Oberlandesgericht Hamm:
Urteil vom 24. Februar 2015
Aktenzeichen: 4 U 72/14
(OLG Hamm: Urteil v. 24.02.2015, Az.: 4 U 72/14)
Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung
Das Oberlandesgericht Hamm hat die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Essen zurückgewiesen. Auf die Anschlussberufung des Klägers wurde das Urteil teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst: Die Beklagte wird dazu verurteilt, es zu unterlassen, für das Mittel "B B2" zu werben mit den Angaben, dass es durch die verbesserte Rezeptur und neuen Inhaltsstoffe für eine tolle Haut, fülliges Haar und feste Fingernägel sorgt. Gleichzeitig wurde die Beklagte dazu verurteilt, das Nahrungsergänzungsmittel "B C2" nicht mit der Aussage zu bewerben, dass es das Herz bei guter Laune hält. Bei Zuwiderhandlung droht ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 Euro oder ersatzweise Ordnungshaft. Zusätzlich wurde die Beklagte dazu verurteilt, dem Kläger einen bestimmten Geldbetrag zu zahlen, sowie weitere Zinsen. Die Beklagte trägt sämtliche Kosten des Rechtsstreits. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Revision wurde zugelassen.
Die Entscheidung des Gerichts basiert auf dem Verstoß der Beklagten gegen die Regelungen der Verordnung über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel. Die beanstandeten Werbeaussagen der Beklagten stellen spezifische gesundheitsbezogene Angaben im Sinne der Verordnung dar und sind nicht in der Liste der zugelassenen Angaben enthalten. Die Werbeaussagen suggerieren zusätzlich eine Verbesserung oder Beseitigung von Schäden an Haut, Haaren und Fingernägeln sowie eine positive Wirkung auf die Herzfunktion, die über den zulässigen Angaben liegen. Die europarechtswidrige Produktbewerbung beeinträchtigt den Wettbewerb und das Verbraucherschutzniveau. Daher wurde die Klage des Klägers vollumfänglich stattgegeben. Die Beklagte wurde dazu verurteilt, die Abmahnkosten des Klägers zu tragen und zusätzlich Zinsen zu zahlen. Die Kosten des Rechtsstreits wurden der Beklagten auferlegt und das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Revision wurde zugelassen.
Die Gerichtsentscheidung im Volltext:
OLG Hamm: Urteil v. 24.02.2015, Az: 4 U 72/14
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 26.03.2014 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Essen wird zurückgewiesen.
Auf die Anschlussberufung des Klägers wird das vorbezeichnete Urteil teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen,
1. im geschäftlichen Verkehr für das Mittel "B B2" zu werben mit den Angaben:
"Mit der verbesserten Rezeptur und neuen wertvollen Inhaltsstoffen sorgen unsere neuen B2 für eine tolle Haut, fülliges Haar und feste Fingernägel - jetzt noch effektiver - ..."
wenn dies geschieht wie aus Anlage K1 (Bl. 9 ff d. A.) ersichtlich;
2. im geschäftlichen Verkehr für das Nahrungsergänzungsmittel "B C2" zu werben:
"Ihr Herz schlägt permanent. Ein Leben lang - ohne Pause. 65 bis 70 mal in der Minute. Etwa 100.000 mal am Tag. Für uns ist das völlig normal und selbstverständlich - deshalb bekommen wir von dieser Schwerstarbeit auch wenig mit. Dennoch braucht dieses aktive Organ natürlich auch bestimmte Vitalstoffe, die die Herzmuskelzellen "bei guter Laune" halten können. Wichtige davon sind in ,C2€ enthalten.
2 Kapseln enthalten u.a.: Omega-3-Lachsöl (22,5 mg), Vitamin C (80 mg), Magnesium (80 mg) und Vitamin E (13 mg). Abgerundet wird die C2-Rezeptur mit verschiedenen B-Vitaminen, Weißdorn, Apfelschalen und Rooibostee"
sofern dies geschieht wie aus der Anlage K9 (Bl. 96 ff d. A.) ersichtlich.
Der Beklagten wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung die Verhängung eines Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder von Ordnungshaft bis zu sechs Monaten angedroht, wobei die Ordnungshaft insgesamt zwei Jahre nicht übersteigen darf und an den Geschäftsführern der Beklagten zu vollziehen ist.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 166,60 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz p.a. seit dem 09.11.2013 zu zahlen.
Die Beklagte wird ferner verurteilt, an den Kläger weitere 166,60 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz p.a. seit dem 08.03.2014 zu zahlen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen.
Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Soweit die Beklagte zur Unterlassung verurteilt worden ist, kann sie die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 70.000,00 € abwenden, sofern nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet. Im Übrigen kann die Beklagte die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund dieses Urteils und aufgrund des angefochtenen Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
A.
Der Kläger ist ein Verein, zu dessen satzungsmäßigen Aufgaben die Wahrung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder gehört, hierbei insbesondere die Sorge dafür, dass die Regeln des lauteren Wettbewerbs eingehalten werden.
Die Beklagte vertreibt Nahrungsergänzungsmittel eines in den Niederlanden ansässigen Herstellers, u.a. die Produkte "B B2 (Haut, Haare, Nägel)" und "B C2". Sie vertreibt die Produkte u.a. über den Online-Shop in ihrem Internetauftritt "www...de". Kunden der Beklagten haben über diesen Internetauftritt die Möglichkeit, der Beklagten ihre E-Mail-Adresse mitzuteilen, um sodann regelmäßig per E-Mail einen "Newsletter" von der Beklagten zu erhalten.
Am 15.09.2013 versandte die Beklagte an interessierte Kunden per E-Mail einen "Newsletter" (Anlage K1 = Blatt 9-13 der Gerichtsakte), in dem sie u.a. für das Produkt "B B2 (Haut, Haare, Nägel)" warb (Blatt 10 der Gerichtsakte). Unter der Überschrift "Unser Wochenangebot / Limitierte Edition" fand sich zu dem vorbezeichneten Produkt der folgende Werbetext:
"B2
Für Fingernägel, Haut und Haare
Fingernägel, die Bewunderung erregen - Haare mit Fülle, Glanz und Farbkraft - und eine samtweiche, wunderschöne, reine Haut - wer wünscht sich das nicht €!
Mit der verbesserten Rezeptur und neuen wertvollen Inhaltsstoffen sorgen unsere neuen B2 für eine tolle Haut, fülliges Haar und feste Fingernägel - jetzt noch effektiver - denn wahre Schönheit kommt bekanntlich von innen !!"
Unterhalb dieses Textes befanden sich die (partielle) Abbildung der Produktverpackung (zylinderförmige Dose) und einiger Kapseln, die Preisangabe "Diese Woche nur 19,83 € statt 24,00 €" sowie die Worte "Jetzt bestellen".
Der Newsletter enthielt zugleich sogenannte "Links" auf den Internetauftritt der Beklagten. Durch das "Anklicken" der vorbeschriebenen Werbung konnte ein Empfänger des Newsletters die zu dem vorgenannten Produkt gehörende Seite im Internetauftritt der Beklagten (Ausdruck Anlage B1 = Blatt 75 der Gerichtsakte) aufrufen. Auf dieser Seite befand sich neben weiteren Ausführungen zu dem Produkt der Hinweis, das Produkt enthalte Vitamin C, Zink, Vitamin B1, Vitamin B2, Niacin, Pantothensäure, Vitamin B6, Folsäure, Biotin, Selen, Kieselsäure sowie "weitere Pflanzen- und Algenstoffe".
Der Kläger mahnte die Beklagte wegen des vorbeschriebenen Inhaltes des Newsletters mit Schreiben vom 01.10.2013 (Anlage K2 = Blatt 14-19 der Gerichtsakte) ab. Bei den das Produkt "B B2" bewerbenden Aussagen in dem Newsletter handele es sich zum Teil um (spezifische) gesundheitsbezogene Angaben im Sinne des Art. 10 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel (HCVO), die nicht in die Liste der zugelassenen Angaben nach Art. 13 und 14 HCVO aufgenommen und daher unzulässig seien.
Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 11.10.2013 (Anlage K5 = Blatt 22-24 der Gerichtsakte) wies die Beklagte die in der Abmahnung erhobenen Vorwürfe zurück.
Am 13.01.2014 warb die Beklagte in ihrem Internetauftritt u.a. für das Produkt "B C2" (Internetausdruck Anlage K9 = Blatt 96-100 der Gerichtsakte). Der Werbetext enthielt u.a. folgende Formulierungen (Blatt 97 der Gerichtsakte):
"Bubumm...bubumm... Ihr Herz schlägt permanent. Ein Leben lang - ohne Pause. 65 bis 70 mal in der Minute. Etwa 100.000 mal am Tag. Für uns ist das völlig normal und selbstverständlich - deshalb bekommen wir von dieser Schwerstarbeit auch wenig mit. Dennoch braucht dieses aktive Organ natürlich auch bestimmte Vitalstoffe, die die Herzmuskelzellen "bei guter Laune" halten können. Wichtige davon sind in ,C2€ enthalten.
