Bundesgerichtshof:
Urteil vom 17. Juli 2006
Aktenzeichen: II ZR 242/04

(BGH: Urteil v. 17.07.2006, Az.: II ZR 242/04)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Der Bundesgerichtshof hat in dem Urteil vom 17. Juli 2006 (Aktenzeichen II ZR 242/04) entschieden, dass die Ausschließung der Kläger aus der Gesellschaft nichtig ist. Die Kläger waren als Minderheitskommanditisten an einer GmbH & Co. KG beteiligt, die 2001 in eine Publikumskommanditgesellschaft umgewandelt wurde. Die Beklagte zu 2, persöhnlich haftende Gesellschafterin der Beklagten zu 1, forderte die Kommanditisten auf, unwiderrufliche Handelsregistervollmachten zu erteilen. Die Kläger waren jedoch nur bereit, widerrufliche Vollmachten zu erteilen. Daraufhin wurden die Kläger auf der Gesellschafterversammlung am 13. Februar 2003 gemäß § 17 des neuen Gesellschaftsvertrages aus der Gesellschaft ausgeschlossen. Die Kläger erhoben daraufhin Feststellungsklage gegen die Nichtigkeit des Ausschlusses. Das Landgericht Düsseldorf und das Oberlandesgericht Düsseldorf wiesen die Klage ab. Der Bundesgerichtshof hob das Urteil des Oberlandesgerichts auf und stellte fest, dass der Ausschluss der Kläger nichtig ist. Denn die Kläger haben zu Recht die Erteilung der geforderten unwiderruflichen Handelsregistervollmachten abgelehnt, da ihnen ein Wahlrecht bezüglich der Art der Vollmacht zustand. Die Kläger haben somit ihr Ziel erreicht und ihre eigene Ausschließung feststellen lassen. Bezüglich der Ausschlüsse der anderen Kommanditisten haben die Kläger jedoch kein Feststellungsinteresse, da sie nicht unmittelbar davon betroffen sind.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BGH: Urteil v. 17.07.2006, Az: II ZR 242/04


Tenor

I. Auf die Revisionen der Kläger wird - unter Zurückweisung ihrer weitergehenden Rechtsmittel - das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 7. Oktober 2004 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als ihre Berufungen gegen die erstinstanzliche Abweisung ihrer gegen die Beklagte zu 1 gerichteten Klagen auf Feststellung der Nichtigkeit des Beschlusses der Gesellschafterversammlung der Beklagten zu 1 vom 13. Februar 2003 über ihre Ausschließung als Kommanditisten gemäß Tagesordnungspunkt 5 lit. d) zurückgewiesen worden sind.

II. Das Berufungsurteil wird zur Klarstellung insgesamt wie folgt gefasst:

Auf die Berufung der Kläger wird - unter Zurückweisung ihrer Rechtsmittel hinsichtlich der weitergehenden Klageanträge zu 1 (bezüglich TOP 5 lit. a - c) und 2 sowie Verwerfung der Berufungen hinsichtlich der Klageanträge zu 3 bis 5 - das Urteil der 5. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf vom 13. Januar 2004 teilweise abgeändert.

Auf die gegen die Beklagte zu 1 gerichteten Klagen wird festgestellt, dass der Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten zu 1 vom 13. Februar 2003 über die Ausschließung der Kläger als Kommanditisten der Beklagten zu 1 gemäß Tagesordnungspunkt 5 lit. d) nichtig ist.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

III. Die Kosten des Rechtsstreits werden wie folgt verteilt:

1. Von den Gerichtskosten des ersten und zweiten Rechtszuges tragen die Klägerin zu 1 62,0 %, die Kläger zu 2 - 4 je 3,9 % und die Beklagte zu 1 26,3 %.

Von den außergerichtlichen Kosten der Kläger im ersten und zweiten Rechtszug trägt die Beklagte zu 1 26,3 %.

