Bundespatentgericht:
Beschluss vom 26. Juni 2007
Aktenzeichen: 17 W (pat) 316/04

(BPatG: Beschluss v. 26.06.2007, Az.: 17 W (pat) 316/04)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat in seinem Beschluss vom 26. Juni 2007 das deutsche Patent 44 05 102 widerrufen. Grundlage für die Entscheidung war eine Patentanmeldung aus dem Jahr 1994, für die die Priorität einer japanischen Anmeldung aus dem Jahr 1993 in Anspruch genommen wurde. Das Patent wurde am 2. Juni 2003 erteilt. Die Fa. A... AG legte am 18. März 2004 Einspruch ein und führte unter anderem unzulässige Erweiterung und fehlende erfinderische Tätigkeit des Streitpatents an. Sie beantragte den Widerruf des Patents, während die Patentinhaberin beantragte, das Patent in beschränktem Umfang aufrechtzuerhalten. Im Einspruchsverfahren wurden verschiedene Druckschriften genannt. Der erteilte Patentanspruch 1 sowie die geltenden Patentansprüche nach Haupt- und Hilfsantrag wurden ausführlich erläutert. Das Patent wurde letztendlich wegen fehlender erfinderischer Tätigkeit widerrufen. Die Entscheidung betrifft ein stereoskopisches Endoskop und die Kompensation von Drehungen des Endoskops um seine Längsachse, die sich auf das betrachtete Bild auswirken könnten. Die bekannt gewordenen technischen Lösungen gaben keinen Anlass zur Annahme, dass die Gegenstände patentfähig waren.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 26.06.2007, Az: 17 W (pat) 316/04


Tenor

Das deutsche Patent 44 05 102 wird widerrufen.

Gründe

I.

Auf die am 17. Februar 1994 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangene Patentanmeldung 44 05 102.6-51, für die die Priorität der japanischen Anmeldung H5-28278 vom 17. Februar 1993 in Anspruch genommen wird, wurde am 2. Juni 2003 durch Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G 02 B das Patent unter der Bezeichnung

"Stereoskopisches Endoskoperteilt. Veröffentlichungstag der Patenterteilung ist der 18. Dezember 2003.

Gegen das Patent hat die Fa. A... AG in B... am 18. März 2004 Einspruch erhoben.

Sie stützt ihren Einspruch im Einspruchsschriftsatz unter Anderem auf Druckschriften und macht unzulässige Erweiterung (§ 21 Abs. 1 Nr. 4 PatG) sowie fehlende erfinderische Tätigkeit (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 und § 4 PatG) hinsichtlich des Streitpatents geltend.

Die Einsprechende stellt den Antrag, das angegriffene Patent zu widerrufen.

Die Patentinhaberin stellt den Antrag, das angegriffene Patent in beschränktem Umfang aufrechtzuerhalten - gemäß Hauptantrag mit Patentanspruch 1 vom 1. Dezember 2004, eingegangen am 3. Dezember 2004, Patentanspruch 7, überreicht in der mündlichen Verhandlung, Patentansprüchen 2 bis 6, noch anzupassender Beschreibung und 12 Blatt Zeichnungen mit 19 Figuren wie erteilt;

- gemäß Hilfsantrag 1 mit Patentansprüchen 1 bis 6, überreicht in der mündlichen Verhandlung, sonstige Unterlagen wie Hauptantrag;

- gemäß Hilfsantrag 2 mit Patentansprüchen 1 bis 5 wie Hilfsantrag 1, sonstige Unterlagen wie Hauptantrag.

Im Einspruchsverfahren wurden unter Anderem folgende Druckschriften genannt:

D4: DE 41 05 326 A1, D5: US 4 651 201, D6: US 4 862 873, D7: EP 0 019 792 A1.

Der erteilte Patentanspruch 1 lautet:

"1. Stereoskopisches Endoskop (1; 21; 22; 35 43; 54) mit einem Objektivlinsensystem (5; 36), das ein Bild von einem Gegenstand erzeugt, wobei das Objektivlinsensystem (5; 36) am vorderen Ende eines Einführteils (2; 46) angeordnet ist und eine einzige optische Achse aufweist, einer Bildübertragungseinrichtung (6, 7), die koaxial zu dem Objektivlinsensystem (5; 36) angeordnet ist und das durch das Objektivlinsensystem (5; 36) erzeugte Bild überträgt, einer Pupillen-Trenneinrichtung (8; 50; 55), die das über das Objektivlinsensystem (5; 36) und die Bildübertragungs- einrichtung (6, 7) übertragene Bild trennt, so dass ein rechtes und ein linkes Bild des Gegenstandes erhalten werden, einer Bildaufnahmeeinrichtung (11a, 11b; 25; 11; 39; 45a, 45b; 56a, 56b), die mittels der Pupillen-Trenneinrichtung (8; 50; 55) erhaltene linke und rechte Bilder aufnimmt, einer ersten Stützeinrichtung, die zumindest das Objektivlinsensystem (5; 36) enthält, undeiner zweiten Stützeinrichtung (12), die zumindest die Pupillen-Trenneinrichtung (8; 50; 55) und die Bildaufnahmeeinrichtung (11a, 11b; 25; 11; 39; 45a, 45b; 56a, 56b) enthält, wobei die erste Stützeinrichtung und die zweite Stützeinrichtung (12) relativ zueinander um eine sich längs der Längsrichtung des Endoskops (1; 21; 22; 35 43; 54) erstreckende Achse drehbar sind."

Der geltende Patentanspruch 1 nach Hauptantrag lautet:

"1. Stereoskopisches Endoskop (1; 21; 22; 35) mit einem Objektivlinsensystem (5; 36), das ein Bild von einem Gegenstand erzeugt, wobei das Objektivlinsensystem (5; 36) am vorderen Ende eines Einführteils (2) angeordnet ist und eine einzige optische Achse aufweist, einer Bildübertragungseinrichtung (6, 7) mit einer einzigen optischen Achse, die koaxial zu dem Objektivlinsensystem (5; 36) angeordnet ist und das durch das Objektivlinsensystem (5; 36) erzeugte Bild überträgt, einer Pupillen-Trenneinrichtung (8), die das über das Objektivlinsensystem (5; 36) und die Bildübertragungseinrichtung (6, 7) übertragene Bild trennt, so dass ein rechtes und ein linkes Bild des Gegenstandes erhalten werden, einer Bildaufnahmeeinrichtung (11a, 11b; 25; 11; 39), die mittels der Pupillen-Trenneinrichtung (8) erhaltene linke und rechte Bilder aufnimmt, einer ersten Stützeinrichtung, die zumindest das Objektivlinsensystem (5; 36) enthält, undeiner zweiten Stützeinrichtung (12), die zumindest die Pupillen-Trenneinrichtung (8) und die Bildaufnahmeeinrichtung (11a, 11b; 25; 11; 39) enthält, wobei die erste Stützeinrichtung und die zweite Stützeinrichtung (12) relativ zueinander um eine sich längs der Längsrichtung des Endoskops (1; 21; 22; 35) erstreckende Achse drehbar sind."

Der geltende Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 und 2 lautet:

"1. Stereoskopisches Endoskop (1; 21; 22; 35) mit einem Objektivlinsensystem (5; 36), das ein Bild von einem Gegenstand erzeugt, wobei das Objektivlinsensystem (5; 36) am vorderen Ende eines Einführteils (2) angeordnet ist und eine einzige optische Achse aufweist, einer Bildübertragungseinrichtung (6, 7) mit einer einzigen optischen Achse, die koaxial zu dem Objektivlinsensystem (5; 36) angeordnet ist und das durch das Objektivlinsensystem (5; 36) erzeugte Bild überträgt, einer Pupillen-Trenneinrichtung (8), die das über das Objektivlinsensystem (5; 36) und die Bildübertragungseinrichtung (6, 7) übertragene Bild trennt, so dass ein rechtes und ein linkes Bild des Gegenstandes erhalten werden, einer Bildaufnahmeeinrichtung (11a, 11b; 25; 11; 39), die mittels der Pupillen-Trenneinrichtung (8) erhaltene linke und rechte Bilder aufnimmt, einer ersten Stützeinrichtung, die zumindest das Objektivlinsensystem (5; 36) enthält, undeiner zweiten Stützeinrichtung (12), die zumindest die Pupillen-Trenneinrichtung (8) und die Bildaufnahmeeinrichtung (11a, 11b; 25; 11; 39) enthält, wobei die erste Stützeinrichtung und die zweite Stützeinrichtung (12) relativ zueinander um eine sich längs der Längsrichtung des Endoskops (1; 21; 22; 35) erstreckende Achse drehbar sind, undwobei die zweite Stützeinrichtung innerhalb eines Bedien-/ Halteteils (3) drehbar angeordnet ist."