2 Kapseln enthalten u.a.: Omega-3-Lachsöl (22,5 mg), Vitamin C (80 mg), Magnesium (80 mg) und Vitamin E (13 mg). Abgerundet wird die C2-Rezeptur mit verschiedenen B-Vitaminen, Weißdorn, Apfelschalen und Rooibostee."
Der Kläger mahnte die Beklagte daraufhin mit Schreiben vom 16.01.2014 (Anlage K10 = Blatt 101-106 der Gerichtsakte) ab. Die Beklagte antwortete hierauf mit anwaltlichem Schriftsatz vom 23.01.2014 (Anlage B4 = Blatt 119-121 der Gerichtsakte).
Mit seiner Klage verfolgt der Kläger die mit den beiden Abmahnungen geltend gemachten Unterlassungsansprüche weiter und verlangt von der Beklagten den Ersatz der ihm durch die Abmahnungen entstandenen Kosten, die er - in Form eines Pauschalbetrages - auf 166,60 € pro Abmahnung beziffert.
Der Kläger hat im Hinblick auf die Werbung für das Produkt "B B2" die Argumentation aus seiner Abmahnung wiederholt und vertieft. Die Werbeaussagen der Beklagten zu den Wirkungen dieses Produktes auf die Haut, die Haare und die Fingernägel seien in der Liste der zugelassenen Angaben nach Art. 13 und 14 HCVO (Anhang der Verordnung [EU] Nr. 432/2012 in der jeweils geltenden Fassung) nicht enthalten. Die Liste lasse - soweit im vorliegenden Zusammenhang von Bedeutung - die folgenden gesundheitsbezogenen Angaben zu:
für Vitamin C:
"Vitamin C trägt zu einer normalen Kollagenbildung für eine normale Funktion der Haut bei."
für Zink:
"Zink trägt zur Erhaltung normaler Haut bei."
"Zink trägt zur Erhaltung normaler Haare bei."
"Zink trägt zur Erhaltung normaler Nägel bei."
für Riboflavin (Vitamin B2):
"Riboflavin trägt zur Erhaltung normaler Haut bei."
für Niacin:
"Niacin trägt zur Erhaltung normaler Haut bei."
für Biotin:
"Biotin trägt zur Erhaltung normaler Haut bei."
"Biotin trägt zur Erhaltung normaler Haare bei."
für Selen:
"Selen trägt zur Erhaltung normaler Haare bei."
"Selen trägt zur Erhaltung normaler Nägel bei."
Mit diesen zugelassenen Angaben seien die Werbeaussagen der Beklagten weder wort- noch inhaltsgleich. Die Beklagte beziehe ihre Wirkungsbehauptungen zum einen nicht auf die konkrete Substanz (z.B. Vitamin C oder Zink), sondern auf das Produkt in seiner Gesamtheit. Zum anderen gehe die Werbeaussage auch jedenfalls insofern über die zugelassenen Angaben hinaus, als sie bei den angesprochenen Verkehrskreisen die Erwartung wecke, mit dem beworbenen Produkt könne nicht nur der "normale" Zustand von Haut, Haaren und Fingernägeln erhalten werden, vielmehr könne der Zustand "verbessert" werden oder es könnten Schädigungen beseitigt werden, worauf bereits der in der Produktbezeichnung enthaltene Begriff "repair" hinweise. Schließlich enthalte auch die Produktseite im Internetauftritt der Beklagten keine korrekte Wiedergabe der oben wiedergegebenen zugelassenen Angaben.
Auch die Werbeaussagen der Beklagten für das Produkt "B C2" enthielten (spezifische) gesundheitsbezogene Angaben im Sinne des Art. 10 Abs. 1 HCVO. In dem von der Beklagten angegebenen Inhaltsstoff "Omega-3-Lachsöl" seien zwar die Fettsäuren "Eicosapentaensäure" (EPA) und "Docosahexaensäure" (DHA) enthalten, für die der Anhang der Verordnung (EU) Nr. 432/2012 wiederum die Angabe "EPA und DHA tragen zu einer normalen Herzfunktion bei" zulasse. Mit dieser zugelassenen Angabe sei die Werbeaussage der Beklagten indes nicht inhaltsgleich. Die Formulierung der Beklagten, die Herzmuskelzellen würden "bei guter Laune" gehalten, lasse sich zwar noch als umgangssprachliche Umschreibung einer "normalen Herzfunktion" verstehen. Die Werbeaussage der Beklagten lasse indes nicht erkennen, dass gerade das "Omega-3-Lachsöl" bzw. die darin enthaltenen Substanzen EPA und DHA die entsprechende Wirkung aufwiesen. Für die weiteren von der Beklagten benannten Inhaltsstoffe existierten keine zugelassenen Angaben im Hinblick auf eine Förderung der Herzfunktion. Überdies sei die Angabe zu den Substanzen EPA und DHA im Anhang der Verordnung (EU) Nr. 432/2012 nur unter der Bedingung zugelassen, dass die Verbraucher darüber zu unterrichten seien, dass sich die positive Wirkung (erst) bei einer täglichen Aufnahme von 250 mg EPA und DHA einstelle. Bei der von der Beklagten empfohlenen Tagesdosis von 2 Kapseln werde diese Menge von EPA und DHA aber nicht einmal ansatzweise erreicht.
