Bundesgerichtshof:
Urteil vom 14. Januar 2014
Aktenzeichen: X ZR 148/12
(BGH: Urteil v. 14.01.2014, Az.: X ZR 148/12)
Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung
Das Bundesgerichtshof hat in einem Urteil entschieden, dass das europäische Patent 1 069 918 teilweise für nichtig erklärt wird. Das Patent betrifft eine Einrichtung zum positionsdefinierten Aufspannen eines Werkstücks im Arbeitsbereich einer Bearbeitungsmaschine. Die Klägerin hatte das Patent angefochten, da es ihrer Meinung nach unzureichend offenbart, unzulässig erweitert und nicht patentfähig sei. Das Patentgericht erklärte das Patent teilweise für nichtig, da es über die erteilte Fassung hinausgehe. Der Bundesgerichtshof bestätigte diese Entscheidung und führte aus, dass der Gegenstand des Patents in der verteidigten Fassung neu und patentfähig sei. Die Klage der Klägerin wurde insgesamt abgewiesen und die Kosten für den Rechtsstreit müssen von beiden Parteien getragen werden.
Die Gerichtsentscheidung im Volltext:
BGH: Urteil v. 14.01.2014, Az: X ZR 148/12
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 8. November 2012 verkündete Urteil des 4. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen abgeändert. Das europäische Patent 1 069 918 wird mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland dadurch teilweise für nichtig erklärt, dass Patentanspruch 1 folgende Fassung erhält, auf die sich die übrigen Patentansprüche rückbeziehen:
"1. Einrichtung zum positionsdefinierten Aufspannen eines Werkstücks im Arbeitsbereich einer Bearbeitungsmaschine, mit einem im Arbeitsbereich der Bearbeitungsmaschine zu fixierenden Spannfutter (1) und einem auf das Spannfutter (1) aufsetzbaren und daran festzuspannenden Werkstückträger (25), ferner mit ersten Positioniermitteln (22, 23) am Spannfutter (1) und zweiten Positioniermitteln am (30, 29) am Werkstückträger (25), welche als Richtelemente paarweise zusammenarbeiten und den Werkstückträger (25) in drei senkrecht zueinander verlaufenden Koordinatenachsen (X, Y, Z) sowie winkelgerecht gegenüber dem Spannfutter (1) positionieren, wobei die Positionierung in X-Y-Richtung mittels Zentrierzapfen (22) und zugehörigen Vertiefungen (30) und in Z-Richtung mit als Z-Referenz dienenden erhöhten Flächenabschnitten (23) am Spannfutter (1) und einer plangeschliffenen als Z-
Referenz dienenden Fläche am Werkstückträger (25) erfolgt, und mit einer Spannvorrichtung (12, 14, 18, 28), deren Spannkraft den Werkstückträger in der durch die Positioniermittel festgelegten Position am Spannfutter festhält, dadurch gekennzeichnet, dass die Einrichtung eine Mehrzahl von erste (22) und zweite (30) Positioniermittel aufweisenden Richtelementen umfasst, die entlang eines Kreises angeordnet sind, und dass die einzige Spannvorrichtung (12, 14, 18, 28) eine Mehrzahl von Spannorganen (18, 28) umfasst, deren sämtliche axiale Komponenten der Spannkraft-Wirkungslinien zumindest annähernd auf oder aber außerhalb und im Bereich einer gedachten, Z-Achsenparallelen, die ersten (22, 23) und (29, 30) zweiten Positioniermittel schneidenden Zylindermantelfläche (MF) liegen, und dass die einzige Spannvorrichtung einen einzigen federbelasteten Ringkolben (12) aufweist, der im Inneren eines Ringraumes (11) des Spannfutters (1) in Richtung der Z-Achse des Spannfutters (1) mittels Druckluft oder hydraulisch entgegen der Wirkung von Spannfedern (14) verschiebbar ist und unter Wirkung der Spannfedern (14) die Spannorgane der Spannvorrichtung betätigt."
Die Kosten des Rechtsstreits I. Instanz werden gegeneinander aufgehoben. Von den Kosten des Rechtsstreits II. Instanz tragen die Beklagte 1/4 und die Klägerin 3/4.
Von Rechts wegen.
Tatbestand
Die Beklagte ist Inhaberin des mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 1 068 918 (Streitpatents), das am 26. Juni 2000 unter Inanspruchnahme einer schweizerischen Priorität vom 14. Juli 1999 angemeldet wurde und eine Einrichtung zum positionsdefinierten Aufspannen eines Werkstücks im Arbeitsbereich einer Bearbeitungsmaschine betrifft. Das Streitpatent umfasst in der erteilten Fassung elf Patentansprüche, von denen Patentanspruch 1 in der Verfahrenssprache wie folgt lautet:
"Einrichtung zum positionsdefinierten Aufspannen eines Werkstücks im Arbeitsbereich einer Bearbeitungsmaschine, mit einem im Arbeitsbereich der Bearbeitungsmaschine zu fixierenden Spannfutter (1) und einem auf das Spannfutter (1) aufsetzbaren und daran festzuspannenden Werkstückträger (25), ferner mit ersten Positioniermitteln (22, 23) am Spannfutter (1) und zweiten Positioniermitteln am (30, 29) am Werkstückträger (25), welche als Richtelemente paarweise zusammenarbeiten und den Werkstückträger (25) in drei senkrecht zueinander verlaufenden Koordinatenachsen (X, Y, Z) sowie winkelgerecht gegenüber dem Spannfutter (1) positionieren, und mit einer Spannvorrichtung (12, 14, 18, 28), deren Spannkraft den Werkstückträger in der durch die Positioniermittel festgelegten Position am Spannfutter festhält, dadurch gekennzeichnet, dass die Einrichtung eine Mehrzahl von erste (22) und zweite (30) Positioniermittel aufweisenden Richtelementen umfasst, die entlang eines Kreises angeordnet sind, und dass die Spannvorrichtung (12, 14, 18, 28) eine Mehrzahl von Spannorgangen (18, 28) umfasst, deren axiale Komponenten der Spannkraft-Wirkungslinien zumindest annähernd auf oder aber außerhalb einer gedachten, Z-Achsenparallelen, die ersten (22, 23) und (29, 30) zweiten Positioniermittel schneidenden Zylindermantelfläche (MF) liegen."
Die übrigen Patentansprüche sind unmittelbar oder mittelbar auf Patentanspruch 1 rückbezogen.
Die Klägerin hat geltend gemacht, der Gegenstand des Streitpatents in der verteidigten Fassung sei unzureichend offenbart, unzulässig erweitert und nicht patentfähig. Die Beklagte hat das Streitpatent mit einem Haupt- und drei Hilfsanträgen in geänderter Fassung verteidigt.
