Bundespatentgericht:
Urteil vom 1. April 2004
Aktenzeichen: 2 Ni 28/02

(BPatG: Urteil v. 01.04.2004, Az.: 2 Ni 28/02)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat in einem Urteil vom 1. April 2004 (Aktenzeichen 2 Ni 28/02) entschieden, dass das europäische Patent 0 652 810 teilweise für nichtig erklärt wird. Das Patent betrifft eine Vorrichtung und ein Verfahren zum Sieben, Klassieren, Sichten, Filtern oder Sortieren von Stoffen. Die Klägerin hatte gegen das Patent geklagt und argumentiert, dass die erfindungsrelevanten Merkmale schon vor dem Prioritätszeitpunkt bekannt waren oder aber keine erfinderische Tätigkeit vorliegt. Das Gericht stellte fest, dass das Patent in einigen Punkten nicht patentfähig ist, da die erfindungsrelevanten Merkmale schon in einer französischen Patentanmeldung (2 682 050) beschrieben wurden. Das Patent wird daher teilweise für nichtig erklärt. Die Kosten des Rechtsstreits werden zu 2/3 von der Klägerin und zu 1/3 von der Beklagten getragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Urteil v. 01.04.2004, Az: 2 Ni 28/02


Tenor

I. Das europäische Patent 0 652 810 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland teilweise für nichtig erklärt, soweit es über folgende Fassung der Patentansprüche hinausgeht:

1. Vorrichtung zum Sieben, Klassieren, Sichten, Filtern oder Sortieren trockener fester Stoffe oder fester Stoffe in Flüssigkeiten mit in einem Siebrahmen vorgesehener Siebfläche und dieser zugeordnetem Ultraschallwandler, durch welchen der Siebfläche Schwingungen zuleitbar sind, dadurch gekennzeichnet, dass dem Ultraschallwandler (10) wenigstens ein an der Siebfläche (18) anliegender Resonator (14) zugeordnet ist, der auf die Resonanz des Ultraschallwandlers abgestimmt und von letzterem in Schwingungen, insbesondere in Biegeschwingungen, versetzbar ist, und dass der Resonator Stabresonatoren (16; 16k; 44; 48; 46) oder wenigstens einen Kreisstab (68) aufweist, die bzw. der im Abstand zum Siebrahmen endet bzw. enden oder von diesem entkoppelt sind bzw. ist.

23. Verfahren zum Sieben, Klassieren, Sichten, Filtern oder Sortieren trockener fester Stoffe oder fester Stoffe in Flüssigkeiten mit in einem Siebrahmen vorgesehener Siebfläche und diesem zugeordnetem Ultraschallwandler, durch welchen der Siebfläche Schwingungen zugeleitet werden, insbesondere mit einer Siebvorrichtung nach wenigstens einem der vorangehenden Patentansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass von einem ausserhalb einer Siebfläche festliegenden Ultraschallwandler Ultraschall über wenigstens einen mit der Siebfläche verbundenen Resonator der Siebfläche zugeführt und radial zum Resonator an dieser entlang geleitet wird, welcher Resonator in Resonanz schwingt und wenigstens einen im Abstand zum Siebrahmen endenden oder von diesem entkoppelten Kreisstab (68) oder im Abstand zum Siebrahmen endenden oder von diesem entkoppelte Stabresonatoren (16; 16k; 44; 48; 46) aufweist.

Hieran schließen sich die erteilten Unteransprüche 2, 4 bis 22 sowie 24 bis 27 an, wobei in Ansehung der Ansprüche 1 und 23 die Rückbezüge auf die vorgenannte Fassung erfolgen und Anspruch 4 auf die Ansprüche 1 oder 2 sowie Anspruch 5 auf Anspruch 1 rückbezogen ist.

II. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

III. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin 2/3, die Beklagte 1/3.

IV. Das Urteil ist für die Parteien im Kostenpunkt gegen Sicherheitsleistung von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des am 25. Mai 1994 unter Inanspruchnahme einer deutschen Priorität vom 26. Mai 1993 (DE 43 17 525) unter anderem für die Bundesrepublik Deutschland angemeldeten Patents EP 0 652 810 (Streitpatent), dessen Erteilung am 18. Februar 1998 veröffentlicht worden ist und welches nach Einspruch beschränkt aufrecht erhalten worden ist.

Das in der Verfahrenssprache Deutsch veröffentlichte und beim Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nummer DE 594 05 272 geführte Streitpatent betrifft eine Vorrichtung und ein Verfahren zum Sieben, Klassieren, Sichten, Filtern oder Sortieren von Stoffen. Es umfasst 27 Ansprüche, wovon die nebengeordneten Ansprüche 1 und 23 in der deutschen Fassung nach der Patentschrift EP 0 652 810 B2 [K1] folgenden Wortlaut besitzen:

1. Vorrichtung zum Sieben, Klassieren, Sichten, Filtern oder Sortieren trockener fester Stoffe oder fester Stoffe in Flüssigkeiten mit in einem Siebrahmen vorgesehener Siebfläche und dieser zugeordnetem Ultraschallwandler, durch welchen der Siebfläche Schwingungen zuleitbar sind, dadurch gekennzeichnet, dass dem Ultraschallwandler (10) wenigstens ein an der Siebfläche (18) anliegender Resonator (14) zugeordnet ist, der auf die Resonanz des Ultraschallwandlers abgestimmt und von letzterem in Schwingungen, insbesondere in Biegeschwingungen, versetzbar ist, und dass der Resonator Stabresonatoren (16; 16k; 44; 48; 46) oder wenigstens einen Kreisstab (68) aufweist.

