Bundespatentgericht:
Beschluss vom 26. Februar 2003
Aktenzeichen: 28 W (pat) 106/02
(BPatG: Beschluss v. 26.02.2003, Az.: 28 W (pat) 106/02)
Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung
Das Bundespatentgericht hat die Beschwerde einer Anmelderin gegen die Ablehnung ihrer Markenanmeldung zurückgewiesen. Die Markenstelle hatte die Anmeldung abgelehnt, da es sich bei der als Marke beanspruchten Zahl lediglich um eine Füllmengenangabe handele, die vom Verkehr in diesem Sinne verstanden werde und keine kennzeichnende Funktion habe. Die Anmelderin hatte die Zahl bereits als Unterscheidungsmittel eingesetzt, um dem Verkehr die Identifizierung des gewünschten Produkts zu erleichtern. Sie führte an, dass vergleichbare Zahlen bereits als Marke eingetragen seien.
Das Gericht stellte fest, dass an der angemeldeten Marke für die beanspruchten Waren ein Freihaltebedürfnis bestehe. Auf dem Warengebiet gebe es einen großen Bedarf an der freien Verwendung von Zahlen als Ordnungsmitteln. Da eine Vielzahl von Herstellern inkompatible Drucker und Kopierer auf den Markt gebracht habe, sei es für den Verkehr äußerst schwierig, die richtige Patrone für seinen Drucker zu finden. In Einkaufskatalogen würden die Produkte oft über Zahlencodes unterschieden, die auf Eigenschaften wie Füllmenge, Druckerkompatibilität oder Kartuschentyp hinweisen. Die Anmelderin beabsichtige jedoch, Mitbewerber durch die Monopolisierung solcher marktnotwendigen Angaben aus dem Wettbewerb zu drängen, insbesondere die sogenannten Refiller, die leere Patronen wiederverwenden und verkaufen. Das Markenrecht könne jedoch nur dann zur wettbewerbsmäßigen Auseinandersetzung genutzt werden, wenn keine schutzwürdigen Interessen Dritter berührt würden, was hier nicht der Fall sei. Zudem fehle der Anmeldung jegliche Unterscheidungskraft, da der Verkehr Zahlen in Alleinstellung keine betrieblichen Herkunftshinweise beimessen würde. Der Einwand der Anmelderin, dass bereits vergleichbare Zahlen für dieselben Waren als Marke eingetragen seien, führe nicht zu einer anderen Beurteilung, da diese Eintragungen zu Unrecht erfolgt seien.
Die Beschwerde wurde daher zurückgewiesen, und die angeregte Zulassung der Rechtsbeschwerde wurde abgelehnt.
Die Gerichtsentscheidung im Volltext:
BPatG: Beschluss v. 26.02.2003, Az: 28 W (pat) 106/02
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Angemeldet zur Eintragung in das Markenregister, und zwar ursprünglich für die Waren
"Druckertinten; Toner und Tonerpatronen, insbes. für Drucker und Kopierer; EDV-Drucker und deren Teile, insbes. Druckerkartuschen"
ist die Zahl Die Markenstelle für Klasse 2 hat die Anmeldung mit der Begründung zurückgewiesen, es handele sich bei der als Marke beanspruchten Zahl lediglich um eine Füllmengenangabe für die beanspruchten Waren, die vom Verkehr allein in diesem Sinne verstanden werde und der keinerlei kennzeichnende Funktion zukomme.
Mit der hiergegen gerichteten Beschwerde verfolgt die Anmelderin ihr Eintragungsbegehren unter Einschränkung des Warenverzeichnisses auf
"Druckertinten; Toner und Tonerpatronen, insbes. für Drucker und Kopierer"
weiter und bestreitet bezüglich dieser Waren einen unmittelbaren Sachbezug, zumal die herausgestellte Angabe der Füllmenge unüblich sei. Im übrigen setze die Anmelderin die Zahl bereits als Unterscheidungsmittel ein, um dem Verkehr vor dem Hintergrund der Vielzahl von Druckertypen und Druckpatronen ein einfaches Hilfsmittel zur leichteren Identifizierung des von ihm gewünschten Produkts an die Hand zu geben. Vergleichbare Zahlen seien auch bereits für die Anmelderin als Marke eingetragen.
II.
Die zulässige Beschwerde der Anmelderin ist nicht begründet, denn an der angemeldeten Marke besteht in bezug auf die beanspruchten Waren zumindest ein Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG, da sie auch nach den Feststellungen des Senats als konkrete Angabe über wesentliche Eigenschaften der unter ihr angebotenen Waren dienen kann und deswegen für die Mitbewerber freigehalten werden muss.
