Bundespatentgericht:
Beschluss vom 10. Februar 2011
Aktenzeichen: 21 W (pat) 333/06
(BPatG: Beschluss v. 10.02.2011, Az.: 21 W (pat) 333/06)
Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung
Das Bundespatentgericht hat in seinem Beschluss vom 10. Februar 2011 das Patent DE 197 32 120 widerrufen. Die Firma S... AG hatte Einspruch gegen das Patent erhoben und argumentiert, dass die Erfindung nicht deutlich genug offenbart sei, um von einem Fachmann umgesetzt werden zu können. Sie kritisierte insbesondere den zu allgemeinen Begriff "elektronisches Gerät" und verwies auf mehrere Druckschriften, um die mangelnde Patentfähigkeit zu belegen. Die Patentinhaberin verteidigte das Patent in der erteilten Fassung oder mit einigen eingeschränkten Patentansprüchen. Nach einer ausführlichen Prüfung entschied das Gericht, dass die Patentansprüche 1 und 3, unabhängig vom Haupt- oder Hilfsantrag, nicht patentfähig sind. Es stellte fest, dass die in den Patentansprüchen beschriebene Methode und Anordnung bereits im Stand der Technik bekannt waren. Das Gericht argumentierte, dass die beanstandeten Merkmale naheliegend waren und keine erfinderische Tätigkeit darstellten. Daher wurde das Patent widerrufen. Es war nicht erforderlich, die geltend gemachte offenkundige Vorbenutzung zu überprüfen.
Die Gerichtsentscheidung im Volltext:
BPatG: Beschluss v. 10.02.2011, Az: 21 W (pat) 333/06
Tenor
Das Patent DE 197 32 120 wird widerrufen.
Gründe
I.
Auf die unter Inanspruchnahme der inneren Priorität DE 197 25 562.0 vom 17. Juni 1997 am 25. Juli 1997 eingereichte Patentanmeldung ist das Patent mit der Bezeichnung "Verfahren und Anordnung zur Unterdrückung der Auswirkungen elektromagnetischer Wechselfeld-Störstrahlung elektromedizinischer Geräte" erteilt worden. Die Veröffentlichung der Patenterteilung ist am 9. Februar 2006 erfolgt.
Die erteilten Patentansprüche 1 und 3 lauten gegliedert:
Anspruch 1 Anspruch 3:
M1 Verfahren zur Unterdrückung der Auswirkungen elektromagnetischer Wechselfeld-Störstrahlung elektromedizinischer Geräte, M2 welche in räumlicher Nähe von hochsensitiver Messtechnik, insbesondere MRT-oder MRI-Systemen Standby betriebenwerden, M3 durch automatisches Unterbrechen der Netzverbindung desoder der elektromedizinischen Geräte für einen Zeitraum, welcher gleich oder größer dem Intervall zur Datenerfassungmittels der sensitiven Messtechnik ist, dadurch gekennzeichnet, M4 dass unabhängig vom Aktivierungszustand des oder derelektromedizinischen Geräte (1) der Zustand der Messtechnik (6) laufend abgefragt wird, M5 um ein Netztrennoder Netzverbindungssignal bereitzustellen, M6 wobei von der hochsensitiven Messtechnik (6) über eine optische Kommunikationsschnittstelle (9) ein Anforderungssignal an das elektronische Gerät gesendet wird, M7 um nach Bestätigung der Anforderung und Netzunterbrechung den Messzyklus oder die Messzyklen einzuleiten.
N1 Anordnung zur Durchführung des Verfahrens nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, N2 dass zwischen dem oder den elektromedizinischen Geräten (1) und dem Netzanschluß ein Schaltgerät (2) zur mehrpoligen vollständigen Netztrennung vorgesehen ist, N3 das Schaltgerät (2) einen Anschluß zum externen Aktivieren umfasst, um das oder die angeschlossenen elektromedizinischen Geräte (1), die nach Übergang zum Sleep-Modus vollständig vom Netz getrennt sind, wieder mit dem Netz zu verbinden und N4 wobei weiterhin zwischen dem Schaltgerät (2) und der hochsensitiven Messtechnik (6) die optische Kommunikationsschnittstelle (9) sowie N5 eine entsprechende Verbindung zur Zustandsüberwachung und/oder N6 Steuerung der Netztrennung vorgesehen ist.