Dem Patentgegenstand soll gemäß Patentschrift Spalte 3 Abs. 1 die Aufgabe zugrunde liegen, ein stereoskopisches Endoskop zu schaffen, bei dem sich die Drehung des Endoskops um seine optische Achse nicht auf das betrachtete Bild auswirkt.

Zu den Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Der Senat ist für die Entscheidung über den vorliegenden Einspruch nach § 147 Abs. 3 PatG in der bis zum 30. Juni 2006 geltenden Fassung zuständig geblieben, da nach dem gemäß § 99 PatG in Verbindung mit § 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO heranzuziehenden Grundsatz der perpetuatio fori die einmal begründete Zuständigkeit durch das Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des patentrechtlichen Einspruchsverfahrens und des Patentkostengesetzes vom 21. Juni 2006 nicht entfallen ist (im Anschluss an 23 W (pat) 327/04, 23 W (pat) 313/03, 19 W (pat) 344/04).

III.

Der rechtzeitig eingegangene Einspruch ist auch im Übrigen zulässig. Er führt zum Widerruf des Patents.

Das Streitpatent betrifft ein stereoskopisches Endoskop.

Endoskope, die zur Betrachtung von (und auch zum Eingriff in) Hohlräumen, z. B. Körperhöhlen verwendet werden, bestehen üblicherweise aus einem ein Objektiv und eine Bildübertragungsoptik enthaltenden, langen Einführteil und einem daran anschließenden Beobachtungsteil. Dieses kann mit einer Bildaufnahmeeinrichtung versehen sein, wobei das aufgenommene Bild auf einem Monitor dargestellt wird. Im Falle eines stereoskopischen Endoskops kann die Bildaufnahmeeinrichtung zwei Bildaufnahmegeräte, etwa zwei CCD-Einrichtungen aufweisen, die rechte und linke Bilder aufnehmen; die Drehlage des Bildes auf dem Monitor wird dabei durch die Lage der beiden CCD-Einrichtungen bestimmt. Bei Endoskopen, in denen die Bildaufnahmeeinrichtung mit der Abbildungsoptik starr verbunden ist, besteht das Problem, dass bei einer Drehung des Endoskops um seine Längsachse die Bildaufnahmeeinrichtung mit gedreht wird und sich das auf dem Monitor dargestellte Bild ebenfalls (in entgegengesetzter Richtung) dreht. Dann stimmt die vertikale Richtung (Oben/Unten-Beziehung) des betrachteten Körperbereichs nicht mehr mit der vertikalen Richtung des Monitors überein, was für den Bediener eine Beurteilung des angezeigten Bildes und eine Manipulation von durch das Endoskop eingeführten Behandlungsinstrumenten erschwert, vgl. in der Streitpatentschrift insbesondere Sp. 2 Abs. [0012] und [0013].

Dieses Problem wird gemäß der Streitpatentschrift bei einem stereoskopischen Endoskop unter Anderem dadurch gelöst, dass eine das Endoskopobjektiv enthaltende erste Stützeinrichtung (die im Wesentlichen das Einführteil umfasst) und eine zweite Stützeinrichtung, welche die Bildaufnahmeeinrichtung und eine Pupillen-Trenneinrichtung zur stereoskopischen Bildaufteilung enthält, relativ zueinander um die Endoskoplängsachse drehbar sind. Hierdurch lassen sich Drehungen des Endoskops um seine Längsachse kompensieren, so dass sie sich nicht auf das Monitorbild auswirken.

Der Anspruch 1 nach Hauptantrag lässt sich, angelehnt an die Gliederung der Einsprechenden, folgendermaßen gliedern:

i. Stereoskopisches Endoskop mitii. einem Objektivlinsensystem, das ein Bild von einem Gegenstand erzeugt, wobei das Objektivlinsensystem am vorderen Ende eines Einführteils angeordnet ist undiii. eine einzige optische Achse aufweist, iv. einer Bildübertragungseinrichtung mit einer einzigen optischen Achse, v. die koaxial zu dem Objektivlinsensystem angeordnet ist undvi. das durch das Objektivlinsensystem erzeugte Bild überträgt, vii. einer Pupillen-Trenneinrichtung, die das über das Objektivlinsensystem und die Bildübertragungseinrichtung übertragene Bild trennt, so dass ein rechtes und ein linkes Bild des Gegenstandes erhalten werden, viii. einer Bildaufnahmeeinrichtung, die mittels der Pupillen-Trenneinrichtung erhaltene linke und rechte Bilder aufnimmt, ix. einer ersten Stützeinrichtung, die zumindest das Objektivlinsensystem enthält, x. einer zweiten Stützeinrichtung, die zumindest die Pupillen-Trenneinrichtung und die Bildaufnahmeeinrichtung enthält, xi. wobei die erste Stützeinrichtung und die zweite Stützeinrichtung relativ zueinander um eine sich längs der Längsrichtung des Endoskops erstreckende Achse drehbar sind.