Das Patentgericht hat das Streitpatent mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt, soweit es über die aus dem Tenor seines Urteils vom 8. November 2012 ersichtliche Fassung hinausgeht, und die Klage im Übrigen abgewiesen. Dagegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihr erstinstanzliches Klageziel weiterverfolgt. Den Nichtigkeitsgrund der mangelnden Ausführbarkeit hat die Klägerin in der Berufungsinstanz nicht mehr geltend gemacht. Stattdessen bestreitet sie die Zulässigkeit der beschränkt verteidigten Fassung des Streitpatents unter dem Gesichtspunkt der fehlenden Bestimmtheit. Die Beklagte tritt dem Rechtsmittel entgegen und verteidigt das Streitpatent in erster Linie beschränkt in der aus dem Tenor ersichtlichen Fassung sowie hilfsweise in zwei abermals geänderten Fassungen.
Gründe
I. Das Streitpatent betrifft in seiner mit dem Hauptantrag verteidigten Fassung eine Einrichtung zum positionsdefinierten Aufspannen eines Werkstücks im Arbeitsbereich einer Bearbeitungsmaschine.
1. Derartige Einrichtungen sind nach den Ausführungen der Streitpatentschrift bekannt und sollen sicherstellen, dass zu bearbeitende Werkstücke auf einem dem Werkstückträger angepassten Spannfutter stets in der genau definierten Soll-Lage in X-, Y- und in Z-Richtung sowie bezüglich der Winkelausrichtung um die Z-Achse in eine Bearbeitungsmaschine eingespannt werden können. Dies ist von Bedeutung, wenn Werkstücke zur sukzessiven Bearbeitung auf verschiedenen Bearbeitungsmaschinen oder auf Mess- und Prüfstationen eingespannt werden müssen.
Bei der in der Streitpatentschrift als Stand der Technik beispielhaft erläuterten Einrichtung erfolgt die Ausrichtung des Werkstückträgers in X- und Y-Richtung über zwei über die Oberfläche des Spannfutters herausragende und mit entsprechenden Anlageflächen versehene Zentrierleistenpaare. Für die Ausrichtung in Z-Richtung sind vier über die Oberfläche des Spannfutters vorstehende Zapfen vorgesehen, auf deren Stirnflächen die plane Oberfläche des Werkstückträgers aufzuliegen bestimmt ist. Der Werkstückträger ist mit zwei Paaren von auf die Zentrierleisten ausgerichteten Nuten mit zur Anlage an die Leisten vorgesehenen elastischen Lippen versehen. Der Werkstückträger weist eine Mittelbohrung zur Aufnahme eines Zugbolzens auf, über den die zur lagegerechten Zentrierung des Werkstückträgers erforderliche Spannkraft übertragen wird. Dabei arbeitet ein im Spannfutter zentrisch angeordneter Kugelverschluss mit dem Zugbolzen zusammen.
Nach den Ausführungen in der Streitpatentschrift besteht bei derartigen bisher im Stand der Technik bekannten Einrichtungen das Problem darin, dass diese keine allzu großen Kipp- und Drehmomente aufzunehmen vermögen, die insbesondere bei der zerspanenden Bearbeitung vor allem großer Werkstücke auftreten können.
Das Streitpatent betrifft vor diesem Hintergrund das technische Problem, eine Einrichtung zum positionsdefinierten Aufspannen eines Werkstücks im Arbeitsbereich einer Bearbeitungsmaschine derart weiterzubilden, dass der am Spannfutter festgespannte Werkstückträger und damit das zu bearbeitende Werkstück bei gleichbleibender, hoher Positioniergenauigkeit, beispielsweise auch beim wiederholten Aus- und Einspannen, größere Kipp- und Drehmomente aufnehmen kann, ohne dass sich die gegenseitige Lage von Werkstückträger und Spannfutter verändert.
Zur Lösung dieses Problems schlägt das Streitpatent in der mit dem Hauptantrag verteidigten Fassung von Patentanspruch 1 eine Einrichtung zum positionsdefinierten Aufspannen eines Werkstücks im Arbeitsbereich einer Bearbeitungsmaschine vor, deren Merkmale sich wie folgt gliedern lassen (Gliederungspunkte des Patentgerichts in eckigen Klammern):
1. Die Einrichtung [1] weist folgende Bestandteile auf:
1.1 ein Spannfutter (1), 1.1.1 das im Arbeitsbereich der Bearbeitungsmaschine zu fixieren ist [2], 1.1.2 an dem erste Positioniermittel (22, 23) angeordnet sind [4], 1.2 einen Werkstückträger (25), 1.2.1 der auf das Spannfutter (1) aufsetzbar und daran festzuspannen ist [3], 1.2.2 an dem zweite Positioniermittel (30, 29) angeordnet sind [5], 1.3 eine einzige Spannvorrichtung (12, 14, 18, 28) [7], 1.3.1 deren Spannkraft den Werkstückträger in der durch die Positioniermittel festgelegten Position am Spannfutter festhält [7.1], 1.3.2 die eine Mehrzahl von Spannorganen (18, 28) umfasst [9] und 1.3.3 die einen einzigen federbelasteten Ringkolben (12) aufweist, der im Inneren eines Ringraums (11) des Spannfutters (1) in Richtung der Z-Achse des Spannfutters (1) mittels Druckluft oder hydraulisch entgegen der Wirkung von Spannfedern (14) verschiebbar ist und unter Wirkung der Spannfedern (14) die Spannorgane betätigt.
2. Die Positioniermittel (22, 23; 30, 29)
2.1 arbeiten als Richtelemente paarweise zusammen [6], 2.2 positionieren den Werkstückträger (25) in drei senkrecht zueinander verlaufenden Koordinatenachsen (X, Y, Z) sowie winkelgerecht gegenüber dem Spannfutter (1) [6.1], wobei die Positionierung 2.2.1 in X-Y-Richtung mittels Zentrierzapfen (22) und zugehörigen Vertiefungen (30) erfolgt [6.2] und 2.2.2 in Z-Richtung mit als Z-Referenz dienenden erhöhten Flächenabschnitten (23) am Spannfutter (1) und einer plangeschliffenen, als Z-Referenz dienenden Fläche am Werkstückträger (25) erfolgt [6.3].
3. Eine Mehrzahl von erste (22) und zweite (30) Positioniermittel umfassenden Richtelementen [8] ist entlang eines Kreises angeordnet [8.1].
4. Sämtliche axiale Komponenten der Spannkraftwirkungslinien der Spannorgane liegen zumindest annähernd auf oder außerhalb und im Bereich einer gedachten Zylindermantelfläche (MF), die 4.1 zur Z-Achse parallel ist und 4.2 die ersten (22, 23) und zweiten (29, 30) Positioniermittel schneidet [9.1, 9.2].
