Bundespatentgericht:
Beschluss vom 22. Juli 2004
Aktenzeichen: 25 W (pat) 25/03
(BPatG: Beschluss v. 22.07.2004, Az.: 25 W (pat) 25/03)
Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung
Das Bundespatentgericht hat in seinem Beschluss vom 22. Juli 2004, Aktenzeichen 25 W (pat) 25/03, die Beschwerde zurückgewiesen. Die Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts hatte die Anmeldung der Bezeichnung "Trauervorsorge" für verschiedene Waren und Dienstleistungen zunächst vollständig zurückgewiesen. Die Anmelderin hat hiergegen Beschwerde eingelegt. Das Bundespatentgericht entschied, dass die angemeldete Marke nicht die nötige Unterscheidungskraft aufweist und daher nicht eingetragen werden kann. Der Begriff "Trauervorsorge" wird im Allgemeinen gleichbedeutend mit "Vorsorge für den (im) Trauerfall" von Bestattungsunternehmen verwendet und soll umfassend auf die typischerweise von einem solchen Unternehmen angebotenen Waren und Dienstleistungen hinweisen. Die graphische Ausgestaltung der Marke konnte das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft nicht überwinden. Daher wurde die Beschwerde zurückgewiesen.
Die Gerichtsentscheidung im Volltext:
BPatG: Beschluss v. 22.07.2004, Az: 25 W (pat) 25/03
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
BPatG 152
Gründe
I.
Die Bezeichnungist am 31. März 1999 für verschiedene Waren und Dienstleistungen der Klassen 16, 35, 36, 41 und 42 zur Eintragung in das Markenregister angemeldet worden.
Die Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patentund Markenamts hat zunächst die Anmeldung mit Erstprüferbeschluss vom 16. November 1999 vollständig gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 und Nr 2 MarkenG zurückgewiesen. Mit Erinnerungsbeschluss vom 14. November 2002 hat sie durch eine Beamtin des höheren Dienstes den Erstprüferbeschluss teilweise aufgehoben und im Übrigen die Erinnerung zurückgewiesen, da insoweit der Eintragung § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegenstehe.
Für die von der Zurückweisung noch erfassten Waren und Dienstleistungen fehle der angemeldeten Marke zumindest jegliche Unterscheidungskraft. Der Begriff "Trauervorsorge" werde gleichbedeutend mit "Vorsorge für den (im) Trauerfall" von Bestattungsunternehmen als Sachaussage verwendet, um umfassend auf die Art und Bestimmung der typischerweise von einem solchen Unternehmen angebotenen Waren und Dienstleistungen hinzuweisen. Bei den fraglichen Waren und Dienstleistungen handele es sich um solche, die von Bestattungsunternehmen im Rahmen der Trauervorsorge angeboten werden bzw um Dienstleistungen, die die Trauervorsorge zum Gegenstand oder Inhalt haben (könnten). Der Verkehr habe daher die Vorstellung einer sachbezogenen Aussage. Die graphische Ausgestaltung, die sich auf übliche Mittel hinsichtlich Schriftart, Schriftgröße und Farbe beschränke, sei nicht geeignet, das Schutzhindernis mangelnder Unterscheidungskraft zu überwinden.
Die Anmelderin hat Beschwerde erhoben und ein neues Waren-/Dienstleistungsverzeichnis eingereicht. Unter Berücksichtigung des Erinnerungsbeschlusses und der im Beschwerdeverfahren erklärten Einschränkung des Warenund Dienstleistungsverzeichnisses ist die Zurückweisung der Anmeldung für die Waren und Dienstleistungen
"Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit in Klasse 16 enthalten, einschließlich Sargausstattungen aus diesen Materialien; Druckereierzeugnisse; Photographien; Lehrund Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Werbung; Büroarbeiten, einschließlich Arbeitnehmerüberlassung auf Zeit, Aufstellung von Statistiken, Vermittlung und Abschluss von Handelsgeschäften für andere sowie von Verträgen über Anschaffung und Veräußerung von Waren, ausgenommen für den Vorsorgebereich; Buchführung, Ermittlung in Geschäftsangelegenheiten, Vervielfältigung von Dokumenten; Ausgabe von Kreditkarten, Nachforschung in Geldangelegenheiten; wissenschaftliche Forschung; Dienstleistungen eines Architekten; Erstellen von technischen Gutachten und Programmen für die Datenverarbeitung, letzteres ausgenommen für den Vorsorgebereich"
noch Gegenstand der Beschwerde.