Zu den erteilten Unteransprüchen 2 und 4 bis 10 wird auf die Streitpatentschrift verwiesen.
Gegen das Patent hat die Firma S... AG mit Schriftsatz vom 8. Mai 2006, eingegangen am selben Tag per Fax, Einspruch erhoben.
Sie ist der Auffassung, dass weder der Verfahrensanspruch 1 noch der auf eine Anordnung zur Durchführung des Verfahrens gerichtete Patentanspruch 3 auch unter Einbeziehung der Beschreibung die Erfindung so deutlich offenbarten, dass ein Fachmann sie ausführen könne. Insbesondere erachtet sie den Begriff "elektronisches Gerät" als zu allgemein, so dass der Fachmann dessen Funktion nicht ermitteln und in Beziehung zu anderen Komponenten setzen könne, um zum Umsetzen der Lehre gemäß Anspruch 1 in die Praxis die Störstrahlung des elektromedizinischen Gerätes zu unterdrücken.
Zudem bewertet sie den Gegenstand des Streitpatents gegenüber dem Stand der Technik als nicht patentfähig und verweist dazu unter anderem auf die Druckschriften D1 DE 44 33 502 A1 D2 US 4 554 925 und D5 US 4 487 489.
Ferner macht sie offenkundige Vorbenutzung geltend.
Die Patentinhaberin verteidigt ihr Patent in der erteilten Fassung, hilfsweise eingeschränkt mit den in der mündlichen Verhandlung eingereichten Patentansprüchen 1 bis 9.
Die Patentansprüche 1 und 3 gemäß Hilfsantrag lauten (Änderungen gegenüber den erteilten Fassungen hervorgehoben):
Anspruch 1 M1 Verfahren zur Unterdrückung der Auswirkungen elektromagnetischer Wechselfeld-Störstrahlung elektromedizinischer Geräte, M2 welche in räumlicher Nähe von hochsensitiver Messtechnik, insbesondere MRT-oder MRI-Systemen Standby betriebenwerden, M3 durch automatisches Unterbrechen der Netzverbindung desoder der elektromedizinischen Geräte für einen Zeitraum, welcher gleich oder größer dem Intervall zur Datenerfassungmittels der sensitiven Messtechnik ist, dadurch gekennzeichnet, M4 dass unabhängig vom Aktivierungszustand des oder derelektromedizinischen Geräte (1) der Zustand der Messtechnik (6) laufend abgefragt wird, M5 um ein Netztrennoder Netzverbindungssignal bereitzustellen, M6 wobei von der hochsensitiven Messtechnik (6) über eine optische Kommunikationsschnittstelle (9) ein Anforderungssignal an das elektromedizinische Gerät gesendet wird, M7 um nach Bestätigung der Anforderung und Netzunterbrechung den Messzyklus oder die Messzyklen einzuleiten, M8 wobei ein Schaltgerät (2) zum Bewirken der Netzunterbrechung über eine externe Gleichstromversorgung betrieben wird.
Anspruch 3 N1 Anordnung zur Durchführung des Verfahrens nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, N2 dass zwischen dem oder den elektromedizinischen Geräten (1) und dem Netzanschluß ein Schaltgerät (2) zur mehrpoligen vollständigen Netztrennung vorgesehen ist, N3 das Schaltgerät (2) einen Anschluß zum externen Aktivieren umfaßt, um das oder die angeschlossenen elektromedizinischen Geräte (1), die nach Übergang zum Sleep-Modus vollständig vom Netz getrennt sind, wieder mit dem Netz zu verbinden und N4 wobei weiterhin zwischen dem Schaltgerät (2) und der hochsensitiven Messtechnik (6) die optische Kommunikationsschnittstelle (9) sowie N5 eine entsprechende Verbindung zur Zustandsüberwachungund/oder N6 Steuerung der Netztrennung vorgesehen ist und N7 dass das Schaltgerät (2) mit einem externen Gleichstromversorgungsgerät (3, 4, 5) verbunden ist.
