Bundespatentgericht:
Beschluss vom 18. November 2003
Aktenzeichen: 21 W (pat) 15/03

(BPatG: Beschluss v. 18.11.2003, Az.: 21 W (pat) 15/03)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat in seinem Beschluss vom 18. November 2003 (Aktenzeichen 21 W (pat) 15/03) über einen Antrag auf Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr entschieden. Der Antrag wurde zurückgewiesen. Gleichzeitig wurde auch eine Erinnerung zurückgewiesen.

In dem Fall hatte die Patentabteilung 35 des Deutschen Patent- und Markenamts das Patent mit der Bezeichnung "Mobile Herz-Lungen-Maschine" widerrufen. Dagegen hatte die neue Patentinhaberin Beschwerde eingelegt, jedoch nur 200 Euro statt der geforderten 500 Euro gezahlt. Das Gericht hatte daraufhin auf die nicht vollständige Zahlung hingewiesen. Die Patentinhaberin beantragte daraufhin Wiedereinsetzung und zahlte die restliche Gebühr von 300 Euro.

Der Rechtspfleger stellte jedoch fest, dass die Gebühr nicht vollständig gezahlt worden war und die Beschwerdeführerin innerhalb der gesetzten Frist keine Erklärung abgegeben hatte. Das Gericht erklärte daraufhin die Beschwerde als nicht eingelegt. Gegen diesen Beschluss legte die Patentinhaberin Erinnerung ein und verwies auf den Wiedereinsetzungsantrag.

Das Gericht wies den Wiedereinsetzungsantrag jedoch zurück, da die Patentinhaberin nicht ohne Verschulden gehindert war, die Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr einzuhalten. Da die Gebühr erst mit dem Wiedereinsetzungsantrag gezahlt wurde, war sie verspätet erfolgt.

Die Vertreterin der Patentinhaberin hatte argumentiert, dass die Sekretärin versehentlich die falsche Gebührenliste verwendet habe, obwohl der Schriftsatz von ihr selbst überprüft worden sei. Das Gericht stellte fest, dass es die Pflicht des Anwalts sei, sicherzustellen, dass die Handlung wirksam ist, und daher die Gebührenzahlung überwachen müsse. Die Vertreterin hatte zwar das Versehen eingeräumt, aber nicht erklärt, warum sie den Fehler unverschuldet nicht bemerkt hatte. Daher konnte das Gericht kein Nichtverschulden feststellen und wies den Wiedereinsetzungsantrag zurück.

Die Beschwerde gilt somit als nicht erhoben, und auch die Erinnerung wurde zurückgewiesen.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 18.11.2003, Az: 21 W (pat) 15/03


Tenor

1. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr wird zurückgewiesen.

2. Die Erinnerung wird zurückgewiesen.

Gründe

I Durch Beschluß vom 14. Oktober 2002 hat die Patentabteilung 35 des Deutschen Patent- und Markenamts das Patent mit der Bezeichnung "Mobile Herz-Lungen-Maschine" widerrufen. Hiergegen legte die inzwischen in die Patentrolle eingetragene neue Patentinhaberin Beschwerde ein unter Zahlung von 200 statt 500 €. Durch gerichtliche Verfügung, zugestellt am 15. April 2003, hat das Gericht auf die nicht vollständige Zahlung der Beschwerdegebühr hingewiesen. Hierauf hat die Patentinhaberin mit Schreiben vom 14. Mai 2003 an das Deutsche Patent- und Markenamt Wiedereinsetzung beantragt und die restliche Beschwerdegebühr in Höhe von 300 € gezahlt. Noch bevor der Wiedereinsetzungsantrag dem Gericht zugeleitet worden war, hat der Rechtspfleger, nach Fristablauf durch Beschluß vom 22. Mai 2003, festgestellt, daß die Beschwerde gegen den Beschluß vom 14. Oktober 2002 als nicht eingelegt gelte, da die tarifmäßige Gebühr nicht vollständig gezahlt worden sei, und die Beschwerdeführerin innerhalb der gesetzten Frist keine Erklärung abgegeben habe. Am 2. Juni 2003 hat die Patentinhaberin gegen diesen Beschluß Erinnerung eingelegt und auf den Wiedereinsetzungsantrag verwiesen.

Zur Begründung der Wiedereinsetzung führt die Patentinhaberin aus, daß die für die Fristen zuständige Sekretärin, die seit 29 Jahren in der Kanzlei beschäftigt und außerordentlich versiert sei, wahrscheinlich versehentlich die vorher geltende Gebührenliste verwendet habe. Der Beschwerdeschriftsatz sei aber auch von der unterzeichnenden Patentanwältin überprüft worden. Sie sei seit 30 Jahren als Patentanwältin tätig und überprüfe auch Beschwerdeschriftsätze genau. Sie sei auch sicher, daß sie eine Überprüfung des Schriftsatzes und der Einzahlung durchgeführt habe. Da ihr noch nie ein Fehler unterlaufen sei, könne sie sich heute nicht erklären, warum sie die Fehlerhaftigkeit der Gebührenangabe übersehen habe. Der Einwand der Einsprechenden sei unbeachtlich, da die zitierte Entscheidung (BPatGE 18, 208 f) auf PatG 1961 § 43 zurückgehe, der eine Verhinderung durch unabwendbaren Zufall verlangt habe. Der derzeit geltende PatG § 123 verlange demgegenüber eine Verhinderung ohne Verschulden, die vorliege.