Der Kläger hat (zuletzt) beantragt,
die Beklagte zu verurteilen,
1. es bei Meidung von Ordnungsmitteln zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr für das Mittel "B B2" zu werben mit den Angaben:
"Mit der verbesserten Rezeptur und neuen wertvollen Inhaltsstoffen sorgen unsere neuen B2 für eine tolle Haut, fülliges Haar und feste Fingernägel - jetzt noch effektiver - ..."
wenn dies geschieht wie aus Anlage K1 ersichtlich;
2. an ihn, den Kläger, 166,60 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz p.a. seit der Zustellung der Klage zu zahlen (die diesen Antrag enthaltende Klageschrift ist am 08.11.2013 zugestellt worden);
3. es bei Meidung von Ordnungsmitteln zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr für das Nahrungsergänzungsmittel "B C2" zu werben:
"Ihr Herz schlägt permanent. Ein Leben lang - ohne Pause. 65 bis 70 mal in der Minute. Etwa 100.000 mal am Tag. Für uns ist das völlig normal und selbstverständlich - deshalb bekommen wir von dieser Schwerstarbeit auch wenig mit. Dennoch braucht dieses aktive Organ natürlich auch bestimmte Vitalstoffe, die die Herzmuskelzellen "bei guter Laune" halten können. Wichtige davon sind in ,C2€ enthalten.
2 Kapseln enthalten u.a.: Omega-3-Lachsöl (22,5 mg), Vitamin C (80 mg), Magnesium (80 mg) und Vitamin E (13 mg). Abgerundet wird die C2-Rezeptur mit verschiedenen B-Vitaminen, Weißdorn, Apfelschalen und Rooibostee."
sofern dies geschieht wie aus der Anlage K9 ersichtlich;
4. an ihn, den Kläger, weitere 166,60 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz p.a. seit Rechtshängigkeit zu zahlen (der diesen Antrag enthaltende Klageerweiterungsschriftsatz ist dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten spätestens am 07.03.2014 zugestellt worden).
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, ihre Werbung für die beiden hier in Rede stehenden Produkte sei wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden, und ihre Auffassung näher begründet.
Mit dem angefochtenen, am 26.03.2014 verkündeten Urteil (Urschrift Blatt 173-178 der Gerichtsakte) hat die 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Essen die Beklagte verurteilt,
1. es bei Meidung von Ordnungsmitteln zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr für das Mittel "B B2" zu werben mit den Angaben:
"Mit der verbesserten Rezeptur und neuen wertvollen Inhaltsstoffen sorgen unsere neuen B2 für eine tolle Haut, fülliges Haar und feste Fingernägel - jetzt noch effektiver - ..."
wenn dies geschieht wie aus Anlage K1 ersichtlich;
2. an den Kläger 166,60 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz p.a. seit dem 08.11.2013 zu zahlen.
Im Übrigen hat das Landgericht die Klage abgewiesen.
Gegen dieses Urteil wenden sich die Beklagte mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung und der Kläger mit seiner Anschlussberufung. Die Beklagte begehrt eine vollständige Klageabweisung. Der Kläger verfolgt mit seiner Anschlussberufung die vom Landgericht abgewiesenen Klageanträge weiter.
Die Parteien wiederholen und vertiefen jeweils ihr erstinstanzliches Vorbringen.
Die Beklagte beantragt,
unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage insgesamt abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass das in der Urteilsformel des angefochtenen Urteils in Bezug auf die Zinsen angegebene Datum nicht "08.11.2013", sondern richtigerweise "09.11.2013" lauten muss.
