Bundespatentgericht:
Beschluss vom 28. September 2000
Aktenzeichen: 8 W (pat) 18/98
(BPatG: Beschluss v. 28.09.2000, Az.: 8 W (pat) 18/98)
Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung
Das Bundespatentgericht hat einen Beschluss vom 28. September 2000 gefasst, in dem es den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse E 04 B des Deutschen Patentamts vom 29. September 1997 aufgehoben und das Patent erteilt hat. In der Gerichtsentscheidung geht es um eine Vorrichtung zur druckstoßabsorbierenden Befestigung eines Flächenelements an einem Wandelement. Die Patentanmeldung wurde am 20. September 1996 eingereicht und wurde zunächst zurückgewiesen, da der Gegenstand nach Ansicht der Prüfungsstelle nicht die erforderliche Neuheit aufwies. Die Beschwerde der Anmelderin wurde jedoch vom Bundespatentgericht stattgegeben und das Patent aufgrund neuer Unterlagen erteilt. Der Patentanspruch 1 beschreibt eine Vorrichtung zur druckstoßabsorbierenden Befestigung eines Flächenelements an einem unbeweglichen Wandelement. Die Vorrichtung besteht aus einem langgestreckten Befestigungselement, das elastisch verformbar und plastisch dehnbar ist. Das elastische Element muss erst seine Endanschlagstellung erreichen, bevor das plastische Element wirksam wird. Die Patentansprüche 2 bis 10 beziehen sich auf weitere Ausgestaltungen der Vorrichtung. Das Bundespatentgericht kommt zu dem Schluss, dass der Gegenstand nach Anspruch 1 neu und erfinderisch ist und somit patentfähig. Daher werden auch die Unteransprüche 2 bis 10 gewährt.
Die Gerichtsentscheidung im Volltext:
BPatG: Beschluss v. 28.09.2000, Az: 8 W (pat) 18/98
Tenor
Auf die Beschwerde wird der Beschluß der Prüfungsstelle für Klasse E 04 B des Deutschen Patentamts vom 29. September 1997 aufgehoben und das Patent erteilt.
Bezeichnung: Vorrichtung zur druckstoßabsorbierenden Befestigung eines Flächenelementes an einem Wandelement.
Anmeldetag: 20. September 1996.
Der Erteilung liegen folgende Unterlagen zugrunde:
Patentansprüche 1 bis 10 und sieben Seiten Beschreibung, überreicht in der mündlichen Verhandung vom 28. September 2000, sowie drei Seiten Zeichnungen Figuren 1 bis 3 gemäß Offenlegungsschrift.
Gründe
I Die Patentanmeldung 196 38 658.6-25 mit der Bezeichnung "Vorrichtung zur druckstoßabsorbierenden Befestigung eines Flächenelements an einem Wandelement" ist am 20. September 1996 beim Patentamt eingegangen und von dessen Prüfungsstelle für Klasse E 04 B mit Beschluß vom 29. September 1997 mit der Begründung zurückgewiesen worden, daß ihr Gegenstand angesichts des Standes der Technik nicht die erforderliche Neuheit aufweise. Zum Stand der Technik waren die folgenden Druckschriften in Betracht gezogen worden:
DE 21 09 812 B2 DE 37 05 401 A1 US 4 066 058 Gegen den Zurückweisungsbeschluß hat die Anmelderin Beschwerde eingelegt.
Sie hat in der mündlichen Verhandlung neugefaßte Unterlagen (Patentansprüche 1 bis 10, Beschreibung und Zeichnungen) eingereicht.
Der Patentanspruch 1 lautet:
"Vorrichtung zur druckstoßabsorbierenden Befestigung eines Flächenelements (2) an einem unbeweglichen Wandelement (3) eines Gebäudes, wobei das Flächenelement (2) oder ein an diesem angeordnetes Halteteil an einer der druckstoßbelasteten Seite (4) abgewandten Fläche (5) des Wandelementes (3) überlappend anliegt und das Wandelement (3) sowie das Flächenelement (2) bzw das Halteteil miteinander fluchtende Durchgangsbohrungen (6) aufweisen, die von einem langgestreckten Befestigungselement (7) durchsetzt sind, wobei die Vorrichtung mindestens ein elastisch verformbares, das Flächenelement (2) nach Abbau der Druckstoßbelastung im wesentlichen in seine Ursprungslage zurückführendes Element (8) sowie mindestens ein mit dem mindestens einen elastischen Element (8) verbundenes plastisch dehnbares Element (9) aufweist, das Bestandteil des langgestreckten Befestigungselements (7) ist und dann wirksam wird, wenn das mindestens eine elastische Element (8) unter der Belastung des Druckstoßes eine hierfür vorgesehene Endanschlagstellung erreicht hat."
Wegen des Wortlauts der Unteransprüche 2 bis 10 wird auf die Akte Bezug genommen.