Von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten im ersten und zweiten Rechtszug tragen die Klägerin zu 1 62,0 % und die Kläger zu 2 - 4 je 3,9 %.

2. Von den Gerichtskosten des dritten Rechtszuges tragen die Klägerin zu 1 61,7 %, die Kläger zu 2 - 4 je 3,9 % und die Beklagte zu 1 26,6 %.

Von den außergerichtlichen Kosten der Kläger im dritten Rechtszug trägt die Beklagte zu 1 28,0 %.

Von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten im dritten Rechtszug tragen die Klägerin zu 1 60,7 % und die Kläger zu 2 - 4 je 3,8 %.

3. Im Übrigen tragen die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Von Rechts wegen.

Tatbestand

Die vier Kläger sind an der Beklagten zu 1 - einer GmbH & Co. KG, die im Jahr 2001 formwechselnd von einer Aktien- in eine Publikumskommanditgesellschaft mit mehreren hundert Kommanditisten umgewandelt wurde - als Minderheitskommanditisten beteiligt. Die Beklagte zu 2 ist persönlich haftende Gesellschafterin der Beklagten zu 1, die Beklagte zu 3 ist mit einer Beteiligung von mehr als 99,8 % Mehrheitskommanditistin der Beklagten zu 1 und Alleingesellschafterin der Beklagten zu 2.

Die Parteien streiten - soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung - über die Wirksamkeit des Ausschlusses der Kläger und weiterer Kommanditisten aus der Beklagten zu 1. Im Anschluss an die formwechselnde Umwandlung der Beklagten zu 1 in die Publikumskommanditgesellschaft forderte die Beklagte zu 2 namens der Beklagten zu 1 die Kommanditisten unter Berufung auf § 17 des neuen Kommanditgesellschaftsvertrages (GV) u.a. durch zwei Bekanntmachungen im Bundesanzeiger vom 27. Oktober 2001 und 13. März 2002 auf, ihr unwiderrufliche Handelsregistervollmacht zu erteilen. Insoweit bestimmt § 17 GV:

"(1) Alle Gesellschafter haben nach Wahl der persönlich haftenden Gesellschafterin und auf deren Anforderung Anmeldungen zur Eintragung in das Handelsregister formgerecht zu unterzeichnen oder der persönlich haftenden Gesellschafterin in öffentlich beglaubigter Form unwiderruflich Vollmacht zur Zeichnung von allen die Gesellschaft betreffenden Anmeldungen zum Handelsregister zu erteilen.

(2) Kommen Gesellschafter einer Aufforderung nach Absatz (1) trotz deren zweimaliger Bekanntmachung im Bundesanzeiger nicht nach und verweigert das Registergericht deshalb eine Eintragung, können diese Gesellschafter gemäß § 15 aus wichtigem Grund aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden. ..."

Neben ca. 300 anderen Kommanditisten weigerten sich auch die Kläger, die verlangte unwiderrufliche Vollmacht zu erteilen. Sie erklärten sich jedoch zur Erteilung widerruflicher Vollmachten bereit, sofern die Beklagte zu 2 vorher zusichere, die Widerruflichkeit zu beachten und über Tatsachen, die sie einzutragen beabsichtige, vorher Mitteilung zu machen. Daraufhin erwiderte die Beklagte zu 1 durch Anwaltsschreiben vom 23. November 2001, dass sie grundsätzlich auf Beachtung des Gesellschaftsvertrages durch alle Kommanditisten bestehe, jedoch bereit sei, für den Fall, dass widerrufliche formgerechte Registervollmachten übermittelt werden sollten, derartige Vollmachten ohne Präjudiz für die anderweitige Rechtsauffassung der Kläger zu den Akten zu nehmen und bei Bedarf zu verwenden; eine individuelle Vorabunterrichtung lehnte die Beklagte zu 1 indessen ab. Die Kläger haben bislang keinerlei Vollmacht erteilt. Seit dem Rechtsformwechsel der Beklagten zu 1 wurden keine Registereintragungen mehr vorgenommen. Vielmehr verweigerte das Amtsgericht Düsseldorf u.a. durch Beschluss vom 5. Dezember 2002 die Eintragung eines angemeldeten Kommanditistenwechsels wegen fehlender Handelsregistervollmacht. Auf Beschluss der ordentlichen Gesellschafterversammlung der Beklagten zu 1 vom 13. Februar 2003 wurden daraufhin gemäß §§ 17 Abs. 2, 15 Abs. 1 GV zu TOP 5 lit. d) die vier Kläger und zu TOP 5 lit. a) - c) die mehr als 300 weiteren Kommanditisten wegen Nichterteilung der verlangten unwiderruflichen Handelsregistervollmacht an die Beklagte zu 2 aus wichtigem Grund aus der Gesellschaft ausgeschlossen.