2. Das Patentgericht hat seiner Entscheidung folgendes Verständnis der für die Auslegung des Patentanspruchs 1 entscheidenden Merkmale 3 und 4 zugrunde gelegt:
Die für das Festspannen des Werkstückträgers auf das Spannfutter vorgesehenen ersten und zweiten Positioniermittel am Spannfutter und am Werkstückträger, die als Richtelemente paarweise zusammenarbeiteten (Merkmal 2.1), seien, wie die gewählte Formulierung unmissverständlich klarstelle, nach Merkmal 3 ausnahmslos entlang eines einzigen Kreises und somit bezüglich des Kreismittelpunktes auf einem gemeinsamen Radius angeordnet. Dass dies nicht nur in Bezug auf die Positioniermittel für die Ausrichtung in die X- und Y-Richtung (Merkmal 2.2.1), sondern auch hinsichtlich der Positioniermittel für die Ausrichtung in Z-Richtung (Merkmal 2.2.2) gelte, ergebe sich für den Fachmann nicht zuletzt auch aus einer Zusammenschau mit Merkmal 4 und den Erläuterungen in der Streitpatentschrift, weil sonst keine eindeutige Zachsenparallele Zylindermantelfläche entstehen könne, die sämtliche ersten und zweiten Positioniermittel schneide.
Unter den in Merkmal 4 genannten axialen Komponenten der Spannkraftwirkungslinien seien, wie sich für den Fachmann aus Absatz 28 der Streitpatentschrift ergebe, die axialen Komponenten der Wirkungslinien der jeweiligen Teilspannkräfte zu verstehen. Die Formulierung "annähernd auf" einer gedachten Zylindermantelfläche sei im Sinne von "möglichst genau auf" oder "im Wesentlichen auf" der gedachten Zylindermantelfläche aufzufassen und vermittle dem Fachmann, dass ein Aufeinanderliegen der axialen Spannkraft-Wirkungslinien und der gedachten Zylindermantelfläche unter Berücksichtigung der Herstellungstoleranzen angestrebt werde. Die Formulierung "außerhalb und im Bereich" der Zylindermantelfläche bedeute, dass die axialen Komponenten der Spannkraftwirkungslinien zwar außerhalb, aber im Hinblick auf die gleichermaßen geltende Anforderung "im Bereich" unmittelbar neben der gedachten, zur Z-Achse parallelen Zylindermantelfläche liegen könnten, so dass die zwischen Positioniermitteln und Spannorganen entstehenden Hebelarme nahezu Null oder sehr klein würden.
Zusammenfassend leiteten die Merkmale 3 und 4 den Fachmann an, sämtliche Positioniermittel entlang eines einzigen Kreises anzuordnen und gleichzeitig auch sämtliche Spannorgane auf oder unmittelbar neben der gedachten Zylindermantelfläche und damit annähernd auf demselben Radius wie sämtliche Positionierelemente anzuordnen. Soweit in Absatz 33 ein Ausführungsbeispiel beschrieben werde, das eine zusätzliche zentral angeordnete Spannvorrichtung aufweise, sei dies unbeachtlich, weil diese "Ausführungsform" erkennbar nicht vom Streitpatent umfasst sei.
3. Dieser Auslegung des Patentanspruchs 1 kann - wie auch die Berufung zutreffend ausführt - nicht beigetreten werden.
Merkmal 3 enthält den Beginn des kennzeichnenden Teils des Patentanspruchs 1, nach dem "die Einrichtung eine Mehrzahl von erste (22) und zweite (30) Positioniermittel aufweisenden Richtelementen umfasst, die entlang eines Kreises angeordnet sind". Schon die Formulierung, dass derartige Richtelemente umfasst seien, spricht gegen ein Verständnis, nach dem in Merkmal 3 eine Anforderung an sämtliche Positionierelemente formuliert wird. Zudem werden - anders als in den Merkmalen 1.1.2, 1.2.2, 2 und 4.2 - ausdrücklich nur die Bezugszeichen 22 und 30 genannt, die die Zentrierzapfen des Spannfutters und die korrespondierenden Vertiefungen des Werkstückträgers betreffen, die für die Positionierung in X- und Y-Richtung sorgen (Merkmal 2.2.2). Auch der Beschreibung lässt sich für das vom Patentgericht angenommene enge Verständnis des Merkmals 3 nichts entnehmen.
Schließlich lässt sich die Auslegung des Patentgerichts auch nicht aus dem Zusammenhang mit Merkmal 4 ableiten. Denn der "Kreis" des Merkmals 3 wird in Merkmal 4 nicht aufgegriffen. Der Bezugspunkt der Anweisungen des Merkmals 4 ist nicht der (in der X-Y-Ebene beschriebene) Kreis, sondern eine gedachte, zur Z-Achse parallele Zylindermantelfläche.
Soweit die Beklagte in diesem Zusammenhang ausführt, erfindungsgemäß lägen alle Richtelemente auf einem Kreis, wobei als Kreis "ersichtlich" nicht eine mathematisch definierte Linie zu verstehen sei, sondern "in technischer Hinsicht" ein Kreisring mit einer geringen radialen Ausdehnung, ist festzuhalten, dass weder der Kreisring noch die postulierte geringe radiale Ausdehnung eine Stütze in der Beschreibung finden. Bestimmt ist lediglich, dass die Positioniermittel 22, 30 "entlang eines Kreises" angeordnet sind.
