 - MEGA SALE).
bb. Von einem Missbrauch iSv § 8 Abs. 4 UWG ist dann auszugehen, wenn das beherrschende Motiv des Gläubigers bei der Geltendmachung des Unterlassungsanspruches sachfremde Ziele sind. Diese müssen allerdings nicht das alleinige Motiv des Gläubigers sein. Ausreichend ist, dass die sachfremden Ziele überwiegen (vgl. BGH GRUR 2006, 243, 244 - MEGA SALE). In der Rechtsprechung des BGH ist als rechtsmissbräuchlich anerkannt worden, wenn miteinander konzernmäßig verbundene Unternehmen, die von demselben Rechtsanwalt vertreten werden und die die nahe liegende Möglichkeit eines streitgenössischen Vorgehens nicht nutzen, auf der Aktivseite wegen eines Wettbewerbsverstoßes mehrfach Unterlassungsansprüche gegen den Schuldner gerichtlich oder außergerichtlich geltend machen (vgl. BGH GRUR 2000, 1089 - Missbräuchliche Mehrfachverfolgung; BGH GRUR 2002, 980, 981 - Zeitlich versetzte Mehrfachverfogung; BGH WRP 2002, 977, 979 - Scanner-Werbung). Als rechtsmissbräuchlich ist vom BGH in gleicher Weise aber auch angesehen worden, wenn ein Gläubiger bei einem einheitlichen Wettbewerbsverstoß gegen mehrere verantwortliche Unterlassungsschuldner getrennte Verfahren anstrengt und dadurch die Kostenlast erheblich erhöht, obwohl die streitgenössische Inanspruchnahme auf der Passivseite mit keinerlei Nachteilen verbunden wäre (vgl. BGH GRUR 2006, 243, 244 - MEGA SALE m.w.N.).
cc. Fraglich ist, ob diese Grundsätze auch dann anzuwenden sind, wenn eine Schwestergesellschaft der Klägerin eine im Wesentlichen inhaltsgleiche Unterlassungsverfügung besitzt (hier: des OLG Hamburg wegen eines Wettbewerbsverstoßes der Beklagten vom 3.5.2006, 3 W 99/06), die Beklagte diese Verfügung mit Abschlusserklärung vom 30.6.2006 als endgültige Regelung anerkannt hat und die Klägerin wie auch die Schwestergesellschaft und die sonstigen konzernverbundenen Unternehmen in sämtlichen Wettbewerbsstreitigkeiten durch denselben Rechtsanwalt vertreten werden.
(1) Für die Beantwortung dieser Frage muss der Senat nicht entscheiden, ob für den Fall, dass die Klägerin selbst Gläubigerin des Vollstreckungstitels ihrer Schwestergesellschaft wäre, die Erhebung der Unterlassungsklage (bzw. bereits die Einreichung eines Verfügungsantrages) wegen eines neuerlichen, kerngleichen Wettbewerbsverstoßes wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig gewesen wäre. Sinn und Zweck einer Abschlusserklärung ist zum einen, dass die Wiederholungsgefahr als materiell-rechtliche Voraussetzung des Unterlassungsanspruches im Hinblick auf den Wettbewerbsverstoß, der Gegenstand des Verfügungsverfahrens gewesen ist, entfällt. Zum anderen soll die erwirkte Unterlassungsverfügung ebenso effektiv und dauerhaft werden, wie ein im Hauptsacheverfahren erwirkter Titel (vgl. BGH GRUR 2005, 1009, 1011 - statt-Preis; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 9. Aufl., Kap.43 Rn. 8). Die wirksame Abschlusserklärung beseitigt dementsprechend u.a. das Rechtsschutzinteresse für die Erhebung der Hauptsacheklage wegen desselben Wettbewerbsverstoßes (Baumbach/Köhler/Bornkamm, UWG, 25. Aufl., § 12 Rn. 3.78). Hiermit ist aber nicht entschieden, ob die wirksame Abschlusserklärung auch dem Gläubiger eines erneuten, identischen oder doch kerngleichen Wettbewerbsverstoß des Schuldners mit der Wirkung fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses entgegenhalten werden kann, da der Gläubiger im Besitz eines vollsteckbaren (endgültigen) Titels ist.
