Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg:
Beschluss vom 14. Dezember 1998
Aktenzeichen: 2 S 1457/98
(VGH Baden-Württemberg: Beschluss v. 14.12.1998, Az.: 2 S 1457/98)
Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung
Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Baden-Württemberg vom 14. Dezember 1998, Aktenzeichen 2 S 1457/98, wird in Bezug auf die Erschließungsanlage Forlenfeldstraße behandelt. Es ging um die Frage, wann eine Erschließungsanlage endgültig hergestellt ist und somit die Beitragspflicht entsteht. Die beklagte Gemeinde und die beigeladenen Eigentümer argumentierten, dass die Erschließungsanlage bereits 1975 mit Inkrafttreten des Bebauungsplans Forlenfeld vollständig hergestellt worden sei. Das Verwaltungsgericht kam jedoch zu dem Schluss, dass die Herstellung erst im Dezember 1991 erfolgte und somit vor diesem Zeitpunkt keine Beitragspflicht bestehen konnte.
Die Beigeladenen legten Beschwerde gegen das Urteil ein und machten den Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO geltend. Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg lehnte die Beschwerde jedoch ab und bestätigte die Entscheidung des Verwaltungsgerichts. Die Beigeladenen hatten keine ausreichenden Gründe vorgelegt, um ernsthafte Zweifel an der Richtigkeit des Urteils zu begründen.
Der Verwaltungsgerichtshof erklärte, dass die endgültige erstmalige Herstellung einer Erschließungsanlage nicht allein anhand des in der Satzung festgelegten Teileinrichtungsprogramms und des technischen Ausbauprogramms beurteilt werden kann. Es muss auch das auf die konkrete Einzelanlage bezogene Bauprogramm erfüllt sein, das bestimmt, welche flächenmäßigen Teileinrichtungen in welchem Umfang die gesamte Breite der Straße in Anspruch nehmen sollen. Ohne ein solches Bauprogramm fehlen ausreichende Anhaltspunkte für die Beantwortung der Frage, wann eine bestimmte Straße endgültig hergestellt ist. In diesem Fall waren die erforderlichen Teileinrichtungen der Forlenfeldstraße gemäß dem Bauprogramm aus dem Jahr 1968 und den zeichnerischen Darstellungen im Lageplan des Bebauungsplans Forlenfeld aus den Jahren 1966/67 bis 1991 nicht vollständig hergestellt worden.
Die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs handelt auch von anderen rechtlichen Aspekten wie der Verjährung der sachlichen Beitragspflicht und dem Abschluss von Bauprogrammen. Außerdem befasst sie sich mit der Frage des Mehrfachstreitwerts nach teilweiser Erledigung des Streitgegenstands. Der Verwaltungsgerichtshof änderte den Streitwert teilweise ab und entschied, dass die Kosten des erledigten Teils nicht zum reduzierten Streitwert hinzugerechnet werden dürfen.
Insgesamt bestätigte der Verwaltungsgerichtshof das Urteil des Verwaltungsgerichts und wies die Beschwerde der Beigeladenen ab. Die Entscheidung ist endgültig und nicht weiter anfechtbar.
Die Gerichtsentscheidung im Volltext:
VGH Baden-Württemberg: Beschluss v. 14.12.1998, Az: 2 S 1457/98
1. Eine Erschließungsanlage ist so lange nicht erstmalig endgültig hergestellt, wie nicht das für die flächenmäßigen Teileinrichtungen bestehende Bauprogramm erfüllt ist.
2. Nach teilweiser Erledigung der Hauptsache sind dem reduzierten Streitwert für die Zeit nach Abgabe der Teilerledigungserklärungen die auf den erledigten Teil des Rechtsstreits entfallenden Kosten nicht hinzuzurechnen.
Gründe
Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das genannte Urteil ist zulässig (§ 124a Abs. 1 VwGO), aber nicht begründet.
Die Beigeladenen wenden sich im einzelnen gegen die dem angegriffenen Urteil zugrundeliegende Rechtsauffassung. Der Senat geht zugunsten der Beigeladenen davon aus, daß sie damit, auch ohne ausdrückliche Bezeichnung, den Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO geltend machen. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung bestehen dann, wenn die im Zulassungsantrag geltend gemachten und dargelegten Gründe die Annahme rechtfertigen, daß eine überwiegende Wahrscheinlichkeit gegen die Richtigkeit des angegriffenen Urteils spricht (st.Rspr. des Senats, vgl. etwa den Beschluß vom 17.9.1997 - 2 S 1542/97; ferner Seibert, DVBl. 1997, 932ff.). Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben.