23. Verfahren zum Sieben, Klassieren, Sichten, Filtern oder Sortieren trockener fester Stoffe oder fester Stoffe in Flüssigkeiten mit in einem Siebrahmen vorgesehener Siebfläche und diesem zugeordneten Ultraschallwandler, durch welchen der Siebfläche Schwingungen zugeleitet werden, insbesondere mit einer Siebvorrichtung nach wenigstens einem der vorangehenden Patentansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass von einem ausserhalb einer Siebfläche festliegenden Ultraschallwandler Ultraschall über wenigstens einen mit der Siebfläche verbundenen Resonator der Siebfläche zugeführt und radial zum Resonator an dieser entlang geleitet wird, welcher Resonator wenigstens einen Kreisstab (68) oder Stabresonatoren (16; 16k; 44; 48; 46) aufweist.

Bezüglich der weiteren Ansprüche wird auf die Patentschrift EP 0 652 810 B2 [K1] verwiesen.

Mit ihrer Nichtigkeitsklage macht die Klägerin geltend, die Gegenstände der Ansprüche 1 und 23 des Streitpatents seien gegenüber dem Stand der Technik zum Prioritätszeitpunkt nicht neu, zumindest aber wie die der Ansprüche 2 bis 22 sowie 24 bis 27 mangels erfinderischer Tätigkeit nicht patentfähig. Der Verfahrensanspruch 23 enthalte nur dann eine vollständige Lehre zum technischen Handeln, wenn der im Kennzeichen angegebene Resonator ebenso definiert werde wie im Vorrichtungsanspruch 1 ("auf die Resonanz des Ultraschallwandlers abgestimmt"). Sie stützt ihre Ausführungen auf folgende Dokumente:

K1 EP 0 652 810 B2 (Streitpatentschrift) K2 FR 2 671 743 mit K2a EP-Anm. 92 904 057.4 in deutscher Übersetzung

= DE 692 02 452 T2 K3 FR 2 682 050 K4 US 4 620 121 K5 Prospekt: Taumelsiebmaschinen, Fa Allgaier, Druckvermerk 04/92 K6 US 3 027 690 Die Klägerin beantragt, das europäische Patent 0 652 810 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland in vollem Umfang für nichtig zu erklären.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie tritt den Ausführungen der Klägerin in allen Punkten entgegen, hält das Streitpatent für patentfähig und ist der Auffassung, eine nähere Definition des Resonators im Verfahrensanspruch 23 sei nicht erforderlich, gegebenenfalls könne ein Relativsatz ("welcher Resonator in Resonanz schwingt und wenigstens ...") im kennzeichnenden Teil eingefügt werden.

Hilfsweise verteidigt sie das Streitpatent mit einer Fassung der Patentansprüche 1 und 23 gemäß den überreichten Hilfsanträgen I und II mit nachfolgendem Wortlaut (Anlage zum Protokoll, Änderungen gegenüber erteilter Fassung kursiv):

Hilfsantrag I

"1. Vorrichtung zum Sieben, Klassieren, Sichten, Filtern oder Sortieren trockener fester Stoffe oder fester Stoffe in Flüssigkeiten mit in einem Siebrahmen vorgesehener Siebfläche und dieser zugeordnetem Ultraschallwandler, durch welchen der Siebfläche Schwingungen zuleitbar sind, dadurch gekennzeichnet, dass dem Ultraschallwandler (10) wenigstens ein innerhalb des Siebrahmens an der Siebfläche (18) anliegender Resonator (14) zugeordnet ist, der auf die Resonanz des Ultraschallwandlers abgestimmt und von letzterem in Schwingungen, insbesondere in Biegeschwingungen, versetzbar ist, und dass der Resonator Stabresonatoren (16; 16k; 44; 48; 46) oder wenigstens einen Kreisstab (68) aufweist.

23. Verfahren zum Sieben, Klassieren, Sichten, Filtern oder Sortieren trockener fester Stoffe oder fester Stoffe in Flüssigkeiten mit in einem Siebrahmen vorgesehener Siebfläche und diesem zugeordneten Ultraschallwandler, durch welchen der Siebfläche Schwingungen zugeleitet werden, insbesondere mit einer Siebvorrichtung nach wenigstens einem der vorangehenden Patentansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass von einem ausserhalb einer Siebfläche festliegenden Ultraschallwandler Ultraschall über wenigstens einen mit der Siebfläche verbundenen, innerhalb des Siebrahmens angeordneten Resonator der Siebfläche zugeführt und radial zum Resonator an dieser entlang geleitet wird, welcher Resonator wenigstens einen Kreisstab (68) oder Stabresonatoren (16; 16k; 44; 48; 46) aufweist."

