Verwaltungsgericht Aachen:
Beschluss vom 12. August 2008
Aktenzeichen: 1 K 264/07
(VG Aachen: Beschluss v. 12.08.2008, Az.: 1 K 264/07)
Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung
In dieser Gerichtsentscheidung geht es um ein Ablehnungsgesuch gegen den Vizepräsidenten des Verwaltungsgerichts. Der Kläger hatte in seinen Schriftsätzen Ablehnungsgründe gegen den Vizepräsidenten vorgebracht, die jedoch abgelehnt wurden. Gemäß § 43 ZPO kann eine Partei einen Richter wegen Besorgnis der Befangenheit nicht mehr ablehnen, wenn sie sich bei ihm, ohne den Ablehnungsgrund geltend zu machen, in eine Verhandlung eingelassen oder Anträge gestellt hat. Da der Kläger in einem anderen Verfahren einen Verlegungsantrag gestellt und die Ablehnungsgründe trotz Kenntnis nicht geltend gemacht hat, ist er mit seinen Ablehnungsgründen ausgeschlossen. Auch der Antrag auf Terminsverlegung gemäß § 227 ZPO ist ein Antrag im Sinne des § 43 ZPO. Der Wortlaut des § 43 ZPO erfasst auch einen Terminsverlegungsantrag und enthält keine Beschränkungen auf bestimmte Prozessanträge. Sinn und Zweck des § 43 ZPO unterstützen diese Auslegung, um bereits geleistete Richterarbeit nicht nutzlos zu machen. Der Zweck besteht darin, dass eine Partei, die an der Unbefangenheit eines Richters zweifelt, dies unverzüglich kundtun soll. Deshalb ist sie von ihrem Ablehnungsrecht ausgeschlossen, wenn sie Anträge stellt oder sich in die Verhandlung einlässt, ohne den Ablehnungsgrund zu nennen. Auch die Bearbeitung eines Verlegungsantrags kann erheblichen Aufwand bedeuten und zu Rechtsproblemen führen. Daher ist es gerechtfertigt, Verlegungsanträge als Anträge im Sinne des § 43 ZPO anzusehen. Die Ablehnungsgründe des Klägers, die sich auf frühere Verfahren beziehen, in denen er das Ablehnungsrecht nicht geltend gemacht hat, sind ebenfalls ausgeschlossen. Der Verlust des Ablehnungsrechts wirkt sich auch auf spätere Verfahren aus, wenn sie in einem Sachzusammenhang stehen und in einheitlichen Vorgängen ihre Grundlage haben. Der Kläger hat zudem weitere Ablehnungsgründe geltend gemacht, die die Besorgnis der Befangenheit des Vizepräsidenten nicht rechtfertigen. Um eine Besorgnis der Befangenheit zu begründen, muss ein Beteiligter vernünftige Gründe haben, an der Unvoreingenommenheit des Richters zu zweifeln. Fehlerhafte Entscheidungen oder Verfahrensverstöße allein rechtfertigen dies nicht. Eine Ausnahme besteht nur dann, wenn die Entscheidung auf einer unsachlichen oder offensichtlich unhaltbaren Grundlage beruht. Der Kläger konnte diese Voraussetzungen nicht glaubhaft machen. Die dienstliche Äußerung des Vizepräsidenten begründet keine Besorgnis der Befangenheit. Die Argumente des Klägers in Bezug auf das Verbindungsbegehren und den Verlegungsantrag sind aus rechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Der Vizepräsident hat in seiner Äußerung zu den Ablehnungsgründen Stellung genommen, soweit dies für die Entscheidung über das Ablehnungsgesuch notwendig war. Die Rechts- und Verfahrensfehler des Vizepräsidenten, die der Kläger behauptet, sind nicht offensichtlich unhaltbar. Daher gibt es keine berechtigten Gründe, an der Unvoreingenommenheit des Vizepräsidenten zu zweifeln.
Die Gerichtsentscheidung im Volltext:
VG Aachen: Beschluss v. 12.08.2008, Az: 1 K 264/07
Tenor
Das Ablehnungsgesuch wird abgelehnt.
