Bundespatentgericht:
Beschluss vom 29. September 2004
Aktenzeichen: 29 W (pat) 86/02

(BPatG: Beschluss v. 29.09.2004, Az.: 29 W (pat) 86/02)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Die Beschwerde der Anmelderin gegen die Ablehnung der Wortmarke "ZERTIFIKATEWEB" wird zurückgewiesen. Das Deutsche Patent- und Markenamt (DPMA) hat die Marke abgelehnt, da sie keine ausreichende Unterscheidungskraft besitzt und ein Freihaltebedürfnis besteht. Das DPMA argumentiert, dass der Begriff "Zertifikate" beschreibend ist und "Web" lediglich auf das Internet hinweist. Die Anmelderin argumentiert dagegen, dass die Kombination der Wörter einen unklaren Bedeutungsgehalt hat und daher Unterscheidungskraft besitzt. Die Gerichtsentscheidung stützt sich auf den Gesamteindruck des Zeichens und kommt zu dem Schluss, dass es keinen unmittelbaren Bezug zu den beanspruchten Waren und Dienstleistungen herstellen kann. Das Zeichen wird als eine allgemeine Sachangabe für ein Internetportal oder eine elektronische Leistung verstanden und fehlt daher an Unterscheidungskraft. Das Gericht bestätigt auch das Freihaltebedürfnis des Zeichens, da es lediglich beschreibende Angaben enthält. Die Argumentation der Anmelderin, dass ähnliche Marken bereits eingetragen wurden, wird vom Gericht abgelehnt, da jedes Zeichen individuell geprüft werden muss.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 29.09.2004, Az: 29 W (pat) 86/02


Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Wortmarke ZERTIFIKATEWEB soll für Waren und Dienstleistungen Klasse 36: Versicherungswesen; Finanzwesen; Geldgeschäfte;

Immobilienwesen;

Klasse 38: Sammeln, Bereitstellen und Übertragen von Informationen, insbesondere mittels Internet;

Klasse 41: Herausgabe und Veröffentlichung von Druckereierzeugnissen, insbesondere von Büchern, Zeitungen, Zeitschriften und Datenträgern aller Art; Organisation und Durchführung von Aus-, Weiter- und Fortbildungsmaßnahmenin das Markenregister eingetragen werden.

Die Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat die Erinnerung der Anmelderin vom 30.11.2001 gegen den Beschluß auf Ablehnung der Eintragung vom 23.10.2001 mit Beschluß vom 15.03.2002 wegen mangelnder Unterscheidungskraft gem. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG und Bestehen eines Freihaltebedürfnisses im Sinn von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zurückgewiesen.

Das DPMA vertritt die Auffassung, die Wortschöpfung ZERTIFIKATEWEB bestehe aus den Wortbestandteilen "Zertifikate" und "Web", die einerseits eine "amtliche Bescheinigung, Bestätigung" bedeuten, andrerseits auf das "World Wide Web" hinweisen. "Web" für sich allein stehe lediglich für einen Hinweis auf das Internet. "Zertifikate" sei dagegen ein beschreibender Begriff, insbesondere im Hinblick auf die Dienstleistungen im Tätigkeitsfeld der Anmelderin, weshalb auch der Gesamtbegriff kein unternehmenskennzeichnendes Merkmal aufweise. "Zertifikat" sei darüber hinaus ein Fachbegriff der Börsensprache, der freihaltebedürftig sei.

Mit ihrer hiergegen gerichteten Beschwerde vom 11.04.2002 (Bl. 5 ff. d. A.) trägt die Anmelderin vor, dass das angemeldete Zeichen über die erforderliche Unterscheidungskraft verfüge und darüber hinaus kein Freihaltebedürfnis bestehe.

Der Begriffsinhalt der Wortkombination sei nicht klar und unmissverständlich, sondern so diffus, dass der genaue Bedeutungsgehalt nicht unmittelbar erkennbar sei. Der Begriff lasse daher aufgrund einer gewissen Unschärfe nicht jegliche Unterscheidungskraft vermissen, was für die Eintragungsfähigkeit ausreichend sei (unter Hinweis auf BGH GRUR 2001, 162/163 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION; BGH GRUR 2002, 64 - INDIVIDUELLE).