Ansprüche 2 bis 22 und 24 bis 27 wie erteilt, rückbezogen auf Ansprüche 1 bzw 23 nach Hilfsantrag I Hilfsantrag II

"1. Vorrichtung zum Sieben, Klassieren, Sichten, Filtern oder Sortieren trockener fester Stoffe oder fester Stoffe in Flüssigkeiten mit in einem Siebrahmen vorgesehener Siebfläche und dieser zugeordnetem Ultraschallwandler, durch welchen der Siebfläche Schwingungen zuleitbar sind, dadurch gekennzeichnet, dass dem Ultraschallwandler (10) wenigstens ein an der Siebfläche (18) anliegender Resonator (14) zugeordnet ist, der auf die Resonanz des Ultraschallwandlers abgestimmt und von letzterem in Schwingungen, insbesondere in Biegeschwingungen, versetzbar ist, und dass der Resonator Stabresonatoren (16; 16k; 44; 48; 46) oder wenigstens einen Kreisstab (68) aufweist, die bzw. der im Abstand zum Siebrahmen endet bzw. enden oder von diesem entkoppelt sind bzw. ist.

23. Verfahren zum Sieben, Klassieren, Sichten, Filtern oder Sortieren trockener fester Stoffe oder fester Stoffe in Flüssigkeiten mit in einem Siebrahmen vorgesehener Siebfläche und diesem zugeordneten Ultraschallwandler, durch welchen der Siebfläche Schwingungen zugeleitet werden, insbesondere mit einer Siebvorrichtung nach wenigstens einem der vorangehenden Patentansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass von einem ausserhalb einer Siebfläche festliegenden Ultraschallwandler Ultraschall über wenigstens einen mit der Siebfläche verbundenen Resonator der Siebfläche zugeführt und radial zum Resonator an dieser entlang geleitet wird, welcher Resonator wenigstens einen im Abstand zum Siebrahmen endenden oder von diesem entkoppelten Kreisstab (68) oder im Abstand zum Siebrahmen endenden oder von diesem entkoppelte Stabresonatoren (16; 16k; 44; 48; 46) aufweist.

Ansprüche 2, 5 bis 22, 24 bis 27 rückbezogen auf Anspruch 1 bzw 23 nach Hilfsantrag II, Anspruch 3 entfällt, Anspruch 4 rückbezogen auf Anspruch 1 oder 2 nach Hilfsantrag II (vgl Protokoll der mündlichen Verhandlung).

Um ihr Vorbringen zu stützen, hat die Beklagte in der Verhandlung ein patengemäßes Ultraschallsieb vorgeführt und legt folgende Unterlagen vor:

NB1 Merkmalsanalyse Anspruch 1 NB2 Merkmalsanalyse Anspruch 23 NB3 Urteil LG Düsseldorf vom 18. November 2003 Die Klägerin hält ihren Klageantrag auch gegenüber den Hilfsanträgen aufrecht.

Gründe

Die Klage ist zulässig und teilweise begründet, soweit der in Artikel II § 6 Absatz 1 Nr. 1 IntPatÜG, Artikel 138 Absatz 1 lit a EPÜ iVm Artikel 54 Absatz 1, 2 und Artikel 56 EPÜ vorgesehene Nichtigkeitsgrund der mangelnden Patentfähigkeit geltend gemacht wird. Fehlende Ausführbarkeit des Verfahrens im Sinne des Artikel 138 Absatz lit b EPÜ, gegen Anspruch 23 erstmals in der Verhandlung geltend gemacht, liegt hingegen nicht vor.

I Das Streitpatent betrifft eine Vorrichtung sowie ein Verfahren zum Sieben, Klassieren, Sichten, Filtern oder Sortieren trockener fester Stoffe oder fester Stoffe in Flüssigkeiten.

Der Beschreibung des Streitpatents gemäß haben bisher bekannte Verfahren den Nachteil, dass die Schallverteilung über das ganze aktive Siebgewebe, das in den meisten Fällen aus einem Drahtgewebe besteht, sehr schlecht ist. Die Ursache dieses Verhaltens liegt darin, dass das meist straff in einem runden oder rechteckigen Stahlrahmen montierte Siebgewebe nicht in Resonanz mit der Arbeitsfrequenz erregt werden kann. Dazu fehlen die physikalischen Voraussetzungen. Das Siebgewebe kann nur als relativ schlechter Ultraschalleiter dienen. Liegt zudem Siebgut auf dem Gewebe, führt die dadurch entstehende Dämpfung zu einer weiteren Reduzierung der Schallleitfähigkeit.

Diese Zusammenhänge führen nach Ansicht der Patentinhaberin dazu, dass schon nach wenigen Zentimetern Distanz von der Schallquelle die Schallintensität - und damit auch der Fördereffekt - stark reduziert ist.

Das technische Problem (die Aufgabe) wird deshalb darin gesehen, durch eine geeignete Konstruktion die Nachteile aus dem Stand der Technik weitgehend zu beseitigen. Es sollen Sieb- und Klassiervorgänge sowie Maschinen dafür verbessert sowie das Sieben im Trocken- und Nassbereich mit Hilfe von Ultraschall begünstigt werden. Des weiteren sollen speziell Resonatoren so ausgebildet werden, dass sich das Sieb möglichst über die ganze Fläche in ungedämpfte schwingende Bewegung versetzt (K1: Sp 2, Z 3 - 5).