Die Beigeladenen berufen sich nach wie vor auf Festsetzungsverjährung. Sie meinen, die Forlenfeldstraße sei spätestens mit Inkrafttreten des Bebauungsplans Friedrichstal-Süd im Jahre 1984 endgültig hergestellt gewesen mit der Folge, daß auch die sachliche Beitragspflicht entstanden sei. Das gesamte Baugebiet Forlenfeld und auch die Forlenfeldstraße seien im Jahre 1975 als Erschließungseinheit endgültig hergestellt. Daran habe das teilweise Fehlen des Gehwegs und des Parkstreifens auf der bis dahin unbebauten Westseite nichts geändert. Nach dem ursprünglichen Bebauungsplan Forlenfeld habe die Forlenfeldstraße von Anfang an nicht auf voller Breite im hinteren Bereich ausgebaut werden sollen. Sicherlich sei geplant gewesen, bei einer späteren Erweiterung des Baugebiets diese Einrichtungen zu vervollständigen. Für das Plangebiet Forlenfeld sei der Ausbau der Westseite der Forlenfeldstraße nicht nötig gewesen. Erst der Bebauungsplan Friedrichstal-Süd habe eine Verlängerung der Forlenfeldstraße und die Überplanung der westlichen Grundstücksflächen vorgesehen. Die Verlängerung der Forlenfeldstraße habe nichts mit der Forlenfeldstraße selbst zu tun, sondern mit diesem zusätzlichen neuen Baugebiet. Die Forlenfeldstraße habe in ihrem Ausbauabschnitt entsprechend den Vorgaben des Bebauungsplans Forlenfeld alle für die bauliche Erschließung notwendigen Einrichtungen aufgewiesen. Richtigerweise hätte nach dem ersten Teilabschnitt eine Abrechnung erfolgen müssen. Im vorliegenden Fall habe es aber keine Teilabschnitte, sondern zwei selbständige Plan- und Baugebiete mit hierauf beruhenden Ausbauabschnitten der Forlenfeldstraße gegeben.
Dieses Vorbringen der Beigeladenen ist nicht geeignet, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils zu begründen. Es verkennt in mehrfacher Hinsicht die rechtlichen Zusammenhänge. Die zeitliche Abfolge der baulichen Entwicklung eines Gebiets auf der Grundlage mehrerer Bebauungspläne führt nicht ohne weiteres zu einer abschnittsweisen Zerlegung der Erschließungsanlage oder zur Beschränkung der "Erschließungseinheit" auf das jeweilige Baugebiet. Maßgebend ist insoweit nach der natürlichen Betrachtungsweise - und nur insoweit ist sie von Bedeutung - was als die einzelne Erschließungsanlage anzusehen ist. Ob eine einzelne Erschließungsanlage in Abschnitte untergliedert und abgerechnet wird bzw. mit anderen Erschließungsanlagen zu einer Erschließungseinheit zusammengefaßt wird, hängt von einer gesonderten Entscheidung der Gemeinde ab, die in ihrem Ermessen steht (§ 130 Abs. 2 BauGB). Derartige Ermessensentscheidungen hat die Klägerin für die Forlenfeldstraße nicht getroffen. Auch für die Frage der erstmaligen endgültigen Herstellung ist unerheblich, ob die einzelne Erschließungsanlage in einem Zug überplant wurde oder nicht. Eine Gemeinde kann die Planung so lange ändern, wie nicht die erstmalige endgültige Herstellung erfolgt ist.