"WEB" selbst sei insbesondere im Hinblick auf die Klassen 36 und 41 in keinem Fall beschreibend, da dort keine Dienstleistung auf dem Gebiet der elektronischen Datenverarbeitung angemeldet sei. Schon aus diesem Grund sei ZERTIFIKATEWEB in seiner Gesamtheit schutzfähig, da nur ausschließlich aus beschreibenden Angaben bestehende Marken nach § 8 Ab. 2 Nr. 2 MarkenG ausgeschlossen sein könnten.

Aus dem Gesamtbegriff sei auch kein unmittelbarer Dienstleistungsbezug hinsichtlich der beantragten Klassen erkennbar. Die Dienstleistungen der Klasse 41 würden allenfalls mittelbar umschrieben.

Das DPMA habe darüber hinaus auch die Wortschöpfungen "FONDSWEB" und "WARRANTWEB" eingetragen, was im Sinne einer tatsächlichen Indizwirkung berücksichtigt werden könne.

Die Anmelderin beantragt daher (Bl. 5 d. A.):

Der Beschluß des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 15.03.2002 wird aufgehoben und die angemeldete Wortmarke "ZERTIFIKATEWEB" antragsgemäß eingetragen.

II.

Die zulässige Beschwerde bleibt ohne Erfolg.

Die Markenstelle hat die Anmeldung zu Recht zurückgewiesen, da der Wortfolge für die beanspruchten Dienstleistungen die erforderliche Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG fehlt und ein Freihaltebedürfnis gem. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG besteht.

1. Bei dem angemeldeten Zeichen ZERTIFIKATEWEB handelt es sich um ein zusammengesetztes Zeichen, dessen Komponenten dem Verkehr auch einzeln gegenübertretenden, und zwar in den Worten ZERTIFIKATE und WEB.

"Zertifikate" ist der Plural des deutschen Wortes "Zertifikat", das - ganz allgemein - "amtliches Ursprungszeugnis, Beglaubigung, Bescheinigung" bedeutet (www.wissen.de; Wahrig, Universalwörterbuch 2002). Es hat aber zusätzliche Bedeutungen im Bankenbereich und in der Computer- und Informationstechnologie erhalten. So ist "Zertifikat" auch der Anteilschein an einem Investmentfond, ein Dokument in Form von Ursprungs- oder Qualitätszeugnissen oder ein Wertpapier, vor allem eine Aktie (Hans E. Büschgen, Das kleine Banklexikon, 2. Aufl.). In der Computerbranche ist ein "Zertifikat" ein digitales Dokument, das zur Authentifizierung und zur Gewährleistung eines sicheren Informationsaustausches in offenen Netzwerken wie dem Internet verwendet wird (Computer Lexikon Fachwörterbuch, 2001; Schildhauer, Lexikon Electronic Business, 2003).

Das englische Wort "Web" hat die allgemeinverständliche Bedeutung von "(Daten-)Netz", "Netzwerk" bzw. ist eine Abkürzung für das "WorldWideWeb" (http://de.wikipedia.org/wiki/Web). Die angesprochenen Verkehrskreise messen diesem Begriff keine weitere Bedeutung mehr zu, sondern verstehen das Zeichen wie eine Top-Level-Domain, vergleichbar den ebenfalls im Internet verwendeten Top-Level-Domains ".de", ".com", ".org" etc. "Web" als Synonym für "net" beschreibt somit alles, was mit Datennetzen und dem Internet zu tun hat und ist insoweit auch zu einem Synonym für Netz bzw. Datennetz geworden ("web = an interconnected system of things or people = network": www.thefreedictionary.com/web). Insoweit wird es - entgegen der Auffassung der Anmelderin - durchaus auch in einem engeren Sinne z.B. im Sinn von "Portal" verwendet, so z.B. "Wiesen Web" als Eingangsadresse für Informationen zum Oktoberfest oder bei "RadioWeb" "alles über die deutschsprachige Radioszene" (www.radioweb.de). Es gibt weiterhin Eintragungen zu einem "SchulWeb", dem "Architekt(o)ur-Web", dem "Pastaweb" (Rezepte rund um die Nudel), einem "kathweb" (Titel aktueller Meldungen der katholischen Presse) usw.

Die Verwendung des Wortes "WEB" ist damit nichts anderes als ein ganz allgemeiner, allen Verkehrskreisen verständlicher Hinweis auf das Internet bzw. das EDV- "Netz", der vielfach in Verbindung mit anderen Ausdrücken verwendet wird.

