Bundespatentgericht:
Beschluss vom 11. Mai 2005
Aktenzeichen: 32 W (pat) 191/03

(BPatG: Beschluss v. 11.05.2005, Az.: 32 W (pat) 191/03)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat in einem Beschluss vom 11. Mai 2005 das Urteil des Deutschen Patent- und Markenamts - Markenstelle für Klasse 41 - vom 9. April 2003 aufgehoben. Es wurde festgestellt, dass einer Eintragung der angemeldeten Marke für verschiedene Dienstleistungen keine Hindernisse entgegenstehen.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund Landesbezirk Sachsen hatte am 28. Juni 2000 die Marke für Dienstleistungen wie Erziehung, Ausbildung, Unterhaltung usw. beim Deutschen Patent- und Markenamt angemeldet. Das Markenamt hatte die Anmeldung jedoch zurückgewiesen, da der Anmelder ein nicht rechtsfähiger Verein sei. Selbst wenn man die Rechtsfähigkeit des Anmelders bejahen würde, stünden formelle Gründe einer Registrierung entgegen. Es müssten alle Vereinsmitglieder im Register eingetragen werden, was aufgrund der vermutlich großen und ständig wechselnden Zahl kaum möglich sei.

Gegen diesen Beschluss hat der Anmelder Beschwerde eingelegt. In einer Erklärung, die am 20. Mai 2003 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangen ist, wurde die Übertragung der Marke auf das Gemeinnützige Bildungswerk Sachsen des Deutschen Gewerkschaftsbundes e.V. angezeigt. Der Anmelder hat außerdem erklärt, auf die Dienstleistungen "Erziehung" und "Sport" zu verzichten.

Das Bundespatentgericht stellt fest, dass die Beschwerde zulässig und begründet ist. Erstens ist der Deutsche Gewerkschaftsbund prozessführungsbefugt und somit berechtigt, Beschwerde einzulegen. Zweitens stehen der Eintragung der Marke keine Schutzhindernisse entgegen, da sie keine unmissverständliche Produktmerkmalsbezeichnung darstellt. Drittens ist der aktuelle Anmelder rechtsfähig und somit berechtigt, Inhaber der Marke zu sein.

Der Senat weist jedoch darauf hin, dass die Begründung des Markenamts, der Anmelder sei nicht markenrechtsfähig und es stünden formelle Hindernisse einer Registrierung entgegen, fragwürdig ist. Es sollte darüber nachgedacht werden, die Markenrechtsfähigkeit solcher nicht eingetragener Vereine, die eine feste organisatorische Struktur haben, zu überdenken.

Insgesamt wird die Beschwerde des Anmelders angenommen und die Marke wird für die angemeldeten Dienstleistungen eingetragen.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 11.05.2005, Az: 32 W (pat) 191/03


Tenor

Auf die Beschwerde wird der Beschluß des Deutschen Patent- und Markenamts - Markenstelle für Klasse 41 - vom 9. April 2003 aufgehoben.

Es wird festgestellt, daß einer Eintragung der angemeldeten Marke für die Dienstleistungen "Ausbildung; Unterhaltung; kulturelle und politische Aktivitäten; Verpflegung; Beherbergung von Gästen; Werbung; Geschäftsführung" mit dem Zeitrang vom 22. Mai 2003 keine Hindernisse entgegenstehen.

Gründe

I.

Am 28. Juni 2000 meldete der Deutsche Gewerkschaftsbund Landesbezirk Sachsen die Darstellungzur Eintragung als Marke für die Dienstleistungen

"Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; sportliche, kulturelle und politische Aktivitäten; Verpflegung; Beherbergung von Gästen; Werbung; Geschäftsführung"

beim Deutschen Patent- und Markenamt an.

Die Markenstelle für Klasse 41 hat nach vorangegangener Beanstandung mit Beschluß einer Beamtin des höheren Dienstes vom 9. April 2003 die Anmeldung zurückgewiesen. Der Anmelder sei ein nicht in das Vereinsregister eingetragener und somit nicht rechtsfähiger Verein, dem die Fähigkeit, Inhaber einer Marke nach § 7 MarkenG zu sein, fehle. Selbst wenn man aber im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur (Außen-)Gesellschaft bürgerlichen Rechts die Rechtsfähigkeit des Anmelders bejahen würde, stünden formelle Gründe (gem § 5 Abs 3 MV damaliger Fassung) einer Registrierung entgegen. Es müßten sämtliche Vereinsmitglieder im Register eingetragen werden, was wegen der vermutlich großen und ständig wechselnden Zahl kaum durchführbar sei.

Gegen diesen Beschluß richtet sich die Beschwerde.