Die Anmelderin vertritt die Auffassung, es habe einer erfinderischen Tätigkeit bedurft, um zum Anmeldungsgegenstand nach dem Patentanspruch 1 zu gelangen. Sie trägt vor, daß der nach ihrer Auffassung nächstliegende Stand der Technik nach der DE 37 05 401 A1 nur plastische (zB Fig 1, 2) oder elastische Verformungs-Bauteile (zB Fig 3) vorschlage und eine Kombination aus beiden nicht beschreibe. Selbst wenn aber aus Fig 1 eine derartige Kombination ersichtlich wäre, so sei diese zumindest nicht auf einem Bauelement angeordnet, sondern auf unterschiedliche, räumlich voneinander getrennte Bauelemente verteilt. Die Anmeldung beschreibe demgegenüber eine Befestigungsvorrichtung, die aus zwei miteinander verbundenen Elementen mit unterschiedlichen Eigenschaften (plastisch bzw elastisch verformbar) besteht.
Die Anmelderin beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und das Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:
Patentansprüche 1 bis 10 und sieben Seiten Beschreibung, überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 28. September 2000, sowie drei Seiten Zeichnungen Figuren 1 bis 3 gemäß Offenlegungsschrift.
II Die frist- und formgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig und in der Sache auch begründet.
Der Anmeldungsgegenstand stellt eine patentfähige Erfindung iSd PatG § 1 bis § 5 dar.
1. Gegenstand der Anmeldung ist nach Patentanspruch 1 eine Vorrichtung zur druckstoßabsorbierenden Befestigung eines Flächenelements an einem unbeweglichen Wandelement eines Gebäudes. Das Flächenelement liegt dabei überlappend an einer der druckstoßbelasteten Seite abgewandten Fläche des Wandelementes an.
Fluchtende Durchgangsbohrungen durchsetzen beide Bauteile. Die Durchgangsbohrung wird von einem langgestreckten Befestigungselement durchsetzt.
Die Vorrichtung weist mindestens ein elastisch verformbares Element sowie mindestens ein mit diesem verbundenes plastisch dehnbares Element auf, wobei das plastische Element Bestandteil des langgestreckten Befestigungselementes ist und erst wirksam wird, wenn das (mindestens eine) elastische Element unter der Belastung des Druckstoßes seine hierfür vorgesehene Endanschlagstellung erreicht hat.
Die Vorrichtung nach Anspruch 1 besteht demnach aus einem langgestreckten Befestigungselement, welches plastisch dehnbar ist und mit dem elastisch verformbaren Element verbunden ist. Es sind also zwei miteinander verbundene, unterschiedlich wirkende Elemente in das Befestigungselement integriert (vgl hierzu auch Beschreibung Seite 3, 1. Abs).
2. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 ist in den ursprünglichen Unterlagen als zum Anmeldungsgegenstand gehörend offenbart.
Der neugefaßte Anspruch 1 beruht auf dem ursprünglichen Anspruch 1 und wurde lediglich mit klarstellenden Formulierungen versehen. Das Wandelement, welches das Flächenelement halten soll, wird entsprechend der ursprüglichen Formulierung nach "insbesondere" nunmehr direkt einem Gebäude zugeordnet. Die klarstellende Beschreibung der anmeldungsgemäßen Vorrichtung dahingehend, daß sie aus einem langgestreckten Befestigungselement, welches plastisch dehnbar ist und aus einem mit diesem verbundenen elastisch verformbaren Element besteht, beruht auf der ursprünglichen Beschreibung Seite 3, 1. Absatz.
3. Die Patentansprüche 2 bis 10 finden ihre Stütze in den ursprünglichen Unterlagen und sind daher zulässig.
Die Ansprüche 2 bis 8 beruhen auf den ursprünglichen Ansprüchen 3 bis 8 und 10, während Anspruch 9 eine Zusammenfassung der ursprünglichen Ansprüche 11 und 12 darstellt. Anspruch 10 beruht auf dem ursprünglichen Anspruch 13.
4. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 ist neu.
Von dem Rahmenschenkel für plattenförmige Füllungen eines Gebäudes nach der DE 37 05 401 A1 (Fig 1, 2) unterscheidet sich der Anmeldungsgegenstand nach Patentanspruch 1 in seinen, beide Bauteile (Flächenelement, Wandelement) durchsetzenden fluchtenden Durchgangsbohrungen, der überlappenden Anlage von Flächen- und Wandelement aneinander sowie der Anordnung von plastisch und elastisch verformbaren Elementen auf einer Vorrichtung und der Abfolge ihrer Wirkung derart, daß zuerst das elastische Element bis zu seiner Endanschlagstellung betätigt werden muß, bevor das plastische Element zur Wirkung gelangt. Von den übrigen Ausführungsbeispielen dieser Entgegenhaltung unterscheidet sich der Anmeldungsgegenstand bereits durch sein jeweils zusätzliches plastisches bzw elastisches Element, da bei diesen Ausführungsbeispielen entweder nur ein elastisches (Fig 3) oder nur ein plastisches Element (Fig 4, 5) vorgesehen ist.