Die Anmelderin beantragt sinngemäß, die Beschlüsse vom 16. November 1999 und vom 14. November 2002 aufzuheben, soweit die Eintragung für die nach der Einschränkung des Waren-/Dienstleistungsverzeichnisses noch beanspruchten Waren und Dienstleistungen versagt worden ist.
Sie ist der Auffassung, dass der angemeldeten Marke weder jegliche Unterscheidungskraft fehle noch ein Freihaltebedürfnis im Verkehr bestehe. Bereits der Wortbestandteil sei unterscheidungskräftig, da es sich um eine Wortneuschöpfung handele, die keinen beschreibenden Charakter aufweise. Nur der Bestandteil "Trauer" weise indirekt auf die Funktion der Waren und Dienstleistungen hin. Den Begriff "Vorsorge" würde ein objektiver Betrachter in erster Linie nicht mit dem Tod verbinden. Auch wenn die beiden Begriffe separat gesehen zum üblichen Sprachgebrauch der deutschsprachigen Gesellschaft gehörten, so werde der Gesamtbegriff üblicherweise nicht gebraucht. Entgegen der Auffassung der Markenstelle sei die bildliche Ausgestaltung des Phantasiebegriffs geeignet, auch diesbezüglich das Schutzhindernis der mangelnden Unterscheidungskraft zu überwinden. Es seien die Gepflogenheiten des Bestattungsgewerbes zu berücksichtigen, wo auf ein hohes Maß an Seriosität und Pietät zu achten und eine übermäßige graphische und phantasievolle Ausgestaltung weder notwendig noch angebracht sei. Mit Hilfe der Vergrößerung des Anfangsund Endbuchstabens werde symbolisch der Anfang und das Ende des Lebens dargestellt. Die Gesamtkombination spiegele den Beginn des Lebens hinübergleitend in das Ende des Lebens wider. Außerdem bestehe im vorliegenden Fall auch kein Freihaltungsbedürfnis.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde der Anmelderin ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg, da der Eintragung der angemeldeten Marke für die beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen jedenfalls das Schutzhindernis fehlender Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG entgegen steht.
Unterscheidungskraft i.S. von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (st. Rspr.; BGH, GRUR 2003, 1050 - Cityservice; GRUR 2001, 1151, 1152 -marktfrisch; GRUR 2001, 1153, 1154 -anti KALK). Dabei steht die Herkunftsfunktion im Vordergrund der markenrechtlichen Beurteilung, wobei ihr gerade für die Beurteilung der Unterscheidungskraft die allein maßgebliche Bedeutung zukommt (Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl, § 8 Rdn 44).
Für die von der Zurückweisung noch betroffenen Waren und Dienstleistungen stellt sich die angemeldete Marke jedoch nicht als betrieblicher Herkunftshinweis, sondern als reine Sachangabe in dem Sinne dar, dass diese von einem Unternehmen stammen oder erbracht werden, das Trauervorsorge anbietet. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass die Eintragung eines Zeichens bereits dann für einen beanspruchten Oberbegriff ausgeschlossen ist, wenn sich auch nur für eine spezielle, unter den Oberbegriff fallende Ware oder Dienstleistung ein Eintragungshindernis ergibt (BGH WRP 2002,91 - AC). Das Eintragungshindernis kann sich zudem nicht nur aus dem Bezug des Zeichens zu der Ware oder Dienstleistung selbst ergeben, sondern auch daraus, dass die angesprochenen Verkehrskreise im Hinblick auf den möglichen Inhalt oder Gegenstand der jeweiligen Waren bzw Dienstleistungen in dem beanspruchten Zeichen eine Sachinformation sehen (BGH GRUR 2003, 342 - Winnetou; EuG GRUR Int. 2001, 864, 866 - CINE COMEDY; BPatG MarkenR 2002, 299, 301 - OEKOLAND).
