Bundespatentgericht:
Beschluss vom 14. Mai 2002
Aktenzeichen: 33 W (pat) 24/02
(BPatG: Beschluss v. 14.05.2002, Az.: 33 W (pat) 24/02)
Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung
Das Bundespatentgericht hat mit Beschluss vom 14. Mai 2002 in dem Verfahren mit dem Aktenzeichen 33 W (pat) 24/02 den Wiedereinsetzungsantrag der Beschwerdeführerin zurückgewiesen und festgestellt, dass die Beschwerde als nicht erhoben gilt.
Der Hintergrund der Entscheidung ist folgender: Die Beschwerdeführerin hatte die Wortmarke "Werbung - von Menschen für Menschen" für Dienstleistungen der Klassen 35, 41 und 42 angemeldet. Das Patentamt hat die Anmeldung jedoch wegen absoluter Schutzunfähigkeit der Marke zurückgewiesen. Die Vertreter der Anmelderin haben am 30. November 2001 den Beschluss über die Zurückweisung der Anmeldung erhalten. Am 28. Dezember 2001 legten sie gegen diesen Beschluss Beschwerde ein. Allerdings wurde die Beschwerdegebühr nicht fristgerecht bezahlt. Das Gericht forderte die Zahlungsbelege an, jedoch wurden diese nicht vorgelegt. Die Beschwerdeführerin beantragte daraufhin die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Das Gericht lehnte den Antrag als unzulässig ab.
Nach Auffassung des Gerichts hat die Beschwerdeführerin die Beschwerdegebühr nicht innerhalb der Monatsfrist bezahlt. Obwohl das Empfangsbekenntnis erst am 3. Dezember 2001 abgezeichnet wurde, gilt die Zustellung an einen Anwalt bereits mit dem Zeitpunkt als bewirkt, in dem dieser das Schriftstück als zugestellt entgegennimmt. Da die Vertreter der Anmelderin in ihren Schreiben den 30. November 2001 als Zustellungsdatum angegeben haben, geht das Gericht davon aus, dass der Beschluss bereits an diesem Tag als zugestellt galt. Die Zahlungsfrist endete dementsprechend am 31. Dezember 2001.
Der Antrag auf Wiedereinsetzung in die versäumte Frist ist nach Ansicht des Gerichts unzulässig. Nach dem Empfangsbescheid am 1. Februar 2002 hätten die Vertreter der Anmelderin davon ausgehen müssen, dass das Gericht bis zu diesem Zeitpunkt keine Zahlungsbelege erhalten hatte. Ein Anwalt muss sich bei Anwendung der ihm zumutbaren Sorgfalt vergewissern, ob eine fristgebundene Zahlung tatsächlich erfolgt ist. Selbst wenn er davon ausgegangen wäre, dass eine Zahlung erfolgt sei, hätte er die Übermittlung der Zahlungsbelege veranlassen müssen, um die unterbliebene Zahlung zu bemerken. Daher kann die Unkenntnis über die unterbliebene Zahlung spätestens bis zum 8. Februar 2002 nicht mehr als unverschuldet angesehen werden. Der Wiedereinsetzungsantrag wurde daher außerhalb der Frist eingereicht.
Selbst wenn die Unkenntnis von der unterbliebenen Zahlung noch als unverschuldet angesehen werden würde, wäre der Antrag auf Wiedereinsetzung unzulässig, da die Anmelderin die die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen nicht rechtzeitig dargelegt hat. Der pauschale Vortrag der Anmelderin, dass die unterlassene Zahlung auf ein "Büroversehen bzw. ein Kommunikationsproblem" zurückgeht, ist nicht ausreichend. Auch der Widerspruch im Vortrag der Anmelderin zur Erstattung der Gebühr durch die Vertreter lässt den Antrag als unzulässig erscheinen. Da die Beschwerdegebühr nicht fristgerecht entrichtet wurde, gilt die Beschwerde nach § 66 Abs. 5 Satz 2 MarkenG als nicht eingelegt.
Die Gerichtsentscheidung im Volltext:
BPatG: Beschluss v. 14.05.2002, Az: 33 W (pat) 24/02
Tenor
I. Der Wiedereinsetzungsantrag der Beschwerdeführerin wird zurückgewiesen.
II. Die Beschwerde gilt als nicht erhoben.
Gründe
I Die Wortmarke
"Werbung - von Menschen für Menschen"
ist am 11. Oktober 2000 für Dienstleistungen der Klassen 35, 41 und 42 angemeldet worden. Mit Beschluß vom 23. November 2001 hat ein Mitglied des Patentamts die Anmeldung wegen absoluter Schutzunfähigkeit der Marke zurückgewiesen. Während das Empfangsbekenntnis zum Zurückweisungsbeschluß von den Vertretern der Anmelderin am 3. Dezember 2001 abgezeichnet worden ist, haben sie in späteren Schriftsätzen mitgeteilt, der Beschluß sei ihnen am 30. November 2001 zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom 28. Dezember 2001, per Fax eingegangen am selben Tag, haben sie gegen den Beschluß Beschwerde eingelegt. Am 1. Februar 2002 ist den Vertretern der Anmelderin der Empfangsbescheid des Gerichts vom 31. Januar 2002 zugestellt worden. Er enthält den Hinweis ("Zusatz"): "Zum Nachweis der Zahlung der Beschwerdegebühr wird um Einreichung der entsprechenden Zahlungsbelege gebeten". Nachdem das Gericht mit Bescheid vom 7. März 2002 unter Hinweis auf seinen Bescheid vom 31. Januar 2002 mitgeteilt hat, daß die Beschwerdegebühr nicht gezahlt worden sei, haben die Vertreter der Anmelderin mit Schriftsatz vom 9. April 2002, eingegangen am 10. April 2002, wegen Versäumnis der Zahlungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Standbeantragt und die Nachholung der Gebührenzahlung angekündigt. Sie tragen vor, daß das Unterbleiben der Gebührenentrichtung "offensichtlich auf ein Büroversehen bzw ein Kommunikationsproblem" im Verhältnis zu ihrer Mandantin zurückgehe. Dazu legen sie die Kopie eines Schreibens vom 21. Dezember 2001 an die Anmelderin vor. Darin weisen sie die Anmelderin auf die einmonatige Beschwerdefrist und auf ihr beigelegtes Fristverlängerungsgesuch vom selben Tage hin. Außerdem wird die Anmelderin darin um Rückäußerung gebeten, ob die Beschwerde eingelegt werden soll. Fristwahrend solle sie die Beschwerdegebühr an die "Zahlstelle des Bundespatentgerichts" einzahlen oder die Vertreter informieren, damit diese die Zahlung vornehmen. Mit Einlegung der Beschwerde und nach Absprache mit ihrer Mandantin, so tragen die Vertreter der Anmelderin weiter vor, hätten sie die Nachricht erhalten, daß die Beschwerdegebühr direkt gezahlt werde, weshalb von ihnen keine Zahlung erfolgt sei. Die Anmelderin sei ohne Verschulden davon ausgegangen, daß die Zahlung der Beschwerdegebühr durch die Vertreter erfolge, während diese umgekehrt davon ausgegangen seien, daß die Einzahlung direkt durch ihre Mandantin erfolge.
II Die Beschwerde gilt als nicht eingelegt (§ 66 Abs 5 Satz 2 MarkenG). Denn die Anmelderin hat die Beschwerdegebühr nicht (fristgerecht) gezahlt. Der von ihr eingereichte Wiedereinsetzungsantrag ist unzulässig.
1. Die Anmelderin hat die Beschwerdegebühr nicht innerhalb der Monatsfrist des bis zum 31. Dezember 2001 geltenden § 66 Abs 5 Satz 2 MarkenG entrichtet.
Der angefochtene Beschluß ist den Vertretern der Anmelderin am 30. November 2001 zugestellt worden. Zwar ist das Empfangsbekenntnis mit dem Datum "03.12.2001" abgezeichnet worden. Die Zustellung an einen Anwalt gemäß § 5 Abs 2 VwZG iVm § 94 Abs 1 MarkenG ist jedoch in dem Zeitpunkt bewirkt, in dem dieser das Schriftstück als zugestellt entgegengenommen hat, wobei der tatsächliche Empfangstag trotz eines unrichtig eingesetzten Datums auch auf andere Weise nachgewiesen werden kann (vgl Benkard, aaO, § 127 PatG, Rz 14 f; Engelhardt/App, Verwaltungsverfahrensgesetz und Verwaltungszustellungsgesetz, 3. Aufl, § 5 VwZG, Anm 4a, 5). Da die Vertreter der Anmelderin in ihren Schriftsätzen ein früheres Datum, nämlich den 30. November 2001, als Zustellungsdatum genannt haben, ist davon auszugehen, daß der angefochtene Beschluß von ihnen bereits an diesem Tag als zugestellt entgegengenommen worden ist. Die Zahlungsfrist endete damit am Montag, den 31. Dezember 2001 (§§ 188 Abs 2, 1. Altern., 193 BGB).
2. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr ist unzulässig. Nach Auffassung des Senats ist bereits die zweimonatige Antragsfrist des § 91 Abs 2 MarkenG als versäumt anzusehen. Die Frist beginnt mit dem Wegfall des Hindernisses, d.h. wenn der Säumige oder sein Vertreter bei Anwendung der ihm zumutbaren Sorgfalt nicht mehr gehindert ist, die versäumte Handlung vorzunehmen oder wenn das Fortbestehen des Hindernisses nicht mehr als unverschuldet angesehen werden kann. Im Fall der Unkenntnis oder des Irrtums entfällt das Hindernis, wenn diese aufhören, unverschuldet zu sein (vgl Schulte, Patentgesetz, 6. Aufl, § 123, Rz 49). Mit Zustellung des Empfangsbescheids am 1. Februar 2002 mußten die Vertreter der Anmelderin davon ausgehen, daß das Gericht bis zu diesem Zeitpunkt keinen Hinweis auf eine Gebührenzahlung hatte und sich deshalb veranlaßt sah, in der Bescheinigung den Zusatz anzubringen "Zum Nachweis der Zahlung der Beschwerdegebühr wird um Einreichung der entsprechenden Zahlungsbelege gebeten". Ein Anwalt hat sich unter diesen Umständen bei Anwendung der ihm zumutbaren Sorgfalt umgehend zu vergewissern, ob eine fristgebundene Zahlung (durch ihn selbst oder abredegemäß von einem Dritten) tatsächlich erfolgt ist.