(2) Der Senat neigt jedenfalls in dem vorliegenden Fall zu der Ansicht, dass dem auf die wirksame Unterbindung eines derartigen Verhaltens gerichtete Interesse des Verletzten nicht mehr allein mit dem bestehenden Verfügungstitel Genüge getan ist, wenn, wie hier, trotz der früheren einstweiligen Verfügung und der insoweit abgegebenen Abschlusserklärung der Schuldner das wettbewerbswidrige Verhalten fortsetzt und hierdurch erneut Wiederholungsgefahr setzt. Umgekehrt ist auch auf Seiten des Verletzers, der trotz der Abschlusserklärung das rechtsverletzende Verhalten erneut aufgenommen hat, kein schützenswertes Vertrauen bzw. Interesse mehr vorhanden, eine erneut auf Unterlassung lautende gerichtliche Unterlassung zu vermeiden (vgl. ähnlich für die vergleichbare Situation einer strafbewehrten Unterlassungserklärung BGH GRUR 1980, 241, 242 - Rechtsschutzbedürfnis).
Gegen dieses Ergebnis spricht auch nicht, dass dem Gläubiger mit der Vollstreckung aus der (endgültigen) Verfügung ein der Erhebung der Unterlassungsklage gleichwertiger, und für die Beklagte kostengünstigerer Rechtsschutz zur Verfügung steht. Der Gläubiger, dem zwei gleichwertige Ansprüche zustehen, kann zwar unter dem Gesichtspunkt des Rechtsschutzinteresses gehalten sein, denjenigen geltend zu machen, der prozessual einfacher, leichter und kostengünstigerer durchzusetzen ist (vgl. Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 25. Aufl., § 12 Rn. 2.15). Dieses ist im Verhältnis der Vollstreckung aus einem bestehenden Unterlassungstitel und der Einreichung eines Verfügungsantrages bzw. der Erhebung einer Unterlassungsklage wegen eines neuerlichen Verstoßes jedenfalls bereits deshalb nicht unproblematisch, weil der Unterlassungsanspruch hinsichtlich des erneuten Wettbewerbsverstoßes bereits aufgrund eines nur tatbestandsmäßigen und rechtswidrigen Verhaltens begründet ist, während die Vollstreckung nach § 890 ZPO das Vorliegen der allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen voraussetzt und insbesondere € wegen der strafrechtlichen Elemente der Vollstreckung € nur bei schuldhaftem Verhalten (Zöller/Stöber, Zivilprozessordnung, 26. Aufl., § 890 ZPO Rn. 5 m.w.N.) des Verletzers begründet ist. Daneben haftet die Beklagte im Rahmen der Vollstreckung nicht für das Verhalten von Erfüllungsgehilfen. Es kommt hinzu, dass in Anbetracht der Ausgestaltung des Vollstreckungsverfahrens gem. § 890 ZPO der zeitlich schnellere und auch effektivere Rechtsschutz im Hinblick auf den neuerlichen Verstoß durch einen erneuten Verfügungsantrag zur Verfügung steht. Jedenfalls dürfte das Rechtsschutzinteresse für eine erneute Klage (bzw. Verfügungsantrag) dann zu bejahen sein, wenn Zweifel an der Ernstlichkeit der Abschlusserklärung im Hinblick auf die Tatsache begründet sein können, dass der neuerliche Verstoß nur wenige Monate nach Abgabe der Abschlusserklärung erfolgt ist und zudem der Schuldner -wie hier- die Wettbewerbswidrigkeit des neuerlichen Verstoßes, der einen neuen Streitgegenstand darstellt, bestreitet. Weiterhin ist im vorliegenden Fall zu berücksichtigen, dass die Beklagte unter dem Aspekt eines Bagatellverstoßes nach den Erklärungen ihres informierten Vertreters Dr. Wolf in der Senatsverhandlung die Frage der Verantwortlichkeit für den streitgegenständlichen Wettbewerbsverstoß und somit des Verschuldens in Zweifel gestellt hat.