Wie die Erinnerungsprüferin bereits zutreffend ausgeführt hat, wird der Begriff "Trauervorsorge" im Sinne von "Vorsorge für den (im) Trauerfall" verstanden und auch von Bestattungsunternehmen verwendet. Soweit die Anmelderin meint, der Begriff "Vorsorge" werde üblicherweise nicht mit dem Tod in Verbindung gebracht, und daraus den Schluss zieht, der Begriff "Trauervorsorge" würde vom Verkehr als phantasievolle Wortneuschöpfung aufgefasst, vermag der Senat sich dem nicht anzuschließen. Vielmehr wird in vielen Lebensbereichen von "Vorsorge" gesprochen (zB Altersvorsorge, Schwangerschaftsvorsorge, Daseinsvorsorge). Die angemeldete Marke enthält demgegenüber keine sinnwidrige Verwendung des Begriffs "Vorsorge", zumal Bestattungsunternehmen wie auch die Anmelderin damit werben. Darüber hinaus sind auch Wortneuschöpfungen, die ausschließlich aus beschreibenden Bestandteilen zusammengesetzt sind, regelmäßig nicht schutzfähig (vgl EuGH, MarkenR 2004, 111 - BIOMILD/Campina Melkunie).
Bestattungsunternehmen bieten heute vielfältige und in zunehmendem Maße eine umfassende Betreuung und Vorsorgedienstleistungen für den Todesund Trauerfall an, wobei sogar jemand zu Lebzeiten bereits für den Fall seines Ablebens vorsorgen kann, indem zum Beispiel die Einzelheiten der Bestattung und Grabpflege geklärt und deren Finanzierung sowie Abwicklung der Angelegenheiten Verstorbener und auch Familienangehöriger geregelt werden können. So kann ein Bestattungsunternehmen als Treuhänder fungieren, wenn zB keine Angehörigen zur Verfügung stehen, die im Trauerfall Entscheidungen treffen könnten. Im Trauerfall und damit auch im Falle der Vorsorge für den Trauerfall gibt es ein umfassendes Warenund Dienstleistungsangebot, das auch die im Beschwerdeverfahren noch zu beurteilenden Waren und Dienstleistungen umfasst.
"Waren aus Papier und Pappe" können "Sargausstattungen" betreffen und damit auch im Rahmen der Trauervorsorge eine Rolle spielen. Auch "Papier und Pappe" selbst können so beschaffen sein, dass sie besonders für Sargausstattungen oder für Druckaufträge usw im Trauerfall geeignet sind. "Druckereierzeugnisse" können für den Trauerfall hergestellt werden, zB Sterbebilder, oder die Trauervorsorge zum Inhalt haben. Auch "Photographien" können eine entsprechende Verwendung finden. So können zum Andenken Photographien des Verstorbenen, der Trauerfeier und der Grabstätte bestellt werden. "Lehrund Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate)" können dazu hergestellt und bestimmt sein, Mitarbeiter von Bestattungsunternehmen zu schulen oder auszubilden.
Die angemeldeten Dienstleistungen der Klasse 35 können die Trauervorsorge zum Gegenstand und Inhalt haben. So wird ständig in verschiedenen Medien für einschlägige Dienstleistungen "Werbung" gemacht. Für den Trauerfall können auch "Büroarbeiten, einschließlich Arbeitnehmerüberlassung auf Zeit, Aufstellung von Statistiken, Vermittlung und Abschluss von Handelsgeschäften für andere sowie von Verträgen über Anschaffung und Veräußerung von Waren, Buchführung, Ermittlung in Geschäftsangelegenheiten, Vervielfältigung von Dokumenten" angeboten werden, etwa wenn der Verstorbene einen eigenen Betrieb hat, der auch im Todesfall ohne Verzögerungen weitergeführt werden soll, oder Haushaltsabwicklungen vorzunehmen sind. Soweit dabei die Anmelderin hinsichtlich einzelner Dienstleistungen der Klasse 35 den Vermerk "ausgenommen für den Vorsorgebereich" aufgenommen hat, ändert dies nichts daran, dass der Verkehr in dem Begriff eine reine Sachangabe sieht, da er davon ausgeht, dass dieselben Dienstleistungen sowohl im Vorsorgefall als auch im Trauerfall angeboten werden. Er wird daher den angemeldeten Begriff nicht als Herkunftshinweis auffassen, wenn er ihm bei einem Bestattungsunternehmen nicht nur im Vorsorgefall, sondern auch im Trauerfall begegnet.
