Bundespatentgericht:
Beschluss vom 16. Januar 2001
Aktenzeichen: 33 W (pat) 179/99
(BPatG: Beschluss v. 16.01.2001, Az.: 33 W (pat) 179/99)
Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung
Das Bundespatentgericht hat in einem Beschluss vom 16. Januar 2001 entschieden, dass die Markenstelle für Klasse 35 des Deutschen Patent- und Markenamts die Anmeldung der Wortmarke "IQ" zu Unrecht zurückgewiesen hat. Die Anmelderin hatte die Marke für Dienstleistungen im Zusammenhang mit Unternehmensberatung und Werbemaßnahmen im Internet sowie der Herstellung und Einspeisung von elektronisch aufbereiteten Kommunikationsinhalten in Datennetze beantragt.
Die Markenstelle hatte die Anmeldung abgelehnt, da sie die Marke als beschreibend und ohne ausreichende Unterscheidungskraft bewertete. Sie argumentierte, dass "IQ" für "Intelligenzquotient" stehe und die Marke daher eine Werbeaussage sei, die freigehalten werden müsse.
Die Anmelderin legte gegen diese Entscheidung Beschwerde ein und argumentierte, dass "IQ" als Kürzel neutral sei und ohne weitere Zusätze nicht ausreichend beschreibende Aussagen über die angemeldeten Dienstleistungen mache.
Das Bundespatentgericht gab der Beschwerde der Anmelderin statt. Es entschied, dass die Marke "IQ" ausreichend Unterscheidungskraft besitze und nicht freigehalten werden müsse. Es stellte fest, dass "IQ" auch für andere Begriffe wie "Information Quantity", "Input Queue" oder "Investitionsquote" abgekürzt werde. Selbst wenn die angemeldete Marke als Kürzel für "Intelligenzquotient" erkannt werde, enthalte sie keine ausreichend beschreibende Gesamtaussage über die Dienstleistungen. Zudem gebe es keine Belege dafür, dass die Marke gegenwärtig als beschreibende Angabe verwendet werde.
Insgesamt befand das Gericht daher, dass die Marke "IQ" ausreichend Unterscheidungskraft besitze und keine absoluten Schutzhindernisse bestünden. Die Entscheidung der Markenstelle wurde aufgehoben und die Anmeldung der Marke zugelassen.
Die Gerichtsentscheidung im Volltext:
BPatG: Beschluss v. 16.01.2001, Az: 33 W (pat) 179/99
Tenor
Auf die Beschwerde der Anmelderin werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 35 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 14. Juli 1998 und 15. Juli 1999 aufgehoben.
Gründe
I Beim Deutschen Patent- und Markenamt ist am 10. April 1996 die Wortmarke IQ zur Eintragung in das Register angemeldet worden. Die Anmeldung erstreckt sich - eingeschränkt durch Schriftsatz der Beschwerdeführerin vom 18. November 1998 - auf folgende Dienstleistungen:
Klasse 35: Unternehmensberatung in Bezug auf die Nutzung des Internets (ausgenommen Personalwesen), Durchführung von Werbemaßnahmen Klasse 42: Herstellung von elektronisch aufbereiteten Kommunikationsinhalten und Einspeisung in Datennetze, Betrieb einer Datenverarbeitungsanlage für den Empfang und die Versendung von Kommunikationsinhalten über Datennetze.
Die Markenstelle hat die Anmeldung mit Beschluß vom 14. Juli 1998, bestätigt durch eine Entscheidung über die Erinnerung vom 15. Juli 1999, zurückgewiesen. Sie hat ausgeführt, daß es sich bei der angemeldeten Marke um eine beschreibende und damit freihaltungsbedürftige Angabe handle und es ihr im Hinblick auf die beanspruchten Dienstleistungen an der erforderlichen Unterscheidungskraft fehle (§ 37 Abs 1 MarkenG iVm § 8 Abs 2 Ziff 1, 2 MarkenG). Die angemeldete Buchstabenkombination sei ein Kürzel für "Intelligenzquotient". Die Marke bringe zum Ausdruck, daß die Dienstleistungen, für die sie angemeldet worden sei, den Intelligenzquotienten der Empfänger dieser Dienstleitungen steigere und gleichzeitig, daß der Erbringer der Dienstleistungen nicht nur seine Kenntnisse, sondern auch seine Intelligenz zur Verfügung stelle. Es handle sich damit um eine Werbeaussage, die im Interesse der Mitbewerber der Anmelderin freizuhalten sei. Sie sei nicht geeignet, die Dienstleistungen nach ihrer betrieblichen Herkunft zu unterscheiden.
Gegen diese Entscheidungen des Patentamts hat die Anmelderin Beschwerde eingelegt. Sie beantragt sinngemäß, die Beschlüsse des Patentamts aufzuheben.
Sie trägt vor, daß die Markenstelle fehlerhaft den Begriff "Intelligenzquotient" mit dem Begriff "Intelligenz" gleichstelle, wobei sie dem Begriff "Intelligenz" weiter eine Wertung in dem Sinne unterstelle, daß damit eine überdurchschnittliche Intelligenz gemeint sei. Das angemeldete Zeichen, als Kürzel für "Intelligenzquotient" sei jedoch wertneutral und für sich genommen ohne weitere Zusätze zur Beschreibung der angemeldeten Dienstleistungen nicht geeignet.
II Die Beschwerde ist begründet.