Die Lösung vorstehender Aufgabe wird in einer Vorrichtung nach dem Anspruch 1 sowie einem Verfahren nach dem Anspruch 23 gesehen, wobei die Ansprüche 1 und 23 gemäß dem Hauptantrag nach einem Vorschlag der Klägerin wie folgt aufgegliedert sein können:

Anspruch 1 01) Es handelt sich um eine Vorrichtung zum Sieben, Klassieren, Sichten, Filtern oder Sortieren trockener fester Stoffe oder fester Stoffe in Flüssigkeiten.

02) Die Vorrichtung umfasst 02a) einen Siebrahmen (20), 02b) eine Siebfläche (18) und 02c) einen Ultraschallwandler (10).

03) Die Siebfläche (18) ist in dem Siebrahmen (20) vorgesehen.

04) Der Siebfläche (18) ist ein Ultraschallwandler (10) zugeordnet.

05) Durch den Ultraschallwandler (10) sind der Siebfläche (18) Schwingungen zuleitbar.

06) Dem Ultraschallwandler (10) ist wenigstens ein Resonator (14) zugeordnet.

07) Der Resonator (14)

07a) liegt an der Siebfläche (18) an, 07b) ist auf die Resonanz des Ultraschallwandlers (10) abgestimmt, 07c) ist vom Ultraschallwandler (10) in Schwingungen, insbesondere in Biegeschwingungen, versetzbar und 07d) weist Stabresonatoren (16; 16k; 44; 48; 46) oder wenigstens einen Kreisstab (68) auf.

Anspruch 23:

037) Es handelt sich um ein Verfahren zum Sieben, Klassieren, Sichten, Filtern oder Sortieren trockener fester Stoffe oder fester Stoffe in Flüssigkeiten.

038) Das Verfahren verwendet 038a) einen Siebrahmen (20), 038b) eine Siebfläche (18) und 038c) einen Ultraschallwandler (10).

039) Die Siebfläche (18) ist in dem Siebrahmen (20) vorgesehen.

040) Dem Siebrahmen (20) ist ein Ultraschallwandler (10) zugeordnet.

041) Durch den Ultraschallwandler (10) sind der Siebfläche (18) Schwingungen zuleitbar.

042) Der Ultraschallwandler (10) liegt außerhalb einer Siebfläche (18) fest.

043) Der Ultraschallwandler (10) führt Ultraschall über wenigstens einen mit der Siebfläche (18) verbundenen Resonator (14) der Siebfläche (18)

044) Der Ultraschall wird radial zum Resonator (14) an der Siebfläche (18) entlanggeleitet.

045) Der Resonator (14) weist wenigstens einen Kreisstab (68) oder Stabresonatoren (16; 16k; 44; 48; 46) auf.

Die Beklagte sieht eine Merkmalsgliederung der Ansprüche 1 und 23 des Hauptantrags folgendermaßen, wobei die eckigen Klammern auf die Nummerierung der entsprechenden Merkmale in den Gliederungen der Klägerin verweisen:

Anspruch 1:

1 Eine Vorrichtung zum Sieben, Klassieren, Sichten, Filtern oder Sortieren trockener fester Stoffe oder fester Stoffe in Flüssigkeiten. [01]

2. mit einem Siebrahmen [02a], 3. mit einer Siebfläche, die in dem Siebrahmen vorgesehen ist [03], 4. mit einem Ultraschallwandler, welcher der Siebfläche zugeordnet ist [04], wobei 5. der Siebfläche durch den Ultraschallwandler Schwingungen zuleitbar sind [05], 6. mit wenigstens einem Resonator (14), der dem Ultraschallwandler (10) zugeordnet ist [06], wobei 7. der Resonator (14) an der Siebfläche (18) anliegt [07a], 8. der Resonator (14) auf die Resonanz des Ultraschallwandlers (10) abgestimmt ist [07b], 9. der Resonator (14) vom Ultraschallwandler (10) in Schwingungen, insbesondere in Biegeschwingungen, versetzbar ist [07c], und 10. der Resonator Stabresonatoren (16; 16k; 44; 48; 46) oder wenigstens einen Kreisstab (68) aufweist [07d].

Anspruch 23:

11. Verfahren zum Sieben, Klassieren, Sichten, Filtern oder Sortieren trockener fester Stoffe oder fester Stoffe in Flüssigkeiten [037]

12. mit einem Siebrahmen [038a], 13. mit einer Siebfläche, die in dem Siebrahmen vorgesehen ist [039], 14. mit einem Ultraschallwandler, welcher dem Siebrahmen zugeordnet ist [040], wobei 15. der Siebfläche durch den Ultraschallwandler Schwingungen zugeleitet werden [041], 16. insbesondere mit einer Siebvorrichtung nach wenigstens einem der vorangehenden Ansprüche, 17. wobei der Ultraschallwandler außerhalb der Siebfläche festliegt [042], 18. mit wenigstens einem Resonator, welcher mit der Siebfläche verbunden ist, über den der Ultraschallwandler der Siebfläche Ultraschall zuführt wird [043],-

19. der Ultraschall radial zum Resonator an der Siebfläche entlang geleitet wird [044], 20. der Resonator wenigstens einen Kreisstab (68) oder Stabresonatoren (16; 16k; 44; 48; 46) aufweist [045].