(3) Selbst wenn entgegen dieser Darlegungen für die oben unterstellte Konstellation ein Rechtsschutzbedürfnis verneint würde, kann dieses Ergebnis nicht unter dem Gesichtspunkt des § 8 Abs. 4 UWG auf die vorliegende Klage angewendet werden. Denn die oben aufgeführten Fälle eines Rechtsmissbrauches setzen voraus, dass konzernmäßig verbundene Unternehmen wegen eines Wettbewerbsverstoßes als Streitgenossen in einem Verfahren gegen den Verletzer vorgehen können und dieses aus Kosteninteresse nicht tun. Dieser Fall liegt hier nicht vor. Denn ein rechtlich selbständiges, wenn auch konzernmäßig verbundenes Unternehmen kann nicht an der Verfolgung der ihr aus dem erneuten Verstoß erwachsenden Unterlassungsansprüche deshalb gehindert werden, weil eine Schwesterfirma aus einem wegen eines früheren Verstoßes bestehenden Unterlassungstitel vollstrecken könnte. Hierdurch würde in die (prozeß-)rechtliche Eigenständigkeit in erheblicher Weise eingegriffen und diese in nicht hinzunehmender Weise begrenzt werden. Hieran ändert auch nichts der Umstand, dass die konzernmäßig verbundenen Unternehmen im Falle einer zentralen Koordinierung der Rechtsverfolgung gesteigerten Rücksichtnahmepflichten ausgesetzt sind und die Möglichkeiten einer den Verletzer schonenden Verfahrenskonzentration auszunutzen haben (vgl. hierzu BGH GRUR 2002, 713, 714 - Zeitlich versetzte Mehrfachverfolgung). Wenn bereits der Titelinhaber aufgrund der Besonderheiten des vorliegenden Falles nicht gehindert wäre, einen erneuten Titel zu erwirken, kann erst Recht eine konzernmäßig verbundene Schwesterfirma nicht auf den bestehenden Titel verwiesen werden.
2. Die Klage ist auch in dem jetzt noch rechtshängigen Umfang begründet.
a. Der Unterlassungsanpruch ist € wie das Landgericht zu Recht ausgeführt hat € gemäß §§ 3, 4 Nr. 11, 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 UWG iVm §§ 3, 5 EnKV begründet. Insoweit verweist der Senat auf die in dem angegriffenen Urteil gegebene Begründung sowie auf den Inhalt des den Parteien bekannten Verfügungsbeschlusses des OLG Hamburg vom 8.6.2006 (3 W 99/06).
Der vom Landgericht zugesprochene Unterlassungsanspruch wird von der Beklagten mit der Berufung insoweit angegriffen, als nach ihrer Auffassung wegen des in ihren Augen nur vorliegenden Bagatellverstoßes die erforderliche Wiederholungsgefahr und zugleich die Voraussetzungen des § 3 UWG nicht gegeben seien.
(1) Bei einem objektiv rechtswidrigen Wettbewerbsverstoß ist die Wiederholungsgefahr (vgl. § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB) zu vermuten. Sie ist vorliegend auch schon deshalb konkret gegeben, da die Beklagte mit dem streitgegenständlichen Verhalten ihrerseits einen früheren Verstoß in nahezu identischer Weise wiederholt hat. Weiterhin ist die Einschätzung der Beklagten nicht zutreffend, dass hier nur ein Bagatellverstoß vorliegt. Insoweit ist auf die folgenden Ausführungen zu verweisen.
(2) Mit der Behauptung eines Bagatellverstoßes ist die Frage angesprochen, ob die unlautere Wettbewerbshandlung im Sinne von § 3 UWG geeignet ist, sich nicht nur unerheblich zum Nachteil von Wettbewerbern, Verbrauchern oder sonstigen Marktteilnehmern auszuwirken. Dabei ist Maßstab der Erheblichkeit der Grad an Einwirkung auf die wettbewerblich geschützten Interessen. Hierbei sind an die Erheblichkeit keine hohen Anforderungen zu stellen, denn der Sinngehalt der Wendung €nicht nur unerheblich€ ist nicht gleichbedeutend mit €erheblich€. Maßgeblich ist die Sichtweise des normal informierten durchschnittlich verständigen und situationsadäquat aufmerksamen Marktteilnehmers. Aus dessen Sicht darf die Beeinträchtigung nicht so gut wie bedeutungslos sein.
