Bundespatentgericht:
Beschluss vom 20. Juli 2009
Aktenzeichen: 27 W (pat) 122/08
(BPatG: Beschluss v. 20.07.2009, Az.: 27 W (pat) 122/08)
Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung
Das Bundespatentgericht hat entschieden, dass die Beschlüsse der Markenstelle des Deutschen Patentund Markenamts vom 27. März 2007 und vom 7. Juli 2008 insoweit aufgehoben werden, als die Marke 304 66 476.6 gelöscht wurde.
Gegenüber der am 23. November 2004 angemeldeten und am 18. Januar 2005 für verschiedene Warenklassen eingetragene farbige (gelb, orange, blau, weiß, schwarz) Wort-Bild-Marke 304 66 476 Klasse 32, 33, 34 und 43 hat die Widersprechende, Inhaberin der am 22. Januar 1991 angemeldeten Wortmarke 2 100 302 "der mit dem Fuchs" Widerspruch eingelegt. Die Widerspruchsmarke ist für Weine, Schaumweine, weinhaltige Getränke, Spirituosen eingetragen.
Das Bundespatentgericht hat festgestellt, dass die Widersprechende nicht glaubhaft gemacht hat, dass ihre Marke innerhalb von fünf Jahren vor der Veröffentlichung der Eintragung des angegriffenen Zeichens und innerhalb der letzten fünf Jahre benutzt wurde. Daher wird der Widerspruch für den Zeitraum nach den genannten Bestimmungen abgewiesen.
Zur Frage der Verwechslungsgefahr zwischen den beiden Marken hat das Bundespatentgericht entschieden, dass trotz teilweiser Warenidentität und durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke keine Gefahr von Verwechslungen besteht. Die Marken unterscheiden sich ausreichend in ihrer bildlichen Gestaltung. Zudem unterscheiden sie sich im Klang deutlich.
Das Bundespatentgericht hat außerdem festgestellt, dass keine mittelbare Verwechslungsgefahr besteht, da es nicht erkennbar ist, dass die Widersprechende das Publikum an eine Markenserie mit dem Wort "Fuchs" gewöhnt hat. Es fehlen auch Anhaltspunkte für eine gedankliche Verbindung zwischen den Marken oder eine Verwechslungsgefahr aufgrund einer Übereinstimmung im Sinngehalt.
Die Rechtsbeschwerde wurde nicht zugelassen, da der Senat auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsprechung über einen Einzelfall entschieden hat. Es besteht kein Anlass für eine Kostenauferlegung aus Billigkeit.
(Diese Inhaltsangabe ist keine rechtliche Beratung und dient ausschließlich zu Informationszwecken.)
Die Gerichtsentscheidung im Volltext:
BPatG: Beschluss v. 20.07.2009, Az: 27 W (pat) 122/08
Tenor
Die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 43 des Deutschen Patentund Markenamts vom 27. März 2007 und vom 7. Juli 2008 werden insoweit aufgehoben, als die Marke 304 66 476.6 gelöscht wurde.
Gründe
I Gegen die am 23. November 2004 angemeldete und am 18. Januar 2005 für eingetragene farbige (gelb, orange, blau, weiß, schwarz) Wort-Bild-Marke 304 66 476 Klasse 32: Biere, Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wasser und anderealkoholfreie Getränke, Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe undandere Präparate für die Zubereitung von Getränken Klasse 33: alkoholische Getränke (ausgenommen Biere)
Klasse 34: Tabak; Raucherartikel; Streichhölzer Klasse 43: Dienstleistungen zur Verpflegung von Gästenhat die Widersprechende am 3. Mai 2005 aus ihrer am 22. Januar 1991 angemeldeten Wortmarke 2 100 302
... der mit dem Fuchsdie seit 9. Januar 1996 für Weine, Schaumweine, weinhaltige Getränke, Spirituosen eingetragen ist, Widerspruch hinsichtlich aller Waren und Dienstleistungen der Klassen 32, 33 (ausgenommen Biere) und 43 eingelegt.
Die Markenstelle hat auf den Widerspruch hin mit Beschluss vom 27. März 2007 das angegriffene Zeichen für Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wasser und andere alkoholfreie Getränke, Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken; alkoholische Getränke (ausgenommen Biere); Dienstleistungen zur Verpflegung von Gästengelöscht. Dazu ist ausgeführt, es bestehe eine teilweise enge und im Übrigen mittlere Warenähnlichkeit. Zu den Dienstleistungen bestehe eine durchschnittliche Ähnlichkeit. Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sei ebenfalls durchschnittlich. "Fuchs" sei in beiden Marken prägend. "Trink" sei im Zusammenhang mit den Angeboten ein anpreisender Sachhinweis.