Der Senat hält die angemeldete Marke "IQ" - entgegen der Beurteilung der Markenstelle des Patentamts - im Zusammenhang mit den beanspruchten Dienstleistungen für unterscheidungskräftig und für nicht freihaltungsbedürftig, so daß ihrer Eintragung gemäß §§ 33 Abs 2, 41 MarkenG keine absoluten Schutzhindernisse gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 und Nr 2 MarkenG entgegenstehen.
1. Die angemeldete Marke besitzt nach Auffassung des Senats die erforderliche Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG. Unterscheidungskraft im Sinne dieser Vorschrift ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden. Hierbei ist grundsätzlich ein großzügiger Maßstab anzulegen, dh, jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um dieses Schutzhindernis zu überwinden (stRspr vgl BGH MarkenR 2000, 48 - Radio von hier; MarkenR 2000, 50 - Partner with the Best). Kann demnach einer Wortmarke kein für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer sonstigen im Inland geläufigen Sprache, das vom Verkehr stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, gibt es keine tatsächlichen Anhaltspunkte dafür, daß einem als Marke verwendeten Wortzeichen die Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (BGH aaO - Partner with the Best; BGH GRUR 1999, 1098 - YES; BGH 1999, 1093 FOR YOU).
Nach der Auffassung des Senats verbinden die angesprochenen Verkehrskreise mit der angemeldeten Bezeichnung keinen eindeutigen beschreibenden Begriffsinhalt. Fraglich ist bereits, ob in Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen davon ausgegangen werden muß, daß der Begriff "IQ" als Kürzel von "Intelligenzquotient" zu verstehen ist. Mit dem Ausdruck "IQ" werden nämlich auch die Begriffe "Information Quantity", "Information Quick", "Input Queue", "Instrument Quality", "Informationsquelle", "Interne Quittung" und "Investitionsquote" abgekürzt (vgl Amkreutz, Abkürzungen der Informationsverarbeitung, 1. Auflage, S 325 Koblischke, Lexikon der Abkürzungen, 1. Auflage, S 272 sowie Wennrich Internationales Verzeichnis der Abkürzungen und Akronyme der Elektronik, Elektrotechnik, Computertechnik und Informationsverarbeitung, 1. Auflage, S 483). Schon aus diesem Grunde weist die angemeldete Marke eine gewisse Mehrdeutigkeit auf, auch wenn bei den genannten Abkürzungen eine für die beanspruchten Dienstleistungen in Vordergrund stehende Bedeutung nicht festgestellt werden kann.
Selbst wenn der angesprochene Verkehr die Marke "IQ" als Abkürzung für "Intelligenzquotient" erkennt, ergibt sich daraus noch keine ausreichend beschreibende Gesamtaussage hinsichtlich der angemeldeten Dienstleistungen. Denn Intelligenzquotient ist ein Maß für die allgemeine intellektuelle Leistungsfähigkeit einer Person bezogen auf den durchschnittlichen Entwicklungsstand der Gleichaltrigen (vgl Arnold/Eysenck/Meili, Lexikon der Psychologie, 1. Auflage, S 1026). Es handelt sich somit um einen nach seiner Definition - jedenfalls bei seiner Verwendung in Alleinstellung - wertneutralen Begriff. Die Annahme, daß entweder der Erbringer der angemeldeten Dienstleistungen seine Intelligenz zur Verfügung stellt oder die Dienstleistungen den Intelligenzquotienten dessen, der sie in Anspruch nimmt, steigert, erfordert daher weiterführende analysierende Denkprozesse. Diese setzen voraus, daß der Begriff Intelligenzquotient entweder mit "hoher Intelligenz" in der ersten oder mit "hohem/höherem Intelligenzquotienten" in der zweiten Fallgestaltung gleichgesetzt wird.
2. Nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr ua zur Bezeichnung der Beschaffenheit, der Bestimmung oder der Bezeichnung sonstiger Merkmale der in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen dienen können. Dieses Eintragungshindernis bezieht sich nicht nur auf die in der genannten Bestimmung ausdrücklich aufgeführten Angaben, sondern auch auf solche, die andere für den Warenverkehr wichtige und für die umworbenen Abnehmerkreise irgendwie bedeutsame Umstände mit konkretem Bezug auf die Ware selbst beschreiben; ein darüber hinausgehendes Freihaltungsbedürfnis an allgemeinen nicht warenbezogenen und in verschiedenen Warenbereichen einsetzbaren Ausdrücken kann § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG indes nicht entnommen werden (vgl BGH aaO - FOR YOU).
Eine gegenwärtige Verwendung der angemeldeten Bezeichnung als beschreibende Angabe - in Alleinstellung - hat die Markenstelle nicht nachgewiesen; auch der Senat hat insoweit keine Feststellungen zu treffen vermocht. Die von der Markenstelle in ihren Beschlüssen zitierten Zeitungsartikel betreffen nicht die angemeldete Marke in Alleinstellung. Ein konkreter und unmittelbarer, mithin freihaltebedürftiger Aussagegehalt in Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen kann der angemeldeten Marke als wertneutralem Begriff - jedenfalls soweit sie in Alleinstellung verwendet wird - nicht entnommen werden.
Winkler Dr. Albrecht Dr. Hock Cl/Hu
BPatG:
Beschluss v. 16.01.2001
Az: 33 W (pat) 179/99
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/d3cfaaa5b6d5/BPatG_Beschluss_vom_16-Januar-2001_Az_33-W-pat-179-99