1. Die Erfindung des Streitpatents ist gem. Art. 83 EPÜ so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen kann. Nach BGH Kupplungsvorrichtung II - GRUR 2003,378 (Leitsatz) müssen die Angaben, die der Fachmann zur Ausführung der geschützten Erfindung benötigt, nicht im Patentanspruch enthalten sein; es genügt, wenn sie sich aus dem Inhalt der Patentschrift insgesamt ergeben. Dies ist vorliegend bezüglich des Anspruchs 23 der Fall, auch wenn dies von der Klägerin in Abrede gestellt wird. Zwar ist in Anspruch 23 nicht explizit angegeben, dass der Resonator auf die Resonanz des Ultraschallwandlers abgestimmt ist. Dies aber findet sich in der Beschreibung (vgl zB K1: Sp 6, Abs 0034, Z 11: "...Stabresonatoren...müssen auf die Betriebsfrequenz abgestimmt werden."). Darüber hinaus kennt der Fachmann diese Abstimmung als eine grundlegende Bedingung des Resonators eines Ultraschallsystems. Der Resonator, der als Schallmittler die vom Schallwandler erzeugten Schallwellen aufnimmt und weiterleitet, arbeitet, wie der Fachmann weiß, dann optimal, wenn der Schallwandler und der Resonator hinsichtlich ihrer Resonanz aufeinander abgestimmt sind.

2. Hauptantrag und Hilfsantrag I Die Neuheit der gewerblich anwendbaren Vorrichtung sowie des Verfahrens zum Sieben, Klassieren, Sichten, Filtern oder Sortieren von Stoffen nach dem Anspruch 1 in der mit dem Hauptantrag verteidigten Fassung sowie auch in der mit dem Hilfsantrag I hilfsweise verteidigten Fassung kann dahinstehen, da es ihnen jedenfalls an der zu fordernden erfinderischen Tätigkeit mangelt.

Aus der französischen Patentanmeldung 2 682 050 [K3] ist eine Vorrichtung sowie ein Verfahren zum Sieben, Klassieren, Sichten, Filtern oder Sortieren von Stoffen bekannt. Aus der dortigen Figur 4 in Verbindung mit der ihm durch den zugehörigen Patentanspruch 7 an die Hand gegebenen Lehre entnimmt der Fachmann folgenden Gegenstand:

Vorrichtung zum Sieben, Klassieren, Sichten, Filtern oder Sortieren trockener fester Stoffe oder fester Stoffe in Flüssigkeiten mit in einem Siebrahmen vorgesehener Siebfläche (toile) 11 und dieser zugeordneten Ultraschallwandler (convertiseur elektroacoustique) 14, durch welchen der Siebfläche Schwingungen zuleitbar sind. Dem Ultraschallwandler ist ein an der Siebfläche anliegendes Ringelement (element annulaire) 10b zugeordnet, das von letzterem in Schwingungen, versetzbar ist. Das Ringelement ist mit der Siebfläche über eine Klebung verbunden, welche u.a. die Aufgabe hat, die hochfrequente Schwingung vom Ringelement zur Siebfläche zu übertragen.

Wie beim Anspruch 1 des Hilfsantrages I ist der Schallwandler bei der K3 erkennbar innerhalb des Siebrahmens angeordnet.

Die Beklagte meint, bei diesem Stand der Technik nach der K3 gegenüber ihrer streitpatentgemäßen Vorrichtung gem. Anspruch 1 Unterschiede darin zu sehen, dass das Ringelement der Ausgestaltung gemäß Figur der K3 zum Siebrahmen gehört, jedoch kein Resonator in patentgemäßem Sinn ist, welcher zudem nicht auf die Resonanz des Ultraschallwandlers abgestimmt ist, und dass der Schallwandler anders, nämlich parallel zur Siebfläche orientiert ist und das Ringelement nicht zu Biegeschwingungen anregt. Würde das System der K3 im Resonanzbetrieb arbeiten, träten thermische Probleme auf, die zum Zerstören von elastomeren Randdichtungen führen könnten. Ferner weist sie noch auf die Dimensionen patentgemäßer Siebvorrichtungen hin.

Es fehlen jedoch im Streitpatent ebenso wie in der K3 Größenangaben. Im Weiteren sind die Biegeschwingungen des Streitgegenstandes im Anspruch 1 nur fakultativ und regt der Schallwandler 14 der bekannten Vorrichtung das Ringelement 10b ebenfalls - wenn auch im Ausführungsbeispiel zu horizontal orientierten - zu Biegeschwingungen an, wobei auch die Orientierung der Biegeschwingung im Anspruch 1 nicht bestimmt ist. Das Ringelement 10b von K3 arbeitet wie dort beschrieben (K3: S 5, Z 24 - 26) als ein Schallmittler, indem es die Schwingungen vom Schallwandler auf die Siebfläche überträgt; es stellt somit einen Resonator wie bei der Vorrichtung nach Anspruch 1 des Streitpatents dar. Weil für den Fachmann ein Stab lediglich eine große Längserstreckung im Verhältnis zu seinem Querschnitt aufweist, er aber keine anderen Kriterien für die Definition eines Stabes kennt, ein Stab zudem als Profilstab auch eine Querschnittskontur aufweisen kann, besitzt auch das Ringelement der K3 als Resonator die Gestalt eines Kreisstabes wie eine Alternative des Streitgegenstands nach Anspruch 1. Da im Weiteren auch beim Streitgegenstand nach diesem Anspruch, wie auch nach allen weiteren darauf rückbezogenen Ansprüchen, eine Verklebung des Resonators mit der Siebfläche nicht ausgeschlossen und bei dem vorgeführten, nach Darstellung der Beklagten streitpatentgemäßen Modell ebenso der Fall war, besteht baulich kein Unterschied zwischen der aus Figur 4 der K3 bekannten Vorrichtung und der nach Anspruch1 des Streitpatents.

