Bundespatentgericht:
Beschluss vom 7. November 2006
Aktenzeichen: 21 W (pat) 333/03

(BPatG: Beschluss v. 07.11.2006, Az.: 21 W (pat) 333/03)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

In dieser Gerichtsentscheidung ging es um ein Patent für ein Laserentfernungsmessgerät für den Nah- und Fernbereich mit einem speziellen Empfänger. Der Einspruch gegen das Patent wurde geprüft und letztendlich wurde das Patent mit einigen Einschränkungen aufrechterhalten.

Das Gericht stellte fest, dass das Patent gültig ist und nicht gegen die Neuheit und erfinderische Tätigkeit anderer Erfindungen verstößt. Es wurde festgestellt, dass keine der genannten Druckschriften dasselbe Laserentfernungsmessgerät offenbart wie das patentgeschützte Gerät.

Das Gericht erklärte auch, dass die vorgelegten Patentansprüche zulässig sind und keine unzulässige Erweiterung des ursprünglichen Anspruchs darstellen. Die in den Ansprüchen genannten Merkmale wurden durch die Beschreibung in der Patentschrift und die Ausführungsbeispiele gestützt.

Darüber hinaus wurden zwei weitere Patentansprüche hinzugefügt, die vorteilhafte Ausgestaltungen des Laserentfernungsmessgerätes betreffen. Diese Ansprüche wurden ebenfalls für gültig erklärt.

Insgesamt wurde das Patent mit einigen Einschränkungen, basierend auf den neuen Patentansprüchen, aufrechterhalten.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 07.11.2006, Az: 21 W (pat) 333/03


Tenor

Nach Prüfung des Einspruchs wird das Patent mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrechterhalten:

Bezeichnung: Laserentfernungsmessgerät für den Nah- und Fernbereich mit speziellem Empfänger Patentansprüche 1-3, überreicht in der mündlichen Verhandlung Beschreibung, Spalte 1 - Spalte 8, gemäß Patentschrift 4 Blatt Zeichnungen Figuren 1.1 bis 4.3, gemäß Patentschrift.

Gründe

I Auf die am 13. Oktober 2000 beim Patentamt eingereichte Patentanmeldung ist das nachgesuchte Patent 100 51 302 mit der Bezeichnung "Laserentfernungsmessgerät für den Nah- und Fernbereich mit speziellem Empfänger" erteilt worden. Die Veröffentlichung der Erteilung ist am 15. Mai 2003 erfolgt.

Gegen das Patent ist Einspruch erhoben worden.

Die Einsprechende hat zum Stand der Technik folgende Druckschriften genannt:

D1 WO 02/27352 A1; (Priorität von D2 beansprucht)

D2 Schweizerisches Patentgesuch Nr. 2000 1893/00, Anmeldedatum 27. September 2000;

D3 Teil der japanischen Gebrauchsmusteroffenlegung Sho 58-145507 (mit Teilübersetzung), Veröffentlichungsdatum 30. September 1983;

D4 Teil der japanischen Druckschrift "High Tec Focusing Collector" (englische Übersetzung des japanischen Titels), Veröffentlichungsdatum 17. Mai 1985;

D5 Sammeldokument (Prospekt; Teil des Service Manuals; technische Zeichnungen; Datenblatt APD-Empfangsdiode der Fa. RCA) der Aufsatzdistanzmesser-Produktfamilie "Distomat Wild DI" der Firma "Wild Heerbrugg Ltd., 9435 Heerbrugg (Schwitzerland)

D6 JP 62-190479 D7 DE 22 29 339 B2 D8 DE 196 43 287 A1 Ferner verweist sie auf die bereits im Erteilungsverfahren berücksichtigten Druckschriften D9 DE 198 60 464 A1 und D10 EP 0 701 702 B1.

Die Einsprechende führt zur Begründung ihres Einspruchs aus, der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 werde durch die nachveröffentlichte D1, in der die Priorität des schweizerischen Patentgesuchs gemäß D2, dessen Anmeldetag vor dem Anmeldetag des Patents liegt, in Anspruch genommen ist, neuheitsschädlich vorweggenommen. Gegenüber D3, D4 und D10 erachtet sie den Gegenstand des Patentanspruchs 1 in Kombination mit dem allgemeinen Fachwissen als nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend. Auch könne das in den Unteransprüchen 2 bis 5 Beanspruchte Neuheit und erfinderische Tätigkeit des Patentgegenstandes nicht stützen.

Die Patentinhaberin überreicht in der mündlichen Verhandlung neue Patentansprüche 1 bis 3.