Wie die Anmelderin selbst einräumt, besteht auf dem beanspruchten Warengebiet ein großer Bedarf an der freien Verwendung von Zahlen als Ordnungsmitteln. Der Grund hierfür ist, dass eine Vielzahl von Herstellern eine große Zahl an Druckern und Kopierern unterschiedlicher Modelle auf den Markt gebracht haben, die untereinander weitgehend inkompatibel sind, wobei vor allem die Druckmittel in Form von Druckerpatronen oder Tonerkartuschen selbst bei Modellen desselben Herstellers nicht frei austauschbar, sondern streng produktbezogen sind. Für den Verkehr und insbesondere den Endverbraucher ist es regelmäßig äußerst schwierig, sich in diesem Markt zurecht zufinden und für seinen Drucker die richtige Patrone zu erhalten. Ein Blick in Einkaufskataloge für Büroartikel (zB Office Discount Sommer 2001, Otto Büro & Technik Profi Ausgabe 2000, Viking direkt 2001 usw.) zeigt für Druckertinten, Tintenpatronen, Toner und Tonerkartuschen endlose Listen, in denen die Produkte in erster Linie über Zahlencodes (ggfls. in Kombination mit Buchstaben) unterschieden werden, und zwar nicht nur als bloße Bestell-Nummer, sondern auch als Sachhinweis auf zB Füllmenge (Inhalt), Druckerkompatibilität, Menge, Patronen- oder Kartuschentyp usw. Angesichts dieses, vor allem für den Laien nicht leicht zu durchschauenden Systems, das Fehlkäufe quasi vorprogrammiert, gehen immer mehr Hersteller dazu über, ein- oder zweistellige Zahlen als leicht erfass- und merkbare Ordnungshilfen in der Art einzusetzen, wie sie die Anmelderin vorliegend als Marke beansprucht. Zwecks leichterer Zuordnung zu den einzelnen Drucker- oder Kopierermodellen werden dabei typisierte Gruppen gebildet, wobei die für die jeweilige Gruppe verwendete Zahl häufig sogar in herausgestellter Form Verwendung findet, um dem Kunden von weitem zu signalisieren, wo er bei "seinem" Hersteller sein Produkt findet. Beispiele für die Praxis sind etwa die Produkte der Fa. Kyocera, die einen Toner Kit unter Bezeichnungen wie "TK-4, TK-5, TK-6, TK-9. TK-11, TK-12, TK-16. TK-20, TK-25" usw. anbieten, während die Fa. Canon für Tintenpatronen Bezeichnungen wie "BC-01, BC-02. BC-05, BC-10, BC-20, BC-50, BC-60" usw. gewählt hat. Bereits diese Beispiele zeigen, welche Bedeutung die freie Verwendung von Zahlen auf dem vorliegenden Warengebiet für die Mitbewerber der Anmelderin hat. Noch deutlicher wird das im Bereich der Anbieter, die selbst keine Drucker oder Kopierer, sondern lediglich kompatible Druckmittel herstellen (zB Fa. Pelikan, Jet Tec, KMP, Otto), da sie zwangsläufig dem von den Herstellern der Originalware vorgegebenen Ordnungssystem folgen müssen. Monopolisiert man aber die dabei üblicherweise verwendeten Ordnungsmittel, also Zahlen, Buchstaben oder deren Kombination, zugunsten eines einzigen Anbieters, wird den Mitbewerbern die Möglichkeit genommen, ihre Produkte ungehindert in der verkehrsüblichen Form auf den Markt zu bringen. Die Anmelderin beabsichtigt mit der Markenanmeldung mithin nichts anderes, als unbequeme Mitbewerber über die Monopolisierung von marktnotwendigen Angaben aus dem Wettbewerb zu drängen. Ihr Augenmerk gilt dabei ersichtlich den sogenannten Refillern, die leere Originalpatronen und Kartuschen sammeln, wieder befüllen und dann in der früheren Originalaufmachung, aber als "refilled" oder "rebuild" wieder zu verkaufen. Zur wettbewerbsmäßigen Auseinandersetzung mit diesen Mitbewerbern eignet sich das Markenrecht indes nur dann, wenn durch die gewählte Kennzeichnung keinerlei schutzwürdige Interessen Dritter berührt werden; das ist aber bei der Monopolisierung einer auf diesem Warengebiet eingeführten und üblichen Ordnungszahl der Fall, abgesehen davon, dass die Angabe "20" auch noch die Bezeichnung einer typischen Füllmenge von Tintenpatronen ist, worauf bereits die Markenstelle hingewiesen hat und die sich auch in den genannten Warenkatalogen zahlreich findet.
Abgesehen vom Bestehen eines aktuellen Freihaltebedürfnisses fehlt es der Anmeldung auch an jeglicher Unterscheidungskraft, da der Verkehr wegen der geschilderten üblichen Verwendung von ein- oder zweistelligen Zahlen als Ordnungsmittel und Typenbezeichnung auf dem beanspruchten Warengebiet solchen Zahlen auch in Alleinstellung keinerlei betriebliche Herkunftshinweise beimisst.
Der Einwand der Anmelderin, für sie seien bereits vergleichbare Zahlen (49, 78 usw.) für dieselben Waren als Marke eingetragen, führt zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung, da die Eintragung dieser Marken ersichtlich zu Unrecht erfolgt ist und sie wieder gelöscht werden müssten.
Die Beschwerde der Anmelderin war daher zurückzuweisen. Für die angeregte Zulassung der Rechtsbeschwerde fehlt es an den tatbestandlichen Voraussetzungen.
Stoppel Schwarz-Angele Paetzold Fa
BPatG:
Beschluss v. 26.02.2003
Az: 28 W (pat) 106/02
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