Die Ausbildung des schallübertragenden Bauteils als Ringelement, wie in der Figur 4 der K3 dargestellt, ist eine besondere Ausgestaltung der in Anspruch 7 der K3 dargelegten Lehre, nach welcher ein durch wenigstens eine Querstrebe unterteilter Rahmen vorgesehen ist und der Ultraschallwandler an dieser Querstrebe angeordnet ist. Für den Fachmann liegt es auf der Hand, dass diese wenigstens eine Querstrebe nicht nur kreisringförmig, wie im Ausführungsbeispiel nach Figur 4, sondern auch geradlinig gebildet sein kann, weshalb er in der K3 ebenfalls das Vorbild für die weitere alternative Ausgestaltung der Vorrichtung nach Anspruch 1 des Streitpatents mit Stabresonatoren findet.

Offen muss wohl bleiben, ob der wenigstens eine Stabresonator nach Anspruch 7 bzw. der Kreisstabresonator nach Figur 4 der K3 und der Ultraschallwandler bezüglich ihrer Resonanz aufeinander abgestimmt sind. Doch ist der Stand der Technik, von dem bei der K3 ausgegangen worden ist, derselbe, wie der des Streitpatents, nämlich eine Vorrichtung, entsprechend der in der Beschreibung des Streitpatents abgehandelten EP 0 369 572 A2, bei welcher der Ultraschallwandler direkt an der Siebfläche angeordnet ist und letztere unmittelbar zu Schwingungen anregt (K3: S 2). Dazu findet der Fachmann in der K3, dass dort der Ultraschallwandler auf die Eigenfrequenz (=Resonanzfrequenz) der Siebfläche abgestimmt ist (K3: S 2, Z 25). Weiterhin entnimmt er der K3, dass thermischen Problemen des Gesamtsystems durch eine entsprechende Werkstoffwahl (zB Titan, S 6, Z 9 bis 12) begegnet werden kann. Da er aber weiß, dass solche thermischen Probleme gerade im Resonanzbetrieb zu erwarten sind und der in jenem Stand der Technik, von dem bei der K3 ausgegangen worden ist, als zu berücksichtigend beschriebene Betrieb der Anlage in Resonanz wohl auch bei der K3 nicht aufgegeben werden soll, veranlassen ihn diese Angaben in Verbindung mit seinem Fachwissen über die grundsätzlichen Vorteile des Resonanzbetriebs dazu, wenn er dies in der K3 nicht ohnehin mitliest, auch bei ihr eine Abstimmung des Resonators und des Schallwandlers untereinander bezüglich ihrer Resonanz vorzunehmen. Aus der K3 erhält der Fachmann somit alle wesentlichen Informationen, die er zum Auffinden der streitpatentgemäßen Lösung braucht. Auch dazu, die Resonanz der zur Schallübertragung benutzten Bauteile mit der Resonanz des Schallwandlers abzustimmen, findet er in der K3 die entsprechende Anregung. Einer erfinderischen Tätigkeit bedurfte es somit zum Auffinden der streitpatentgemäßen Lösung, bei welcher dem Ultraschallwandler wenigstens ein Resonator zugeordnet ist, dessen Resonanz auf die des Ultraschallwandlers abgestimmt ist, gemäß Anspruch 1 nach Hauptantrag bzw. bei welchem darüber hinaus der Resonator innerhalb des Siebrahmens angeordnet ist, nach Hilfsantrag I nicht.

In der K3 findet der Fachmann auch ein Verfahren zum Sieben, Klassieren, Sichten, Filtern oder Sortieren mit in einem Siebrahmen vorgesehener Siebfläche und diesem zugeordneten Ultraschallwandler, durch welchen der Siebfläche Schwingungen zugeleitet werden. Dort wird, wie oben schon im Einzelnen erläutert worden ist, der Siebfläche von einem außerhalb einer Siebfläche festliegenden, jedoch innerhalb des Siebrahmens angeordneten Ultraschallwandler Ultraschall über wenigstens eine mit der Siebfläche verbundene Querstrebe (Anspruch 7 der K3) zugeführt, die im Ausführungsbeispiel gemäß Figur 4 als Ringelement ausgebildet ist, und radial dazu an dieser entlang geleitet. Die wenigstens eine Querstrebe bzw. das Ringelement dient jeweils als Schallmittler, bildet also einen Resonator in Form wenigstens eines Stabes oder Kreisstabes. Insoweit nimmt die K3 das streitpatentgemäße Verfahren gemäß Anspruch 23 nach dem Hauptantrag, ebenso wie nach dem Hilfsantrag I, vorweg.