Zu den Unteransprüchen 2 und 4 bis 9 gemäß Hilfsantrag wird auf die Akte Bezug genommen.
Der Vertreter der Patentinhaberin stellt den Antrag, das Patent in vollem Umfang aufrechtzuerhalten, hilfsweise, das Patent beschränkt aufrechtzuerhalten mit den in der mündlichen Verhandlung überreichten Patentansprüchen 1 bis 9, im Übrigen mit den Unterlagen gemäß Patentschrift.
Der Vertreter der Einsprechenden stellt den Antrag, das Patent DE 197 32 120 zu widerrufen.
Die Einsprechende ist der Auffassung, dass weder die Gegenstände der erteilten Patentansprüche 1 und 3, noch der Patentansprüche 1 und 3 gemäß Hilfsantrag patentfähig sind.
II.
1.
Da die Einspruchsfrist im vorliegenden Verfahren nach dem 1. Januar 2002 zu laufen begonnen hat und der Einspruch vor dem 1. Juli 2006 eingelegt worden ist, ist das Bundespatentgericht für die Entscheidung gemäß § 147 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 PatG in der bis einschließlich 30. Juni 2006 gültigen Fassung weiterhin zuständig (vgl. BGH GRUR 2002, 862 ff. - Informationsübermittlungsverfahren II; BPatG GRUR 2007, 449 ff. - Rundsteckverbinder).
2.
Der formund fristgerecht erhobene Einspruch ist zulässig, denn die für die Beurteilung der behaupteten Widerrufsgründe maßgeblichen Umstände sind von der Einsprechenden innerhalb der gesetzlichen Frist anhand der zu den Akten gereichten Druckschriften im Einzelnen so dargelegt worden, dass die Patentinhaberin und der Senat daraus abschließende Folgerungen für das Vorliegen bzw. Nichtvorliegen der geltend gemachte Widerrufsgrund ohne eigene Ermittlungenziehen können. Die Zulässigkeit des Einspruchs ist von der Patentinhaberin im Übrigen nicht bestritten worden.
3.
Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung erweist sich der Einspruch auch als begründet, da die Gegenstände der Patentansprüche 1 und 3 nach Hauptund Hilfsantrag jedenfalls nicht patentfähig sind. Es kann daher dahinstehen, ob die Patentansprüche 1 und 3 gemäß Hauptantrag und gemäß Hilfsantrag durch die ursprüngliche Offenbarung gedeckt sind und ob ihre Gegenstände den Schutzbereich des Patents erweitern.
Die Erfindung betrifft ein Verfahren und eine Anordnung zur Unterdrückung der Auswirkungen elektromagnetischer Wechselfeldstörstrahlung elektromedizinischer Geräte, welche in räumlicher Nähe hochsensitiver Messtechnik, insbesondere MRI-Systemen Standby betrieben werden (vgl. Absatz [0001] der Patentschrift).
Um die Störstrahlung zu reduzieren, sind im Stand der Technik an den elektromedizinischen Geräten eine Reihe von Maßnahmen vorgesehen, bspw. störende Geräte in den Standby Betrieb zu schalten, Schirmungen, Filter oder automatische Unterbrechungen der Netzverbindung für die Dauer der Datenerfassung der sensitiven Messtechnik vorzusehen [0003 bis 0008].
Daran orientiert sich die Aufgabe der Erfindung, ein Verfahren und eine Anordnung zur Unterdrückung der Auswirkungen elektromagnetischer Wechselfeld-Störstrahlungen elektromedizinischer Geräte, welche in räumlicher Nähe von hochsensitiver Messtechnik betrieben werden, derart weiterzubilden, dass der Operateur von Überwachungs-, Steuerund Umschaltaufgaben entlastet ist, wodurch die wechselseitige Sicherheit beim Betreiben der erwähnten Geräte oder Einrichtungen erhöht wird [0009].
Die Lösung dieser Aufgabe soll durch die in den Patentansprüchen 1 und 3 gemäß Hauptbzw. Hilfsantrag angegebenen Merkmale erfolgen.