Von dem vibrationsdämpfenden System nach der US 4 066 058 unterscheidet sich der Anmeldungsgegenstand bereits durch sein zusätzlich vorhandenes plastisch dehnbares Element in der Befestigungsvorrichtung. Dies gilt auch für den Halter zum elastischen Befestigen von Vorsatzplatten an Wänden oder Fußböden in Räumen nach der DE 21 09 812 B2, welche ebenfalls lediglich eine elastisch verformbare Befestigungsvorrichtung enthält.
5. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1, dessen gewerbliche Anwendbarkeit nicht in Zweifel steht, beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.
Der bekannte Rahmenschenkel für plattenförmige Füllungen eines Gebäudes nach der DE 37 05 401 A1 (Ausführungsbeispiele nach Fig 1 und 2) vermag zwar dem Fachmann, einem in der Erstellung von Industriebauten erfahrenen Bauingenieur mit Fachhochschulausbildung, die Lehre zu vermitteln, mindestens äußere Flanschteile (13) zur Halterung plattenförmiger Füllungen in Richtung auf eine gebäudefeste Stütze (S) hin über elastisch (15 bzw 25) und plastisch (19 bzw 29) verformbare Elemente zu lagern. Eine Anregung zur anmeldungsgemäßen Wirkungsabfolge der Kombination aus elastisch und plastisch verformbaren Elementen derart, daß zuerst das elastisch verformbare Element bis zur Erreichung seiner Endanschlagstellung verformt werden muß, bevor das plastisch verformbare Element zur Wirkung kommt, vermag die Entgegenhaltung indes nicht zu geben. Darüber hinaus ist die entgegengehaltene Vorrichtung erheblich komplexer aufgebaut als die anmeldungsgemäße Befestigungsvorrichtung. Die Befestigungsvorrichtung nach Anspruch 1 weist ein plastisches Element auf, welches bereits Bestandteil eines langgestreckten Befestigungselementes ist und welches wiederum mit einem elastisch verformbaren Element verbunden ist. Somit sind bei der anmeldungsgemäßen Lösung beide Wirkelemente in einer einzigen Befestigungsvorrichtung vereint. Hierzu konnte die genannte Entgegenhaltung keinerlei Anregungen vermitteln, da die unterschiedlichen Elemente (elastisch und plastisch verformbare Elemente) jeweils unterschiedlichen Befestigungsvorrichtungen (elast. Elemente 15 bzw 25 an Bauteilen mit d. Ziff. 13, 14 und 11 gem Fig 1 bzw 23, 24, 27 gem. Fig 2; plastische Elemente 19 bzw 29 an Bauteilen mit der Ziff. 18, 12 gem Fig 1 bzw 22, 28 gem. Fig 2) zugeordnet sind. Nach alledem vermögen die Ausführungsbeispiele nach Fig 1 und 2 der DE 37 05 401 A1 dem Fachmann die Lehre nach Anspruch 1 der vorliegenden Patentanmeldung weder zu vermitteln noch nahezulegen.
Dies gilt für die verbleibenden Ausführungsbeispiele gemäß Fig 3 bis 5 dieser Entgegenhaltung umso mehr, als diese entweder eine Befestigung der Flächenelemente über ausschließlich elastische Elemente (Fig 3) oder ausschließlich plastische Elemente (Fig 4,5) zum Gegenstand haben, so daß sich hieraus bereits eine Kombination aus beiden Elementen nicht ableiten läßt.
Die Befestigungsvorrichtungen nach der US 4 066 058 und der DE 21 09 812 B2 liegen vom Anmeldungsgegenstand weiter ab, da dort jeweils ausschließlich elastisch verformbare Elemente zur Absorption von Vibrationsbewegungen bzw Druckstößen offenbart sind. Somit können diese Entgegenhaltungen einem Fachmann schon die Verwendung plastisch verformbarer Elemente nicht nahelegen. Als plastisch verformbares Element kann der Bolzen (22) gemäß Figur 1 der US 4 066 058 nicht betrachtet werden. Die Ringnut (30) stellt zwar eine Verjüngung des Bolzens in diesem Bereich dar, die jedoch nicht einen plastisch verformbaren Bereich kennzeichnet. Vielmehr dient diese Ringnut lediglich der Aufnahme eines O-Ringes (32), der der Vermeidung von Metall zu Metall-Kontakten dient (Sp 2, Z 33 - 36).
Nach alledem ist der Gegenstand nach Anspruch 1 patentfähig und der Anspruch somit gewährbar.
Mit diesem zusammen sind auch die Unteransprüche 2 bis 10 gewährbar, die auf vorteilhafte Ausgestaltungen einer Vorrichtung nach Anspruch 1 gerichtet sind.
Kowalski Schmöger Dehne Dr. Huber Cl
BPatG:
Beschluss v. 28.09.2000
Az: 8 W (pat) 18/98
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