Dieses ist hier nicht der Fall. Der umworbene Verbraucher ist nicht darauf zu verweisen, dass er sich den Jahresverbrauch an Energie der Backöfen selbst ausrechnen könne, vielmehr soll der Verbraucher in die Lage versetzt werden können, sich im Vergleich den energieeffizientesten Backofen aussuchen zu können. Von dem Weglassen dieser Information geht aller Voraussicht nach ein erheblicher Nachahmungseffekt auf die Mitbewerber aus, so dass als Folge die gesetzgeberische Intention unterlaufen würde. Unerheblich für § 3 UWG ist, dass nach dem Vorbringen der Beklagten der Metro-Konzern in der streitgegenständlichen Branche den Internethandel nicht den einzelnen Media-Märkten, sondern allein der Media Online GmbH überlässt. Die Beklagte übersieht hierbei, dass auch die den stationären Handel betreibenden Media-Märkte in Bezug auf die hier vorliegenden Geräte konkreter Wettbewerber des Onlineshops der Beklagten sind. Für einen relevanten Wettbewerbsverstoß spricht weiterhin der Umstand, dass die Beklagte wiederholt und trotz Vorliegens einer gegen sie gerichteten einstweiligen Verfügung in der streitgegenständlichen Weise erneut geworben hat.
b. Der Anspruch auf Feststellung der Schadensersatzpflicht ist zulässig (§ 256 ZPO) und gemäß § 9 UWG begründet. Der Feststellungsanspruch ist bereits dann begründet, wenn die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintrittes besteht. An die Darlegung der Schadenswahrscheinlichkeit werden im Wettbewerbsrecht keine hohen Anforderungen gestellt. Es genügt, dass nach der Lebenserfahrung der Eintritt des Schadens in der Zukunft mit einiger Sicherheit zu erwarten ist; einer hohen Wahrscheinlichkeit bedarf es nicht (BGH GRUR 2000, 907, 911 - Filialleiterfehler). Diese Voraussetzungen liegen vor. Denn zum einen überschneiden sich die Warensortimente der Klägerin und der Beklagten hinsichtlich der hier in Streit stehenden Produkte. Zum anderen bewirbt die Beklagte die von ihr vertriebenen Waren über ihren Onlineshop bundesweit und somit auch im räumlichen Einziehungsbereich der in München ansässigen Klägerin. Es ist bereits oben darauf hingewiesen worden, dass die Parteien im direkten Wettbewerb stehen, unabhängig davon, ob die Metro-Gruppe dieselben Waren auch Online über die Media Online GmbH vertreibt.
Das erforderliche Verschulden ist gegeben. Zwar sind von dem Vertreter in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat insoweit Zweifel in den Raum gestellt worden. Da die Beklagte schon im Hinblick auf den gegen sie gerichteten Unterlassungstitel gehalten war, ihre Werbung für Waren der hier in Frage stehenden Art in ihrem Internetshop im Hinblick auf das Vorhandensein der gemäß §§ 3, 5 EnVKV erforderlichen Angaben zu überwachen, liegt im Hinblick auf den neuerlichen Verstoß jedenfalls fahrlässiges Verhalten (§ 276 BGB) vor.
c. Der den Schadensersatzanspruch vorbereitende Auskunftsanspruch ist nach §§ 242, 259, 260 BGB begründet.
d. Der Ersatz der Abmahnkosten kann auch der Höhe nach gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG von der Klägerin verlangt werden. Da die Beklagte die Feststellungen des Landgerichts nicht gesondert angegriffen hat, kann zur Begründung auf die entsprechenden Ausführungen im landgerichtlichen Urteil verwiesen werden.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1, 269 Abs. 3, 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollsteckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Es handelt sich vorliegend um die Entscheidung eines Einzelfalles. Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern keine Entscheidung des Revisionsgerichtes.
OLG Hamburg:
Urteil v. 05.12.2007
Az: 5 U 99/07
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