Für die Beurteilung der Schutzfähigkeit des Begriffs ZERTIFIKATEWEB ist jedoch von der Maßgeblichkeit des Gesamteindrucks auszugehen, worauf die Anmelderin zu Recht hinweist.

Die angesprochenen Abnehmer müssen aus dem Gesamtbegriff unmittelbar und ohne weiteres Nachdenken einen Bezug zu den Waren und Dienstleistungen herstellen können, ohne eine analysierende Betrachtung der Einzelbestandteile vorzunehmen (Fezer, Markenrecht, 3. Aufl., § 8 Rn. 42; Ingerl/ Rohnke, Kommentar zum MarkenG, 2. Aufl., § 8 Rn. 53; Ströbele/ Hacker, Kommentar zum MarkenG, 7. Aufl., § 8 Rn. 125). In seiner Entscheidung vom 16.09.2004 (EuGH Rs. C-329/02, Rn. 28 - SAT.2) hat der EuGH zum wiederholten Male klargestellt, dass bei einem aus mehreren Worten bzw. einem Wort und einer Zahl zusammengesetzten Zeichen "eine eventuelle Unterscheidungskraft teilweise für jeden ihrer Begriffe oder ihrer Bestandteile geprüft werden" könne, dann "aber auf jeden Fall von einer Prüfung der Gesamtheit, die sie bilden, abhängen" müsse. Der Umstand allein, dass jeder der Wortbestandteile für sich genommen nicht unterscheidungskräftig sei, schließe nämlich nicht aus, dass deren Kombination trotzdem unterscheidungskräftig sein könne. Dies ist hier allerdings nicht der Fall.

2. Unterscheidungskraft im Sinne der Vorschrift des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (st. Rspr.; BGH GRUR 2003, 1050 - Cityservice; BGH GRUR 2001, 1153/1154 - antiKALK). Hierbei ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen, d.h., jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH WRP 2002, 1073/1074,1075 - BONUS II).

Kann einem Zeichen jedoch für die in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen ein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden, oder handelt es sich auch sonst um eine verständliche Wortfolge der deutschen oder einer geläufigen Fremdsprache, die vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung - stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so fehlt ihm die Unterscheidungskraft (BGH GRUR 2001, 1153/1154 - antiKALK; BGH WRP 2001, 1082/1083 - marktfrisch; BGH GRUR 2001, 1043 - Gute Zeiten - Schlechte Zeiten; BGH GRUR 2001, 1042 - REICH UND SCHOEN; BGH BlfPMZ 2001, 398 - LOOK, BGH WRP 2002, 1073/1074,1075 - BONUS II).

Die Unterscheidungskraft ist dabei zum einen im Hinblick auf die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen und zum anderen im Hinblick auf die beteiligten Verkehrskreise zu beurteilen, wobei auf die mutmaßliche Wahrnehmung eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (EuGH MarkenR 2003, 187/190 Rn. 41 - Linde, Winward und Rado; EuGH MarkenR 2004, 116/120 Rn. 50 - Waschmittelflasche).

Nach Auffassung des Senats ist die Kombination ZERTIFIKATEWEB eine beschreibende Bezeichnung für "Alles über Zertifikate im/ aus dem Netz", denn es ist sprachlich gebildet wie "Wiesen Web", "SchulWeb" etc. Aus dieser Übung der Verbindung von Sachangabe mit "web" ergibt sich, dass der Verkehr das ganze Zeichenwort nur als Verkürzung des aus dem "World wide web" abrufbaren - mit der Sachangabe bezeichneten - Inhalts ansieht.

ZERTIFIKATEWEB erweist sich daher weder im Hinblick auf die belegte Verwendung des Bestandteils "web", noch in Bezug auf den Sachbegriff "Zertifikate" als ein begrifflich unbestimmter und interpretationsbedürftiger Gesamtbegriff. Für die Bejahung von Mehrdeutigkeit bzw. Interpretationsbedürftigkeit kommt es nämlich darauf an, dass kein bestimmter Sinngehalt im Vordergrund steht, was wiederum nur in Berücksichtigung mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen beurteilt werden kann (Ströbele/Hacker, a. a. O., § 8 Rn. 75; BGH GRUR 2000, 882 - Bücher für eine bessere Welt).

Soweit die Finanzdienstleistungen angesprochen sind, steht ZERTIFIKATEWEB für alle Informationen über Aktien, Anteilscheine, Optionen, Discount-Zertifikate, Geldanlagen usw., die man sich aus dem Internet beschaffen kann.