Selbst wenn er davon ausging, daß eine Zahlung erfolgt sei und der in der Empfangsbescheinigung enthaltene "Zusatz" auf einer verzögerten Verbuchung des Betrags durch die Zahlstelle des Patent- und Markenamts beruhte, so hätte er in den nächsten Werktagen die gerichtlich erbetene Übersendung von Zahlungsbelegen durch ihn oder seine Mandantin veranlassen müssen. Das hätte dazu geführt, daß die unterbliebene Zahlung aufgefallen wäre. Aus diesem Grunde kann die Unkenntnis über die unterbliebene Zahlung jedenfalls im Laufe der Werktage der 6. Kalenderwoche (bis Freitag, 8. Februar 2002) als nicht mehr unverschuldet angesehen werden. Der am 10. April 2002 gestellte Wiedereinsetzungsantrag ist daher außerhalb der Frist des § 91 Abs 2 MarkenG eingereicht worden.
Selbst wenn die Unkenntnis von der unterbliebenen Zahlung als noch unverschuldet beurteilt würde, wäre der Weidereinsetzungsantrag jedenfalls unzulässig, weil die Anmelderin die wiedereinsetzungsbegründenden Tatsachen nicht rechtzeitig schlüssig dargelegt hat. Nach § 91 Abs 3 MarkenG muß der Antrag die Angabe der die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen enthalten. Dazu gehören die Umstände, in denen der Hinderungsgrund erblickt wird. Diese müssen eingehend und erschöpfend vorgetragen werden (vgl Benkard, Patentgesetz und Gebrauchsmustergesetz, 9. Auflage, § 123 PatG, Rz 51).
Daran fehlt es hier. Als Hinderungsgrund scheint die Anmelderin offenbar zunächst die Unkenntnis oder den Irrtum ihrer Organe oder Angestellten darüber geltend machen zu wollen, daß sie selbst und nicht ihre Vertreter die Zahlung vornehmen sollte. Nach der Wiedereinsetzungsbegründung und dem Inhalt des dazu vorgelegten Schreibens vom 21. Dezember 2001 ist die Anmelderin dementsprechend über das Erfordernis der Gebührenzahlung informiert und gebeten worden, die Zahlung selbst vorzunehmen, zumindest eine Rückäußerung abzugeben, wenn sie dies ihren Vertretern überlassen wolle. Die Anmelderin habe dann auch - so ihr Vortrag - die Gebühr gemäß einer Absprache direkt zahlen wollen und ihre Vertreter entsprechend benachrichtigt.
Ein Hinderungsgrund könnte demnach nur innerhalb der betrieblichen Sphäre der Anmelderin liegen. Hierzu ist aber substantiiert nichts vorgetragen worden. Der pauschale Vortrag, die unterlassene Zahlung gehe offensichtlich auf ein "Büroversehen bzw. ein Kommunikationsproblem im Verhältnis zu unserem Mandanten" zurück, ist nicht geeignet, einen konkreten Hinderungsgrund darzulegen, sondern zeigt allenfalls, daß dieser gerade nicht genannt werden kann. Außerdem steht das weitere Antragsvorbringen, die Anmelderin sei davon ausgegangen, daß die Einzahlung durch die Vertreter erfolgen solle, in direktem Widerspruch zu dem Vortrag, wonach die Vertreter nach Absprache mit ihrer Mandantin die Nachricht erhalten hätten, daß die Beschwerdegebühr von ihr direkt gezahlt werde. Auch auf Seiten der Vertreter der Anmelderin kommt ein Irrtum nicht als Hinderungsgrund in Betracht, denn nach dem Antragsvorbringen unterließen sie die Zahlung bewußt nach Absprache mit ihrer Mandantin. Mangels schlüssiger Darlegung der die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen ist der Antrag somit jedenfalls unzulässig.
Wegen nicht rechtzeitig erfolgter Entrichtung der Beschwerdegebühr gilt die Beschwerde somit nach § 66 Abs 5 Satz 2 MarkenG a.F. als nicht eingelegt, wobei auf fristgebundene Verfahrenshandlungen das im Zeitpunkt der (Nicht-)Vornahme der Handlung geltende Recht anzuwenden ist (vgl BPatG GRUR 1996, 133 - quickslide).
Winkler Richterin Dr. Hock ist wegen Urlaubs verhindert zu unterschreiben.
Winkler Kätker Cl
BPatG:
Beschluss v. 14.05.2002
Az: 33 W (pat) 24/02
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