Dem Verwaltungsgericht ist darin zuzustimmen, daß die erstmalige endgültige Herstellung der Forlenfeldstraße erst im Dezember 1991 erfolgt ist, mithin vor diesem Zeitpunkt die sachliche Beitragspflicht keinesfalls entstehen konnte. Das Verwaltungsgericht hat dabei zutreffend im Anschluß an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (s. dazu auch noch das Urteil vom 10.10.1995 - 8 C 13.94 -, DVBl. 1996, 379) zutreffend angenommen, daß die Frage der endgültigen erstmaligen Herstellung nicht allein anhand des in der Satzung festgelegten Teileinrichtungsprogramms und des dort ebenfalls festgelegten technischen Ausbauprogramms beantwortet werden kann. Vielmehr muß, und das hat die Widerspruchsbehörde nicht genügend beachtet, weiterhin das auf die konkrete Einzelanlage bezogene Bauprogramm erfüllt sein, das bestimmt, welche flächenmäßigen Teileinrichtungen in welchem Umfang die gesamte Breite der jeweiligen Straße in Anspruch nehmen sollen. Ohne ein solches Bauprogramm fehlt es an Anhaltspunkten für die Beantwortung der Frage, wann eine bestimmte Straße endgültig hergestellt im Sinne des § 133 Abs. 2 Nr. 1 BBauG/BauGB ist. Dieses Bauprogramm kann von der Gemeinde formlos aufgestellt sein und auch in mittelbaren Entscheidungen der Gemeinde zum Ausdruck kommen. Dem Verwaltungsgericht ist auch darin zuzustimmen, daß als Bauprogramm für die Forlenfeldstraße der vom Ingenieurbüro Irion auf Veranlassung der früheren Gemeinde Friedrichstal gefertigte Ausbauplan aus dem Jahre 1968 und die zeichnerischen Darstellungen im Lageplan zum Bebauungsplan Forlenfeld aus dem Jahre 1966/67 in Betracht kommen. Dabei kann dahinstehen, in welchem Verhältnis diese beiden Bauprogramme zueinander stehen. Denn die Forlenfeldstraße hat bis zum Jahre 1991 keinem dieser Bauprogramme voll entsprochen.
Der mit dem Aufbringen der Teerdecke 1978 zunächst abgeschlossene Ausbau beruhte auf dem Ausbauplan 1968, der eine Gesamtbreite der Straße von 14 m vorsah, wobei auf der Westseite außer einem 2 m breiten Parkstreifen noch ein zweiter Gehweg von 2,50 m Breite vorgesehen war. Beide Teileinrichtungen wurden unstreitig auf einer Länge von ca. 200 m entlang der Westseite seinerzeit nicht hergestellt. Damit war der Ausbauplan 1968 nicht eingehalten. Entsprechendes gilt für die zeichnerischen Darstellungen im Lageplan des Bebauungsplans Forlenfeld, der ebenfalls auf der Westseite mindestens einen 2 m breiten Gehweg vorgesehen hatte. Ob diese Abweichungen vom Bauprogramm als Minderausbau im Sinne von § 125 Abs. 3 Nr. 1 BBauG/BauGB gewertet werden könnten, ist im Zusammenhang mit der Frage nach der erstmaligen endgültigen Herstellung unerheblich. Daß die Klägerin zu einem späteren Zeitpunkt ihr Bauprogramm geändert hätte, ist nicht ersichtlich. Weder gibt es entsprechende Ausbaupläne noch Erklärungen der Klägerin, die als endgültiger Verzicht auf die Herstellung des westlichen Gehwegs und des Parkstreifens zu werten wären. Der Umstand, daß bei den Ausbauarbeiten 1975/1978 die Herstellung des Gehwegs und der Parkflächen unterblieb, reicht für eine derartige Annahme nicht aus. Das Vorgehen der früheren Gemeinde Friedrichstal erklärt sich zwanglos daraus, daß seinerzeit die Westseite der Forlenfeldstraße im südlichen Bereich noch an den Außenbereich grenzte. Die Beigeladenen tragen selbst vor, daß es wirtschaftlich sinnlos gewesen wäre, schon zum damaligen Zeitpunkt den Gehweg und die Parkflächen herzustellen. Sie räumen weiter ein, daß diese Teileinrichtungen bei späterem Fortschreiten der baulichen Entwicklung sicher geplant waren. Gegen eine Änderung des Bauprogramms spricht auch, daß schon der Bebauungsplan Forlenfeld jedenfalls einen Gehweg vorsah und daß der Bebauungsplan Friedrichstal-Süd diesen Gehweg beibehielt und zusätzlich einen Parkstreifen ausweist. Gehörte aber die Herstellung dieser Teileinrichtungen immer zum Bauprogramm für die Forlenfeldstraße, so war die erstmalige endgültige Herstellung erst mit der Fertigstellung dieser Teileinrichtungen im Jahre 1991 erreicht. Schon hieraus folgt, daß vor diesem Zeitpunkt Verjährung nicht eintreten konnte.