Mit einer beim Deutschen Patent- und Markenamt am 22. Mai 2003 eingegangenen Erklärung vom 20. Mai 2003 wurde die Übertragung der Markenanmeldung auf das Gemeinnützige Bildungswerk Sachsen des Deutschen Gewerkschaftsbundes e.V. angezeigt und die Umschreibung beantragt.

Mit Schriftsatz vom 14. März 2005 hat der (jetzige) Anmelder erklärt, daß auf die Dienstleistungen "Erziehung" und "Sport" verzichtet wird.

Er beantragt, der Beschwerde mit diesen Einschränkungen stattzugeben und die Marke mit dem Zeitrang der Umschreibung auf den neuen Anmelder einzutragen.

Wegen sonstiger Einzelheiten wird auf den Inhalt der Amts- und Gerichtsakten verwiesen.

II.

1. Die Beschwerde ist zulässig (§ 66 MarkenG). Sie ist noch vom ursprünglichen Anmelder, der am Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt beteiligt war (§ 66 Abs 1 Satz 2 MarkenG), ordnungsgemäß erhoben worden. Der Landesverband Sachsen des Deutschen Gewerkschaftsbundes ist - ebenso wie der DGB auf Bundesebene - vor deutschen Gerichten aktiv prozeßführungsbefugt (BGHZ 50, 325). Unabhängig davon ist in Verfahren, welche - wie hier - die vom Amt verneinte Markenrechtsfähigkeit von Anmeldern gemäß § 7 MarkenG zum Gegenstand haben, der betreffende Anmelder stets beschwerdebefugt.

Beteiligter des Beschwerdeverfahrens ist jetzt allerdings, nach Übertragung der Markenanmeldung und Einreichung des Antrags auf Vermerk des Rechtsübergangs (§ 31, § 28 Abs 2 MarkenG), ausschließlich der neue Anmelder (vgl Ströbele/Hacker, MarkenG, 7. Aufl, § 28 Rdn 25). Einer Prüfung, ob die Übertragung der Rechte aus der Markenanmeldung materiellrechtlich wirksam war (gem § 413 iVm § 398 BGB), bedarf es nicht.

2. Die Beschwerde ist nach dem gegenwärtigen Verfahrensstand auch begründet.

a) Ob einer Eintragung der angemeldeten Marke absolute Schutzhindernisse nach § 8 Abs 2 MarkenG entgegenstehen, hat die Markenstelle - von ihrem Standpunkt aus folgerichtig - nicht geprüft. Die Prüfung ist deshalb in der Beschwerdeinstanz nachzuholen; eine Zurückverweisung ohne Sachentscheidung (§ 70 Abs 3 Nr 1 MarkenG), die im Ermessen des Bundespatentgerichts steht, scheidet aus verfahrensökonomischen Gründen aus, zumal die Beurteilung der Schutzfähigkeit nunmehr ohne Schwierigkeiten möglich ist.

Der im letzten Schriftsatz des Anmelders erklärte teilweise Verzicht ist im Sinne einer Einschränkung des Dienstleistungsverzeichnisses (§ 39 Abs 1 MarkenG) auszulegen; danach werden die Dienstleistungen "Erziehung" und "sportliche Aktivitäten" (in diesem Sinne ist der Begriff "Sport" offensichtlich zu verstehen) nicht mehr beansprucht.

Für die verbleibenden Dienstleistungen in den Klassen 35, 41 und - nach jetzt geltender Klassifikation - 43 stehen einer Eintragung in das Markenregister keine Schutzhindernisse entgegen. Die Marke verkörpert insoweit keine unmißverständliche Produktmerkmalsbezeichnung - wobei dieser Begriff auch für Dienstleistungen sinnvoll ist - gemäß § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG. Diese Beurteilung gilt bereits für den Wortbestandteil, erst recht aber für die konkrete bildliche Ausgestaltung. "Courage" ist - in französischer Aussprache - als Lehnwort in den deutschen Sprachschatz im Sinne von Mut, Tapferkeit, Kühnheit eingegangen und im alltäglichen Sprachgebrauch vor allem von der Wortverbindung "Zivilcourage" her bekannt. Allenfalls für die Dienstleistung "Ausbildung" zu bestimmten gefährlichen oder gefahrgeneigten Berufen und sonstigen Tätigkeiten, die gelegentlich Mut - auf seiten des Ausbilders wie des Auszubildenden - erfordern, mag dem Wort Courage ein beschreibender Anklang zukommen. Dies reicht aber für die Versagung von Markenschutz nicht aus. Im übrigen wird der Schutzumfang der Marke (im Kollisionsfall) durch die gewählte schriftbildliche und graphische Gestaltung mitbestimmt, so daß Verbietungsrechte gegen einen rein deskriptiven Gebrauch des Wortes Courage ausgeschlossen sind. In der konkreten bildlichen Erscheinungsform, die einen typisch markenmäßigen Eindruck hinterläßt, entbehrt die angemeldete Darstellung auch nicht des notwendigen Mindestmaßes an betriebskennzeichnender Hinweiskraft (gem § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG).

