Bundespatentgericht:
Beschluss vom 14. Juli 2004
Aktenzeichen: 28 W (pat) 157/02
(BPatG: Beschluss v. 14.07.2004, Az.: 28 W (pat) 157/02)
Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung
Das Bundespatentgericht hat in einem Beschluss vom 14. Juli 2004 (Aktenzeichen 28 W (pat) 157/02) über eine Beschwerde einer Anmelderin entschieden. In der Beschwerde ging es um die Eintragung einer Marke für medizinische Geräte zur Massage von Armen und Beinen. Das Deutsche Patent- und Markenamt hatte die Anmeldung aufgrund mangelnder Unterscheidungskraft abgelehnt. Die Markenstelle argumentierte, dass die angemeldete Wortmarke lediglich beschreibend sei und keinen betriebskennzeichnenden Hinweis enthalte. Die Anmelderin legte Beschwerde ein und argumentierte, dass die Wortmarke keine unmittelbare Beschreibung der Waren enthalte und daher nicht gegen das Freihaltungsbedürfnis verstoße. Das Bundespatentgericht holte Stellungnahmen von verschiedenen Fachkreisen ein und kam zu dem Schluss, dass weder das Freihaltebedürfnis noch das der fehlenden Unterscheidungskraft der Eintragung entgegenstehen. Das Gericht stellte fest, dass es keine konkreten Anhaltspunkte für einen beschreibenden Gebrauch der Wortkombination gibt und auch kein Freihaltungsbedürfnis für Mitbewerber besteht. Zudem fehlt es an entsprechenden Feststellungen zur Unterscheidungskraft. Damit wurde der Beschwerde der Anmelderin stattgegeben.
Die Gerichtsentscheidung im Volltext:
BPatG: Beschluss v. 14.07.2004, Az: 28 W (pat) 157/02
Tenor
Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der mit Zustellungsschreiben vom 15. Mai 2002 übersandte datumslose Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes - Markenstelle für Klasse 10 - aufgehoben.
Gründe
I.
Angemeldet zur Eintragung in das Markenregister ist die Wortfolge PHLEBO PRESS als Kennzeichnung für die Waren
"Medizinische Geräte zur Massage von Armen und Beinen; medizinische Geräte zur apparativen intermittierenden Kompression; Druckmanschetten für vorgenannte Geräte; Kompressionspumpen; orthopädische Artikel".
Die Markenstelle für Klasse 10 hat die Anmeldung wegen mangelnder Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die angemeldete Wortmarke beschreibe die beanspruchten Waren lediglich dahingehend, dass durch sie Druck auf die Venen ausgeübt werde. Zumindest Fachleute, aber auch medizinisch interessierte Laien würden den Sinngehalt von "Phlebo" mit der Bedeutung von "Vene(n)" und "press" (= drücken, pressen) erkennen und der Wortfolge keinen betriebskennzeichnenden Hinweis entnehmen. Deshalb könne dahinstehen, ob der Wortfolge auch ein Freihaltungsbedürfnis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegenstehe.
Mit der hiergegen gerichteten Beschwerde verfolgt die Anmelderin ihr Begehren auf Eintragung weiter und macht geltend, dass die angemeldete Marke keine unmittelbare Beschreibung der beanspruchten Waren, insbesondere keine Bestimmungsangabe enthalte. Vielmehr würden die hier betroffenen Fachkreise an der sprachunüblichen Kombination der Einzelwörter ohne weiteres die mangelnde Fachworteigenschaft erkennen, so dass weder ein Freihaltungsbedürfnis noch ein Mangel der Unterscheidungskraft festgestellt werden könne.
Der Senat hat bei verschiedenen Fachkreisen um Stellungnahme zu der Frage gebeten, ob aus der Sicht der beteiligten Verkehrskreise (Endabnehmer, Händler oder Hersteller) die hier betroffene Wortfolge als bloßer Sachhinweis auf "Venendruckgeräte" verstanden würden, mit deren Hilfe Druck auf Blutgefäße ausgeübt würde, und ob sie dafür auch benötigt würde. Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet. Der begehrten Eintragung in das Markenregister steht weder das Eintragungshindernis des Freihaltebedürfnisses (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG) noch das der fehlenden Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) entgegen.
1. An der angemeldeten Marke besteht in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen kein Freihaltebedürfnis im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, denn es ist nicht ersichtlich, dass sie als konkrete Angabe über wesentliche Eigenschaften der unter dieser Marke angebotenen Waren dienen könnte und deswegen für die Mitbewerber der Anmelderin freigehalten werden müsste.