Die dagegen eingelegte Erinnerung des Inhaberin des angegriffenen Zeichens hat die Markenstelle mit Beschluss vom 7. Juli 2008 zurückgewiesen und dazuu. a. ausgeführt, "Trinkfuchs" sei anders als "Sparfuchs" oder "Ratefuchs" kein einheitlicher Begriff, zumal bei Trinken kein Zusammenhang zur sprichwörtlichen Schläue der Füchse bestehe.
Die Inhaberin des angegriffenen Zeichens hat am 30. Juli 2008 Beschwerde eingelegt. Sie ist der Auffassung, beide Marken bildeten Gesamtheiten. "Trink" werde nicht als Imperativ verstanden, ein Produkt "Fuchs" zu trinken. Die Benutzung der Widerspruchsmarke werde bestritten.
Die Widersprechende beantragt sinngemäß, die Beschlüsse der Markenstelle aufzuheben, soweit ihre Marke darin gelöscht wurde.
Demgegenüber beantragt die Widersprechende, die Beschwerde zurückzuweisen.
Nachdem die Widersprechende erklärt hatte, zur mündlichen Verhandlung am 20. Juli 2009 nicht zu erscheinen, wurde der Termin abgesetzt.
II 1) Die statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg.
a) Die Inhaberin des angegriffenen Zeichens hat die Benutzung der 1996 eingetragenen Widerspruchsmarke im Beschwerdeverfahren gemäß § 43 Abs. 1 Sätze 1 und 2, § 26 Abs. 5, § 114 Abs. 1, § 116 Abs. 1 MarkenG zulässigerweise bestritten. Die Erklärung, eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke werde bestritten, ist als zulässige Erhebung der beiden Nichtbenutzungseinreden gemäß § 43 Abs. 1 Sätze 1 und 2 MarkenG zu verstehen. In allen Fällen, in denen -wie hier -die Voraussetzungen einer Einrede nach § 43 Abs. 1 Satz 1 MarkenG gegeben sind, sind zugleich die Voraussetzungen einer Einrede nach § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG erfüllt (vgl. BGH GRUR 1999, 54 -Holtkamp).
Demnach oblag es der Widersprechenden, glaubhaft zu machen, dass ihre Marke innerhalb von fünf Jahren vor der Veröffentlichung der Eintragung des angegriffenen Zeichens sowie innerhalb der letzten fünf Jahre gemäß § 26 MarkenG benutzt worden ist (§ 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG). Dies hat die Widersprechende allenfalls für weitere von ihr benutzte "Fuchsmarken" bzw. für Tabak oder für Zeiträume vor Juli 2004 getan, so dass mangels jeder Glaubhaftmachung für den Zeitraum nach § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG der Widerspruch zurückzuweisen ist.
b) Nach den Grundsätzen zur Verwechslungsgefahr im markenrechtlichen Sinn, wonach zwischen den für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr maßgeblichen Faktoren, Ähnlichkeit der Marken und der mit ihnen gekennzeichneten Waren bzw. Dienstleistungen, Kennzeichnungskraft der älteren Marke sowie Art und Aufmerksamkeit des beteiligten Publikums, eine Wechselwirkung besteht, ist vorliegend trotz teilweiser Warenidentität und durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke auch keine Gefahr von Verwechslungen gegeben.
Die Widerspruchsmarke hat eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft. Dass ein "Fuchs" als Symbol für "Schläue" stehen kann, klingt in "... der mit dem Fuchs" zwar an, mindert die Kennzeichnungskraft aber nicht entscheidend.
Bildlich unterscheiden sich die Marken aufgrund der graphischen Gestaltung des angegriffenen Zeichen dennoch ausreichend. Die Graphik beherrscht das angegriffene Zeichen zwar nicht derart, dass der Wortbestandteil dahinter völlig zurücktritt. Eine Benennung allein mit "Fuchs" ist dadurch aber nicht vorgegeben.
Das angegriffene Zeichen ist zwar keine reine Bildmarke, bei der eine Verwechslungsgefahr wegen klanglicher Zeichenähnlichkeit nicht in Betracht käme (BGH GRUR 2006, 60, III.4.e - Coccodrillo), aber der Wortbestandteil "Trink Fuchs" unterscheidet sich im Klang deutlich von "(der mit dem) Fuchs".
c) Es kommt auch eine mittelbare Verwechslungsgefahr nicht in Betracht. Diese Art der Verwechslungsgefahr wäre gegeben, wenn die Verbraucher zwei an sich unterschiedliche Marken wegen eines gemeinsamen charakteristischen Bestandteils demselben Anbieter zuordnen. Das kann der Fall sein, wenn der Inhaber der älteren Marke bereits mit dem entsprechenden Wortstamm als Bestandteil mehrerer eigener entsprechend gebildeter Marken aufgetreten ist (BGH GRUR 2002, 542, 544 - big; GRUR 2002, 544, 547 - Bank 24; BPatG GRUR 2002, 345, 346 - Astro Boy / Boy). Vorliegend ist jedoch nicht erkennbar, dass die Widersprechende das Publikum an eine Markenserie mit unterschiedlichen Bezügen zu dem Wort "Fuchs" als Stammbestandteil gewöhnt hat. Auch vom Bild her ist kein Stammbestandteil auszumachen. Die Benutzungsunterlagen für andere Wortmarken der Widersprechenden zeigen Bilder, die dem des angegriffenen Zeichens nicht entsprechen.