Im Wege der Anschlussberufung beantragt der Kläger,
das angefochtene Urteil im Umfang der Klageabweisung abzuändern und die Beklagte weiter zu verurteilen,
1. es bei Meidung von Ordnungsmitteln zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr für das Nahrungsergänzungsmittel "B C2" zu werben:
"Ihr Herz schlägt permanent. Ein Leben lang - ohne Pause. 65 bis 70 mal in der Minute. Etwa 100.000 mal am Tag. Für uns ist das völlig normal und selbstverständlich - deshalb bekommen wir von dieser Schwerstarbeit auch wenig mit. Dennoch braucht dieses aktive Organ natürlich auch bestimmte Vitalstoffe, die die Herzmuskelzellen "bei guter Laune" halten können. Wichtige davon sind in ,C2€ enthalten.
2 Kapseln enthalten u.a.: Omega-3-Lachsöl (22,5 mg), Vitamin C (80 mg), Magnesium (80 mg) und Vitamin E (13 mg). Abgerundet wird die C2-Rezeptur mit verschiedenen B-Vitaminen, Weißdorn, Apfelschalen und Rooibostee."
sofern dies geschieht wie aus der Anlage K9 ersichtlich;
2. an ihn, den Kläger, weitere 166,60 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz p.a. seit Rechtshängigkeit der Klageerweiterung gemäß Schriftsatz vom 18.02.2014 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Anschlussberufung des Klägers zurückzuweisen.
Soweit in den vor- und nachstehenden Ausführungen Fundstellen in der Gerichtsakte angegeben sind, wird wegen der Einzelheiten auf die dort befindlichen Dokumente verwiesen.
B.
Die Berufung ist unbegründet, die Anschlussberufung ist begründet. Die Klage ist mit den vier erstinstanzlichen Klageanträgen in vollem Umfang zulässig und begründet.
I. Berufung der Beklagten
Die Berufung der Beklagten ist unbegründet. Das Landgericht hat den erstinstanzlichen Klageanträgen zu 1. und 2. zu Recht stattgegeben.
1. Zulässigkeit der Klage
Die Klage ist zulässig. Der Kläger ist insbesondere klagebefugt nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG, was die Beklagte auch nicht in Zweifel zieht.
2. Begründetheit der Klage mit den erstinstanzlichen Klageanträgen zu 1. und 2.
Die Klage ist mit den erstinstanzlichen Klageanträgen zu 1. und 2. auch begründet.
a) Klageantrag zu 1.
Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch findet seine Grundlage in § 8 Abs. 1 Satz 1, § 3, § 4 Nr. 11 UWG iVm Art. 10 Abs. 1 HCVO.
aa) Der Anwendungsbereich der HCVO ist eröffnet. Bei dem streitgegenständlichen Produkt handelt es sich um ein Lebensmittel im Sinne des Art. 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 und damit auch um ein Lebensmittel im Sinne der HCVO (vgl. Art. 2 Abs. 1 lit. a) HCVO). Auch nach Art. 2 lit. a) der Richtlinie 2002/46/EG über Nahrungsergänzungsmittel gelten Nahrungsergänzungsmittel als Lebensmittel.
bb) Die vom Kläger mit seinem Klageantrag beanstandeten Werbeaussagen weisen einen Bezug auf die Gesundheit im Sinne der HCVO auf. Die Frage, ob eine Aussage auf die Gesundheit (oder das gesundheitsbezogene Wohlbefinden) im Sinne der HCVO abzielt, ist anhand der in Art. 13 Abs. 1 HCVO und Art. 14 HCVO aufgeführten Fallgruppen zu beurteilen (BGH, WRP 2014, 1184 [Original Bach-Blüten]; WRP 2013, 1179 [Vitalpilze]; WRP 2011, 344 [Gurktaler Kräuterlikör]). Hierzu gehören nach Art. 13 Abs. 1 lit. a) HCVO insbesondere das Wachstum, die Entwicklung und sämtliche sonstigen Körperfunktionen. Nach dieser allgemeinen und weitgefassten Umschreibung gehören auch die Funktion bzw. der Zustand der Haut, des Haares und der Fingernägel zum Gesundheitsbegriff der HCVO. Hiervon geht auch der Verordnungsgeber der Verordnung (EU) Nr. 432/2012 aus, der Angaben über "normale Haut", "normale Haare" und "normale Nägel" zu den gesundheitsbezogenen Angaben im Sinne der HCVO rechnet. Nichts anderes kann für die - lediglich etwas "reißerischer" formulierten - Aussagen der Beklagten über "tolle Haut", "fülliges Haar" und "feste Fingernägel" gelten.
cc) Mit den vom Kläger beanstandeten Werbeaussagen verstößt die Beklagte gegen die Regelungen der HCVO.