Der Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 und 2 enthält zusätzlich das Merkmalxii. und wobei die zweite Stützeinrichtung innerhalb eines Bedien-/ Halteteils drehbar angeordnet ist.

Als Fachmann ist hier ein Diplomphysiker mit guten Kenntnissen in der Optik und Erfahrung in der Entwicklung von Endoskopen anzusehen.

Der erteilte Anspruch 1 und ebenso der jeweilige Anspruch 1 nach Hauptantrag und nach den Hilfsanträgen sind zulässig. Sie gehen nicht über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Patentanmeldung hinaus. Der jeweilige Anspruch 1 nach Hauptantrag und nach den Hilfsanträgen geht auch nicht über das erteilte Patent hinaus und erweitert nicht dessen Schutzbereich.

Der erteilte Anspruch 1 geht aus dem ursprünglichen Anspruch 1 hervor, wobei zum Einen in den Merkmalen ix und x der ursprünglich offenbarte Ausdruck "abstützt" durch "enthält" ersetzt wurde. Dass die Stützeinrichtungen die jeweils angegebenen Teile enthalten, geht in den Anmeldeunterlagen aus den Ausführungsbeispielen gemäß Fig. 1, 2, 7 und 13 mit den zugehörigen Beschreibungsteilen hervor, wobei die zweite Stützeinrichtung jeweils dem Drehabschnitt 12 entspricht, vgl. den ursprünglichen Anspruch 2. Zum Anderen wurden im erteilten Anspruch 1 geringfügige sprachliche Änderungen vorgenommen und Bezugszeichen eingefügt, die teilweise falsch sind, da sie zu nicht vom Anspruch 1 umfassten Figurenbeispielen (vgl. Fig. 19) gehören; dies stellt jedoch keine inhaltliche Änderung des Anspruchs 1 dar und ist zulässig.

Im geltenden Anspruch 1 nach Hauptantrag wurden die falschen Bezugszeichen gestrichen, was keine inhaltliche Änderung darstellt und zulässig ist; außerdem enthält der geltende Anspruch 1 zusätzlich zum erteilten Anspruch 1 die Angabe, dass nicht nur das Objektivlinsensystem (vgl. Merkmal iii), sondern auch die Bildübertragungseinrichtung eine einzige optische Achse aufweist, siehe Merkmal iv. Dass die Bildübertragungseinrichtung, die im Wesentlichen dem Einführteil des Endoskops zugeordnet ist, nur eine einzige optische Achse besitzt, geht aus den ursprünglichen Unterlagen S. 12 Z. 6 bis 8 und aus der Streitpatentschrift Sp. 6 Z. 8 bis 10 hervor, ebenso aus allen zum ursprünglichen und erteilten Anspruch 1 gehörigen Ausführungsbeispielen in den ursprünglichen Unterlagen und in der Streitpatentschrift, vgl. die Figuren 1, 2, 3, 7, 13, 14 und 15; dies war für den Fachmann als zur Erfindung gehörig zu erkennen. Die Änderung gemäß Merkmal iv stellt zudem eine Einschränkung des erteilten Anspruchs 1 dar und erweitert den Schutzbereich des erteilten Patents nicht. Der Anspruch 1 nach Hauptantrag ist somit zulässig.

Der Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 und 2 enthält zusätzlich zum Anspruch 1 nach Hauptantrag das Merkmal, dass die zweite Stützeinrichtung innerhalb eines Bedien-/Halteteils drehbar angeordnet ist. Dieses Merkmal geht in den Anmeldeunterlagen aus den Figuren 1, 7 und 11 bis 13 (vgl. den Drehabschnitt mit dem Bezugszeichen 12) mit der zugehörigen Beschreibung hervor; in der Patentschrift geht es aus den erteilten Unteransprüchen 2 und 3 hervor, stellt eine Beschränkung des (zulässigen) Anspruchs 1 nach Hauptantrag dar und erweitert den Schutzbereich des erteilten Patents nicht. Auch der Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 und 2 ist somit zulässig.