Der Patentanspruch 1 lautet - mit einer Merkmalsgliederung versehen:

M1 Laserentfernungsmessgerät für den Nah- und Fernbereich mit einem Sende- und einem Empfangskanal, M2 wobei der Sendekanal aus einem Sendeobjektiv (1), in dessen Brennpunkt eine Laserlichtquelle (2) angeordnet ist und der Empfangskanal aus einem Empfangsobjektiv (3) besteht, in dessen Brennebene sich eine Empfängeranordnung befindet, und der Sende- und der Empfangskanal so zueinander angeordnet sind, M3 dass die optischen Achsen des Sendeobjektives (1) und des Empfangsobjektives (3) zueinander parallel mit einem Abstand a verlaufen, dadurch gekennzeichnet, M4 dass die Empfängeranordnung eine Photodioden-Chip-Anordnung (4.1 bis 4.4) mit mindestens zwei aktiven Photodiodenflächen (7.1, 7.2) ist, M5 die auf einer Geraden angeordnet sind, welche die optischen Achsen des Sende-(1) und des Empfangsobjektivs (3) schneidet, M6 und sich die zur Laserlichtquelle (2) nächst angeordnete aktive Photodiodenfläche im Abstand a zu dieser befindet M7 und denen eine Lochblende mit Blendenöffnungen (6.1, 6.2) einer gleichen Anzahl wie Photodiodenflächen (7.1, 7.2) vorgeordnet ist, M7a wobei die erste Blendenöffnung (6.1) so dimensioniert ist, dass die Lochblende die dahinter angeordnete Photodiodenfläche (7.1) teilweise abschattet, bevor die auftreffende Strahlungsintensität an die obere Grenze des Dynamikbereiches der Photodioden-Chip-Anordnung kommt, M7b und sich die zweite Blendenöffnung (6.2) in einem derartigen Abstand zur ersten Blendenöffnung befindet, so dass durch diese Strahlung auf die dahinter angeordnete zweite Photodiodenfläche (7.2) trifft, bevor die auf die erste Photodiodenfläche (7.1) auftreffende Strahlungsintensität unter die untere Grenze des Dynamikbereiches sinkt.

Die Patentansprüche 2 und 3 lauten:

2. Laserentfernungsmessgerät für den Nah- und Fernbereich nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Blendenöffnungen kreisrund, oder in Richtung der Geraden stärker ausgedehnte ovale oder keilförmige Gebilde sind.

3. Laserentfernungsmessgerät für den Nah- und Fernbereich nach einem der Ansprüche 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass die Photodioden Avalanch-Photodioden sind.

Die Patentinhaberin beantragt, das Patent beschränkt aufrechtzuerhalten mit den in der mündlichen Verhandlung überreichten Patentansprüchen 1 bis 3, die übrigen Unterlagen gemäß Patentschrift.

Die Einsprechende beantragt, das Patent zu widerrufen.

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II Gemäß der eindeutigen Zuständigkeitsregelung in § 147 Abs. 3 PatG in der Fassung vom 9. Dezember 2004 liegt die Entscheidungsbefugnis über den unstreitig zulässigen, am 30. Juni 2006 - d. h. vor Aufhebung des § 147 Abs. 3 PatG - noch anhängigen Einspruch bei dem hierfür zuständigen 21. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts. Dieser hatte aufgrund mündlicher Verhandlung zu entscheiden.

Der form- und fristgerecht erhobene Einspruch ist zulässig, denn die für die Beurteilung des behaupteten Widerrufsgrundes maßgeblichen tatsächlichen Umstände sind von der Einsprechenden innerhalb der gesetzlichen Frist im Einzelnen so dargelegt worden, dass die Patentinhaberin und der Senat daraus abschließende Folgerungen für das Vorliegen bzw. Nichtvorliegen eines Widerrufsgrundes ohne eigene Ermittlungen ziehen können.

Die Zulässigkeit des Einspruchs ist im Übrigen von der Patentinhaberin nicht bestritten worden.

1. Der Einspruch ist jedoch nur insofern begründet, als er nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung zu einer beschränkten Aufrechterhaltung des Patents auf der Grundlage des in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Patentanspruchs 1 führt.

Die geltenden Patentansprüche 1 bis 3 sind zulässig. Die Merkmale M1 bis M6 des Patentanspruchs 1 entsprechen inhaltlich dem Anspruch 1 aus der Patentschrift sowie dem ursprünglich eingereichten Anspruch 1, wobei das Merkmal M5, wonach die mindestens zwei aktiven Photodiodenflächen (7.1, 7.2) "auf einer Geraden angeordnet sind, welche die optischen Achsen des Sende- und des Empfangsobjektivs schneidet", sich aus dem ursprünglichen Anspruch 1 i. V. m. sämtlichen Ausführungsbeispielen ergibt. Diese Änderung stellt sonach keine unzulässige Erweiterung dar, da sich die Empfängeranordnung mit ihren Photodiodenflächen auch gemäß dem ursprünglichen Anspruch 1 in der Brennebene des Empfangsobjektivs befindet. Die Brennebene liegt bekanntlich senkrecht zur optischen Achse des Empfangskanals; dieser ist parallel im Abstand a zum Sendekanal angeordnet. Daraus folgt für die Gerade, auf der die Photodiodenflächen angeordnet sind, zwangsweise, dass sie die optischen Achsen des Sende- und des Empfangsobjektivs nicht nur schneidet, sondern auch auf ihnen senkrecht steht (bedingt durch die senkrechte Lage der Brennebene auf der optischen Achse des Empfangskanals) und somit auch deren Ausrichtung durch den Abstand a der beiden (parallelen) Kanäle bestimmt ist.