(1) Bei den vom Kläger beanstandeten Werbeaussagen handelt es sich um spezifische gesundheitsbezogene Angaben im Sinne des Art. 10 Abs. 1 HCVO. Dem Aufbau und dem Inhalt der Liste im Anhang der Verordnung (EU) Nr. 432/2012 ist zu entnehmen, dass eine Angabe über einen Zusammenhang zwischen einem Nährstoff, einer Substanz, einem Lebensmittel oder einer Lebensmittelkategorie und einer konkreten Körperfunktion, auch wenn dieser Zusammenhang nur mit allgemein gehaltenen Begriffen umschrieben wird, als spezifische gesundheitsbezogene Angabe im Sinne des Art. 10 Abs. 1 HCVO anzusehen ist. Diesen abstrakten Merkmalen entsprechen die streitgegenständlichen Werbeaussagen.
Nach Art. 10 Abs. 1 HCVO sind spezifische gesundheitsbezogene Angaben grundsätzlich verboten und nur unter bestimmten (engen) Voraussetzungen zulässig, die kumulativ vorliegen müssen. Eine dieser Voraussetzungen ist die Aufnahme der verwendeten gesundheitsbezogenen Angabe in die Liste der zugelassenen Angaben nach Art. 13 und 14 HCVO. Diese Liste befindet sich im Anhang der Verordnung (EU) Nr. 432/2012 (in der jeweils gültigen Fassung) und enthält u.a. - soweit für den vorliegenden Zusammenhang von Bedeutung - die folgenden zugelassenen Angaben:
für Vitamin C:
"Vitamin C trägt zu einer normalen Kollagenbildung für eine normale Funktion der Haut bei."
für Zink:
"Zink trägt zur Erhaltung normaler Haut bei."
"Zink trägt zur Erhaltung normaler Haare bei."
"Zink trägt zur Erhaltung normaler Nägel bei."
für Riboflavin (Vitamin B2):
"Riboflavin trägt zur Erhaltung normaler Haut bei."
für Niacin:
"Niacin trägt zur Erhaltung normaler Haut bei."
für Biotin:
"Biotin trägt zur Erhaltung normaler Haut bei."
"Biotin trägt zur Erhaltung normaler Haare bei."
für Selen:
"Selen trägt zur Erhaltung normaler Haare bei."
"Selen trägt zur Erhaltung normaler Nägel bei."
(a) Die vom Kläger beanstandeten Werbeaussagen sind mit diesen zugelassenen Angaben nicht wortgleich.
(b) Es kann dahinstehen, ob die HCVO und die Verordnung (EU) Nr. 432/2012 neben einer wortgleichen auch eine inhaltsgleiche Verwendung der zugelassenen Angaben erlauben (für die Zulässigkeit einer bloß inhaltsgleichen Verwendung mag der Erwägungsgrund [9] der Verordnung [EU] Nr. 432/2012 sprechen). Denn die von der Beklagten gemachten Werbeaussagen sind mit den oben wiedergegebenen Angaben auch nicht inhaltsgleich.
(aa) Es kann dahinstehen, ob die von der Beklagten verwendeten Adjektive "toll", "füllig" und "fest" in dem hier zu beurteilenden Zusammenhang lediglich umgangssprachliche, gleichwohl aber (noch) inhaltlich gleichbedeutende Umschreibungen für den im Anhang der Verordnung (EU) Nr. 432/2012 eher nüchternsachlich verwendeten Begriff "normal" darstellen oder ob es sich - wofür vieles spricht - nach dem Verkehrsverständnis um Steigerungen zu dem Begriff "normal" handelt und die beanstandeten Werbeaussagen schon deshalb über den Inhalt der zugelassenen Angaben hinausgehen.
(bb) Die beanstandeten Werbeaussagen gehen jedenfalls insoweit über den Inhalt der zugelassenen Angaben hinaus, als sie den angesprochenen Verkehrskreisen jedenfalls durch den in der Werbung hergestellten Zusammenhang mit dem in der Produktbezeichnung enthaltenen Begriff "Repair" (=reparieren) suggerieren, das von der Beklagten beworbene Produkt könne Schäden an Haut, Haaren und Fingernägeln beseitigen, während die Verordnung (EU) Nr. 432/2012 nur Angaben über die "Erhaltung des Normalzustandes" oder einen "Beitrag zum Normalzustand" - also letztlich nur über die bloße Vorbeugung vor etwaigen Schäden - zulässt.