Das Patent erläutert die Erfindung so deutlich und vollständig, dass ein Fachmann sie ausführen kann. Eine für die Ausführbarkeit hinreichende Offenbarung ist dann gegeben, wenn der Fachmann ohne erfinderisches Zutun und ohne unzumutbare Schwierigkeiten in der Lage ist, die Lehre des Patentanspruchs aufgrund der Gesamtoffenbarung der Patentschrift in Verbindung mit dem allgemeinen Fachwissen am Anmeldeoder Prioritätstag praktisch so zu verwirklichen, dass der angestrebte Erfolg erreicht wird (vgl. BGH GRUR 2010, 901 ff. -Polymerisierbare Zementmischung m. w. N.). Dies ist vorliegend der Fall. Insbesondere bereitet es dem hier zuständigen Fachmann, einem Diplom-Ingenieur der Fachrichtung Elektrotechnik, der mit der Entwicklung elektromedizinischer Geräte befasst ist und auf diesem Gebiet über eine mehrjährige Berufserfahrung verfügt, keinerlei Schwierigkeiten, den Begriff "elektronisches Gerät" fachlich richtig einzuordnen. Neben den genannten allgemeinen Informationen in den Absätzen [0001] bis [0009] ist zu dem "elektronischen Gerät" im Merkmal [M6], auch in den vorangehenden Merkmalen [M1 -M4] bereits als elektromedizinisches Gerät definiert, in den Absätzen [0027, 0029] der Patentschrift außerdem offenbart, dass dieses bspw. ein Hochfrequenz-Chirurgiegerät zum Schneiden oder Koagulieren von Körpergewebe ist. Aus dem Merkmal [M4] einer laufenden Abfrage des Zustandes der Messtechnik unabhängig vom Aktivierungszustand des elektromedizinischen Geräts erkennt der Fachmann, dass während eines Messvorgangs der hochsensitiven Messtechnik das elektromedizinische Gerät nicht in störender Weise eingeschaltet sein darf.
4. Die Gegenstände der erteilten Patentansprüche 1 und 3 beruhen gegenüber dem Stand der Technik gemäß der Druckschrift D5 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
4.1 Die aus der Druckschrift D5, die den nächstliegenden Stand der Technik repräsentiert, bekannte endoskopische Apparatur ist mit einer im Betrachtungskanal (eyepiece section 12, image guide 27) angeordneten Kamera (camera 13) ausgestattet und wird zusammen mit einem elektromedizinischen Gerät betrieben (vgl.
Spalte 1, Zeilen 5 bis 8, medical electronic appartus). Dieses Gerät ist mit einem Hochfrequenz-Generator versehen und dient zum Schneiden von Gewebe (vgl. Fig. 2, H.F. current generator 48, electrosurgical device 17). Das -naturgemäß vom HF-Generator 48 (für das elektrische Skalpell electric bistoury device) erzeugte elektromagnetische Wechselfeld wirkt sich in räumlicher Nähe störend auf das Signal für den Auslöser oder das (hochsensitive) Lichtmesssignal (vgl. Sp. 1, Abs. 2 ...noise generated from the electrical bistoury device is introduced into a release signal or light measurement signal ...adverse effects ... and cause defective exposure) aus [M1, M2]. Um dies zu verhindern, wird das elektromedizinische Gerät für die Zeitdauer der Messaufnahme (Fotoaufnahme, Öffnung des Kameraverschlusses shutter 30) abgeschaltet (Sp. 1, Z. 26 bis 35), indem für eine Bildaufnahme ein Auslöser (release switch 34) betätigt wird, der mit einem Schalter (switch 41) gekoppelt ist und diesen bei Betätigung schließt. Dadurch wird der ansonsten auf einem Potential liegende Kontakt des Schalters 41 (vgl. in Fig. 2 den Widerstand über dem Schalter 41) auf Massepotential gelegt, das über eine Leitungsverbindung (transmission line 42, signal line 43, cord 44) an einem Eingang des elektromedizinischen Gerätes (electrosurgical device 17) anliegt. Eine geräteinterne Schaltung (timer 45, NOR-Gate 46) unterbindet dann die Generierung des Hochfrequenzstroms im HF-Generator und löst die Bild/Messaufnahme aus (vgl. Sp. 2, Z.61 bis 64; "As a result ...whereupon the generation of the high frequency current from the high frequency current generator 48 is stopped")[M3]. Damit gewährleistet die bestehende Leitungsverbindung unabhängig vom Aktivierungszustand des elektromedizinischen Gerätes 17 eine laufende Abfrage des Zustands des Messgerätes [M4] und übermittelt -bei Betätigung des Auslösers 34 -ein Anforderungssignal über eine Kommunikationsschnittstelle (Eingang des timers 45) an das elektromedizinische Gerät. Für die Übermittlung des Netztrennsignals an das elektromedizinische Gerät kann ferner eine (gegen elektromagnetische Störungen unempfindliche) optische Faser (Sp. 3, Z. 65 optical fiber) und folglich auch eine optische Kommunikationsschnittstelle an dem elektromedizinischen Gerät vorgesehen sein [M6].