Ebenso hat das Patentgericht das Merkmal 4 zu eng ausgelegt. Zutreffend und auch von der Beklagten konzediert weist die Berufung darauf hin, dass die als Stand der Technik erörterte Einrichtung gerade deshalb als zur Aufnahme größerer Kipp- und Drehmomente wenig tauglich angesehen wird, weil sie eine in einer Mittelbohrung angeordnete Spannvorrichtung verwendet (Abs. 3 und 4), während der Vorteil der Erfindung darin gesehen wird, dass die Spannkräfte dort angreifen, wo sie ihre größte Wirkung entfalten können, nämlich "im Bereich" der ersten und zweiten Positioniermittel (Abs. 6). In Merkmal 4 wird dies dahin konkretisiert, dass die Spannkraftwirkungslinien entweder annähernd auf der gedachten Zylindermantelfläche oder außerhalb dieser und in deren "Bereich" liegen. Soweit das Patentgericht hieraus ableitet, die Wirkungslinien müssten "möglichst genau" auf der Mantelfläche oder, wenn außerhalb, unmittelbar neben dieser liegen, kann dem nicht beigetreten werden. Die in Merkmal 4 enthaltenen Varianten sind in ihrem Verhältnis zueinander vielmehr dahingehend zu verstehen, dass bei der Abweichung der Wirkungslinien von der Mantelfläche nach außen ein größerer Spielraum bestehen soll als bei der Abweichung nach innen. Auch wenn in Absatz 28 der Beschreibung von "unmittelbar" die Rede ist, ist die Verwendung dieses Begriffs bei der Beschreibung eines Ausführungsbeispiels nicht geeignet, eine einschränkende Auslegung des Patentanspruchs, der diesen Begriff gerade nicht verwendet, zu stützen, zumal das mit Merkmal 4 angestrebte Ziel einen Verlauf der Spannkraftwirkungslinien, wie ihn das Patentgericht angenommen hat, auch nicht erfordert. Im Übrigen ergibt sich ein gewisser Spielraum bei der Abweichung der Wirkungslinien von der Mantelfläche auch schon daraus, dass die radiale Lage der gedachten Zylindermantelfläche ihrerseits nicht exakt definiert ist, weil sie nach Merkmal 4.2 die ersten und zweiten Positioniermittel nur schneiden muss.
II. Auch auf dieser Grundlage hat die zulässige Berufung jedoch keinen Erfolg, soweit die Beklagte das Streitpatent in der Fassung ihres in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat gestellten Hauptantrags verteidigt. Soweit die Beklagte das Streitpatent nicht mehr verteidigt, ist es ohne weitere Sachprüfung für nichtig zu erklären (BGH, Urteil vom 19. Dezember 2006 - X ZR 236/01, BGHZ 170, 215 - Carvedilol II).
1. Die beschränkte Verteidigung von Patentanspruch 1 gemäß dem jetzigen Hauptantrag ist zulässig.
a) Mit der verteidigten Fassung beansprucht die Beklagte eine Einrichtung zum positionsdefinierten Aufspannen eines Werkstücks, die anders als in der vor dem Patentgericht verteidigten Fassung des Patentanspruchs 1 nur noch eine einzige Spannvorrichtung aufweist. Diese wird weiter durch das zusätzliche Merkmal 1.3.3 dahingehend konkretisiert, dass sie einen einzigen federbelasteten Ringkolben (12) aufweist, der im Inneren eines Ringraums (11) des Spannfutters (1) in Richtung der Z-Achse des Spannfutters (1) mittels Druckluft oder hydraulisch entgegen der Wirkung von Spannfedern (14) verschiebbar ist und unter Wirkung der Spannfedern (14) die Spannorgane betätigt.
b) Eine in dieser Weise konkretisierte Spannvorrichtung ist in den ursprünglichen Anmeldeunterlagen offenbart. Dort ist von einem Ringkolben im Inneren des Ringraums die Rede, der in Richtung der Z-Achse des Spannfutters mittels Druckluft entgegen der Wirkung von Federn verschiebbar ist. Ist der Ringkolben in seine Totpunktlage verschoben, tauchen bei dem beschriebenen Ausführungsbeispiel die im Kopfteil des Spannfutters enthaltenen Spannkugeln in die dafür vorgesehene Nut des Ringkolbens ein (europäische Patentanmeldung 1 068 918, Abs. 13 bis 15).
c) Die Klägerin erachtet die Beschränkung durch die Hinzufügung des Merkmals 1.3.3 als unzulässig. Sie macht geltend, dass die mit diesem Merkmal beanspruchte Ringkolbentechnik in der Beschreibung und in den Anmeldeunterlagen ausschließlich im Zusammenhang mit Spannkugeln als Spannorganen offenbart sei, während nach der verteidigten Fassung der Ringkolben ohne diesen Bezug in den Patentanspruch 1 aufgenommen werden solle. Damit werde die in der Beschreibung geschilderte Funktionseinheit aufgelöst. Der Fachmann werde die Erläuterungen zur Funktionsweise des Ringkolbens in der Beschreibung nicht im Sinne des Merkmals 1.3.3 abstrahieren, dass die Spannkugeln durch andere Spannorgane ersetzt werden könnten. Damit sei der mit Patentanspruch 1 in der verteidigten Fassung beanspruchte Gegenstand nicht unmittelbar und eindeutig als zur Erfindung gehörend offenbart und mithin die Verteidigung des Streitpatents in dieser Fassung nicht zulässig.
Dem kann nicht beigetreten werden. Dienen in der Beschreibung eines Ausführungsbeispiels genannte Merkmale, die für sich, aber auch zusammen den durch die Erfindung erreichten Erfolg fördern, der näheren Ausgestaltung der unter Schutz gestellten Erfindung, dann hat es der Patentinhaber nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in der Hand, sein Patent durch die Aufnahme einzelner oder sämtlicher dieser Merkmale zu beschränken (BGH, Beschluss vom 23. Januar 1990 - X ZB 9/89, BGHZ 110, 123, 126 - Spleißkammer). Die Kombination muss lediglich in ihrer Gesamtheit eine technische Lehre darstellen, die der Fachmann den ursprünglichen Unterlagen als mögliche Ausgestaltung der Erfindung entnehmen kann (BGH, Beschluss vom 11. September 2001 - X ZB 18/00, GRUR 2002, 49 - Drehmomentübertragungseinrichtung). Diesen Anforderungen genügt die Kombination des Merkmals 1.3.3 mit den übrigen Merkmalen des Patentanspruchs 1. So wird in Absatz 7 der Streitpatentschrift und der Anmeldung ausgeführt, dass sich die mit der Erfindung angestrebte, hohe Widerstandsfähigkeit gegen eine Lageveränderung aufgrund der Einwirkung von Kippmomenten "zum Beispiel" dadurch realisieren lasse, dass die Spannorgane eine Mehrzahl von um den Umfang des Spannfutters verteilt angeordneten Spannkugeln umfassen, die mit einer in der Innenfläche des Werkzeugträgers umlaufenden Ringnut zusammenarbeiten. An dieser Stelle werden damit zum einen die Spannkugeln lediglich beispielhaft als mögliche Spannmittel der Spannorgane genannt, zum anderen findet der Ringkolben keine Erwähnung, so dass entgegen der Auffassung der Klägerin nicht angenommen werden kann, der Ringkolben und die Spannkugeln bildeten eine Funktionseinheit in dem Sinne, dass sie nur in dieser Kombination beansprucht werden könnten. Im Übrigen ist es unerheblich, dass in der Anmeldung mit den Spannkugeln nur ein mögliches Spannmittel genannt ist. Denn ein solches Ausführungsbeispiel, mit dem der Anmelder der Anforderung genügt, die Erfindung so deutlich und vollständig zu offenbaren, dass ein Fachmann sie ausführen kann, nötigt nicht dazu, den Gegenstand des Patentanspruchs hierauf zu beschränken (BGH, Urteil vom 16. Oktober 2007 - X ZR 226/02, GRUR 2008, 60 - Sammelhefter II).
