Bundesgerichtshof:
Beschluss vom 14. November 2005
Aktenzeichen: AnwZ (B) 90/04
(BGH: Beschluss v. 14.11.2005, Az.: AnwZ (B) 90/04)
Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung
Der Bundesgerichtshof hat in seinem Beschluss vom 14. November 2005 (Aktenzeichen AnwZ (B) 90/04) die sofortige Beschwerde eines Antragstellers gegen den Beschluss des Niedersächsischen Anwaltsgerichtshofes zurückgewiesen. Der Antragsteller muss die Kosten des Rechtsmittels tragen und der Antragsgegnerin die ihr im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen außergerichtlichen Auslagen erstatten.
Der Antragsteller ist seit 1981 als Rechtsanwalt zugelassen. Die Antragsgegnerin hat jedoch seine Zulassung nach § 14 Absatz 2 Nr. 7 BRAO wegen Vermögensverfalls widerrufen. Der Anwaltsgerichtshof hat den Antrag des Antragstellers auf gerichtliche Entscheidung gegen den Widerruf zurückgewiesen. Dagegen hat sich der Antragsteller mit der sofortigen Beschwerde gewendet.
Das Rechtsmittel ist zwar zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg. Der Widerruf der Zulassung des Antragstellers zur Rechtsanwaltschaft ist gerechtfertigt.
Gemäß § 14 Absatz 2 Nr. 7 BRAO ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind. Diese Voraussetzungen waren zum Zeitpunkt des Widerrufs bei dem Antragsteller erfüllt. Es lagen ausreichende Beweisanzeichen für einen Vermögensverfall vor, unter anderem durch Zwangsvollstreckungsmaßnahmen und Schuldtitel gegen den Antragsteller. Auch konnte der Antragsteller seinen Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen und hatte keine pfändbaren Gegenstände, wie vom Gerichtsvollzieher festgestellt wurde. Zudem hat der Antragsteller auf wiederholte Aufforderungen der Antragsgegnerin, seine Vermögensverhältnisse offenzulegen, nicht reagiert.
Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass trotz des Vermögensverfalls die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind. Insbesondere der Umgang des Antragstellers mit Mandantengeldern wäre gefährdet.
Ein nachträglicher Wegfall des Widerrufsgrundes liegt nicht vor. Es wurden weitere Schuldtitel gegen den Antragsteller erwirkt und Zwangsvollstreckungsmaßnahmen durchgeführt. Zudem ist der Antragsteller im Schuldnerverzeichnis eingetragen. Der Antragsteller hat trotz eines gerichtlichen Hinweises keine Angaben zu seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen gemacht.
Es ist auch nicht erkennbar, dass trotz des weiterhin bestehenden Vermögensverfalls eine Ausnahme hinsichtlich der Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden vorliegt.
Der Geschäftswert wurde auf 50.000 € festgesetzt, niedriger als von der Vorinstanz festgesetzt.
Vorinstanz: AGH Celle, Entscheidung vom 04.10.2004 - AGH 8/04
Die Gerichtsentscheidung im Volltext:
BGH: Beschluss v. 14.11.2005, Az: AnwZ (B) 90/04
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des 2. Senats des Niedersächsischen Anwaltsgerichtshofes vom 4. Oktober 2004 wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen und der Antragsgegnerin die ihr im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten.
Der Geschäftswert wird auf 50.000 € festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller ist seit 1981 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Mit Bescheid vom 5. Mai 2004 hat die Antragsgegnerin die Zulassung nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO wegen Vermögensverfalls widerrufen.
Der Anwaltsgerichtshof hat den hiergegen gerichteten Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Antragsteller mit der sofortigen Beschwerde.
II.
Das Rechtsmittel ist zulässig (§ 42 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 4 BRAO), hat in der Sache aber keinen Erfolg. Die Zulassung des Antragstellers zur Rechtsanwaltschaft ist mit Recht widerrufen worden.
1. Nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind. Diese Voraussetzungen für den Widerruf waren bei Erlass der angegriffenen Verfügung erfüllt.
a) Ein Vermögensverfall liegt vor, wenn der Rechtsanwalt in ungeordnete, schlechte finanzielle Verhältnisse geraten ist, die er in absehbarer Zeit nicht ordnen kann, und außerstande ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen. Beweisanzeichen für einen Vermögensverfall sind die Erwirkung von Schuldtiteln und fruchtlose Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen den Rechtsanwalt (st. Rspr., vgl. nur BGH, Beschl. vom 25. März 1991 - AnwZ(B) 73/90, BRAK-Mitt. 1991, 102; Beschl. vom 21. November 1994 - AnwZ(B) 40/94, BRAK-Mitt. 1995, 126). Gegen den Antragsteller waren zum Zeitpunkt des Widerrufs die in dem angefochtenen Bescheid im Einzelnen dargelegten Zwangsvollstreckungsmaßnahmen - teilweise wegen Kleinstbeträgen - durchgeführt worden. Zur Zahlung rückständiger Sozialversicherungsbeiträge war er auch im Wege von Ratenzahlungen in Höhe von 50 € zuletzt nicht mehr in der Lage. Nach den Feststellungen des zuständigen Gerichtsvollziehers konnten pfändbare Gegenstände in den Geschäftsräumen des Antragstellers nicht aufgefunden werden. Den zahlreichen - schriftlichen und telefonischen - Aufforderungen der Antragsgegnerin, zu seinen Vermögensverhältnissen Stellung zu nehmen, ist der Antragsteller nicht nachgekommen. Dies geht zu seinen Lasten.
b) Anhaltspunkte dafür, dass ungeachtet des Vermögensverfalls die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet waren, lagen bei Erlass der Widerrufsverfügung nicht vor. Der Vermögensverfall führt regelmäßig zu einer derartigen Gefährdung, insbesondere im Hinblick auf den Umgang des Rechtsanwalts mit Mandantengeldern.
2. Ein nachträglicher Wegfall des Widerrufsgrundes, der im gerichtlichen Verfahren zu berücksichtigen wäre (BGHZ 75, 356; 84, 149), liegt nicht vor.
Gegen den Antragsteller sind - wie die Antragsgegnerin im Einzelnen dargelegt hat - von weiteren Gläubigern Schuldtitel erwirkt und Zwangsvollstreckungsmaßnahmen durchgeführt worden. Er ist zwischenzeitlich im Schuldnerverzeichnis des Amtsgerichts D. mit noch drei Haftbefehlsanordnungen eingetragen, so dass der Vermögensverfall nunmehr gesetzlich vermutet wird (§ 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO, § 915 ZPO). Auch im Beschwerdeverfahren hat es der Antragsteller - trotz eines erneuten entsprechenden gerichtlichen Hinweises - an jeglicher Darlegung seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse fehlen lassen.
3. Schließlich ist auch nicht ersichtlich, dass ungeachtet des weiterhin bestehenden Vermögensverfalls ausnahmsweise eine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden nicht mehr gegeben ist.
4. Der Senat setzt den Geschäftswert in der in Fällen der vorliegenden Art üblichen Höhe und damit niedriger als der Anwaltsgerichtshof fest (vgl. BGH, Beschlüsse vom 28. Juni 2004 - AnwZ(B) 60/03 und vom 18. April 2005 - AnwZ(B) 32/04; Dittmann in Henssler/Prütting, BRAO 2. Aufl. § 202 Rdn. 2).
Hirsch Ganter Otten Ernemann Frey Schott Wosgien Vorinstanz:
AGH Celle, Entscheidung vom 04.10.2004 - AGH 8/04 -
BGH:
Beschluss v. 14.11.2005
Az: AnwZ (B) 90/04
Link zum Urteil:
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