Auch für eine sonstige gedankliche Verbindung im Sinn von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG fehlen durchgreifende Anhaltspunkte. Die bloße Möglichkeit einer gedanklichen Verbindung zwischen den Marken führt noch nicht zu einer solchen Verwechslungsgefahr. Der Begriff der gedanklichen Verbindung stellt keine Alternative zum Begriff der Verwechslungsgefahr dar, sondern bestimmt dessen Umfang nur näher, so dass es nicht zur Begründung einer markenrechtlich relevanten Verwechslungsgefahr ausreicht, wenn das Publikum lediglich eine rein assoziative gedankliche Verbindung zwischen den Marken herstellt, weil die Wahrnehmung der einen Marke die Erinnerung an die andere Marke weckt, beide aber nicht miteinander verwechselt (vgl. EuGH GRUR 1998, 387, 389 - Sabel / Puma). Beide Marken enthalten zwar Hinweise auf Füchse. Die Übereinstimmung darin reicht aber nicht aus, eine Verwechslungsgefahr anzunehmen, da die Verbraucher bei den gegebenen Unterschieden die jüngere Marke nicht irrtümlich der Inhaberin der älteren Marke zuordnen oder auf Grund dieser Umstände auf sonstige wirtschaftliche oder organisatorische Verbindungen zwischen den Markeninhabern schließen.
Eine Gefahr der Verwechslung der beiden Marken ist auch nicht wegen einer Übereinstimmung im Sinngehalt gegeben. Zwischen einer Wort-/Bildmarke und einer Wortmarke kann zwar eine Verwechslungsgefahr wegen einer Übereinstimmung im Bedeutungsgehalt der Zeichen bestehen. Voraussetzung wäre, dass das übereinstimmende Wort aus der Sicht der angesprochenen Verbraucher die naheliegende, ungezwungene und erschöpfende Bezeichnung des Bildes bzw. der Marke ist (vgl. BGH GRUR 1999, 990, 992 -Schlüssel; GRUR 2004, 779, 783 -Zwilling / Zweibrüder). Der Wortbestandteil "Trink Fuchs", der sich den angesprochenen Verkehrskreisen insoweit als Bezeichnung erschließen könnte, ist mit "der mit dem Fuchs" jedoch nicht verwechselbar.
Es besteht nämlich kein Anlass, das angegriffene Zeichen unter Vernachlässigung des Wortbestandteils "Trink" mit "Fuchs" zu benennen oder zu erinnern, zumal die Fuchsabbildung mit der Flasche den Bezug zu Trinken verstärkt und den Verbrauchern zusammengesetzte Wortbildungen, wie "Ratefuchs, Spähfuchs, Sparfuchs" bekannt sind. Selbst ohne einen Bezug zur angeblichen Schlauheit des Fuchses wirken solche Begriffe als Einheit. Aber beim Kauf von Waren kann auch immer Schlauheit (Preis-Leistungs-Verhältnis) eine Rolle spielen.
Dies gilt insbesondere, weil die Wortfolge "der mit dem Fuchs" von dem Eindruck wegführt, die Widerspruchsmarke könnte einen Anbieter (oder ein Produkt) direkt bezeichnen. Dieser (dieses) wird vielmehr als eines "mit" einem Fuchs bezeichnet.
2) Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen. Der Senat hat nicht über eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, sondern auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesgerichtshofs über einen Einzelfall entschieden. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist auch nicht zur Rechtsfortbildung oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich, weil nicht von Entscheidungen anderer Senate des Bundespatentgerichts oder anderer nationaler Gerichte abgewichen, sondern eine Einzelfallentscheidung anhand von tatsächlichen Gegebenheiten -insbesondere auf Seiten der angegriffenen Marke -getroffen worden ist.
3) Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeit besteht kein Anlass (§ 71 Abs. 1 MarkenG), zumal das Bestreiten der Benutzung erst mit Beschwerdebegründung erhoben wurde, als bereits die meisten Kosten angefallen sein dürften.
Dr. Albrecht Schwarz Kruppa Bb
BPatG:
Beschluss v. 20.07.2009
Az: 27 W (pat) 122/08
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