Mit den gegen die drei Beklagten erhobenen Feststellungsklagen haben die Kläger Feststellung der Nichtigkeit nicht nur der sie selbst, sondern auch der die anderen Kommanditisten betreffenden Ausschließungsbeschlüsse begehrt; daneben haben sie vier weitere Nichtigkeitsfeststellungsanträge wegen anderer Streitgegenstände verfolgt. Das Landgericht hat die Klagen abgewiesen; das Berufungsgericht hat die Berufungen der Kläger zurückgewiesen und die Revision nur im Hinblick auf den Klageantrag zu 1 bezüglich der Ausschließungsbeschlüsse mit Rücksicht auf ein seinerzeit bei dem Senat anhängiges Parallelverfahren zwischen den Klägern und der Beklagten zu 1 (II ZR 29/03), in dem es u.a. um die Wirksamkeit auch des § 17 des neuen Gesellschaftsvertrages ging, zugelassen. Die Kläger verfolgen mit ihren Revisionen ihr Feststellungsbegehren zum Klageantrag zu 1 weiter; ihre außerdem hinsichtlich der anderen abgewiesenen Klageanträge zu 2 bis 5 eingelegten Nichtzulassungsbeschwerden hat der Senat durch Beschluss vom 8. Mai 2006 zurückgewiesen.

Gründe

Die Revisionen der Kläger sind teilweise begründet und führen, soweit die Kläger selbst als Kommanditisten aus der Gesellschaft ausgeschlossen worden sind (TOP 5 lit. d) und sie sich dagegen gegenüber der Beklagten zu 1 mit der Klage zur Wehr gesetzt haben, zur Aufhebung des Berufungsurteils und - in Abänderung des Landgerichtsurteils - zur Feststellung der Nichtigkeit ihrer Ausschließung. Demgegenüber sind ihre Rechtsmittel unbegründet, soweit die Kläger die Nichtigkeitsfeststellung auch hinsichtlich der anderen ausgeschlossenen Kommanditisten begehrt und soweit sie den gesamten Klageantrag zu 1 auch gegenüber den Beklagten zu 2 und 3 verfolgt haben.

I. Das Berufungsgericht hat ausgeführt:

Die gegen die Ausschließung gerichteten Feststellungsklagen nach dem Klageantrag zu 1, für die bei objektiver Auslegung des Kommanditgesellschaftsvertrages ohnehin nur die Beklagte zu 1 als Gesellschaft, nicht hingegen die Beklagten zu 2 und 3 als Gesellschafter "passivlegitimiert" seien, seien unbegründet. Die in § 17 Abs. 1 GV getroffene Regelung, wonach die Kommanditisten auf Anforderung der persönlich haftenden Gesellschafterin eine unwiderrufliche Handelsregistervollmacht zu erteilen hätten, sei im Interesse der Funktionsfähigkeit der Publikumsgesellschaft als zulässig zu erachten; deshalb sei die Ausschließung der Kläger und der anderen Kommanditisten gemäß § 17 Abs. 2 GV wegen ihrer unberechtigten Weigerung, solche Vollmachten zu erteilen, gerechtfertigt gewesen.