d) Die Verteidigung des Streitpatents mit dem neuen Hauptantrag ist auch nach § 116 Abs. 2 PatG zulässig. Sie ist sachdienlich und kann auf Tatsachen gestützt werden, die der Senat der Verhandlung und Entscheidung über die Berufung nach § 117 PatG zugrunde zu legen hat. Der neue Hauptantrag beruht im Kern auf dem bereits erstinstanzlich gestellten Hilfsantrag II, auf den es nach dem Rechtsstandpunkt des Patentgerichts in erster Instanz nicht ankam. Soweit die Beklagte den ursprünglichen Hilfsantrag II in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat in den Merkmalen 1.3, 1.3.3 und 4 ergänzt und modifiziert hat, hat sie damit in sachdienlicher Weise den Bedenken Rechnung getragen, auf die der Senat in der mündlichen Verhandlung hinsichtlich der Ursprungsoffenbarung des Gegenstands des ursprünglichen Hilfsantrags II hingewiesen hat.
2. Der Gegenstand der mit dem jetzigen Hauptantrag verteidigten Fassung von Patentanspruch 1 ist patentfähig (Art. 52 Abs. 1 EPÜ).
a) Der Gegenstand dieses Anspruchs ist neu.
aa) Das Patentgericht hat zur Neuheit der dort verteidigten Fassung des Streitpatents, in der Merkmal 1.3.3 der im Berufungsverfahren verteidigten Fassung noch nicht enthalten war, ausgeführt:
Die in der europäischen Patentschrift 697 267 (Anlage NK3) gezeigte Befestigungsvorrichtung für ein Werkzeug oder Werkstück weise mit dem Teil 1 und dem Halter 3 wie das Streitpatent ein im Arbeitsbereich der Bearbeitungsmaschine fixierbares Spannfutter und einen daran festzuspannenden Werkstück- bzw. Werkzeugträger auf. Ebenso verfüge die Vorrichtung nach der NK3 neben ersten Positioniermitteln am Spannfutter und zweiten Positioniermitteln am Werkstückträger, die paarweise als Richtelemente zusammenarbeiteten und den Werkstückträger in X- und Y-Richtung positionierten, auch über weitere Positioniermittel in Form von Passflächen für die Ausrichtung in Z-Richtung. Jedoch zeigten alle Figuren der NK3 Ausführungsformen mit einer rechteckigen oder möglicherweise auch quadratischen Anordnung der Spanneinrichtung, bei denen die Positionierelemente für die X-Y-Richtung in den Seitenmitten und die Positionierelemente für die Z-Richtung in den Ecken der Befestigungsvorrichtung angeordnet seien, so dass es an einer Anordnung der Positioniermittel entlang eines (einzigen) Kreises im Sinne des Merkmals 3 fehle. Entsprechendes gelte aber auch für eine nach der Beschreibung der NK3 ebenfalls mögliche runde Ausführungsform. Insoweit offenbare die NK3 zwar, dass die Positioniermittel für die X-Y-Richtung radial angeordnet seien. Hinsichtlich der Anordnung der Positioniermittel für die Z-Richtung enthalte die NK3 jedoch keine Angaben, so dass dem Offenbarungsgehalt der NK3 nicht unmittelbar und eindeutig zu entnehmen sei, wie diese Positioniermittel bei einer runden Ausführungsform angeordnet seien. Ferner sei bei der Befestigungsvorrichtung nach der NK3 als Spannmittel in jedem Fall immer eine zentrale Spannschraube vorgesehen. Dadurch sei, unabhängig davon, ob zusätzliche Spannschrauben für weitere Befestigungen im Bedarfsfall vorhanden seien oder nicht, Merkmal 4 ebenfalls nicht verwirklicht.
Auch die europäische Patentanmeldung 614 725 (Anlage NK4) nehme die Lehre des Streitpatents nicht vorweg. Eine klare technische Lehre, wonach alle Positioniermittel wie beim Streitpatent entlang eines (einzigen) Kreises angeordnet seien, vermittle die NK4 nicht, weil jedes der dort offenbarten Positioniermittel, insbesondere auch die kreisringförmig angeordneten Flächenabschnitte am Spannfutter sowie die plangeschliffene Fläche am Werkzeugträger, eine beträchtliche Ausdehnung habe. Die in der NK4 offenbarte Einrichtung weise überdies wegen der Verwendung von vier Spannfuttern mit jeweils kreisförmig um die Spannzapfen angeordneten Spannorganen in Form von Kugeln einen anderen Aufbau als das Streitpatent auf. Durch diese Kugeln werde die Spannkraft auf den jeweiligen Spannzapfen übertragen. Damit lägen die axialen Komponenten der Spannkraft-Wirkungslinien bei der NK4 nicht auf einer (einzigen) Zylindermantelfläche oder unmittelbar daneben, sondern auf vier unterschiedlichen gedachten Mantelflächen; Merkmal 4 werde somit nicht verwirklicht.
Das in der US-amerikanischen Patentschrift 5 190 272 (Anlage NK32) als Einrichtung im Sinne des Streitpatents einzuordnende Palettensystem weise mit der Stirnverzahnung der ringförmigen Einbauteile an Spannfutter und Werkstückträger zwar erste und zweite Positioniermittel im Sinne des Streitpatents auf, die in gleicher Weise wie beim Streitpatent als Richtelemente zusammenarbeiteten. Selbst wenn man mit der Klägerin annehme, dass die Zähne und die korrespondierenden Zahnlücken der Stirnräder als "Zentrierzapfen" und "Vertiefungen" im Sinne des Merkmals 2.2.1 aufzufassen seien, sei aber Merkmal 2.2.2 nicht offenbart. Denn bei der in NK32 offenbarten Einrichtung erfolge die Positionierung in Z-Richtung nicht mit als Z-Referenz dienenden, erhöhten Flächenabschnitten am Spannfutter und einer plangeschliffenen als Z-Referenz dienenden Fläche am Werkstückträger, sondern - wie in der X-Y-Ebene - ebenfalls durch die aufeinanderliegenden Schrägflächen der jeweiligen Zahnflanken der Stirnverzahnungen, weil bei Zahnpaarungen funktionsbedingt aufgrund des erforderlichen Zahnkopfspiels stets die Zahnflanken zueinander in Eingriff kämen.
bb) Dies hält der Überprüfung im Berufungsverfahren zwar nicht in allen Punkten stand. Jedoch ist der Gegenstand des Patentanspruchs 1 in der im Berufungsverfahren verteidigten Fassung neu (Art. 54 Abs. 1 und 2 EPÜ).