Aus den oben für die Vorrichtung erläuterten Gründen, setzt der Fachmann bei dem ihm durch die K3 an die Hand gegebenen Verfahren einen Schallwandler und einen Resonator ein, die hinsichtlich ihrer Resonanz aufeinander abgestimmt sind, was Anspruch 23 zwar nicht explizit verlangt, was dennoch als im streitpatentgemäßen Sinn als vorgegeben gelten kann. Somit findet er in der K3 auch in Bezug auf das streitpatentgemäße Verfahren gem. Anspruch 23 nach Hauptantrag, bei welchem einer Siebfläche von einem außerhalb der Siebfläche festgelegten Ultraschallwandler Ultraschall über wenigstens einen Resonator zugeführt und radial zum Resonator an dieser entlanggeleitet wird, und auch nach dem Hilfsantrag I, bei welchem darüber hinaus der Ultraschallwandler innerhalb des Siebrahmens angeordnet ist, alle Hinweise zur Aufgabenlösung, weshalb auch das jeweilige Verfahren nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruht.

Die Ansprüche 1 und 23 in den Fassungen nach Hauptantrag und Hilfsantrag I erweisen sich aus den vorstehend dargelegten Gründen somit nicht als bestandsfähig.

Von der Beklagten nicht als selbständig erfinderisch verteidigt, erweisen sich als ebenso wenig bestandsfähig der Anspruch 2, soweit er auf den Anspruch 1 des Hauptantrages bzw. des Hilfsantrages I zurückbezogen ist, die Ansprüche 7 bis 22, soweit diese nicht auf einen der Ansprüche 3 bis 6 zurückbezogen sind, sowie die Ansprüche 24 bis 27, soweit sie auf Anspruch 23 des Hauptantrages bzw. des Hilfsantrages I zurückbezogen sind. Diese Ansprüche haben für sich gesehen nur solche Maßnahmen zum Inhalt, die im Bereich einfachen fachmännischen Könnens anzusiedeln sind. Eine eigenständige erfinderische Qualität ist in ihnen nicht zu erkennen. Sie müssen deshalb das Schicksal des jeweiligen Anspruchs teilen, auf welchen sie rückbezogen sind.

Anspruch 3 geht vollständig im Anspruch 1 des Hilfsantrags II auf. Die übergeordnete Lehre der Ansprüche 4 bis 6 geht in einer allgemeinen Form ebenfalls im Anspruch 1 des Hilfsantrag II auf. Somit erübrigen sich Ausführungen zu den Ansprüchen 3 bis 6 im Zusammenhang mit dem Hauptantrag und dem Hilfsantrag I.

3. Hilfsantrag II Die Ansprüche 1 und 23 nach Hilfsantrag II sind zulässig, da deren gegenüber der erteilten Fassung hinzutretenden Merkmale ursprünglich und gemäß B1-Schrift in Anspruch 4 sowie im Weiteren dem Sinne nach, jedoch in speziellerer Form in den Ansprüchen 5 bis 7 offenbart sind, welche den Ansprüchen 3 und 4 bis 6 der B2-Schrift [K1] entsprechen.

In der Fassung des Hilfsantrages II ist beim Streitpatent vorgesehen, dass der wenigstens eine an der Siebfläche anliegende Resonator (also der Kreisresonator bzw. die Stabresonatoren) im Abstand zum Siebrahmen endet (wodurch schon eine Entkoppelung durch eine bauliche Maßnahmen erreicht ist) oder von diesem (in sonstiger Weise) entkoppelt ist. Der Kern der Erfindung liegt somit nunmehr darin, durch entsprechende bauliche oder andere z.B. physikalische Maßnahmen dafür zu sorgen, dass eine Übertragung der Schwingungen vom Resonator auf den Siebrahmen unterbleibt.

Die gewerblich anwendbare Vorrichtung nach Anspruch 1 sowie das Verfahren nach Anspruch 23 jeweils in der Fassung nach Hilfsantrag II haben als neu zu gelten, da keine der im Verfahren berücksichtigten Entgegenhaltungen entsprechende Vorrichtungen zeigen, bei welchen Maßnahmen ergriffen sind, die ein Unterbinden der Schwingungsübertragung vom Schallerzeuger zum Siebrahmen bewirken. Somit unterscheidet sich die Vorrichtung nach Anspruch 1, wie auch das Verfahren des Anspruchs 23 jeweils in der Fassung des Hilfsantrages II von allen in Betracht gezogenen Druckschriften dadurch, dass der wenigstens eine Resonator im Abstand zum Siebrahmen endet oder von diesem entkoppelt ist.

Sowohl diese Vorrichtung nach Anspruch 1 wie auch das Verfahren nach Anspruch 23 beruhen aber auch auf erfinderischer Tätigkeit, weil für den Fachmann aus den Entgegenhaltungen keine Hinweise auf eine solche Entkopplung zwischen Resonator und Siebrahmen zu entnehmen sind.