(cc) Darüber hinaus sind die beanstandeten Werbeaussagen der Beklagten auch aus einem weiteren Grund nicht inhaltsgleich mit den im Anhang der Verordnung (EU) Nr. 432/2012 enthaltenen Angaben. Die dortige Liste setzt eine bestimmte Wirkungsangabe jeweils in Beziehung zu einem bestimmten Nährstoff, einer bestimmten Substanz, einem bestimmten Lebensmittel oder einer bestimmten Lebensmittelkategorie. Die hier zu betrachtenden Angaben aus der Liste beziehen sich jeweils auf einen bestimmten Nährstoff bzw. eine bestimmte Substanz (im chemischen Sinne). Die Verordnung (EU) Nr. 432/2012 kennt daneben aber auch Wirkungsangaben, die sich auf ein "komplettes" (aus verschiedenen Substanzen bestehendes) Lebensmittel beziehen, z.B. "Fleisch bzw. Fisch trägt bei Verzehr mit anderen eisenhaltigen Lebensmitteln zu einer verbesserten Eisenaufnahme bei". Diese bewusste Unterscheidung durch den europäischen Verordnungsgeber führt dazu, dass zugelassene Wirkungsangaben, die in der Liste auf einen bestimmten Nährstoff bzw. eine bestimmte Substanz bezogen sind, zwingend nur unter Nennung dieses Nährstoffes bzw. dieser Substanz verwendet werden dürfen (wie hier im Ergebnis auch OLG Bamberg, BeckRS 2014, 06092, dort auch mit weitergehender Argumentation). Die (bloße) Verwendung der Wirkungsangabe - ohne verständliche Benennung des entscheidenden Wirkstoffes - für ein Lebensmittel als solches, das den Wirkstoff (in welcher Menge auch immer) enthalten mag, ist damit - entgegen der Auffassung der Beklagten - nicht zulässig. In der beanstandeten Newsletter-Werbung fand sich kein Hinweis darauf, welche konkreten Nährstoffe oder Substanzen für die von der Beklagten behaupteten Wirkungen ihres Produktes auf Haut, Haare und Fingernägel verantwortlich sein sollen.
(c) Ob die über den Newsletter-Link aufrufbare Produktseite im Internetauftritt der Beklagten (Anlage B1 = Blatt 75 der Gerichtsakte) nach der Verordnung (EU) Nr. 432/2012 zugelassene Angaben enthielt, ist ohne Belang. Denn die Verwendung einer nicht zugelassenen (spezifischen) gesundheitsbezogenen Angabe - hier in der Newsletter-Werbung - wird nicht dadurch zulässig, dass der Werbende an anderer Stelle zugelassene Angaben verwendet.
Im Übrigen enthält nicht einmal diese Produktseite im Internetauftritt der Beklagten mit nach der Verordnung (EU) Nr. 432/2012 zugelassenen Angaben inhaltsgleiche Angaben. Sie enthält zwar konkretere Angaben zu den Inhaltsstoffen des Produktes und zu (behaupteten) Wirkungsweisen dieser Substanzen. Eine Inhaltsgleichheit mit nach der Verordnung (EU) Nr. 432/2012 zugelassenen Angaben lässt sich indes bereits deshalb nicht feststellen, weil sich den Ausführungen auf der Produktseite nicht mit der gebotenen Eindeutigkeit entnehmen lässt, welcher konkrete Inhaltsstoff (einzeln oder ggf. erst im Zusammenwirken mit weiteren Substanzen) letztendlich welche konkrete Wirkung haben soll.
(2) Selbst wenn es sich bei den vom Kläger beanstandeten Werbeaussagen (lediglich) um bloße Verweise auf allgemeine, nichtspezifische Vorteile eines Nährstoffes oder Lebensmittels für die Gesundheit im Allgemeinen oder das gesundheitsbezogene Wohlbefinden im Sinne des Art. 10 Abs. 3 HCVO - also Aussagen, die wegen ihrer allgemeinen und unspezifischen Formulierungen nicht Gegenstand eines Zulassungsverfahrens nach Art. 13 ff HCVO sein können (vgl. BGH, WRP 2013, 1179 [Vitalpilze]) - handeln sollte, bleibt es bei der Unzulässigkeit der Aussagen. Nach Art. 10 Abs. 3 HCVO sind Verweise auf allgemeine, nichtspezifische Vorteile eines Nährstoffes oder Lebensmittels für die Gesundheit im Allgemeinen oder das gesundheitsbezogene Wohlbefinden nämlich nur zulässig, wenn ihnen eine in einer der Listen nach Art. 13 HCVO oder Art. 14 HCVO enthaltene spezifische gesundheitsbezogene Angabe beigefügt ist (sogenanntes "Koppelungsgebot"). Wie oben bereits ausgeführt, enthalten indes weder der Newsletter noch die Produktseite im Internetauftritt der Beklagten nach der Verordnung (EU) Nr. 432/2012 zugelassene Angaben.