Die Gegenstände des Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag und gemäß den Hilfsanträgen 1 und 2 sind unbestritten neu. Sie beruhen jedoch nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Die von der Einsprechenden im Einspruchsschriftsatz genannte Druckschrift D7 zeigt ein stereoskopisches Operationsmikroskop mit Wechselobjektiven 2,12,22. Zum Stand der Technik wird unter Anderem auf stereoskopische Endoskope mit zwei parallelen Optiken im langgestreckten Grundkörper hingewiesen; diese Anordnung wird als nachteilig bezeichnet, vgl. S. 3 Abs. 1. Im aus D7 Fig. 1 bekannten Operationsmikroskop weisen das Objektivlinsensystem 12 und die koaxial dazu angeordnete Bildübertragungseinrichtung 2 eine einzige optische Achse auf, was den Vorteil der leichten und billigen Herstellbarkeit bietet, vgl. S. 4 Z. 1 bis 3 - Merkmale ii bis vi; außerdem trennt eine Pupillen-Trenneinrichtung 16 das über das Objektivlinsensystem und die Bildübertragungseinrichtung übertragene Bild für die stereoskopische Betrachtung - Merkmal vii. Der Anschluss einer Bildaufnahmeeinrichtung ist auf S. 5 Z. 17 bis 21 angesprochen. Eine erste Stützeinrichtung enthält das Objektivlinsensystem und die Bildübertragungseinrichtung - Merkmal ix. Eine zweite Stützeinrichtung enthält die Pupillen-Trenneinrichtung - teilweise Merkmal x. Eine Verdrehbarkeit von erster und zweiter Stützeinrichtung gegeneinander ist nicht angesprochen. Es wird auch eine Ausführung als monokulares Endoskop gelehrt, vgl. S. 4 Abs. 1, Fig. 4 mit Beschreibung sowie Anspruch 9.

Außerdem ist aus der bereits im Prüfungsverfahren zitierten und von der Einsprechenden im Einspruchsschriftsatz genannten Druckschrift D4 ein Endoskop mit einer anschließbaren Kamera bekannt. Die Kamera mit exzentrisch zur Endoskoplängsachse befindlichem Schwerpunkt ist um diese Achse frei drehbar gelagert, so dass sie bei Drehung des Endoskops um seine Achse ihre Lage unter dem Einfluss der Schwerkraft beibehält, vgl. den Anspruch 1. Hierdurch wird eine Drehung des auf einem Monitor dargestellten Bildes, die durch die Drehung des Endoskops um seine Längsachse entstünde, automatisch ausgeglichen bzw. verhindert, vgl. Sp. 1 Z. 49 bis 54 i. V. m. Z. 24 bis 33.

Die Druckschriften D5 und D6 betreffen stereoskopische Endoskope mit angeschlossener Bildaufnahmeeinrichtung, vgl. in D5 Fig. 2 und 6, in D6 z. B. Fig. 1, 12 oder 22, jeweils mit der zugehörigen Beschreibung; es werden zwei Bildaufnahmegeräte verwendet, eines zur Aufnahme des linken und eines zur Aufnahme des rechten Bildes. Das Objektiv und die Bildübertragungseinrichtung (D5 Fig. 4, D6 Fig. 1) weisen hier zwei parallele optische Achsen auf.