Gründe
Das in den Schriftsätzen des Klägers vom 15. Mai 2008, 19. Mai 2008 und 6. August 2008 enthaltene Ablehnungsgesuch gegen Vizepräsidenten des Verwaltungsgerichts (VPVG) O. hat keinen Erfolg.
A. I. Der Kläger ist mit den die Verfahren 1 K 1213/06 und 1 K 38/06 betreffenden (unter Nr. 1. und Nr. 2. seines Schriftsatzes vom 15. Mai 2008 vertiefend geltend gemachten) Ablehnungsgründen gemäß § 54 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit § 43 ZPO ausgeschlossen.
Nach § 43 ZPO kann eine Partei einen Richter wegen Besorgnis der Befangenheit nicht mehr ablehnen, wenn sie sich bei ihm, ohne den ihr bekannten Ablehnungsgrund geltend zu machen, in eine Verhandlung eingelassen oder Anträge gestellt hat. Danach ist der Kläger mit seinen die Verfahren 1 K 1213/06 und 1 K 38/06 betreffenden Ablehnungsgründen ausgeschlossen, weil er in diesem Verfahren 1 K 264/07 einen Verlegungsantrag gestellt und die Ablehnungsgründe trotz seiner Kenntnis nicht geltend gemacht hat.
Der Antrag auf Terminsverlegung gemäß § 227 ZPO ist ein Antrag im Sinne des § 43 ZPO.
Ebenso: BPatG, Beschluss vom 10. Dezember 1981 - 4 W (pat) 33/81 -, GRUR 1982, 359 (360); HansOLG Hamburg, Beschluss vom 31. Oktober 1960 - 4 W 85/60 -, MDR 1961, 152; RG, Beschluss vom 9. November 1895 - V 125/95 -, RGZ 36, 378 (380 f.); Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 16. Auflage 2004, § 24 Rn. 16; a.A.: Vollkommer, in: Zöller, ZPO, 26. Auflage 2007, § 43 Rn. 5; Hartmann, in: Baumbach u.a., ZPO, 65. Auflage 2007, § 43 Rn. 8.
Für dieses Normverständnis spricht zunächst der Wortlaut des § 43 ZPO. Der Begriff "Antrag" erfasst auch einen Terminsverlegungsantrag; der Gesetzestext enthält keine Beschränkung auf Sachanträge oder bestimmte Prozessanträge.
Sinn und Zweck des § 43 ZPO untermauern eine solche Auslegung, nach der auch ein Terminsverlegungsantrag die Präklusion auslösen kann. Der Zweck des § 43 ZPO besteht darin, geleistete Richterarbeit nicht nutzlos zu machen. Eine Partei, die an der Unbefangenheit eines Richters zweifelt, soll gezwungen werden, dies alsbald kundzutun. Deshalb ist sie von ihrem Ablehnungsrecht auszuschließen, wenn sie durch Einlassung in die Verhandlung oder die Stellung von Anträgen zu erkennen gegeben hat, dass sie den Ablehnungsgrund nicht mehr geltend machen will, das heißt, dass sie dem abgelehnten Richter trotz des Ablehnungsgrundes ihr Vertrauen im Hinblick auf die erstrebte Entscheidung nicht entzieht. Der Erfüllung dieses Zweckes dient es, auch Terminsverlegungsanträge als Anträge im Sinne des § 43 ZPO anzusehen. Denn auch in diesem Fall kann bereits geleistete prozessuale Arbeit von nennenswertem Gewicht nutzlos werden, wenn die Partei zunächst die Entscheidung über ihr Verlegungsgesuch abwarten kann, um erst dann Ablehnungsgründe vorzubringen. Dass auch die Bearbeitung eines Verlegungsantrags nicht unerhebliche Arbeitskraft binden kann, erschließt sich ohne weiteres aus der zu daraus resultierenden Rechtsproblemen ergangenen u. a. vorgenannten Rechtsprechung und (Kommentar-) Literatur.
Dem Auslegungsergebnis steht vor diesem Hintergrund auch nicht etwa das Wesen des Antrags auf Terminsverlegung entgegen.
Lediglich darauf abstellend: BFH, Beschluss vom 4. Juli 1985 - VB 3/85 -, juris, Rn. 18.