Die Patentinhaberin beantragt sinngemäß, der beantragten Wiedereinsetzung stattzugeben und den Beschluß vom 22. Mai 2003 aufzuheben.

Die Einsprechende beantragt sinngemäß, den Wiedereinsetzungsantrag zurückzuweisen.

Zur Begründung führt sie unter Verweisung auf die Rechtsprechung im wesentlichen aus, daß sich die für die Patentinhaberin handelnde Patentanwältin persönlich und überprüfend in den Vorgang der Beschwerdeerhebung eingeschaltet habe und es dabei an der nötigen Sorgfalt habe fehlen lassen.

II Die begehrte Wiedereinsetzung kann nicht gewährt werden, weil die Patentinhaberin nicht ohne Verschulden verhindert war, dem Patentgericht gegenüber die Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr einzuhalten. Da somit die Beschwerdegebühr nicht vollständig innerhalb der Frist gezahlt worden ist, gilt die Beschwerde als nicht erhoben. Die Erinnerung ist daher zurückzuweisen.

Gem. PatG § 123 Abs 1 wird in den vorigen Stand wiedereingesetzt, wer ohne Verschulden verhindert war, dem Patentamt oder dem Patentgericht gegenüber eine Frist einzuhalten, deren Versäumung nach gesetzlicher Vorschrift einen Rechtsnachteil zur Folge hat. Zu Recht hat die Patentinhaberin darauf hingewiesen, daß es beim Verschulden seit der Vereinfachungsnovelle von 1976 nicht mehr auf die objektive Unabwendbarkeit, sondern nur noch auf subjektive Umstände ankommt.

Im vorliegenden Fall ist die vollständige Zahlung der Gebühr erst mit der Stellung des Wiedereinsetzungsantrages und damit verspätet erfolgt.

Die von der Vertreterin der Patentinhaberin vorgetragenen Gründe, die ein Nichtverschulden an der Säumnis dartun sollen, können den Senat nicht überzeugen. Zwar kann ein Verschulden der Hilfsperson, im vorliegenden Fall der Sekretärin, die versehentlich die nicht mehr gültige Gebühr eingetragen hat, der Vertreterin unter bestimmten Voraussetzungen nicht angerechnet werden. Doch obliegt bei wichtigen Verfahrenshandlungen, wie zB der Beschwerdeeinlegung, dem Anwalt nach stRspr im Interesse des Rechtssuchenden die Pflicht sicherzustellen, daß die Handlung wirksam ist. Der Anwalt muß daher bei einer gebührenpflichtigen Beschwerde die Höhe der Gebühr bestimmen oder zumindest überwachen, daß bei der Gebührenzahlung kein Fehler unterlaufen kann (BPatGE 18, 208, 211). Diese anwaltliche Pflicht hat das Gericht zwar im Rahmen der Geltung des PatG 1961 § 43 aufgestellt. Es ist jedoch kein Grund ersichtlich, von dieser Forderung der Gebührenüberwachung, die im übrigen unabhängig vom Verschuldensmaßstab ist, abzugehen (Schulte, PatG 6. Aufl, § 123 Rn 134). Die Vertreterin der Patentinhaberin hat nach ihrem Vortrag auch den Schriftsatz persönlich auf Vollständigkeit und Richtigkeit überprüft. Sie hat jedoch nicht vorgetragen, wie es zu dem Übersehen der falschen Gebührenangabe kam, sondern vielmehr dargelegt, daß sie heute nicht mehr erklären könne, warum sie den Fehler übersehen habe. Damit hat sie wohl das Versehen eingeräumt, nicht aber dargetan, welche Gründe nach ihrer Erinnerung dazu beigetragen haben, daß sie den Fehler unverschuldet nicht bemerkt hat. Bei dieser Sachlage sieht sich der Senat nicht in der Lage, von einem Nichtverschulden auszugehen. Der Wiedereinsetzungsantrag war daher zurückzuweisen. Die Beschwerde gilt somit als nicht erhoben. Damit war auch die Erinnerung zurückzuweisen.

Dr. Winterfeldt Klosterhuber Dr. Maksymiw Dr. Franz Be






BPatG:
Beschluss v. 18.11.2003
Az: 21 W (pat) 15/03


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/d30ae3a1fb8f/BPatG_Beschluss_vom_18-November-2003_Az_21-W-pat-15-03




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