Demgegenüber unterscheidet sich die Vorgehensweise nach Anspruch 1 durch die weitere Sicherheitsmaßnahme, den Messzyklus (Messzyklen) erst nach Bestätigung der Anforderung und Netzunterbrechung gemäß Merkmal [M7] einzuleiten. Eine derartige Sicherheitsmaßnahme, die Fehlmessungen noch weiter ausschließt, obliegt der Sorgfaltspflicht jedes mit der Entwicklung von in räumlicher Nähe von hochsensibler Messtechnik befindlichen elektromedizinischen Geräten befassten Fachmanns und ist als solche nicht erfinderisch, ebenso wenig wie ein automatisches Unterbrechen [M3] der Netzverbindung des elektromedizinischen Gerätes, welches als eine den Chirurgen bei der Handhabung des Gerätes zusätzlich entlastende Maßnahme für den Fachmann naheliegend und durch eine automatische Betätigung des Schalters (release switch 34) ohne Schwierigkeit realisierbar ist. Sofern das am timer 45 anliegende Signal bei betätigtem Schalter 34 nur die Stromzufuhr für den HF-Generator 48 unterbinden sollte (Standby Betrieb) und sich herausstellte, dass weitere Module in dem elektromedizinischen Gerät 17 (bzw. in mehreren Geräten) ggfls. Störstrahlung verursachen, so wird der Fachmann selbstverständlich mit dem am timer 45 anliegenden Signal auch diese Module vom Netz trennen [M5].
Das Verfahren gemäß dem erteilten Patentanspruch 1 beruht nach allem gegenüber der endoskopischen Apparatur aus der Druckschrift D5 nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
4.2 Dies trifft auch für den auf eine Anordnung zur Durchführung des Verfahrens gerichteten, erteilten Patentanspruch 3 mit den darin beanspruchten Mitteln zu, die zur Durchführung des Verfahrens erforderlich und folglich in D5 bei dem Ausführungsbeispiel der endoskopischen Anordnung gemäß Figur 2 ebenfalls vorgesehen sind. Was ein zudem noch beanspruchtes Schaltgerät zwischen dem elektromedizinischen Gerät und dem Netzanschluss zur Trennung des Geräts vom Netz betrifft [N2], so ist in D5 eine Schaltfunktion in dem elektromedizinischen Gerät 17 mit dem darin befindlichen NOR gate 46 ohnehin bereits vorgesehen, um damit eine Abschaltung des HF-Generators auszulösen; den Schalter ggfls. mehrpolig auszulegen, ist rein handwerklich. Schließlich ist in D5 die Schaltfunktion des NOR gate 46 ebenfalls über einen Anschluss (foot switch 26 in Figur 2) extern aktivierbar, um das Gerät (HF-Gen. 48) wieder mit dem Netz zu verbinden [N3].
4.3 Zu der vollständigen Netztrennung eines elektromedizinischen Gerätes oder der Geräte sowie dem automatischen Unterbrechen der Netzverbindung des elektromedizinischen Gerätes sei noch angemerkt, dass in der ein Kernspintomographiegerät mit einem Hochfrequenzsender betreffenden Druckschrift D1 in der Beschreibungseinleitung bereits darauf hingewiesen wird, dass beim Stand der Technik für die Hochfrequenzbehandlung vorgesehene Geräte ausgeschaltet werden müssen, um Empfangsstörungen im Tomographen zu verhindern (Sp. 1, Z. 30 - 33).