Bei der K3, die, wie oben dargelegt worden ist, dem Streitpatent am Nächsten kommt, ist es offenkundiges Ziel, neben wenigstens einer Querstrebe oder dem Ringelement, den gesamten Rahmenkomplex mit den Schwingungen des Schallwandlers zu versorgen (K3: S 5, Z 25, 26, "Les vibrations ultrasoniques se transmettent à l'ensemble du cadre..."). Eine Entkopplung durch bauliche oder physikalische Maßnahmen kommt deshalb weder in Frage, noch findet der Fachmann dafür dort einen Anhalt. Es mag zwar denkbar sein, dass in irgendeiner Ausgestaltung der Vorrichtung nach der K3, rein zufällig eine mit dem vorgeführten Modell der streitpatentgemäßen Vorrichtung übereinstimmende Variante geschaffen wird, bei welcher auch noch eine solche Abstimmung der Geometrie auf die Frequenz des Schallwandlers erreicht ist, dass auch dort eine physikalische Entkopplung zwischen dem Ringelement 10b und dem äußeren Siebrahmen stattfindet. Eine solche liegt aber weder im Offenbarungsgehalt der K3, noch vermag sie der Fachmann ohne Kenntnis des Erfindungsgegenstandes aus dieser abzuleiten.

Entsprechende Hinweise findet er auch nicht in der französischen Patentmeldung 2 671 743 [K2]. Dort erfolgt die Übertragung der von einem Schallwandler erzeugten Schwingungen auf die Siebfläche über den Siebrahmen, der auch mehrfach unterteilt sowie mehrstöckig ausgebildet sein kann, weshalb auch der Siebrahmen dort als Resonator wirkt. In jedem Fall sind aber in erster Linie als Resonatoren Massen (barreaux de couplage) 14 vorgesehen, an welchen die Rahmenteile jeweils am Ort der höchsten Amplitude (ventre d'amplitude = Schwingungsbauch) angeordnet sind. Daraus entnimmt der Fachmann, dass es dort ausschließlich darum geht, die Rahmenteile mit maximaler Schwingung anzuregen, eine Entkopplung also ebenso wenig wie bei der K3 in Frage kommt.

Eine Anregung dazu, bei einer Siebvorrichtung den Siebrahmen von der Ultraschallquelle zu entkoppeln, findet der Fachmann auch nicht in der US-Patentschrift 4 620 121 [K4], auf deren Figur 8 die Klägerin Bezug nimmt. Dort findet der Fachmann zwar einen in den Schwingungsknoten eingespannten Werkzeughalter (tool holder) 8. Doch steht die K4 in keinem näheren Zusammenhang mit Siebvorrichtungen der streitpatentgemäßen Art. Obgleich der Fachmann sicherlich grundsätzlich weiß, wie er mit Bäuchen und Knoten von Schwingungen umzugehen hat, worauf die Klägerin zu Recht verweist, findet er in der K4 doch keinen unmittelbaren Hinweis darauf, bei Siebvorrichtungen nach der K2 oder K3 schwingungsvermittelnde Bauteile zur Problemlösung - abweichend von dem dort vorgegebenen Weg - derart anzuordnen, dass deren Schwingungen nicht auf den Siebrahmen übertragen werden.

Die weiteren von der Klägerin genannten Druckschriften sind in der mündlichen Verhandlung nicht mehr aufgegriffen worden. Sie liegen erkennbar weiter ab und können deshalb weder einzeln, noch in Verbindung mit dem vorstehend abgehandelten Material dem Fachmann Vorbilder oder Hinweise auf die erfindungsgemäße Lösung gemäß Hilfsantrag II geben.

Nach alledem war für den Fachmann erfinderische Tätigkeit erforderlich, um zu einer Vorrichtung nach dem Anspruch 1 und einem Verfahren nach Anspruch 23, jeweils des Hilfsantrages II zu gelangen, bei welchen vorgesehen ist, dass beim Sieben, Klassieren, Sichten, Filtern oder Sortieren trockener fester Stoffe oder fester Stoffe in Flüssigkeiten mit in einem Siebrahmen vorgesehener Siebfläche und dieser zugeordnetem Ultraschallwandler, durch welchen der Siebfläche Schwingungen zuleitbar sind, der wenigstens eine Resonator im Abstand zum Siebrahmen endet oder von diesem entkoppelt ist.

Deshalb erweisen sich die Ansprüche 1 und 23 des Hilfsantrages II als bestandsfähig und mit ihnen die verbliebenen Unteransprüche 2, 4 bis 22 und 24 bis 27, in ihren unmittelbaren oder mittelbaren Rückbezügen auf die bestandsfähigen Ansprüche 1 bzw. 23 des Hilfsantrages II, welche Ansprüche weitere sinnvolle Ausgestaltungen der Vorrichtung bzw. des Verfahrens zum Sieben, Klassieren, Sichten, Filtern oder Sortieren trockener fester Stoffe oder fester Stoffe in Flüssigkeiten zum Inhalt haben.

III Die Kostenfolge ergibt sich aus § 84 Abs.2 PatG iVm § 92 Abs.1 S.1 ZPO, wobei der Senat die Verringerung des gemeinen Werts des Patents durch den Umfang der Nichtigerklärung mit einem Drittel veranschlagt hat. Das Streitpatent ist insoweit in seinem "Kern" erhalten geblieben, wurde andererseits in seinem Schutzbereich wesentlich eingeschränkt.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 99 Abs. 1 PatG iVm § 709 S. 1 ZPO.

Meinhardt Gutermuth Skribanowitz Harrer Schmitz Be






BPatG:
Urteil v. 01.04.2004
Az: 2 Ni 28/02


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/d095e4baa88d/BPatG_Urteil_vom_1-April-2004_Az_2-Ni-28-02




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