II. Diese Beurteilung hält hinsichtlich der zentralen Frage der Wirksamkeit der Ausschließung der Kläger revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand, weil sie auf einem von Rechtsirrtum beeinflussten Verständnis des Regelungsgehalts des § 17 Abs. 1 GV beruht.

1. Zu der gebotenen objektiven Auslegung dieser Bestimmung des Gesellschaftsvertrages der Beklagten zu 1 als Publikumsgesellschaft - die der Senat als Revisionsgericht selbständig vornehmen kann (vgl. dazu Sen.Urt. ZIP 1999, 1391, 1393 m.w.Nachw.) - hat der Senat bereits durch Urteil vom 9. Mai 2005 in dem Parallelprozess zwischen den Klägern und der hiesigen Beklagten zu 1 (II ZR 29/03, ZIP 2005, 1318, 1322, unter A. II, 3.) folgendes ausgeführt:

"Ob die Klausel auch dann, wenn sie hinsichtlich der Form der Mitwirkung der Gesellschafter bei den Handelsregisteranmeldungen der geschäftsführenden persönlich haftenden Gesellschafterin - wie die Kläger meinen - das Wahlrecht einräumen würde, im Hinblick auf die Variante der unwiderruflichen Generalvollmacht ohne Einschränkung als zulässig zu erachten und insoweit der Gesellschafter auf sein - nicht ausschließbares - Widerrufsrecht aus wichtigem Grund beschränkt wäre (so KG DNotZ 1980, 166, 169; BayObLG Rpfleger 1975, 251; differenzierend: Baumbach/Hopt, HGB 30. Aufl. § 108 Rdn. 3; Ulmer in Großkomm.HGB 4. Aufl. § 108 Rdn. 13; MünchKommHGB/Langhein § 108 Rdn. 15; eingehend Gustavus, GmbHR 1978, 219 ff., 222 - jeweils m.w.Nachw.), kann offen bleiben. Denn bei interessengerechter Auslegung ist die Regelung so zu verstehen, dass alle Gesellschafter nach "ihrer" Wahl der geschäftsführenden Gesellschafterin entweder nach Anforderung die Anmeldungen zu unterzeichnen oder der Komplementärin eine "unwiderrufliche" - d.h. nur aus wichtigem Grund widerrufbare - "General"-Anmeldevollmacht zu erteilen haben; bei einem derartigen Wahlrecht nicht der Geschäftsleitung, sondern des einzelnen Gesellschafters ist sowohl die Regelung des Anmeldungsverfahrens selbst (§ 17 Abs. 1 GV) als auch die Ausschlusssanktion bei Nichtbefolgung der Aufforderung zur Mitwirkung bei Anmeldungen (§ 17 Abs. 2 GV) rechtlich unbedenklich."

An dieser ("geltungserhaltenden") Auslegung des § 17 Abs. 1 GV - die sich die Kläger nunmehr im vorliegenden Verfahren auch zu Eigen gemacht haben -, hält der Senat fest.

2. Danach ist die von der Gesellschafterversammlung der Beklagten zu 1 am 13. Februar 2003 zu TOP 5 lit. d) beschlossene Ausschließung der Kläger aus der Gesellschaft offensichtlich nichtig, weil sie keinen - diese Maßnahme aus wichtigem Grund (§ 17 Abs. 2 GV i. V. mit § 15 Abs. 1 GV) rechtfertigenden - Verstoß gegen § 17 Abs. 1 GV begangen haben. Da ein Wahlrecht hinsichtlich der Art der zu erteilenden Handelsregistervollmacht gemäß § 17 Abs. 1 GV nicht der geschäftsführenden Beklagten zu 2, sondern den Klägern zustand, haben diese mit Recht die Erteilung der geforderten unwiderruflichen umfassenden Generalvollmacht abgelehnt. Eine Anforderung nach der ersten Variante der Vollmachtsklausel im Einzelfall lag nicht vor. Angesichts der Tatsache, dass die Beklagte zu 1 ausweislich ihres Schreibens vom 23. November 2001 nicht bereit war, die von den Klägern angebotene Erteilung widerruflicher Vollmachten unter Beachtung der von ihnen geforderten Bedingungen zu akzeptieren, stellte das damalige Verhalten der Kläger auch keine Treuwidrigkeit dar, die etwa seinerzeit - unabhängig von dem Wortlaut der Klausel - ihre Ausschließung aus wichtigem Grund hätte rechtfertigen können.

