Bundesgerichtshof:
Beschluss vom 9. Oktober 2003
Aktenzeichen: VII ZB 9/02

(BGH: Beschluss v. 09.10.2003, Az.: VII ZB 9/02)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Der Bundesgerichtshof hat in einem Beschluss über Restwerklohnansprüche entschieden. Die Parteien hatten sich in der Berufungsinstanz verglichen und auch bisher nicht anhängige Ansprüche miteinbezogen. Gemäß der Kostenregelung im Vergleich trägt der Kläger zwei Drittel der Kosten und der Beklagte ein Drittel. Der Mehrwert des Vergleichs wurde auf einen bestimmten Betrag festgesetzt. Der Kläger meldete zur Kostenausgleichung einen bestimmten Betrag an, aber der Rechtspfleger des Landgerichts hat nur einen Teilbetrag berücksichtigt. Der Unterschied beruht auf der unterschiedlichen Berechnung der Vergleichsgebühr für die nicht anhängigen Ansprüche. Der Kläger hat eine bestimmte Gebühr angemeldet, während der Rechtspfleger des Landgerichts eine andere Gebühr anerkannte. Die Differenz ergibt sich aus der Berechnung der Vergleichsgebühr sowohl für die anhängigen als auch für die nicht anhängigen Ansprüche. Der Kläger legte erfolglos eine sofortige Beschwerde ein. Gegen den Beschuss des Oberlandesgerichts richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde des Klägers. Die zulässige Rechtsbeschwerde wurde jedoch vom Bundesgerichtshof zurückgewiesen. Die Vergleichsgebühr für den nicht anhängigen Teil des Vergleichs wurde richtig auf einen bestimmten Betrag festgesetzt. Laut Gesetz erhält der Rechtsanwalt für seine Mitwirkung bei einem Vergleich 15/10 der vollen Gebühr, jedoch nur in Höhe einer vollen Gebühr, wenn über den Gegenstand des Vergleichs ein gerichtliches Verfahren anhängig ist. Eine bestimmte Ansicht in Rechtsprechung und Literatur besagt, dass sich die Gebühr für einen Vergleich über nicht anhängige Ansprüche aus einer um 3/10 erhöhten Gebühr errechnet. Der Bundesgerichtshof teilt diese Ansicht jedoch nicht. Die Vergleichsgebühr wird nicht erhöht, wenn im Berufungsverfahren ein Vergleich über nicht anhängige Ansprüche geschlossen wird. Die Privilegierung von Vergleichen über nicht anhängige Ansprüche steht in keinem Zusammenhang mit den Besonderheiten des Berufungsverfahrens. Durch diese Regelung soll das Bemühen des Rechtsanwalts gefördert werden, Streitigkeiten außergerichtlich zu klären.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BGH: Beschluss v. 09.10.2003, Az: VII ZB 9/02


Tenor

Die Rechtsbeschwerde des Klägers gegen den Beschluß des 8. Zivilsenates des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 28. Februar 2002 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 1202,18esetzt.

Gründe

I.

Die Parteien haben über Restwerklohnansprüche der Gemeinschuldnerin gestritten. In der Berufungsinstanz haben sich die Parteien verglichen und dabei auch bislang nicht anhängige Ansprüche einbezogen. Nach der Kostenregelung im Vergleich hat von den Kosten des Rechtsstreits der Kläger zwei Drittel, der Beklagte ein Drittel zu tragen. Den Mehrwert des Vergleichs hat das Berufungsgericht auf 100.000 DM festgesetzt.

Zur Kostenausgleichung hat der Kläger ohne Nebenkosten 23.123,75 DM angemeldet. Der Rechtspfleger des Landgerichts hat im Kostenfestsetzungsbeschluß hiervon nur 20.772,50 DM berücksichtigt.

Die Differenz beruht auf der unterschiedlichen Berechnung der Vergleichsgebühr für die einbezogenen, nicht anhängigen Ansprüche gemäß § 23 Abs. 1 S. 1 BRAGO. Während der Kläger eine 19,5/10 - Gebühr zur Ausgleichung angemeldet hat, hat der Rechtspfleger des Landgerichts lediglich eine 15/10 -Gebühr angesetzt. Nach Addition der 13/10 -Vergleichsgebühr für die anhängigen Ansprüche und unter Berücksichtigung der Obergrenze des § 13 Abs. 3 BRAGO ergab sich - ohne Berücksichtigung der Quote des Unterliegens -nach der Berechnung des Klägers eine Vergleichsgebühr in Höhe von 10.181,75 DM, nach derjenigen des Landgerichts eine solche in Höhe von 7.873,50 DM.

Die sofortige Beschwerde des Klägers blieb erfolglos. Gegen den die sofortige Beschwerde zurückweisenden Beschluß des Oberlandesgerichts richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde des Klägers.

II.

Die zulässige Rechtsbeschwerde ist nicht begründet. Zu Recht haben Landgericht und Oberlandesgericht für den mit verglichenen, nicht anhängigen Teil des Vergleichs eine 15/10 - Gebühr angesetzt.

Nach § 23 Abs. 1 Satz 1 BRAGO erhält der Rechtsanwalt für die Mitwirkung beim Abschluß eines Vergleichs 15/10 der vollen Gebühr. § 23 Abs. 1 Satz 3 BRAGO regelt, daß der Rechtsanwalt die Vergleichsgebühr nur in Höhe einer vollen Gebühr erhält, soweit über den Gegenstand des Vergleichs ein gerichtliches Verfahren anhängig ist. Dem will eine Ansicht in Rechtsprechung und Literatur entnehmen, daß sich die Gebühr für einen Vergleich in der Berufungsinstanz über einen nicht anhängigen Gegenstand aus der um 3/10 erhöhten Gebühr gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3 BRAGO errechnet (vgl. statt aller N. Schneider MDR 2001, 235 mit weiteren Nachweisen zur Rechtsprechung der Oberlandesgerichte).

Der Senat teilt diese Ansicht nicht. Die Vergleichsgebühr ist nicht nach § 11 Abs. 1 Satz 4 BRAGO zu erhöhen, sofern im Berufungsverfahren ein Vergleich über nicht anhängige Ansprüche geschlossen wird (BGH, Beschluß vom 17. September 2002 - XI ZB 9/02, NJW 2002, 3712). Die erhöhte Gebühr im Berufungsverfahren rechtfertigt sich daraus, daß das Gesetz eine besondere Schwierigkeit und Bedeutung der Gegenstände vermutet, die in der ersten Instanz nicht erledigt werden konnten. Bei nicht anhängigen Gegenständen besteht für eine derartige Vermutung kein Anlaß. Die gebührenrechtliche Privilegierung von Vergleichen über nicht anhängige Gegenstände in § 23 Abs. 1 BRAGO steht in keinem Zusammenhang mit den Besonderheiten des Berufungsverfahrens. Durch die Regelung soll das Bemühen des Rechtsanwalts gefördert werden, Streitigkeiten ohne Inanspruchnahme des Gerichts durch gütliche Einigung zu erledigen. Diesem Zweck wird auch ohne die sonst im Berufungsverfahren vorgesehene 3/10 -Erhöhung ausreichend Rechnung getragen (BGH aaO).

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

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BGH:
Beschluss v. 09.10.2003
Az: VII ZB 9/02


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