Wie oben erläutert, ist aus D7 bereits ein stereoskopisches Operationsmikroskop mit den Merkmalen ii bis vii, ix und teilweise x bekannt. In D7 ist auch eine Ausführung als monokulares Endoskop ausgewiesen. Das in D7 ausgewiesene Operationsmikroskop, das gemäß D7 S. 4 Abs. 3 mit einem langen, zusammengesetzten Objektiv (entsprechend einem Objektivlinsensystem und einer Bildübertragungseinrichtung in der Nomenklatur des Streitpatents) versehen werden kann und damit prinzipiell einen ähnlichen Aufbau wie ein Endoskop besitzt, wird an Tragarmen gehaltert (kipp- und schwenkbar gemäß S. 5 Z. 6 bis 8), während Endoskope, auf die in D7 als Stand der Technik Bezug genommen wird, im Allgemeinen vom Bediener mit der Hand geführt werden, vgl. D7 S. 1 Z. 4 bis 6 i. V. m. S. 3 Abs. 2. Für den Fachmann liegt es nahe, den in D7 als vorteilhaft beschriebenen optischen Aufbau eines stereoskopischen Operationsmikroskops auf ein stereoskopisches Endoskop zu übertragen - Merkmal i. Das Vorsehen von Bildaufnahmeeinrichtungen (und die Darstellung des aufgenommenen Bildes auf einem Monitor) ist sowohl bei Operationsmikroskopen (vgl. D7 S. 5 Z. 17 bis 21) als auch bei Endoskopen fachüblich bekannt, vgl. z. B. D6 oder D5 Fig. 6. Will der Fachmann ein gemäß D7 Fig. 1 aufgebautes stereoskopisches Endoskop mit Bildaufnahmeeinrichtungen versehen, so wird er zwei Bildaufnahmegeräte für das rechte und das linke Bild nachfolgend und in fester räumlicher Beziehung zur Pupillen-Trenneinrichtung (Prismen 16) anordnen, entsprechend einer Betrachtung durch einen menschlichen Beobachter - Merkmal viii. Hierbei stößt der Fachmann zwangsläufig auf das auch bei monoskopischen Endoskopen mit Bildaufnahmeeinrichtung bekannte Problem der Drehung des Monitorbildes bei Drehung des Endoskops bzw. von dessen Einführteil. Zur Lösung dieses Problems erhält er aus D4 die Anregung, die Bildaufnahmeeinrichtung (im dort gezeigten monoskopischen Endoskop nur diese) frei verdrehbar am Einführteil des Endoskops zu lagern. Wie der auf dem Gebiet der Optik bewanderte Fachmann erkennt, ist im Fall des durch D7 nahe gelegten stereoskopischen Endoskops die Drehlage des Monitorbildes nicht durch die beiden Bildaufnahmeeinrichtungen alleine, sondern durch deren gegenseitige, durch die Pupillen-Trenneinrichtung (Prismen 16) und nachfolgende Optik festgelegte Lage vorgegeben, so dass zur Kompensation der Bilddrehung die Bildaufnahmeeinrichtungen nicht alleine, sondern gemeinsam mit der Pupillen-Trenneinrichtung und der nachfolgenden Optik um die optische Achse des Einführteils gedreht werden müssen; dies geschieht sinnvollerweise durch Drehung einer diese Bauteile enthaltenden zweiten Stützeinrichtung - Merkmale x, xi.

Somit gelangt der Fachmann ausgehend vom aus D7 Vorbekannten unter Heranziehung der aus D4 bekannten Lehre und unter Zuhilfenahme seines Fachwissens, also ohne erfinderisch tätig werden zu müssen, zum Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 gemäß Hauptantrag.

Der Anspruch 1 nach Hauptantrag hat daher keinen Bestand.

Entsprechendes gilt für den Anspruch 1 nach Hilfsantrag 1 und 2:

Dem Fachmann, der das wie oben ausgeführt durch D7 i. V. m. D4 nahe gelegte Endoskop realisieren will, und dem aus seinem Fachwissen bekannt ist, dass ein zum Einführen in den menschlichen Körper vorgesehenes Endoskop vor Verunreinigungen durch Körperflüssigkeiten möglichst geschützt werden muss, wird ohne Weiteres dieses Endoskop mit einer einteiligen Hülle umgeben, so dass keine Verunreinigungen in Verbindungsbereiche wie das Drehgelenk zwischen erster und zweiter Stützeinrichtung eindringen können. Der die zweite Stützeinrichtung (Beobachtungsteil) umgebende Bereich dieser Hülle wirkt dann als Bedien-/Halteteil, innerhalb dessen die zweite Stützeinrichtung drehbar angeordnet ist - Merkmal xii. Damit ergab sich für den Fachmann beim aus D7 i. V. m. D4 nahegelegten Endoskop auch das zusätzliche Merkmal xii des Patentanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 und 2 ohne erfinderische Tätigkeit in nahe liegender Weise.

Auch der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 und 2 ist daher nicht rechtsbeständig.

Mit dem Anspruch 1 nach Haupt- und Hilfsanträgen fallen auch die jeweiligen, auf den Anspruch 1 rückbezogenen Unteransprüche. Es erübrigt sich somit darauf einzugehen, ob diese Unteransprüche zulässig sind.

Bei dieser Sachlage war das Patent zu widerrufen.






BPatG:
Beschluss v. 26.06.2007
Az: 17 W (pat) 316/04


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/e4eb98d16299/BPatG_Beschluss_vom_26-Juni-2007_Az_17-W-pat-316-04




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share