Im Gegenteil spricht gerade der Charakter des Verlegungsantrags dafür, diesen im Anwendungsbereich des § 43 ZPO einem Sachantrag gleichzustellen. So folgt die Annahme, dass der Verzicht auf das Ablehnungsrecht in dem Verlegungsantrag stillschweigend enthalten ist, aus dem mit der Antragstellung zum Ausdruck gekommenen Vertrauen in die Unbefangenheit des zuständigen Richters. Die Entscheidung über einen Verlegungsantrag ist nämlich in das Ermessen des Gerichts gestellt; es handelt sich deshalb insoweit gerade nicht um eine rein formale Tätigkeit. Hinzu kommt, dass die Entscheidung über einen Verlegungsantrag auf den Gang des Prozesses einen ins Gewicht fallenden Einfluss auszuüben vermag. So kann die Ablehnung dieses Antrags für die betroffene Partei mit Blick auf die Versagung des rechtlichen Gehörs von erheblicher Bedeutung sein. Soweit das Bundesverwaltungsgericht in seinem
Urteil vom 18. Juni 1964 - III C 123.63 -, NJW 1964, 1870 (1870),
hierzu ausgeführt hat, es bleibe der Partei unbenommen, bei Erfolglosigkeit ihres Verlegungsantrags ihr Ablehnungsrecht geltend zu machen, wenn dieser Antrag den Verlust des Ablehnungsrechts nicht zur Folge hätte, so vermag sich die Kammer dieser Argumentation nicht anzuschließen. Diese enthält nämlich einen Zirkelschluss, indem mit dem Ergebnis der Auslegung ein Argument zu gewinnen versucht wird. Zudem widerspricht es, wie zuvor ausgeführt, dem Zweck des § 43 ZPO, die Partei mit der Ablehnung zuwarten lassen zu können, bis der Richter einmal gegen sie entscheidet.
Abgesehen von den vorstehenden Ausführungen ist der Kläger zudem mit seinen im Schriftsatz vom 15. Mai 2008 geltend gemachten Ablehnungsgründen, soweit sich diese auf das Verfahren 1 K 38/06 und den Zeitraum bis zur mündlichen Verhandlung am 21. Februar 2008 beziehen, gemäß § 43 ZPO auch aus den folgenden Gründen ausgeschlossen.
Der Verlust des Ablehnungsrechts tritt nicht nur in dem anhängigen Rechtsstreit ein, in dem der bereits bekannte Ablehnungsgrund nicht geltend gemacht worden ist. Der Verlust des Ablehnungsrechts in früheren Verfahren wirkt sich auch auf spätere Verfahren aus, wenn die Verfahren in einem Sachzusammenhang stehen und in einheitlichen, tatsächlichen oder rechtlichen Vorgängen ihre Grundlage haben.
BayVGH, Beschluss vom 21. November 1980 - 11 CS 80 D.61 -, BayVBl. 1981, 368 (370); siehe auch BVerwG, Beschluss vom 23. Oktober 2007 - 9 A 50.07 -, juris, Rn. 3; BGH, Beschluss vom 1. Juni 2006 - VZB 193/05 -, NJW 2006, 2776 (277 f.); OVG NRW, Beschluss vom 6. März 2008 - 20 B 2062/07.AK -, juris, Rn. 4.
Danach ist der Kläger mit den vorstehenden näher bezeichneten Ablehnungsgründen auch deshalb ausgeschlossen, weil das Verfahren 1 K 38/06 mit dem vorliegenden Verfahren in einem hinreichenden tatsächlichen Zusammenhang steht. Denn in beiden Verfahren geht es um die Gewährung des Familienzuschlags in bestimmten Zeiträumen, und der Kläger hat in jenem Verfahren in der mündlichen Verhandlung am 21. Februar 2008 den Klageantrag gestellt, ohne die ihm bekannten Ablehnungsgründe geltend gemacht zu haben.
II. Die im Übrigen vorgetragenen Ablehnungsgründe betreffend dieses Verfahren rechtfertigen die Ablehnung des VPVG O. nicht.
Besorgnis der Befangenheit im Sinne des § 54 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit § 42 Abs. 2 ZPO besteht, wenn ein am Verfahren Beteiligter bei vernünftiger Würdigung aller Umstände berechtigten Anlass hat, an der Unvoreingenommenheit des Richters zu zweifeln.