(1) Die NK3 offenbart - wie vom Patentgericht zutreffend ausgeführt - eine Befestigungseinrichtung für ein Werkzeug oder Werkstück, die aus zwei Teilen besteht, die dem Spannfutter (Halter/Teil 3 der NK3) und dem Werkstückträger (Teil 1 der NK3) beim Streitpatent entsprechen. Die Positionierung des Werkstückträgers in X-Y-Richtung erfolgt über Passvorsprünge am Werkstückträger, denen Passvertiefungen am Teil 1 entsprechen. Die Justierung in Z-Richtung erfolgt über Passflächen an beiden Teilen. Die Passvorsprünge sind gleichmäßig am Umfang des Werkstückträgers verteilt. Bei dem in den Figuren der NK3 illustrierten Ausführungsbeispiel ist der Werkstückträger viereckig oder quadratisch gestaltet, so dass die Passvorsprünge rechtwinklig zu den Seitenflächen und den entsprechenden Rändern verlaufen. Die Beschreibung offenbart allerdings auch eine runde Ausgestaltung des Werkstückträgers, bei der die Passvorsprünge radial angeordnet sind (Sp. 6 Z. 26 f.; Sp. 5 Z. 33 f.). Dies entspricht, wie auch vom Patentgericht angenommen, den Merkmalsgruppen 1 und 2.
Soweit das Patentgericht ausführt, in Bezug auf eine mögliche runde Ausführung sei die Positionierung der für die Ausrichtung in Z-Richtung maßgeblichen Passflächen und somit das Merkmal 3 nicht offenbart, kann dem nicht beigetreten werden. Abgesehen davon, dass Merkmal 3 ohnedies keine Anforderung an die Positionierung der Z-Referenz formuliert, ergibt sich, was im Hinblick auf Merkmal 4.2 von Bedeutung ist, aus Patentanspruch 1 und der Beschreibung der NK3 (Sp. 3 Z. 59 bis Sp. 4 Z. 2), dass die Passvorsprünge einstückig an einem der beiden Teile (Werkstück oder Halter) zwischen den Passflächen angeformt sind, während die korrespondierenden Passaussparungen an dem anderen Teil an den entsprechenden Stellen angeordnet sind. Da an dieser Stelle keine Einschränkungen gemacht werden, gilt dies sowohl für die viereckige als auch die runde Ausführungsform. Dies lässt sich auch Patentanspruch 7 entnehmen, der die Lage der Passvorsprünge auch für eine runde Ausführungsform beschreibt und sich im Übrigen auf Anspruch 1 rückbezieht.
Dementsprechend befinden sich auch bei einer runden Ausführungsform die Passflächen zwischen den Passvorsprüngen.
Ob die Verwirklichung des Merkmals 4 zu verneinen ist, weil - wie das Patentgericht und die Beklagte annehmen - bei der Befestigungseinrichtung nach der NK3 als Spannmittel in jedem Fall immer eine zentrale Spannschraube vorgesehen sei, erscheint nicht zwingend. Denn die Erläuterungen in der Patentschrift, wonach bei der dort offenbarten Ausführungsform die zentrale Spannschraube in der Regel für eine Verspannung des Halters und des Spannfutters ausreichen solle, wenn auch an den Passflächen weitere Befestigungsmöglichkeiten vorgesehen sein könnten (Sp. 3 Z. 39 bis 46), sind nicht notwendig dahin zu verstehen, dass bei der Befestigungseinrichtung nach der NK3 in jedem Fall eine zentrale Spannschraube vorhanden sein müsse und erst im Bedarfsfall zusätzliche Schrauben für weitere Befestigungen vorgesehen werden könnten. So wird in der Beschreibung auch ausgeführt, was durch ein stärkeres Anziehen des Befestigungselements, nämlich durch die (zentrale) Schraube 2 oder mehrerer Schrauben, bewirkt werden soll (Sp. 4 Z. 17 bis 19). An einer anderen Stelle in der Beschreibung wird die Verwendung einer einzigen Spannschraube lediglich als Beispiel für die quer oder rechtwinklig zu der Berührebene der Passflächen verlaufenden Befestigungsmittel genannt (Sp. 7 Z. 31 bis 33). Insbesondere auch Patentanspruch 1 lässt sich eine derartige Beschränkung auf Befestigungsvorrichtungen mit einer zentralen Spannschraube nicht entnehmen. Dort ist vielmehr von mehreren Befestigungsmitteln die Rede, die für eine Verspannung der beiden Teile der Vorrichtung sorgen sollen, ohne dass hier ein Vorrang einer zentralen Spannschraube festgelegt wäre.
Die Verwirklichung des Merkmals 4 kann jedoch dahinstehen. Denn die Einrichtung nach NK3 weist nicht als einzige Spannvorrichtung (Merkmal 1.3 in der Fassung des neuen Hauptantrags) einen federbelasteten Ringkolben auf, so dass jedenfalls Merkmal 1.3.3 nicht offenbart ist.
(2) Die Einrichtung zum positionsdefinierten Aufspannen eines Werkstücks nach der NK4 besteht aus einem am Arbeitsplatz der Bearbeitungsmaschine zu fixierenden Untersatz und einem auf den Untersatz aufsetzbaren und daran festspannbaren Werkstückträger, die jeweils mit Richtelementen versehen sind. Sie weist damit dieselben Bestandteile auf wie das Streitpatent nach den Merkmalsgruppen 1.1 und 1.2. Die Positionierung des Werkstückträgers erfolgt in X-Y-Richtung über am Untersatz vorgesehene lineare Richtelemente in Form von prismatischen Zentrierlinealen, die mit ihren als Zentrierschlitze ausgestalteten Gegenstücken am Werkstückträger zusammenarbeiten. Für die Festlegung der Position des Werkstückträgers in der Z-Achse sind paarweise zusammenarbeitende Anschlagflächen am Untersatz und am Werkstückträger vorgesehen (Merkmalsgruppe 2). Hiervon geht auch das Patentgericht aus. Soweit es allerdings annimmt, die NK4 vermittle keine klare technische Lehre des Inhalts, dass alle Positioniermittel entsprechend Merkmal 3 entlang eines Kreises anzuordnen seien, und dies damit begründet, dass die beträchtliche Ausdehnung der Positioniermittel der NK4 einer solchen Lehre entgegenstehe, kann dem nicht beigetreten werden. Wie die Klägerin mit einer entsprechenden Ergänzung der Figur 4 der NK4 (Anlage NK29) veranschaulicht hat, befinden sich bei der NK4 sämtliche Positioniermittel auf einer gedachten Kreislinie. Wie weit die Positioniermittel über eine solche gedachte Kreislinie hinausragen, ist auch für das Streitpatent nicht festgelegt.
