Oberlandesgericht Hamm:
Beschluss vom 31. Mai 1999
Aktenzeichen: 23 W 67/99

(OLG Hamm: Beschluss v. 31.05.1999, Az.: 23 W 67/99)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Oberlandesgericht Hamm hat in einem Beschluss vom 31. Mai 1999 (Aktenzeichen 23 W 67/99) entschieden, dass der Kläger der Zweitbeklagten einen Betrag in Höhe von 1.245,87 DM erstatten muss. Die Beschwerde und das Kostenfestsetzungsgesuch der Zweitbeklagten wurden hingegen zurückgewiesen. Die Zweitbeklagte trägt die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens bis zu einem Gegenstandswert von 600,00 DM. Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens werden zu 94 % dem Kläger und zu 6 % der Zweitbeklagten auferlegt, bis zu einem Gegenstandswert von 1.800,00 DM.

Die Beschwerde der Zweitbeklagten hatte teilweise Erfolg. Die Festsetzung der Kosten für das DEKRA-Gutachten in Höhe von 918,97 DM und für die Auskunft des D in Höhe von 225,00 DM wurde bestätigt. Die übrige Beschwerde war jedoch unbegründet.

Nach Ansicht des Gerichts sind vorgerichtliche Auslagen eines Versicherers erstattungsfähig, wenn von Anfang an ein konkreter Hinweis auf Versicherungsbetrug vorliegt. In diesem Fall ist es zu erwarten, dass der Anspruchsteller die unberechtigte Forderung gerichtlich durchsetzen will. Zur Verteidigung gegen eine solche Klage darf der Versicherer bereits im Vorfeld alle Maßnahmen ergreifen, die den Verdacht auf einen bevorstehenden Prozessbetrug erhärten können. Daher sind die Aufwendungen der Zweitbeklagten in diesem Fall als notwendige Prozesskosten anzusehen.

Die Prozessnotwendigkeit der Einholung des Gutachtens und der Wetterauskunft wurde ebenfalls bestätigt. Die Zweitbeklagte war bestrebt, angeblichen Unfallspuren zu sichern und den behaupteten Unfallablauf zu widerlegen. Angesichts der vermuteten kriminellen Energie durfte sie alle angemessenen Mittel nutzen, um sich gegen die vorsätzliche Schädigung zu verteidigen. Sowohl das Gutachten als auch die Wetterauskunft erfüllten diese Anforderungen und wurden daher als erstattungsfähig anerkannt.

Der Antrag der Zweitbeklagten auf Erstattung von Anwaltskosten für die Einsicht in Ermittlungsakten wurde hingegen abgelehnt. Das Gericht argumentierte, dass die klageweise Durchsetzung des Ersatzanspruchs von Anfang an absehbar war und die Zweitbeklagte daher sofort einen Anwalt hätte beauftragen müssen, der die Angelegenheit als Prozessbevollmächtigter weiterführt. In diesem Fall wären keine speziellen Kosten für die Akteneinsicht angefallen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den entsprechenden gesetzlichen Bestimmungen. Der Gegenstandswert für die Gerichtskosten ergibt sich aus dem Unterliegen der Zweitbeklagten und ihrem Antragsbegehren.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

OLG Hamm: Beschluss v. 31.05.1999, Az: 23 W 67/99


Tenor

In Abänderung der angefochtenen Entscheidung hat der Kläger an die Zweitbeklagte 1.245,87 DM zu erstatten.

Im übrigen werden die Beschwerde und das Kostenfestsetzungsgesuch der Zweitbeklagten zurückgewiesen.

Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Zweitbeklagte nach einem Gegenstandswert bis 600,00 DM.

Von den außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens entfallen auf den Kläger 94 % und auf die Zweitbeklagte 6 % nach einem Gegenstandswert bis 1.800,00 DM.

Gründe

Die Beschwerde hat Erfolg, soweit die Zweitbeklagte die Festsetzung der Kosten für das DEKRA-Gutachten in Höhe von 918,97 DM und für die Auskunft des D in Höhe von 225,00 DM weiterverfolgt; im übrigen ist sie unbegründet.

Entgegen der Auffassung des Rechtspflegers sind nach ständiger Rechtsprechung des Senats vorgerichtliche Auslagen eines Versicherers zur Abwehr von Ersatzansprüchen dann als notwendige Prozeßkosten erstattungsfähig, wenn von Anfang an ein konkreter Hinweis auf Versicherungsbetrug vorliegt. Denn in einem solchen Fall gehört es zum Tatplan des Anspruchstellers, die unberechtigte Forderung unter allen Umständen durchzusetzen, so daß auf die Leistungsverweigerung grundsätzlich Klage erhoben wird. Das ist von vornherein abzusehen und rechtfertigt es, zur Verteidigung gegen eine solche Klage bereits im Vorfeld alle Maßnahmen durchzuführen, die den Verdacht eines zwar noch nicht begonnenen, aber drohenden Prozeßbetrugsversuches erhärten können. Die Prozeßbezogenheit der Aufwendungen der Zweitbeklagten erscheint daher nicht zweifelhaft und entfällt nicht etwa deshalb, weil die Erhebung der Klage zunächst auf sich warten ließ.

Die Prozeßnotwendigkeit der Einholung des Gutachtens und der Wetterauskunft ist ebenfalls gegeben. Die Zweitbeklagte mußte bestrebt sein, angebliche Unfallspuren zu sichern und den behaupteten Unfallablauf zu widerlegen. Da eine erhebliche kriminelle Energie im Raum stand, durfte sie sich sämtlicher Aufklärungsmittel bedienen, die zur Abwehr der vorsätzlichen Schädigung geeignet waren und noch als verhältnismäßig angesehen werden konnten. Sowohl das Gutachten als auch die Wetterauskunft erfüllten ohne weiteres diese Anforderungen. Deshalb ist die festgesetzte Entschädigung von 101,90 DM um 918,97 DM und 225,00 DM auf 1.245,87 DM zu erhöhen.

Den Antrag der Zweitbeklagten auf Erstattung von Anwaltskosten für die Einsicht in Ermittlungsakten hat der Rechtspfleger mit zutreffender Begründung zu Recht abgelehnt. Da die klageweise Durchsetzung des Ersatzanspruchs von vornherein abzusehen war, hätte die Zweitbeklagte sogleich einen Anwalt beauftragen müssen, der die Angelegenheit als Prozeßbevollmächtigter weiterführen konnte. Dann wären entgegen der Auffassung der Zweitbeklagten besondere Kosten für die Akteneinsicht nicht angefallen (vgl. von Eicken in Gerold/Schmidt pp., BRAGO, 12. Aufl. 1985, Rdn. 27 zu § 31).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO und Nr. 1953 der Anlage 1 zu § 11 GKG. Der Gegenstandswert folgt hinsichtlich der Gerichtskosten aus dem Unterliegen der Zweitbeklagten und im übrigen aus ihrem Antragsbegehren.






OLG Hamm:
Beschluss v. 31.05.1999
Az: 23 W 67/99


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