Tatsächlich ist die sachliche Beitragspflicht noch später entstanden, da die erstmalige endgültige Herstellung der Forlenfeldstraße zunächst nicht den Rechtmäßigkeitsanforderungen des § 125 BBauG/BauGB genügte. Das gilt zunächst, wie schon das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt hat, für die in den Jahren 1975/78 durchgeführten Herstellungsarbeiten, denen der Ausbauplan 1968 zugrunde lag. Dieser Ausbauplan sah eine Gesamtstraßenbreite von 14 m vor und wich damit von den insoweit verbindlichen Festsetzungen des Bebauungsplans Forlenfeld ab, der die Gesamtstraßenbreite auf lediglich 10 m festsetzte. Eine derartige planüberschreitende Abweichung würde die Rechtmäßigkeit der Herstellung nur unberührt gelassen haben, wenn die Klägerin seinerzeit die durch die Abweichung bedingten Mehrkosten definitiv nicht geltend gemacht hätte (vgl. Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 4. Aufl., § 19 Rdnr. 13). Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, daß die Klägerin seinerzeit eine derartige Erklärung abgegeben hätte. War hiernach die Herstellung der Forlenfeldstraße wegen des planwidrigen Abweichens vom Bebauungsplan rechtswidrig, so kommt es nicht mehr auf die Frage an, ob in dem Zurückbleiben hinter den Festsetzungen des Bebauungsplans durch vorläufigen Verzicht auf den vorgesehenen Gehweg eine Planunterschreitung lag, die mit den Grundzügen der Planung vereinbar war (vgl. § 125 Abs. 3 Nr. 1 BBauG/BauGB).
An der Rechtswidrigkeit der Herstellungsarbeiten hat auch das Inkrafttreten des Bebauungsplans Friedrichstal-Süd im Jahre 1984 nichts geändert. Zwar decken sich die Festsetzungen dieses Bebauungsplans, soweit er die Forlenfeldstraße erfaßt, mit dem Ausbauplan aus dem Jahre 1968; insbesondere ist jetzt die Gesamtstraßenbreite ebenfalls auf 14 m festgesetzt. Für den nördlichen Abschnitt der Forlenfeldstraße zwischen den beiden Grundstücken Flst.Nrn. 1616 und 1618 bis zur Einmündung in die Hindenburgstraße enthält der Bebauungsplan Friedrichstal-Süd jedoch keine Festsetzungen, so daß der dort vorhandene tatsächliche Ausbauzustand mit einer Gesamtbreite von 14 m weiterhin im Widerspruch zu dem insoweit nach wie vor maßgeblichen Bebauungsplan Forlenfeld steht. Mit dem Verwaltungsgericht ist davon auszugehen, daß erst die Erklärung der Klägerin im Schriftsatz vom 26.3.1998, daß sie die Kosten des planwidrigen Mehrausbaus nicht geltend mache, dazu geführt hat, daß die Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen des § 125 Abs. 3 Nr. 2 BBauG/BauGB nunmehr vorliegen. Erst zu diesem Zeitpunkt ist deshalb die sachliche Beitragspflicht entstanden, weshalb eine Festsetzungsverjährung von vornherein nicht in Betracht kommt. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht auch entschieden, daß bei dieser Sachlage auch eine Verwirkung des Beitragsanspruchs ausscheidet.
Die weiterhin erhobene Divergenzrüge (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) ist unzulässig, da sie nicht den Darlegungsanforderungen genügt. Der Antrag gibt schon nicht den das erstinstanzliche Urteil tragenden abstrakten Rechtssatz an und zeigt nicht auf, daß dieser von einem in der Rechtsprechung der in § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO genannten Gerichte in Anwendung derselben Rechtsvorschrift aufgestellten ebensolchen Rechtssatz abweicht; dabei ist die Gegenüberstellung der voneinander abweichenden Rechtssätze unverzichtbar (vgl. BVerwG, Beschluß vom 20.12.1995 - 6 B 35.95 -, NVwZ-RR 1996, 712 zu §§ 133 Abs. 2 Nr. 2, 133 Abs. 3 S. 3 VwGO und Happ in Eyermann, VwGO, 10. Aufl., Anm. 7 zu § 124a). Zudem beziehen sich die angeführten Entscheidungen, worauf die Klägerin zutreffend hinweist, auf die Frage, wann ein planunterschreitender Ausbau mit den Grundzügen der Planung vereinbar ist. Diese Frage war jedoch für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts unerheblich.
