Bundespatentgericht:
Beschluss vom 5. Juli 2000
Aktenzeichen: 29 W (pat) 149/99

(BPatG: Beschluss v. 05.07.2000, Az.: 29 W (pat) 149/99)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat die Beschwerde gegen die Zurückweisung einer Markenanmeldung mit dem Wort "MOBILE CARD" als Marke für verschiedene elektrische Geräte und Dienstleistungen im Bereich der Telekommunikation abgewiesen. Die Markenstelle hatte die Anmeldung zurückgewiesen, da die Wortfolge "MOBILE CARD" eine beschreibende Bedeutung habe und daher nicht als Marke eingetragen werden könne. Die Anmelderin argumentierte, dass es sich um eine neuartige Wortzusammensetzung handle und die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht durch eine "mobile Karte" beschrieben seien. Das Bundespatentgericht stellte jedoch fest, dass der Begriff "MOBILE CARD" bereits im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen sachbeschreibend verwendet wird. Es gibt drei verschiedene Bedeutungen des Begriffs: 1. Eine "MOBILE CARD" bezeichnet eine Berechtigungskarte für Mobiltelefone, 2. Im Zusammenhang mit Netzwerken ermöglicht eine "MOBILE CARD" die mobile Kommunikation, und 3. Eine "MOBILE CARD" ist eine Zugangsberechtigungskarte für PCs in einem lokalen Netzwerk. Aufgrund dieses Gebrauchs wird die Marke für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen als Sachangabe und nicht als betrieblicher Herkunftshinweis verstanden. Daher fehlt der Marke die erforderliche Unterscheidungskraft.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 05.07.2000, Az: 29 W (pat) 149/99


Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Angemeldet ist die Wortfolge

"MOBILE CARD"

als Marke für "Elektrische, elektronische, optische Meß-, Signal-, Kontroll- oder Unterrichtsapparate und -instrumente; Apparate zur Aufzeichnung, Übertragung, Verarbeitung und Wiedergabe von Ton, Bild oder Daten; maschinenlesbare Datenaufzeichnungsträger; Verkaufsautomaten und Mechaniken für geldbetätigte Apparate; Datenverarbeitungsgeräte und Computer; Projektierung, Installation, Wartung und Reparatur von Geräten für die Telekommunikation; Telekommunikation, insbesondere Betrieb von Telekommunikationsnetzen und Online-Dienstleistungen; Sammeln und Liefern von Nachrichten und Daten, Vermietung von Telekommunikationseinrichtungen; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung und die Telekommunikation; Dienstleistung einer Datenbank; Vermietung von Datenverarbeitungsanlagen und Computern; Projektierung von Anlagen und Geräten für die Telekommunikation".

Die Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft mit der Begründung zurückgewiesen, die Gesamtmarke sei zwar nicht lexikalisch nachweisbar und eine Wortneuschöpfung. Sie sei aber sprachüblich zusammengesetzt und bedeute "mobile Karte". Das beschreibe die beanspruchten Waren der Klasse 9 insofern, als die Apparate für den bargeldlosen Betrieb mit einer mobilen Karte geeignet seien oder die darauf gespeicherten Informationen lesen könnten. Die beanspruchten Dienstleistungen würden mit Magnetkarten erbracht. Die geltend gemachten inländischen Voreintragungen seien irrelevant. Bei dieser Sachlage könne die Frage eines Freihaltebedürfnisses an der Marke dahingestellt bleiben.

Mit ihrer dagegen gerichteten Beschwerde macht die Anmelderin ua geltend, es handele sich um eine neuartige Wortzusammensetzung. Sie wäre nur beschreibend, wenn die betreffenden Waren eine "mobile Karte", "Bewegungskarte" oder "übertragbare Karte" seien, was nicht zutreffe; für die Dienstleistungen wäre die Marke nur beschreibend, wenn diese mit einer solchen Karte erbracht würden, was ebenfalls nicht der Fall sei. Alle weitergehenden Interpretationen seien gedankliche Weiterentwicklungen ohne konkrete Grundlage.

Die Anmelderin beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluß aufzuheben.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.

II.

Die Beschwerde der Anmelderin ist zulässig. In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg. Denn der Eintragbarkeit der angemeldeten Marke steht teilweise ein Freihaltebedürfnis entgegen und insgesamt fehlt ihr die erforderliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs 2 Nr 2 und 1 MarkenG).