Dagegen ist nach der nunmehr verteidigten Fassung des Patentanspruchs 1 die Merkmalsgruppe 1.3 nicht vollständig verwirklicht. Während die NK4 vier kreisförmige Spannfutter mit jeweils einem Spannzapfen in der Mitte aufweist, der kreisförmig von einem Kugelgesperre umgeben ist, ist der Gegenstand des Streitpatents in der verteidigten Fassung auf eine einzige Spannvorrichtung mit einem einzigen federbelasteten Ringkolben beschränkt.
Damit ist auch Merkmal 4 nicht verwirklicht. Bei der Einrichtung nach NK4 weist jedes der vier kreisförmigen Spannfutter der NK4 in der Mitte einen von einem Kugelgesperre umgegebenen Spannzapfen auf, so dass die axialen Komponenten der Spannkraftwirkungslinien auf vier unterschiedlichen gedachten, die Positioniermittel schneidenden Zylindermantelflächen verlaufen. Die Wirkungslinien liegen damit auch bei der NK4 zwar entweder annähernd auf oder außerhalb und "im Bereich" einer (einzigen) gedachten Zylindermantelfläche, allerdings jeweils nur bezogen auf ein einzelnes der vier Spannfutter. Merkmal 4 in der im Berufungsverfahren noch verteidigten Fassung ist damit nicht offenbart, da danach vorausgesetzt wird, dass sämtliche axialen Komponenten der Spannkraftwirkungslinien der Spannorgane entweder annähernd auf oder außerhalb und "im Bereich" einer gedachten Zylindermantelfläche liegen.
(3) Die NK32 betrifft ein Palettiersystem, mit dem Werkstücke in automatisierter Form auf Paletten den die einzelnen Bearbeitungsschritte ausführenden Maschinen zugeführt und auf diesen eingespannt werden können. Dabei wird das Werkstück auf einer Palette (pallet) oder einem Träger (carrier) aufgespannt, die oder der an jeder der einzelnen Bearbeitungsstationen mit einer Art Basisstation (actuator base, pallet base) so gekoppelt wird, dass das Werkstück in der Maschine stets in der für eine präzise Bearbeitung erforderlichen Lage positioniert und gleichzeitig stabil befestigt ist. Die Positionierung des Werkstückträgers auf der Basisstation erfolgt über korrespondierende mehrzahnige (Träger-)Ringe (multitoothed (carrier) rings) an diesen beiden Bauteilen. Anschließend wird der an der Basisstation befindliche Kolben mit Druckluft oder hydraulisch nach oben gedrückt, bis die Kugellager der Basisstation an den entsprechenden Verriegelungsflächen am Werkstückträger anliegen. Wenn der Kolben seine endgültige Position erreicht hat, werden die Kugellager gegen entsprechende Verriegelungsflächen am Werkstückträger gedrückt und die Basisstation ist mit dem Werkstückträger verbunden.
Damit weist die in NK32 offenbarte Einrichtung die Merkmalsgruppen 1.1, 1.2 und 1.3 sowie das Merkmal 3 auf. Die bei der NK32 als Positioniermittel fungierenden Zahnräder arbeiten wie die Positioniermittel des Streitpatents als Richtelement paarweise zusammen, so dass auch die Merkmale 2.1 und 2.2 verwirklicht sind. Allerdings unterscheidet die NK32 bei den Positioniermitteln nicht hinsichtlich solcher, die für die Ausrichtung in X-Y-Richtung zuständig sind und solchen, die die Ausrichtung in Z-Richtung übernehmen, so dass die Merkmale 2.2.1 und 2.2.2 nicht vollständig verwirklicht sind. Die Zahnräder der NK32 sind zwar den Zentrierzapfen und den damit korrespondierenden Vertiefungen im Sinne des Merkmals 2.2.1 bis zu einem gewissen Grad vergleichbar. Allerdings befinden sich beim Streitpatent die mit den Zähnen vergleichbaren Zentrierzapfen nur am Spannfutter, während der Werkstückträger insoweit mit den Vertiefungen nur Zahnlücken aufweist. Ferner fehlt es an als Z-Referenz dienenden Flächenabschnitten am Spannfutter bzw. der Basisstation und einer damit korrespondierenden plangeschliffenen Fläche am Werkstückträger. Wenn auch die Zahnringe bei der NK32 - wie die Klägerin unter Hinweis auf die Beschreibung (Sp. 5 Z. 46 bis 50 und S. 12 Z. 20 bis 25 der Übersetzung NK 32a) zutreffend ausführt - hinsichtlich der Stellwinkel und der Anzahl der Zähne unterschiedlich ausgestaltet sein können, so ist bei einer Ausgestaltung als Zähne doch davon auszugehen, dass die Zähne eines Ringes jeweils gleichmäßig gestaltet und nebeneinander angeordnet sind. Entgegen der Auffassung der Klägerin sind die Spitzen der Zähne nicht als Flächen für die Ausrichtung in Z-Richtung anzusehen. Da die Zähne allenfalls den Zentrierzapfen des Streitpatents entsprechen, so entsprechen ihre Spitzen allenfalls den Spitzen oder Enden der Zentrierzapfen. Im Übrigen können sie, wie das Patentgericht zutreffend ausgeführt hat, nicht die Z-Referenz bilden.
b) Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 in der mit dem Hauptantrag verteidigten Fassung ist auch nicht durch den Stand der Technik nahegelegt (Art. 56 EPÜ).
(1) Zuständiger Fachmann ist, wie das Patentgericht zutreffend und von den Parteien unbeanstandet angenommen hat, ein Diplom-Ingenieur mit Fachhochschulausbildung der Fachrichtung Maschinenbau mit mehrjähriger Berufserfahrung in der Konstruktion von Spanneinrichtungen bei Werkzeugmaschinen.
(2) Ausgehend von der Entgegenhaltung NK3 müsste der Fachmann Anlass gehabt haben, die bei der dort gezeigten Befestigungsvorrichtung für das Verspannen von Spannfutter und Werkstückträger vorgesehenen Spannschrauben durch eine Ringkolbenkonstruktion im Sinne des Merkmals 1.3.3 zu ersetzen. Aus der NK3 selbst ergibt sich hierfür keine Anregung. Zwar ist das Merkmal 1.3.3 aus der Entgegenhaltung NK32 bekannt. Jedoch setzte eine Übertragung dieses Merkmals auf die in der NK3 offenbarte Konstruktion einen grundsätzlichen Umbau dieser Befestigungsvorrichtung aus, so dass insoweit nicht davon ausgegangen werden kann, dass dem Fachmann eine entsprechende Weiterentwicklung der NK3 durch die NK32 nahegelegt war.