Auch bei dem MRT-Gerät aus D2 werden Geräte zur Wärmebehandlung (vgl. Fig. 1; hyperthermia treatment means 45) ggfls. abgeschaltet, um Interferenzen mit der Bildgebung zu minimieren. Sowohl die Geräte zur Wärmebehandlung als auch die (hochsensitive) Bildgebung werden von einem Prozessor gesteuert (vgl. in Fig. 1, Bz. 29, 45 und 47 sowie Sp. 3, Z. 32 - 36). Damit ist im Hinblick auf das Merkmal [M3] bei der D2 eine automatische Steuerung (ggfls. mit Netzunterbrechung) des Gerätes zur Wärmebehandlung als einem elektromedizinischem Gerät ebenfalls gegeben.
Sofern der Fachmann, wie dargelegt, nicht schon bei Betrachtung der Druckschrift D5 allein ohne erfinderisches Zutun zu den Gegenständen der erteilten Patentansprüche 1 und 3 gelangt, wird ihm diese jedenfalls unter Heranziehung des aus D1 und D2 Bekannten nahegelegt.
4.4 Zu den im Merkmal [M2] des Patentanspruchs 1 für die hochsensitive Messtechnik lediglich fakultativ angegebenen MRT-oder MRI-Systeme ist noch festzustellen, dass gerade bei diesen Systemen mit ihrer höchst sensitiven Messtechnik die im erteilten Verfahrensanspruch 1 beanspruchte Vorgehensweise für störungsfreie Messungen unabdinglich ist. Was die allgemeine Bezeichnung "elektromedizinische Geräte" beim Patent betrifft, so sei noch angemerkt, dass in dem Ausführungsbeispiel gemäß der Figur 2 in D5 das elektromedizinische Gerät (electro surgical device 17) zwar ein HF-Skalpell (electric bistoury device) ist, in Spalte 4, Zeilen 58 bis 62 wird jedoch darauf hingewiesen, dass die aufgezeigten Mittel und Maßnahmen auch bei anderen elektromedizinischen Geräten, wie chirurgischen Laserund Ultraschallgeräten vorgesehen werden können.
5.
Die Gegenstände der Patentansprüche 1 und 3 gemäß Hilfsantrag beruhen ebenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Operationssäle sind bekanntlich mit diversen Versorgungseinrichtungen ausgestattet, unter anderem selbstverständlich auch mit Gleichstromversorgungsgeräten. Das Schaltgerät 2 über eine externe Gleichstromversorgung zu betreiben, wie gemäß dem Merkmal [M8] im Patentanspruch 1 bzw. gemäß dem Merkmal [N7] im Patentanspruch 3 gemäß Hilfsantrag weiter beansprucht, bietet sich für den Fachmann damit an und ist daher nahegelegt und somit nicht erfinderisch.
6.
Die Patentinhaberin hat beantragt, das Patent auf der Grundlage der erteilten Patentansprüche aufrechtzuerhalten, hilfsweise in der eingeschränkten Fassung der in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Patentansprüche. Dass sie daneben auch eine Aufrechterhaltung des Streitpatents im Umfang der erteilten Unteransprüche 2 und 4 bis 10 begehrt, hat sie weder ausdrücklich noch stillschweigend zu Erkennen gegeben. Darüber hinaus lassen diese Unteransprüche, ebenso wie die verbleibenden Unteransprüche 2 und 4 bis 9 nach Hilfsantrag keine Patent begründenden Merkmale erkennen, was die Patentinhaberin im Übrigen auch nicht geltend gemacht hat (vgl. dazu BGH GRUR 2007, 862 ff. -Informationsübermittlungsverfahren II in Fortführung von BGH GRUR 1997, 120 ff. -elektrisches Speicherheizgerät).
7.
Bei dieser Sachlage bestand keine Veranlassung, der geltend gemachten offenkundigen Vorbenutzung nachzugehen.
Dr. Winterfeldt Baumgärtner Bernhart Dr. Müller Pü
BPatG:
Beschluss v. 10.02.2011
Az: 21 W (pat) 333/06
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