BVerwG, Beschluss vom 2. Oktober 2007 - 4 A 1009.07 u.a. -, juris, Rn. 14; OVG NRW, Beschluss vom 6. März 2008 - 20 B 2062/07.AK -, juris, Rn. 26, jeweils m.w.N.
Fehlerhafte Entscheidungen eines Richters und Verfahrensverstöße sind grundsätzlich kein Ablehnungsgrund. Eine Ausnahme kommt dann in Betracht, wenn die Rechts- und Verfahrensverstöße auf einer unsachlichen Entscheidung des Richters oder auf Willkür beruhen. Eine auf Willkür beruhende Entscheidung liegt nur dann vor, wenn sie bei verständiger Würdigung schlechterdings nicht mehr verständlich oder offensichtlich unhaltbar ist.
BVerwG, Beschluss vom 23. Oktober 2007 - 9 A 50.07 -, juris, Rn. 6; BAG, Beschluss vom 29. Oktober 1992 - 5 AZR 377/92 -, NJW 1993, 879 (879); BFH Beschluss vom 11. August 1992 - III B 101/92 -, BB 1992, 1991 (1992); Bay. OLG, Beschlüsse vom 21. Juli 1988 - 2 Z 63/88 -, MDR 1988, 1063, und vom 12. Mai 1977 - 1 Z 29/77 -, DRiZ 1977, 244 (245); OLG Zweibrücken, Beschluss vom 2. Juli 1982 - 2 WF 50/82 -, MDR 1982, 940; Czybulka, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 2. Aufl., 2006, § 54 Rn. 68 f.; Gehrlein, Münchener Kommentar zur ZPO, Band 1, 3. Aufl. 2008, § 42 Rn. 28 ff., jeweils m. w. N.
Das Vorliegen dieser Voraussetzungen hat der Kläger im Hinblick auf die hier in Rede stehenden Ablehnungsgründe nicht im Sinne des § 44 Abs. 2 Satz 1 ZPO glaubhaft gemacht. Er trägt insoweit zum einen vor, der abgelehnte Richter habe nicht auf den Antrag auf Verbindung dieses Verfahrens mit dem Verfahren 1 K 38/06 reagiert. Zum anderen macht der Kläger geltend, VPVG O. habe auf den Verlegungsantrag vom 16. April 2008 um Angabe von detaillierten Auskünften über die am 16. Mai 2008 anstehenden Hauptverhandlungstermine und den Zeitpunkt der jeweiligen Terminierung sowie um entsprechende Nachweise gebeten ("ungewöhnliche Ansinnen"). Nachdem der Kläger dies abgelehnt habe, habe VPVG O. den Verlegungsantrag abgelehnt und in dem diesbezüglichen Beschluss ausgeführt, der Kläger beanspruche wegen seiner beruflichen Stellung eine "bevorzugte Behandlung". Schließlich habe der abgelehnte Richter die Ausführungen des Klägers in seinem Schriftsatz vom 28. April 2008 "bewusst ignoriert".
Dieser Vortrag begründet die Befangenheit von VPVG O. schon deshalb nicht, weil insoweit keine Rechts- und Verfahrensfehler vorliegen.
Dies gilt zunächst für die gerügte fehlende Reaktion auf das mit der Klageschrift vom 20. März 2007 und dem Schriftsatz vom 12. Juni 2008 geltende gemachte Verbindungsbegehren des Klägers. Die Entscheidung über die Verbindung erfolgt nach pflichtgemäßem Ermessen des Gerichts (§ 93 Satz 1 VwGO). Gründe, aus denen VPVG O. auf das Verbindungsbegehren unmittelbar bzw. vor dem für den 16. Mai 2008 anberaumten Termin zur mündlichen Verhandlung reagieren musste, hat der Kläger nicht vorgetragen. Sie sind auch nicht ersichtlich, zumal der Kläger in seinem Schriftsatz vom 12. Juni 2008 die Verbindung lediglich angeregt hat; der abgelehnte Richter konnte eine Reaktion auf das Verbindungsbegehren aus verfahrensökonomischen Gründen ermessensfehlerfrei zurückstellen.