Nach den Feststellungen des Senats wird das Markenwort für die beanspruchten Waren und einen Teil der Dienstleistungen gegenwärtig sachbeschreibend verwendet. "MOBILE CARD" bzw in seiner für das Publikum auf der Hand liegenden deutschen Bedeutung "Mobilkarte" ist danach ein fester Begriff mit sachbeschreibender Bedeutung zumindest in drei Richtungen: 1. Es handelt sich dabei um die übliche Berechtigungskarte des Providers, die in das Handy eingelegt wird, und die erst das Telephonieren erlaubt, zumal jedenfalls im britischen Englisch das Mobiltelephon als "Mobile" bezeichnet wird (Beispiele: Werbung des Providers "Talkline" "Wir werden die Freischaltung und Zusendung ... der Mobilkarte und des Handys veranlassen." ...; Tariftabelle der Serviceleistungen des Providers "Viag Interkom": "Vorübergehende Sperrung der Mobilkarte", Fundstelle: Internet-Adressen http://www.chrischona.org/csg/talklinemobilnetz.htm bzw vmat.de/html/viag_interkom.html); 2. Im Zusammenhang mit Netzwerken gewährleistet eine "mobile card" die mobile Kommunikation (dh den Datenaustausch) durch Andocken eines PC an das Festnetz oder über das Handy (vgl die Definition in der Fundstelle "Die ISDN-Mobilkarte ist eine Einsteckkarte für tragbare PC mit PCMCIA-Steckplatz im Scheckkartenformat. Mobile Kommunikation ist der größte Vorteil dieser ISDN-Karten-Bauform . ...", und die Werbung "Neue ISDN Software Suite von Eicon ... Suite 1.4 liegt ab sofort den ISDN Client-Karten Diva ..., Diva Mobile-Card, den ISDN Server-Karten Diva ... bei. Ein Update der Karten-Software ist kostenlos im Internet möglich.", Internet-Adressen http://www.datev.de/page/ger/ 2480/index.asp bzw www.starkstrom.de/news/c_1311.html); 3. Die "mobile card" ist, vergleichbar der für Mobiltelephone bestimmten SIM-card, eine Zugangsberechtigungskarte für PCs, insbesondere im Falle ihrer Vernetzung in einem lokalen Netzwerk (vgl die Fundstellen "Windows 95 fails to recognize the PCnet Mobile PCMCIA card. ... . Make sure that the PCnet Mobile card is in a PCMCIA slot during boot. ..., und in der Beschreibung des Netzwerks einer Schule: "mobile card for three floors"; internet-Adressen http:// www.amd.com/products/npd/software/pcnet_mobile/support/pcnetmobile_faq. html bzw. www.newss.ksu.edu/ WEB/News/InView/8219/inview.html). Angesichts dieses Gebrauchs ist die Marke für sämtliche beanspruchte Hardware i.S.v. § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG teils eine Beschaffenheitsangabe - so für Datenaufzeichnungsträger in Form einer "mobile card", zB die mit einem chip bestückte SIM-card -, teils eine Bestimmungsangabe, die das Einsatzgebiet und die Eignung der "mobile card" für die im Warenverzeichnis genannten übrigen unterschiedlichen elektrisch und elektronisch betriebenen Apparate und Geräte der Klasse 9 unmittelbar wiedergibt. Diese Eigenschaft hat die Marke teilweise auch bei den Dienstleistungen. So erläutert die Marke die Eigenschaft der beanspruchten "Telekommunikation" dadurch näher, daß sie durch Einsatz der "mobile card" insbesondere als Zugangsberechtigungs- oder Datenaustauschkarte möglich wird und stattfindet. Für die Dienstleistung "Sammeln und Liefern von Nachrichten und Daten, Vermietung von Telekommunikationseinrichtungen, Erstellen von Programmen ..." stellt die Marke wiederum eine Angabe dar, daß die Karte diesen Zwecken dient und hierbei eingesetzt wird. Die Marke ist demnach bereits gegenwärtig in zahlreichen, durch das Waren- und Dienstleistungsverzeichnis vorgegebenen Zusammenhängen eine unmittelbare und konkrete, für die Wettbewerber zum werblich hervorgehobenen Gebrauch freizuhaltende Sachangabe. Diese Eigenschaft ist für die übrigen Dienstleistungen zwar im Gesamtzusammenhang nahegelegt, jedoch nicht unmittelbar gegeben, so daß die Anhaltspunkte des Senats für die Annahme eines Freihaltebedürfnisses für künftigen beschreibenden Gebrauch insoweit nicht ausreichen.

Aber auch in diesem Umfang fehlt der Marke die erforderliche Unterscheidungskraft. Der Senat hat im Rahmen der Beurteilung des Freihaltebedürfnisses einen für die Waren und den überwiegenden Anteil der Dienstleistungen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsgehalt der Marke (vgl BGH MarkenR 1999, 347, 348f. - Absolut) festgestellt. Da es sich darüber hinaus bei "mobile card"/"Mobilkarte" um einen so gebräuchlichen Ausdruck zugleich der deutschen und englischen Sprache handelt, wird er vom Verkehr stets nur als solcher und nicht als betriebliches Unterscheidungsmittel verstanden. Dies gilt auch in den Zusammenhängen, für die der Senat ein Freihaltebedürfnis nur als nahegelegt beurteilt hat. Denn insoweit vermittelt die Marke dem Verkehr den Eindruck einer konkreten Sachangabe, da sie als solche, wie ausgeführt, im Umfeld von EDV und Telekommunikation in vielerlei Hinsicht so verwendet wird und einen über eine unoriginelle Sachangabe hinausgehenden phantasievollen Überschuß nicht aufweist. Aus diesen Gründen bestehen im vorliegenden Falle genügende Anhaltspunkte dafür, daß der Verkehr die Marke aufgrund ihrer - wie oben ausgeführt - überwiegend eindeutigen und im übrigen im Gesamtumfeld der Telekommunikation und EDV nahegelegten beschreibenden Aussage insgesamt als Sachangabe und nicht als betrieblichen Herkunftshinweis deuten wird.

Meinhardt Vogel von Falckenstein Baumgärtner Hu






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Beschluss v. 05.07.2000
Az: 29 W (pat) 149/99


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