Auch der gerügte Verfahrensmangel (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) liegt nicht vor. Weder ist die Tenorierung des verwaltungsgerichtlichen Urteils fehlerhaft noch verstößt sie gegen die Systematik des § 113 VwGO. Da Gegenstand der Klage ausschließlich der Widerspruchsbescheid des Landratsamts Karlsruhe war (§ 79 Abs. 1 Nr. 2 VwGO), mit dem die gegen die Beigeladenen erlassenen Erschließungsbeitragsbescheide in vollem Umfang aufgehoben worden waren, hatte die in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht von den Vertretern der Klägerin vorgenommene teilweise Änderung der Ausgangsbescheide keinen Einfluß auf den Streitgegenstand. Nach wie vor hatte das Verwaltungsgericht auf die Klage der Gemeinde nur darüber zu entscheiden, ob der Widerspruchsbescheid ganz oder teilweise rechtswidrig war. Insoweit unterscheidet sich die vorliegende Fallgestaltung von der Anfechtungsklage gegen die Beitragsbescheide; hier hätte die Reduzierung der Beitragshöhe zu einer teilweisen Erledigung geführt. Zu Unrecht befürchten die Beigeladenen Rechtsunsicherheit über den Inhalt der Beitragsbescheide. Dieser erschließt sich ohne weiteres aus den in der mündlichen Verhandlung vom 7.4.1998 zu Protokoll des Verwaltungsgerichts erklärten Abänderungen der Bescheide. Davon ist auch das Verwaltungsgericht ausgegangen (Urteilsabdruck S. 19).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf §§ 25 Abs. 1, 14 Abs. 3, 13 Abs. 2 GKG. Der Senat hielt es für geboten, den Streitwertbeschluß des Verwaltungsgerichts von Amts wegen teilweise abzuändern (§ 25 Abs. 2 S. 2 VwGO), soweit die Festsetzung des Streitwerts nach Abgabe teilweiser Erledigungserklärungen betroffen ist. Das Verwaltungsgericht hätte den reduzierten Streitwert nicht um die anteiligen Kosten des erledigten Teils erhöhen dürfen (für das Zivilrecht ebenso: OLG Frankfurt, Beschluß vom 12.7.1983; Rechtspfleger 1983, 504 mit Nachw. aus der zivilrechtlichen Rspr. und Literatur zum Streitstand; Thomas-Putzo, 20. Aufl. 1997, § 91a Rdnr. 58 unter Hinweis auf BGH, NJW-RR 95, 1089 m.w.N.). Das Kosteninteresse spielt nur eine Rolle für die Ermittlung des Streitwerts, wenn die Hauptsache in vollem Umfang übereinstimmend für erledigt erklärt wird und lediglich ein Beschluß nach § 161 Abs. 2 VwGO ergeht, für den eine selbständige Gerichtsgebühr anfällt (Anlage 1 zu § 11 Abs. 1 GKG Nr. 2118). Da bei teilweiser Erledigung kein Beschluß nach § 161 Abs. 2 VwGO ergeht, vielmehr in dem Urteil einheitlich auch über die Kosten des erledigten Teils entschieden wird, ist die zusätzliche Berücksichtigung des Kosteninteresses bei der Streitwertfestsetzung für die Bemessung der Gerichtsgebühren nicht geboten. Dementsprechend sieht das Gerichtskostengesetz auch nur eine Urteilsgebühr vor (Anlage 1 zu § 11 Abs. 1 GKG Nr. 2115), wobei für die Ermittlung des Streitwerts der Zeitpunkt der die Instanz einleitenden Antragstellung entscheidend ist (§ 15 GKG). Eine Differenzierung des Streitwerts für die Zeit vor bzw. nach Erledigung ist mithin nur im Hinblick auf die möglicherweise verdiente Erledigungsgebühr des Rechtsanwalts (§ 24 BRAGO) von Bedeutung. Diese richtet sich nach dem Umfang der Erledigung, der durch den Ausgangsstreitwert und den Reststreitwert bezeichnet wird. Da mit der Erledigungsgebühr die Bemühung des Rechtsanwalts um eine unstreitige Beilegung des Rechtsstreits honoriert werden soll, wäre es nicht sachgerecht, die Differenz zwischen Ausgangsstreitwert und Reststreitwert durch Erhöhung des letzteren um das Kosteninteresse des erledigten Teils zu verringern mit der Folge, daß auch die Erledigungsgebühr geringer ausfiele. Im übrigen spricht auch der erhebliche Aufwand bei der Ermittlung des Kosteninteresses gegen dessen Berücksichtigung.
Dieser Beschluß ist unanfechtbar.
VGH Baden-Württemberg:
Beschluss v. 14.12.1998
Az: 2 S 1457/98
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