Auch im Hinblick auf den Verlegungsantrag des Klägers vom 16. April 2008 sind Verfahrens- und Rechtsverstöße nicht gegeben. Soweit VPVG O. den Kläger unter dem 18. April 2008 gebeten hat, die von ihm anberaumten Hauptverhandlungstermine für den Vormittag des 16. Mai 2008 sowie den Zeitpunkt der Terminierung zu benennen und Nachweise beizufügen, ist dies rechtlich nicht zu beanstanden. Nach § 227 Abs. 1 Satz 1 ZPO (i. V. m. § 173 VwGO) kann ein Termin nur aus erheblichen Gründen aufgehoben werden. Die erheblichen Gründe sind auf Verlangen des Vorsitzenden, für eine Vertagung auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen (§ 227 Abs. 2 ZPO). Bei der von einem Beteiligten geltend gemachten Terminsüberschneidung kann von Bedeutung sein, welcher Termin früher anberaumt worden ist; im Übrigen sind die betroffenen Interessen abzuwägen.
Vgl. Hartmann, a. a. O., § 227 Rn. 24, m.w.N.
Der Kläger hatte zur Begründung seines Antrags vom 18. April 2008 lediglich vorgetragen, er habe am Vormittag des 16. Mai 2008 bereits mehrere Hauptverhandlungstermine anstehen. Vor dem Hintergrund der vorstehenden Ausführungen sowie mit Blick darauf, dass der Kläger zu dem in Rede stehenden Termin bereits am 8. März 2008 (Zugang der Ladungsverfügung vom 3. März 2008) geladen worden war, stellt die Bitte des abgelehnten Richters, die Gründe für das Verlegungsbegehren näher darzulegen und ggf. zu belegen, ein prozess- und materiellrechtlich (ermessens-) fehlerfreies Verhalten dar; ein "ungewöhnliches Ansinnen" des abgelehnten Richters vermag die Kammer darin nicht zu erkennen. Insbesondere kann sie dem Vorbringen des Klägers in seinem Schriftsatz vom 28. April 2008 nicht folgen, das Wort eines Berufskollegen - der Kläger ist Richter am Amtsgericht - wie auch eines Rechtsanwalts, er sei verhindert, sollte genügen, wenn dieser bislang keine Veranlassung gegeben habe, an seinen diesbezüglichen Angaben zu zweifeln. Für einen dahingehenden allgemein gültigen und das Ermessen im Sinne des § 227 Abs. 1 Satz 1 ZPO generell einschränkenden Grundsatz, der bei Missachtung einen Verfahrensfehler und ggf. auch einen Befangenheitsgrund zur Folge hätte, gibt es keinen greifbaren Ansatzpunkt.
Nach alledem führt weder der Tenor noch die Begründung des Beschlusses des abgelehnten Richters vom 29. Mai 2008 auf einen Rechts- oder Verfahrensfehler. Die Ablehnung eines Verlegungsantrags ist die in der Regel zwingende Folge, wenn der Kläger der gerichtlichen Aufforderung im Sinne des § 227 Abs. 2 ZPO - wie hier - nicht nachkommt. Auch soweit es in der Begründung des Beschlusses heißt, der Kläger habe wie jeder andere Beteiligte seine Verhinderungsgründe darzulegen und ggf. zu belegen, und eine bevorzugte Behandlung stehe dem Kläger nicht zu, ist dies rechtlich nicht zu beanstanden. Warum er insoweit von dem abgelehnten Richter wegen seines Berufs einer (benachteiligenden) Sonderbehandlung unterzogen worden sein soll, hat er nicht näher dargelegt und ist auch nicht ersichtlich. Für einen Einfluss sachfremder Erwägungen bei der Entscheidung über den Verlegungsantrag gibt es außer der entsprechenden, nicht näher substantiierten Vermutung des Klägers keinen Anhalt. Der abgelehnte Richter hat die Ausführungen des Klägers in seinem Schriftsatz vom 28. April 2008 ("wie auch eines Rechtsanwaltes") auch nicht "bewusst ignoriert", sondern vielmehr zur Kenntnis genommen und gewürdigt. Dies ergibt sich daraus, dass er die vom Kläger begehrte Bevorzugung, die nach dessen Vortrag Richtern und Rechtsanwälten zugute kommen soll, ausdrücklich angesprochen und mit - aus Sicht der Kammer nachvollziehbaren - Gründen zurückgewiesen hat.