III. 1. Aufgrund des aufgezeigten Rechtsfehlers unterliegt das angefochtene Urteil der Aufhebung (§ 562 ZPO) insoweit, als die Kläger jeweils ihre eigene Ausschließung mit der Nichtigkeitsfeststellungsklage angegriffen und soweit sie diese Klage gegen die Beklagte zu 1 gerichtet haben. In diesem Umfang kann der Senat auch die von den Klägern begehrte Feststellung der Nichtigkeit des sie betreffenden Ausschließungsbeschlusses zu TOP 5 lit. d) wegen Endentscheidungsreife selbst treffen (§ 563 Abs. 3 ZPO).

2. Demgegenüber hat es bei der vom Berufungsgericht bestätigten Abweisung des Klageantrags zu 1 nicht nur hinsichtlich der zu Unrecht verklagten Beklagten zu 2 und 3, sondern auch insoweit zu verbleiben, als die Kläger gegenüber der Beklagten zu 1 die Feststellung der Unwirksamkeit der Ausschließung auch der anderen Mitkommanditisten gemäß TOP 5 lit. a) bis c) begehrt haben.

a) Die in § 9 Abs. 7 GV geregelten (gewillkürten) Klagevoraussetzungen sind - wie das Berufungsgericht insoweit zutreffend angenommen hat - objektiv dahin auszulegen, dass eine Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit von Ausschließungsbeschlüssen - wie sie hier von den Klägern erhoben worden ist - nicht etwa gegen die Beklagten zu 2 und 3 als Gesellschafter, sondern allein gegen die Beklagte zu 1 als Gesellschaft zu richten ist. Nach der ständigen Senatsrechtsprechung (vgl. zuletzt: Sen.Urt. v. 24. März 2003 - II ZR 4/01, ZIP 2003, 843; Sen.Urt. v. 7. Juni 1999 - II ZR 278/98, ZIP 1999, 1391 - jeweils m.w.Nachw.) sind zwar auch bei einer in der Form einer Publikumsgesellschaft geführten Kommanditgesellschaft Streitigkeiten über die Wirksamkeit von Beschlüssen der Gesellschafterversammlung grundsätzlich zwischen den Gesellschaftern und nicht mit der Kommanditgesellschaft auszutragen; es ist aber rechtlich möglich, hiervon abweichend im Gesellschaftsvertrag zu bestimmen, dass ein derartiger Prozess mit der Gesellschaft auszufechten ist. Von dieser Befugnis haben die Gesellschafter auch im vorliegenden Fall Gebrauch gemacht, indem sie - wie das Berufungsgericht zutreffend festgestellt hat - abweichend von den personengesellschaftsrechtlichen Regeln in mehr oder weniger weitem Umfang die Geltung des kapitalgesellschaftsrechtlichen Systems vereinbart haben und dementsprechend § 9 Abs. 7 GV dahin zu verstehen ist, dass die genannten Streitigkeiten unmittelbar mit der Beklagten zu 1 auszutragen sind. Hierfür spricht - auch nach Auffassung des Senats - bereits die Tatsache, dass nach § 9 Abs. 7 Satz 1 GV die Unwirksamkeit eines Gesellschafterbeschlusses nur innerhalb einer - im Verhältnis zu dem Vorbild der gegen die Gesellschaft zu richtenden aktienrechtlichen Anfechtungsklage des § 246 Abs. 1 AktG lediglich verlängerten - Frist von acht Wochen ab dem Tag der Gesellschafterversammlung durch Klage geltend gemacht werden kann. Neben der Übernahme weiterer Regelungen des kapitalgesellschaftsrechtlichen Systems der Aktiengesellschaft anlässlich der formwechselnden Umwandlung von der Aktiengesellschaft in eine Publikumskommanditgesellschaft enthält § 9 Abs. 1 Satz 2 unter lit. a) bis c) insbesondere auch Regelungen zur Berechtigung "zur Klageerhebung", die - unter Beachtung der unterschiedlichen Klageformen - nahezu wörtlich den Vorschriften über die Anfechtungsbefugnis nach § 245 Nr. 1 - 3 AktG a.F. entsprechen.