Die Merkmale M7, 7a und 7b gehen aus dem im Absatz [0048] der Patentschrift bzw. aus dem im Absatz [0051] der Offenlegungsschrift dargelegten Sachverhalt hervor. Die Ansprüche 2 und 3 sind aus den Ansprüchen 3 und 4 der Patentschrift bzw. den Ansprüchen 4 und 5 der Offenlegungsschrift hervorgegangen.

2. Der - zweifelsohne gewerblich anwendbare - Gegenstand des Patentanspruchs 1 ist neu, da keine der zum Stand der Technik genannten Druckschriften ein Laserentfernungsmessgerät für den Nah- und Fernbereich mit sämtlichen in diesem Anspruch aufgeführten Merkmalen offenbart.

2.1 Die ältere, nachveröffentlichte Druckschrift D1, die gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 3 PatG zum Stand der Technik gehört und somit nur bei der Neuheitsbetrachtung der Bewertung bedarf, nimmt den Gegenstand des Patentanspruchs 1 nicht vorweg.

D1 (vgl. Fig. 1 und Beschreibung Seite 7, 2. Absatz) offenbart eine Vorrichtung und ein Verfahren zur Signalerfassung bei einem Entfernungsmessgerät, das für Nah- und Fernfeldmessungen geeignet mit einem Sendekanal und einem Empfangskanal versehen ist, wobei im Brennpunkt des Sendeobjektivs (Kollimationsoptik 2) eine Laserlichtquelle 1 angeordnet ist und in der Brennebene des Empfangsobjektivs (3) sich die Empfängeranordnung (Messempfänger 4) befindet, bei zueinander parallel in einem Abstand verlaufenden optischen Achsen der Objektive, entsprechend den Merkmalen M1 bis M3 des Patentanspruchs 1. Die Empfängeranordnung 4 ist in integrierter Halbleiterbauweise ausgebildet (vgl. die Beschreibung zur Fig. 5; Seite 10, 2. Absatz) und beispielsweise mit einer Photodiode (vgl. Seite 7, Zeile 14) versehen, wobei gemäß dem Ausführungsbeispiel der Figur 5 drei Segmente 41, 42, 43 vorgesehen sind. Diese sind auf einer die optischen Achsen schneidenden Gerade - in der Brennebene des Empfangsobjektivs liegend - angeordnet, derart, dass sich das zur Laserlichtquelle nächst angeordnete Segment 41 im Abstand der optischen Achsen der Objektive befindet (notwendigerweise, da der ursprüngliche Abstand der optischen Achsen auf weit entfernte Objekte justiert ist). Insofern sind auch die Merkmale M4 bis M6 aus D1 bekannt.

Der zuständige Durchschnittsfachmann, der hier als ein mit der Entwicklung von Laserentfernungsmessgeräten befasster, berufserfahrener Dipl.-Phys. zu definieren ist, erkennt zwar, dass in D1 den in ihren Flächen begrenzten Segmenten 41, 42, 43 des lichtelektrischen Empfängers 4 gemäß der Variante der Figur 5 auch eine Blendenfunktion zukommt, jedoch werden diese Segmente elektrisch individuell angesteuert, um für die Blendenwirkung beabsichtigt gezielt nur denjenigen Bereich zu aktivieren, auf den Messlicht auffällt (vgl. Seite 10, Abs. 2).

Angaben zur Dimensionierung gemäß dem Merkmal M7a für die erste Blendenöffnung (6.1) und gemäß dem Merkmal M7b für den Abstand der zweiten Blendenöffnung zur ersten Blendenöffnung sind in D1 zu den einzelnen Segmenten nicht angegeben; sie können auch gar nicht vorgesehen sein, da die Segmente ausweislich der Figur 5 auf der die optische Achse schneidenden Gerade aneinander angrenzend angeordnet sind.

2.2 Auch die übrigen, im Verfahren befindlichen Druckschriften D2 bis D10 in der mündlichen Verhandlung im Übrigen keine Rolle gespielt haben, nehmen den Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 nicht vorweg.

3. Wie sich der Senat überzeugt hat, vermag dieser vorveröffentlichte Stand der Technik auch die erfinderische Tätigkeit des beanspruchten Gegenstandes nicht in Frage zu stellen.

4. Die auf den Patentanspruch 1 rückbezogenen Patentansprüche 2 und 3 betreffen vorteilhafte und nicht selbstverständliche Ausgestaltungen des Laserentfernungsmessgerätes nach Patentanspruch 1. Sie haben deshalb zusammen mit dem Patentanspruch 1 Bestand.






BPatG:
Beschluss v. 07.11.2006
Az: 21 W (pat) 333/03


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/db686726f296/BPatG_Beschluss_vom_7-November-2006_Az_21-W-pat-333-03




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share