Da somit die vom Kläger mit Schriftsatz vom 15. Mai 2008 zu diesem und den Verfahren 1 K 1213/06 und 1 K 38/06 geltend gemachten Ablehnungsgründe für sich genommen keine Besorgnis der Befangenheit des abgelehnten Richters zu begründen vermögen, führt auch eine Gesamtschau dieser Ablehnungsgründe nicht auf die berechtigte Besorgnis, der abgelehnte Richter würde im Verfahren des Klägers nicht unvoreingenommen entscheiden.
B. Der Kläger hat auch mit seinem Schriftsatz vom 19. Mai 2008 keine Ablehnungsgründe glaubhaft gemacht. Die dienstliche Äußerung (§ 44 Abs. 3 ZPO i.V.m. § 54 Abs. 1 VwGO) von VPVG O. vom 15. Mai 2008 begründet nicht die Besorgnis der Befangenheit.
Dies gilt zunächst hinsichtlich des Vortrags, der abgelehnte Richter habe mit seiner Äußerung, die nachträglichen Angriffe betreffend die Vorgänge in den Verfahren 1 K 1213/06 und 1 K 38/06 nicht zu kommentieren, insoweit keine dienstliche Äußerung abgegeben und die fehlende Bereitschaft gezeigt, sich mit dem Vorbringen der Parteien ernsthaft auseinander zu setzen. Ein abgelehnter Richter hat in seiner dienstlichen Äußerung zu den für das Ablehnungsgesuch entscheidungserheblichen Tatsachen Stellung zu nehmen, soweit das für die Entscheidung über das Ablehnungsgesuch notwendig und zweckmäßig ist.
BVerwG, Beschluss vom 23. Oktober 2007 - 9 A 50/07 u.a. -, juris, Rn. 2.
Hier ist eine solche Stellungnahme in Bezug auf die die Verfahren 1 K 1213/06 und 1 K 38/06 betreffenden Ablehnungsgründe weder notwendig noch zweckmäßig. Denn der auf diese Verfahren bezogene Vortrag ist, wie zuvor ausgeführt, gemäß § 43 ZPO präkludiert.
Die Formulierung in der dienstlichen Äußerung "Angriffe gegen meine Verhandlungsführung" ist entgegen der Auffassung des Klägers weder als Fehlgriff noch als überzogene Wortwahl zu werten. Diese rein rechtstechnische Ausdrucksweise (vgl. nur § 296 Abs. 1 ZPO) enthält keinen greifbaren Anhaltspunkt für eine fehlende Unvoreingenommenheit des abgelehnten Richters.
Dies gilt auch für die Formulierung "Ablehnung meiner Person". Diese Formulierung ist ebenso sachlich wie zutreffend (vgl. § 146 Abs. 2 VwGO: " Ablehnung von Gerichtspersonen"); eine persönliche Betroffenheit des abgelehnten Richters kommt darin nicht ansatzweise zum Ausdruck.
Ebenso wenig führt die Rechtsauffassung des abgelehnten Richters, wonach Gründe für eine Verlegung des Termins auch mit Blick auf die Ausführungen des Klägers in seinem Schriftsatz vom 15. Mai 2008 nicht dargelegt seien, auf seine Befangenheit. Denn der Kläger hat weder dargelegt noch ist sonst zu ersehen, dass diese Rechtsauffassung offensichtlich unhaltbar ist.
Lediglich ergänzend merkt die Kammer an, dass die die Verfahren 1 K 1213/06 und 1 K 38/06 betreffenden Ablehnungsgründe, die nach den obigen Ausführungen gemäß § 43 ZPO präkludiert sind, auch in der Sache nicht greifen. Es liegen keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass die geltend gemachten Rechts- und Verfahrensverstöße auf einer unsachlichen Entscheidung des abgelehnten Richters oder auf Willkür beruhen. Hiervon ausgehend kann die Überprüfung der Richtigkeit richterlicher Rechtsanwendung nur im dafür vorgesehenen Rechtsbehelfsverfahren erfolgen.
VG Aachen:
Beschluss v. 12.08.2008
Az: 1 K 264/07
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