Für eine Austragung entsprechender Streitigkeiten über die Wirksamkeit von Beschlüssen der Gesellschafterversammlung mit den einzelnen Gesellschaftern ist danach kein Raum. Die von der Revision gegen die Zulässigkeit einer derartigen besonderen prozessrechtlichen Regelung der Klagevoraussetzungen unter dem Blickwinkel einer - angeblich in Frage zu stellenden - Bindungswirkung der Entscheidung erhobenen Bedenken sind unbegründet. Gemäß der ständigen Senatsrechtsprechung hat nach Sinn und Zweck einer solchen Vertragsbestimmung ein zwischen dem klagenden Gesellschafter und der Gesellschaft ergangenes Urteil die Folge, dass die übrigen Gesellschafter schuldrechtlich verpflichtet sind, sich an die in diesem Rechtsstreit getroffene Entscheidung zu halten (vgl. nur Sen.Urt. v. 11. Dezember 1989 - II ZR 61/89, WM 1990, 675, 676 m.w.Nachw.).

b) Für die Klage auf Feststellung der Nichtigkeit der Ausschließung anderer Kommanditisten gemäß TOP 5 lit. a) bis c) fehlt den Klägern bereits das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse. Jeder Kommanditist kann grundsätzlich nur die Unwirksamkeit seiner eigenen Ausschließung aus der Gesellschaft im Klagewege geltend machen, während er von den Ausschließungen anderer Kommanditisten nicht selbst unmittelbar rechtlich betroffen ist. Soweit die Kläger mit ihrer Revisionsbegründung geltend machen, ihre Drittfeststellungsberechtigung ergebe sich aus der Tatsache, dass bei Bestehenbleiben der Ausschließung der anderen Kommanditisten ihre eigenen Kommanditanteile um die dann von der Gesellschaft geschuldeten Abfindungsbeträge wertmäßig gemindert würden, führt diese wirtschaftliche Interessenlage nicht zu einer Bejahung des Feststellungsinteresses im Sinne von § 256 Abs. 1 ZPO. Denn wenn die anderen Kommanditisten nicht ihrerseits im Klagewege gegen die jeweils sie betreffenden Ausschließungsbeschlüsse innerhalb der Klagefrist vorgegangen sind, so haben die Kläger dieses auf freier Willensentschließung jener (ehemaligen) Mitgesellschafter beruhende Verhalten, das de-

ren Recht auf Abfindung begründet, ebenso hinzunehmen, wie ein etwaiges sonstiges freiwilliges, mit derselben Konsequenz verbundenes Ausscheiden solcher Kommanditisten aus der Gesellschaft.

Goette Kurzwelly Gehrlein Strohn Reichart Vorinstanzen:

LG Düsseldorf, Entscheidung vom 13.01.2004 - 35 O 44/03 -

OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 07.10.2004 - I-6 U 27/04 -






BGH:
Urteil v. 17.07.2006
Az: II ZR 242/04


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