Die angesprochenen Verkehrskreise werden in Bezug auf die beanspruchten Finanzdienstleistungen und Geldgeschäfte ausschließlich einen Sachhinweis darauf sehen, dass es sich um ein Dienstleistungsangebot handelt, das das Thema "Zertifikate" betrifft und im Internet verfügbar bzw. online abrufbar ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass - aufgrund des Kontextbezuges zu den mit dem Verzeichnis beanspruchten Dienstleistungen - ein Fachpublikum angesprochen wird, das genau weiß, um welche Art der Zertifikate es geht.

Der Begriff "Zertifikate" ist im Bank- und Finanzwesen dabei prägend für Wertpapiere geworden, die sich zur Anlage eignen (Index-, Basket-, Discountzertifikate usw.). Für den an Finanzdienstleistungen interessierten Verkehr mit entsprechenden Kenntnissen von Börsengeschäften ergibt sich daher eindeutig um welche Art des Zertifikats es geht.

Ebenso verhält es sich für die weiter beantragte Dienstleistung der Klasse 36, "Immobilienwesen". Die Internetrecherche hat ergeben, dass Anlagestrategien zur Vorsorge und Versicherung bzw. allgemein dem Investment, mit Informationen über Immobilien, Zertifikate, Fonds, Renten, Rohstoffe usw. werben.

Im Dienstleistungskatalog besteht eine so enge Verflechtung zwischen Versicherungswesen und Finanzdienstleistung, dass ein Unterschied nicht gemacht werden kann. Versicherungen bieten Finanzdienstleistungen an, Finanzdienstleister verkaufen Versicherungen. Deshalb ist ZERTIFIKATEWEB auch für das Immobilienwesen glatt beschreibend, im Sinne von "Alles über Zertifikate im/aus dem Netz".

Im Versicherungswesen, bedingt durch dessen Auftreten im Internet, ist "Zertifikate" dagegen zu einem wichtigen und geläufigen Begriff für die elektronische Verschlüsselung von Daten zum Authentizitätsnachweis geworden (Michael Merz, E-Commerce und E-Business, 2. Aufl.). Jeder, der eine verschlüsselte Nachricht über Internet versenden will, braucht das entsprechende Zertifikat. Versicherungen werben bereits heute einerseits damit, dass ihr eigener Internet-Auftritt vom TÜV zertifiziert sei (www.gothaer.de/de/allgemeines/konzern/datenschutz/zertifikat/Datenschutz-TU), bzw. weisen andererseits die Versicherten ein, wie diese das Zertifikat bei der virtuellen Kommunikation mit der Versicherung nutzen können bzw. müssen (www.sozialversicherung.at/HELP/Erstanmeldung/default.-htm).

Bezüglich Klasse 41 gibt es Druckereierzeugnisse, die die o.g. Dienstleistungen zum Inhalt haben.

Die Anmelderin hat darauf hingewiesen, dass insbesondere "Web" für die Eintragung in Klassen 36 und 41 keinerlei Bezug zum Internet habe.

Die Bereiche Finanz-, Versicherungs- und Immobilienwesen, sowie die Geldgeschäfte sind heute aber ohne das Internet nicht mehr denkbar. Vom Anbieten der Dienstleistungen, über den Kundenkontakt bis hin zum Abschluß entsprechender Geschäfte wird - fast - alles über das Internet abgewickelt. Nicht umsonst hält die Anmelderin auf der Internetseite www.ZERTIFIKATEWEB.de Informationen aller Art aus dem Börsenhandel für den Nutzer bereit und bewegt sich damit im Bereich des bereits aufgelisteten Üblichen.

Dabei werden aufgrund der heutigen Technisierung und Verbreitung der Kommunikationstechniken diese Dienstleistungen nicht nur ausnahmsweise, sondern regelmäßig im Internet angeboten, so dass eine Differenzierung zwischen Klasse 36 und 38 fernliegend ist. Gerade das "Sammeln, Bereitstellen und Übertragen von Informationen, insbesondere mittels Internet" dient dazu, die Dienstleistungen zu erbringen, die die Anmelderin in Klasse 36 anbietet.

Derartige Informationsportale, die unter dem Namen "SchulWeb", "kathweb", "Pastaweb" etc. Leistungen und Informationen im Internet zu einem bestimmten Thema anbieten, sind im Zuge der zunehmenden wirtschaftlichen Bedeutung von Online-Diensten der Ersatz für die herkömmlichen Waren- und Dienstleistungsstätten (BPatG 29 W (pat) 176/02 - rheumaworld).