(3) Auch war dem Fachmann der Gegenstand des Patentanspruchs 1 in der verteidigten Fassung weder durch die NK4 alleine noch in Verbindung mit der Entgegenhaltung NK32 nahegelegt.
Soweit die Klägerin geltend macht, der Fachmann entnehme der NK4 einerseits die Erkenntnis, dass die Positionierung und Justierung des Werkstücks mit einer Erhöhung der Zahl von Spannvorrichtungen verbessert werden könne, erkenne andererseits aber auch, dass die Zahl der Spannvorrichtungen aus Platzgründen nicht beliebig vergrößert werden könne, und komme vor diesem Hintergrund auf die dann naheliegende Möglichkeit, wie das Streitpatent nur eine einzige Spannvorrichtung vorzusehen, kann dem nicht beigetreten werden. Es ist nicht ersichtlich, weshalb der Fachmann, wenn er zu der Erkenntnis gelangt, dass eine größere Zahl von Spannvorrichtungen eine sichere und zuverlässige, repetierbare Positionierung und Befestigung gewährleistet, nur eine einzige Spannvorrichtung vorsehen soll.
Ebenso wenig kann ein Rückgriff auf die Entgegenhaltung NK32 zu einer anderen Beurteilung führen. Die in der NK32 gezeigte Hirth-Verzahnung stellt keine Spannvorrichtung dar, die gesonderte Mittel zur Verspannung in Z-Richtung aufweist. Der Fachmann, der bestrebt ist, die Positionierung des Werkstücks in alle Richtungen und damit auch in die Z-Richtung zu verbessern, hat daher keinen Anlass ausgehend von der NK4 ergänzend auf die NK32 zurückzugreifen.
(4) Schließlich war dem Fachmann der Gegenstand des Patentanspruchs 1 in der verteidigten Fassung auch nicht nahegelegt, wenn man die Entgegenhaltung NK32 als Ausgangspunkt heranzieht.
Das Patentgericht hat insoweit angenommen, dass die NK32 mit der Verwendung von Stirnverzahnungen für die Positionierung in Z-Richtung anstelle von korrespondierenden Flächenabschnitten am Spannfutter und am Werkstückträger die NK32 einen anderen Weg als das Streitpatent beschreite. Diese Entgegenhaltung lege dem Fachmann daher nicht nahe, für die Positionierung in Z-Richtung erhöhte, als Z-Referenz dienende Flächenabschnitte am Spannfutter und eine entsprechende plangeschliffene Fläche am Werkstückträger vorzusehen. Selbst wenn der Fachmann, der die Positioniergenauigkeit in Z-Richtung verbessern wollte, möglicherweise angeregt durch die NK3 und die NK4 die dort für die Positionierung in Z-Richtung vorgesehene Lösung in Betracht ziehen würde, fehlte es an der Verwirklichung des Merkmals, dass alle Richtelemente entlang eines Kreises angeordnet sind. Denn wegen der Stirnverzahnungen in der NK32, die bereits einen geschlossenen Kreis bildeten, müssten die weiteren Richtelemente zwangsläufig an einer anderen Stelle, sei es außerhalb oder innerhalb der Stirnverzahnung angeordnet werden.
Zwar hat die Klägerin mit der Berufung in diesem Zusammenhang neue Entgegenhaltungen vorgelegt, und insoweit geltend gemacht, dass der Fachmann, der die Positioniergenauigkeit in Z-Richtung verbessern wollte, die Z-Referenz von der X-Y-Positionierung getrennt hätte, ohne deswegen von der Stirnverzahnung abzugehen. Eine entsprechende Anregung hierzu habe der Fachmann der deutschen Offenlegungsschrift 35 28 443 (NK36a) - auf deren US-Pendant, die Patentschrift 4 575 062 (NK36), die NK32 ausdrücklich verweise -, aber auch dem Gebrauchsmuster 298 02 374 (NK37) entnehmen können. Die NK 36 bzw. NK36a zeige eine Kupplung für die Befestigung eines Werkstückträgers auf einer Werkzeugmaschine mit einem Trägerring, dessen Zähne an der Oberseite nicht spitz zuliefen, sondern eine plane Fläche aufwiesen. Die NK37 offenbare eine Ausgestaltung, bei der die Verzahnungselemente eine unsymmetrische Geometrie dergestalt aufwiesen, dass jeweils eine erste Flanke der einzelnen Verzahnungselemente steiler ausgeführt sei als die andere zweite Flanke (Hirth-Verzahnung mit entsprechenden Gegenflächen zusammenwirkenden Anschlagflächen 15,16 in Figur 2 der NK37).
Auch diese Entgegenhaltungen gaben dem Fachmann indes keinen Anlass, die in NK32 offenbarte Hirth-Verzahnung an einzelnen Stellen mit planen Auflageflächen zu versehen, um eine exaktere Positionierung in Z-Richtung zu erreichen.
Dabei kann offenbleiben, ob die in NK32 eingesetzte Verzahnung deshalb als nachteilig anzusehen ist, weil es bei großen Spannkräften zu unerwünschten Materialverformungen ("Fressen") kommen kann. NK32 enthält jedenfalls weder einen Hinweis auf dieses Problem noch eine Anregung zu dessen Lösung. Der in der Beschreibung enthaltene Hinweis, die Zahnringe könnten hinsichtlich der Stellwinkel und der Anzahl der Zähne unterschiedlich ausgestaltet werden, um das angestrebte Ergebnis zu erreichen (NK 32 Sp. 5 Z. 46 bis 50, NK32a S. 12 Z. 20 bis 25), gab dem Fachmann keine konkrete Anregung dafür, einzelne oder alle Zähne mit einer planen Fläche zu versehen, die zur Positionierung in Z-Richtung eingesetzt werden kann. Auch im Übrigen ergab sich für den Fachmann aus NK32 nicht die Anregung, in anderen Entgegenhaltungen nach Abwandlungen einer Hirth-Verzahnung zur verbesserten Positionierung in Z-Richtung zu suchen.
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 Satz 2 PatG in Verbindung mit § 97 Abs. 1 ZPO und § 92 Abs. 1 ZPO.
Meier-Beck Bacher Hoffmann Deichfuß Kober-Dehm Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 08.11.2012 - 4 Ni 43/10 (EP) -
BGH:
Urteil v. 14.01.2014
Az: X ZR 148/12
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/e3a5554339a0/BGH_Urteil_vom_14-Januar-2014_Az_X-ZR-148-12