Die angemeldeten Dienstleistungen der Klasse 36 können ebenfalls im Rahmen der Trauervorsorge von Bestattungsunternehmen angeboten werden. So können in diesem Zusammenhang zB Treuhandverträge geschlossen werden oder Konten mit erheblichen Geldbeträgen zu betreuen sein, wobei auch die "Ausgabe von Kreditkarten" in Betracht kommt, bei deren Vertrieb Bestattungsunternehmen beteiligt sein könnten. Die Dienstleistung "Nachforschung in Geldangelegenheiten" kann von Bestattungsunternehmen ebenfalls im Rahmen eines Trauerfalls oder einer Trauervorsorge übernommen werden, wenn zB die Erben über die Vermögensund Versicherungsverhältnisse des Erblassers nicht informiert und Nachforschungen erforderlich sind.
Die Dienstleistungen "wissenschaftliche Forschung; Dienstleistungen eines Architekten; Erstellen von technischen Gutachten und Programmen für die Datenverarbeitung, letzteres ausgenommen für den Vorsorgebereich" können ebenfalls den Trauerfall zum Inhalt und Gegenstand haben, indem zB die wissenschaftliche Forschung sich mit der Frage befasst, wie Menschen mit dem Tod umgehen, Architekten Friedhöfe oder Friedhofsgebäude planen, technische Gutachten im Zusammenhang mit der Einrichtung von Grabstätten oder Krematorien benötigt werden und entsprechende Datenverarbeitungsprogramme erstellt werden. Soweit letztere Dienstleistung wiederum für den Vorsorgebereich ausgenommen ist, ändert dies nichts daran, dass der Verkehr auch dann die Bezeichnung "Trauervorsorge" als Sachangabe auffasst, da davon auszugehen ist, dass Programme, die für den Trauerfall erstellt werden, auch für den Vorsorgebereich von Bedeutung sein können und daher die Dienstleistungen so eng beieinander liegen, dass er die Angabe nicht als betrieblichen Herkunftshinweis auffasst, auch wenn im konkreten Fall das Programm nicht für den Vorsorgebereich erstellt wurde.
Entgegen der Auffassung der Anmelderin ist die bildliche Ausgestaltung nicht geeignet, das Schutzhindernis der mangelnden Unterscheidungskraft zu überwinden, da sie lediglich als Ausschmückung der schutzunfähigen Angabe wirkt (vgl BGH, GRUR 2001, 1153 -anti KALK). Zwar sind die Gepflogenheiten des Bestattungsgewerbes zu berücksichtigen, bei denen regelmäßig auf Seriosität und Pietät geachtet wird. Doch selbst wenn man diese berücksichtigt, kann nicht festgestellt werden, dass eine so geringe Ausgestaltung als Marke aufgefasst wird, zumal auch auffällige graphische Gestaltungen seriös und pietätvoll sein können. Soweit die Anmelderin die graphische Gestaltung dahin deutet, dass mit Hilfe der Vergrößerung des Anfangsund Endbuchstabens symbolisch der Anfang und das Ende des Lebens dargestellt werde und die Gesamtkombination den Beginn des Lebens hinübergleitend in das Ende des Lebens widerspiegele, kann dies die Schutzfähigkeit ebenfalls nicht begründen. In der Regel wird der Verkehr entsprechende Überlegungen gar nicht anstellen und den vorgetragenen Symbolgehalt nicht erkennen. Selbst wenn man sie ihm mitteilen sollte, besteht für ihn deshalb noch kein Anlass, in der vorliegenden einfachen, wenngleich gefälligen Gestaltung eine Marke zu sehen, zumal es zB bei Todesanzeigen, bei deren Gestaltung Bestattungsunternehmen ebenfalls mitwirken können, phantasievollere graphische Gestaltungen gibt.
Da der Eintragung der angemeldeten Marke für die beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen bereits das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft entgegensteht und die Beschwerde der Anmelderin bereits deshalb zurückzuweisen war, kann dahingestellt bleiben, ob und in welchem Umfang das angemeldete Zeichen diese Waren und Dienstleistungen auch unmittelbar beschreibt und daher auch das Schutzhindernis des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG der Eintragung entgegensteht.
Kliems Sredl Bayer Na
BPatG:
Beschluss v. 22.07.2004
Az: 25 W (pat) 25/03
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