Um eine Marke von der Eintragung auszuschließen - auf die nach § 33 Abs. 2 S. 2 MarkenG ein Anspruch besteht, so dass Zweifel letztlich zugunsten der Anmeldung zu werten sind - bedarf es konkreter Anhaltspunkte dafür, dass sich eine Wortfolge ausschließlich und unzweideutig zur Beschreibung der Waren eignet. Die bloße Vermutung oder Möglichkeit, dass eine Marke in einem bestimmten Sinn verstanden wird und sich daraus ein warenbeschreibender Bezug ergeben könnte, genügt nicht.
Im vorliegenden Fall konnte hinsichtlich der hier streitigen Waren ein beschreibender Gebrauch der Wortkombination im Inland nicht belegt werden.
Wörterbücher und Fachlexika weisen keinen entsprechenden Eintrag auf. Es gibt zwar eine Reihe von Fachwörtern mit dem Bestandteil "Phlebo" (vgl. Duden, Wörterbuch medizinischer Fachausdrücke, S. 581), jedoch nicht die vorliegende Wortkombination. Die von der Markenstelle herangezogenen Belege enthalten ebenfalls keine unmittelbar beschreibende Verwendung der als Marke beanspruchten Wortkombination. Auch die Feststellungen des Senats gehen über diesen Sachstand nicht hinaus, abgesehen von rein markenmäßigen Verwendungen. Die von der Markenstelle zugrunde gelegte beschreibende Bedeutung "Venen drücken, Venendruck" ist nicht zwingend und allenfalls über mehrere analysierende Gedankenschritte nachvollziehbar, was für die erforderliche Unmittelbarkeit einer Angabe über die Bestimmung oder einen sonstigen wesentlichen Umstand nicht ausreicht. Im übrigen ist auch nicht ersichtlich, dass eine solche Angabe für die Mitbewerber freigehalten werden müsste. Gegen eine solche Betrachtung sprechen die auf die vom Senat eingeleitete Verbandsanfrage eingegangenen Stellungnahmen mit unmissverständlicher Klarheit. Die beiden antwortenden Fachkreise - Berufsverband der Lymphologen e.V. und Fachklinik für Lymphologie - halten die Wortfolge für keinen eindeutig beschreibenden Hinweis für die beanspruchten Geräte, sondern allenfalls die unterstellte Bedeutung für eine denkbare Auslegung. Dementsprechend wird auch einhellig ein Interesse an der freien Verwendung der Wortfolge - auch für die Zukunft - verneint.
Ein Freihaltungsbedürfnis scheidet unter diesen Umständen aus, zumal auch zweifelhaft ist, ob ein beschreibender Sinngehalt vom Verkehr überhaupt erkannt wird, nachdem für die Geräte andere Fachwörter zur Verfügung stehen. Dass sich der mögliche warenbeschreibende Sinn einer Marke aber erst nach mehreren Überlegungen und gedanklichen Konstruktionen erschließt, genügt nicht den Erfordernissen einer unzweideutigen und unmittelbar beschreibenden Angabe, zumal diese nicht als Fachwort nachweisbar ist. Vielmehr können die Interessen von Mitbewerbern, die die streitige Wortfolge - etwa an einem Warenstand oder auf einer Preisliste - in beschreibender Weise verwenden, durch eine sachgerechte Anwendung des § 23 MarkenG geschützt werden.
2. Für eine Verneinung der Unterscheidungskraft fehlt es ebenfalls an entsprechenden Feststellungen, zumal jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft ausreicht, um das Schutzhindernis zu überwinden. Kann einer Wortmarke kein für die fraglichen Waren im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsgehalt zugeordnet werden und handelt es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen Sprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, gibt es keinen Anhalt dafür, dass ihr die Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt. Gerade die unklare oder zumindest nicht ohne weiteres erkennbare beschreibende Bedeutung der Wortfolge rechtfertigt die Annahme einer ausreichenden Originalität.
Im vorliegenden Fall ist bereits zweifelhaft, ob die beteiligten Verkehrskreise die Marke überhaupt auf die Ware beziehen oder sie eher für einen Fantasiebegriff halten. Aber selbst dann ergibt sich im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren kein so klarer Sinngehalt, der die Annahme rechtfertigt, die Bezeichnung werde nicht als Betriebshinweis verstanden.
Nach alledem musste die Beschwerde der Anmelderin Erfolg haben.
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BPatG:
Beschluss v. 14.07.2004
Az: 28 W (pat) 157/02
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