Art. 10 Abs. 3 HCVO ist auch bereits uneingeschränkt anwendbar, auch wenn die Liste zugelassener gesundheitsbezogener Angaben nach Art. 13 oder Art. 14 HCVO bislang noch nicht vollständig erstellt ist (Senat, BeckRS 2014, 22458 [Bach-Blüten]).
dd) Die europarechtswidrige Produktbewerbung ist auch geeignet, den Wettbewerb zum Nachteil der Wettbewerber und Verbraucher im Sinne des § 3 Abs. 1 UWG spürbar zu beeinträchtigen. Denn es geht um das hohe Schutzgut der Gesundheit der Verbraucher. Zu berücksichtigen ist auch das Ziel der HCVO, das ordnungsgemäße Funktionieren des Binnenmarkts in Bezug auf nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben sicherzustellen und gleichzeitig mit Blick auf eine abwechslungsreiche und ausgewogene Ernährung ein hohes Verbraucherschutzniveau zu bieten (vgl. die Erwägungsgründe 1 und 36 zur HCVO; siehe auch bereits Senat, WRP 2014, 961 [Vitalisierend]).
ee) Gründe, die geeignet sind, die Wiederholungsgefahr auszuschließen, sind nicht ersichtlich.
b) Klageantrag zu 2.
Der Anspruch auf Ersatz der Abmahnkosten beruht auf § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG. Die Höhe der vom Kläger geforderten Abmahnkostenpauschale ist nicht zu beanstanden (vgl. hierzu Senat, GRUR-RR 2014, 404 [Crossinos]).
Der Zinsanspruch beruht auf §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB. Die Urteilsformel ist hierbei allerdings klarstellend dahin zu berichtigen, dass Zinsen erst ab dem 09.11.2013 zuzusprechen sind, weil der Zinslauf erst mit dem Folgetag der Rechtshängigkeit beginnt (vgl. Palandt, BGB, 74. Aufl. [2015], § 291 Rdnr. 6).
II. Anschlussberufung des Klägers
Die Anschlussberufung des Klägers ist begründet.
1. Erstinstanzlicher Klageantrag zu 3. (=Anschlussberufungsantrag zu 1.)
Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch findet seine Grundlage in § 8 Abs. 1 Satz 1, § 3, § 4 Nr. 11 UWG iVm Art. 10 Abs. 1 HCVO.
a) Auch bei dem Produkt "B C2" handelt es sich um ein Lebensmittel im Sinne der HCVO.
b) Der beanstandete Werbetext enthält mit dem Hinweis darauf, dass das Produkt geeignet sei, die Herzmuskelzellen "bei guter Laune zu halten", auch einen Bezug zur Gesundheit im Sinne der HCVO, da er hiermit einen Zusammenhang zwischen dem beworbenen Produkt und der - für die Gesundheit des Menschen eminent wichtige - Herzfunktion herstellt.
c) Auch bei der mit diesem Unterlassungsantrag beanstandeten Werbeaussage handelt es sich wegen der Bezugnahme auf eine konkrete Körperfunktion um eine spezifische gesundheitsbezogene Angabe im Sinne des Art. 10 Abs. 1 HCVO. Eine Inhaltsgleichheit mit einer nach der Verordnung (EU) Nr. 432/2012 zugelassenen Angabe lässt sich indes allein schon deshalb nicht feststellen, weil der beanstandete Werbetext nicht erkennen lässt, welcher (oder welche) der von der Beklagten letztlich nur in Form einer bloßen Aufzählung aufgeführten Inhaltsstoffe denn nun konkret die Fähigkeit haben soll, die Herzmuskelzellen "bei guter Laune zu halten". Auf die weitergehende Argumentation des Klägers kommt es damit nicht einmal mehr an.
d) Von der Unzulässigkeit der Werbeaussage ist auch im Falle der Anwendbarkeit des Art. 10 Abs. 3 HCVO auszugehen, da der Werbetext neben der beanstandeten Werbeaussage keine zugelassene spezifische gesundheitsbezogene Angabe erkennen lässt.
e) Spürbarkeit des Wettbewerbsverstoßes und Wiederholungsgefahr liegen auch hier vor. Insoweit verweist der Senat auf seine diesbezüglichen Ausführungen zum ersten Unterlassungsantrag.
2. Erstinstanzlicher Klageantrag zu 4. (=Anschlussberufungsantrag zu 2.)
Der Anspruch auf Ersatz der Abmahnkosten beruht auf § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG. Der Zinsanspruch beruht auf §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB.
C.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Zulassung der Revision beruht auf § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO.
OLG Hamm:
Urteil v. 24.02.2015
Az: 4 U 72/14
Link zum Urteil:
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