Bundesgerichtshof:
Beschluss vom 17. Mai 2004
Aktenzeichen: AnwZ (B) 47/03
(BGH: Beschluss v. 17.05.2004, Az.: AnwZ (B) 47/03)
Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung
Der Bundesgerichtshof hat in einem Beschluss vom 17. Mai 2004 (Aktenzeichen AnwZ (B) 47/03) entschieden, dass die Zulassung des Antragstellers als Rechtsanwalt nicht wegen Vermögensverfalls widerrufen wird. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des 1. Senats des Brandenburgischen Anwaltsgerichtshofs vom 7. April 2003 und die Verfügung der Antragsgegnerin vom 31. Januar 2002 werden aufgehoben. Es werden keine Gebühren und Auslagen erhoben und keine außergerichtlichen Kosten erstattet. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 50.000 Euro festgesetzt.
Der Antragsteller wurde 1990 als Rechtsanwalt in W. zugelassen, seine Zulassung erfolgte bei dem Amts- und Landgericht N. Aufgrund von Vermögensverfall hat die Antragsgegnerin am 31. Januar 2002 seine Zulassung widerrufen. Der Anwaltsgerichtshof hat den Antrag des Antragstellers auf gerichtliche Entscheidung zurückgewiesen, dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers.
Der Bundesgerichtshof hat festgestellt, dass die Voraussetzungen für eine Widerrufsverfügung wegen Vermögensverfalls gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 7 der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) zum Zeitpunkt des Widerrufs gegeben waren. Der Antragsteller war in das Schuldnerverzeichnis eingetragen worden und gegen ihn wurden Haftanordnungen erlassen. Es lagen zahlreiche Schuldtitel vor und es wurden Vollstreckungsmaßnahmen gegen ihn durchgeführt. Es gab keine Anhaltspunkte dafür, dass die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet waren.
Allerdings hat der Antragsteller im Beschwerdeverfahren nachgewiesen, dass er seine Schuldverpflichtungen weitgehend erfüllt hat und sein derzeitiges Einkommen es ihm ermöglicht, seinen verbleibenden Verpflichtungen ordnungsgemäß nachzukommen. Er hat eine von der B. Ersatzkasse gegengezeichnete Ratenzahlungsvereinbarung vorgelegt und Zahlungsbelege und Bestätigungen vorgelegt, die belegen, dass sich die Schuld verringert hat. Er hat auch die Zahlung an die Fa. D. Immobilien nachgewiesen und dargelegt, dass sich die Verbindlichkeit reduziert hat. Der Antragsteller hat auch Einnahme- und Überschussberechnungen für die Jahre 2002 und 2003 vorgelegt, die zeigen, dass er in der Lage sein wird, die noch offenen Forderungen zu begleichen.
Da der Widerrufsgrund erst im Beschwerdeverfahren weggefallen ist, führt dies jedoch nicht zur Erstattung der außergerichtlichen Kosten durch den Antragsgegner.
(Diese Inhaltsangabe ist mindestens ein Drittel der Länge des originalen Textes.)
Die Gerichtsentscheidung im Volltext:
BGH: Beschluss v. 17.05.2004, Az: AnwZ (B) 47/03
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers werden der Beschluß des 1. Senats des Brandenburgischen Anwaltsgerichtshofes vom 7. April 2003 und die Verfügung der Antragsgegnerin vom 31. Januar 2002 aufgehoben.
Gebühren und Auslagen werden nicht erhoben. Außergerichtliche Auslagen werden nicht erstattet.
Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 50.000 € festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller wurde 1990 als Rechtsanwalt mit dem Sitz in W. zugelassen. Seine Zulassung erfolgte bei dem Amtsund Landgericht N. . Mit Verfügung vom 31. Januar 2002 widerrief die Antragsgegnerin die Zulassung des Antragstellers wegen Vermögensverfalls. Der Anwaltsgerichtshof hat den Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers.
II.
Das Rechtsmittel ist zulässig (§ 42 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 4 BRAO) und auch begründet.
1. Nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, daß dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind.
a) Ein Vermögensverfall liegt vor, wenn der Rechtsanwalt in ungeordnete, schlechte finanzielle Verhältnisse, die er in absehbarer Zeit nicht ordnen kann, geraten und außerstande ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen; Beweisanzeichen hierfür sind insbesondere die Erwirkung von Schuldtiteln und Vollstreckungsmaßnahmen gegen ihn (st. Rspr., vgl. Senatsbeschlüsse vom 25. März 1991 - AnwZ(B) 73/90, BRAK-Mitt. 1991, 102 und vom 21. November1994 - AnwZ(B) 40/94; BRAK-Mitt. 1995, 126).
b) Diese Voraussetzungen waren - wie der Anwaltsgerichtshof zutreffend ausgeführt hat -bei Erlaß der Widerrufsverfügung gegeben. Dafür stritt bereits die vom Antragsteller nicht widerlegte Vermutung des § 14 Abs. 2 Nr. 7 2.Halbs. BRAO. Der Antragsteller war in das Schuldnerverzeichnis eingetragen worden, weil gegen ihn Haftanordnungen nach § 901 ZPO ergangen waren. Darüber hinaus waren zahlreiche Schuldtitel gegen ihn erwirkt und mußten Vollstreckungsmaßnahmen gegen ihn durchgeführt werden. Anhaltspunkte dafür, daß durch den Vermögensverfall die Interessen der Rechtsuchenden ausnahmsweise nicht gefährdet waren, lagen nicht vor.
2. Zwar ist bei der Nachprüfung einer Widerrufsverfügung grundsätzlich auf die Sachund Rechtslage im Zeitpunkt ihres Erlasses abzustellen. Jedoch ist es bei der gerichtlichen Entscheidung zu berücksichtigen, wenn der Widerrufsgrund nachträglich zweifelsfrei weggefallen ist (BGHZ 75, 356; 84, 149, 150). Hierbei hat der Rechtsanwalt die Umstände darzutun und zu belegen, die seine Einkommensund Vermögensverhältnisse wieder als geordnet erscheinen lassen (vgl. Feuerich/Weyland, BRAO 6. Aufl. § 14 Rdnr. 59; Henssler in: Henssler/Prütting, BRAO 2. Aufl. § 14 Rdnr. 32).
a) Von einem Wegfall des Widerrufsgrundes ist der Anwaltsgerichtshof mit Recht noch nicht ausgegangen. Zwar war bereits vor seiner Entscheidung die Eintragung des Antragstellers in das Schuldnerverzeichnis gelöscht worden. Ferner hatte der Antragstellern nachgewiesen, daß er einen nennenswerten Teil der gegen ihn bestehenden Forderungen getilgt hatte. Jedoch hatte der Antragsteller trotz entsprechender Aufforderung weder die von ihm behaupteten Zahlungen an seine beiden Hauptgläubiger (B. Ersatzkasse und Fa. D. Immobilien) noch den ebenfalls geltend gemachten Abschluß einer Ratenzahlungsvereinbarung mit der B. Ersatzkasse hinreichend belegt.
b) Der Antragsteller hat jedoch im Beschwerdeverfahren nachzuweisen vermocht, daß er zwischenzeitlich seine Schuldverpflichtungen weitgehend erfüllt und ihn sein derzeitiges Einkommen in die Lage versetzt, seinen verbleibenden Verpflichtungen ordnungsgemäß nachzukommen. Dies rechtfertigt es, nunmehr von einem Wegfall des Widerrufsgrundes auszugehen.
Der Antragsteller hat zwischenzeitlich eine von der B. Ersatzkasse gegengezeichnete Ratenzahlungsvereinbarung vorgelegt und durch entsprechende Zahlungsbelege und Bestätigungen belegt, daß sich die Schuld durch monatliche Zahlungen von 200 € auf 1.987,42 € verringert hat. Er hat ferner auch die im Verfahren vor dem Anwaltsgerichtshof nicht belegte Zahlung an die Fa. D. Immobilien in Höhe von 2.406, 40 € nachgewiesen und dargetan, daß sich die Verbindlichkeit insoweit durch monatliche Zahlungen von 500 € auf nunmehr 1.417, 79 € reduziert hat. Schließlich hat er Einnahmeund Überschußberechnungen für die Jahre 2002 und 2003 nebst Aufstellungen über bestehende Außenstände vorgelegt, die den Schluß rechtfertigen, daß er zur Begleichung der noch verbleibenden Forderungen in der Lage sein wird.
Insgesamt stellen sich danach die Einkommensund Vermögensverhältnisse des Antragstellers derzeit wieder als geordnet dar.
3. Da der Widerrufsgrund erst im Beschwerdeverfahren weggefallen ist, entspricht es nicht der Billigkeit, dem Antragsgegner die Erstattung außergerichtlicher Kosten aufzuerlegen (vgl. § 13 a FGG).
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BGH:
Beschluss v. 17.05.2004
Az: AnwZ (B) 47/03
Link zum Urteil:
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