Da derartige virtuelle Informations- und Vertriebsstätten in der Vorstellung des Verkehrs mit den dort angegebenen Informationen und Produkten eine Einheit bilden, erfasst der Verkehr den beschreibenden Aussagegehalt nicht nur hinsichtlich der Dienstleistung der Telekommunikation, sondern sämtlicher über das Portal angebotenen Waren und Dienstleistungen.

Das allgemein aufgeklärte Publikum im Sinne des europäischen Verbraucherleitbildes wird - im konkreten Fall - nur darauf hingewiesen, dass rund um die Uhr eine Fülle von "Angeboten" zum Thema Zertifikate im Internet abrufbereit ist.

Das angemeldete Zeichen stellt deshalb eine den üblichen Bezeichnungsgewohnheiten auf den hier maßgeblichen Dienstleistungssektoren entsprechende, allgemeine - aber jeweils eindeutige - Sachangabe des Internetportals oder der elektronisch angebotenen Leistung dar, die lediglich offen lässt, welche Leistungsinhalte sich hinter dem so bezeichneten Dienstleistungsangebot im Einzelfall verbergen. Die Möglichkeit, dass sich dem Verbraucher aufgrund einer verallgemeinernden Aussage die im Einzelfall repräsentierten Inhalte nicht sofort erschließen, steht dem Verständnis als Sachangabe aber nicht entgegen (BGH GRUR 2002, 884 - B-2 alloy; BGH GRUR 2000, 882 - Bücher für eine bessere Welt; BPatG 25 W (pat) 110/03 - beauty24.de). Eine begriffliche Unbestimmtheit kann insbesondere erforderlich und gewollt sein, um einen möglichst weit gefächerten Bereich waren- und dienstleistungsbezogener Inhalte bzw. Eigenschaften zu umfassen, damit die positive Erwartungshaltung des Kunden gefördert wird (BPatG a. a. O.).

3. Das Freihaltebedürfnis gem. § 8 Abs. 2 S. 2 MarkenG liegt vor, wenn im Interesse der Mitbewerber der Monopolisierung des Zeichens entgegengetreten werden muß. Deshalb ist die Eintragung solcher Marken ausgeschlossen, die nur aus Angaben bestehen, die zur Bezeichnung der Art, Beschaffenheit oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können.

Dabei hat die Anmelderin ebenfalls zu Recht darauf hingewiesen, dass das Freihaltebedürfnis nur dann bejaht werden kann, wenn das Zeichen "ausschließlich" aus beschreibenden Angaben besteht.

Aufgrund der gerade im E-Commerce und im E-Business bestehenden Bedeutung von Zertifizierungen und des Wachstums sowie der ständigen Wortschöpfungen kann das angemeldete Zeichen ohne weiteres zu einer Angabe über die Eigenschaften der Dienstleistungen dienen. Damit kann nicht ausgeschlossen werden, dass das einzutragende Zeichen im Zusammenhang mit allen beanspruchten Dienstleistungen noch erheblich an Bedeutung gewinnen wird (EuGH, GRURInt. 2004, 410 - BIOMILD; EuGH, GRUR 2003, 58 - Companyline).

4. Der Hinweis der Anmelderin auf Voreintragungen mit gleichen Wortbestandteilen oder mit ebenfalls beschreibendem Inhalt wie z.B. juraweb, brandweb, artweb etc. muß erfolglos bleiben.

Auch auf bestehende Voreintragungen von Marken mit möglicherweise rein beschreibendem Gehalt kann sich die Anmelderin nicht mit Erfolg berufen. Eventuell rechtsfehlerhaft vorgenommene Eintragungen begründen weder nach dem Gleichheitssatz noch nach anderen Rechtsgrundsätzen einen Anspruch auf eine gleiche rechtliche Beurteilung der Schutzfähigkeit, da es sich bei der Entscheidung über die Eintragbarkeit einer Marke nicht um eine Ermessens-, sondern um eine gebundene Entscheidung handelt, die jeweils einer eigenen Prüfung unterliegt (BGH GRUR 1997, 527 ff. - Autofelge; BlPMZ 1998, 248/249 - Today).

Grabrucker Baumgärtner Dr. Mittenberger-Huber Cl






BPatG:
Beschluss v. 29.09.2004
Az: 29 W (pat) 86/02


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