b) Der jetzige Anmelder ist als eingetragener Verein rechtsfähig (§ 21 BGB). Er kann somit Inhaber einer Marke gemäß § 7 Nr 2 MarkenG sein. Der Registrierung der angemeldeten Marke für ihn stehen von daher keine Hindernisse entgegen.

Die ursprüngliche Markenanmeldung erfüllte bereits die Erfordernisse des § 32 Abs 2 (und 3) MarkenG, so daß ihr der 28. Juni 2000 als Anmeldetag nach § 33 Abs 1 MarkenG zukam. Ob der als solcher identifizierbare Anmelder die Voraussetzungen der Markenrechtsfähigkeit nach § 7 MarkenG erfüllte, berührt den Anmeldetag an sich nicht, kann aber Auswirkungen auf den Zeitrang (§ 6 Abs 2 MarkenG) haben. Nach § 37 Abs 2 MarkenG gilt nämlich mit Einverständnis des Anmelders (erst) der Tag als für die Bestimmung des Zeitrangs maßgeblicher Anmeldetag, an dem ein ursprünglich vorhandenes (absolutes) Schutzhindernis weggefallen ist. Diese Regelung ist für den Fall des § 36 Abs 5 MarkenG - auch hierbei handelt es sich um ein materielles Erfordernis (vgl Ströbele/Hacker, aaO, § 36 Rdn 20) - entsprechend anzuwenden. Meldet beispielsweise ein Verein, der zu diesem Zeitpunkt noch nicht im Vereinsregister eingetragen ist, eine Marke an und wird er sodann in das Vereinsregister eingetragen, so besteht ab diesem Zeitpunkt keine Grundlage für die Zurückweisung der Anmeldung in Anbetracht der Erfordernisse des § 7 MarkenG. Entsprechendes muß in einem Fall wie dem hier vorliegenden gelten, in dem die Markenanmeldung zunächst von einem nicht rechtsfähigen Verein eingereicht wurde (unterstellt, dieser sei nicht markenrechtsfähig nach § 7 MarkenG) und die Anmeldung sodann im Laufe des Eintragungs- bzw Beschwerdeverfahrens auf einen rechtsfähigen Verein übertragen wird. Der jetzige Anmelder hat sein Einverständnis mit der Zeitrangverschiebung erklärt. Allerdings ist der Begriff "Umschreibung" bei Markenanmeldungen ungenau, da vor einer Registrierung insoweit nur ein Vermerk in den Akten des Deutschen Patent- und Markenamts erfolgt (Ströbele/Hacker, aaO, § 31 Rdn 1). Bei interessengerechter Auslegung ist auf den Tag des Eingangs des Antrags auf Umschreibung beim Deutschen Patent- und Markenamt (22. Mai 2003) abzustellen (§ 31 iVm § 28 Abs 2 Satz 1 MarkenG).

3. Der Vollständigkeit halber hält der Senat allerdings den Hinweis für geboten, daß sehr fraglich ist, ob die Begründung des angefochtenen Beschlusses, der ursprüngliche Anmelder sei nicht markenrechtsfähig gemäß § 7 MarkenG, jedenfalls stünden aber formelle Hindernisse einer Registrierung entgegen, zutreffend war. Abgesehen davon, daß Gewerkschaften - unabhängig von der wohl nur traditionsbedingt erklärbaren Rechtsform als nicht eingetragener Verein - auf bestimmten Rechtsgebieten (Arbeitsrecht) für rechtsfähig angesehen werden, hat auch das Deutsche Patent- und Markenamt zugunsten des DGB zumindest eine Marke (399 26 690) eingetragen und zwar nicht etwa "versehentlich", sondern in Kenntnis und nach Prüfung der Problematik des § 7 MarkenG. Im übrigen können formelle Bestimmungen (der Markenverordnung) einem materiellrechtlich bestehenden Anspruch auf Eintragung (§ 33 Abs 2 Satz 1 MarkenG) letztlich nicht entgegenstehen; diese sind vielmehr so auszugestalten, daß eine Eintragung möglich wird. Völlig verfehlt war die Argumentation der Markenstelle, eine registermäßige Erfassung der Vereinsmitglieder sei wegen deren großer Zahl und ständigem Wechsel faktisch unmöglich. Mitglieder des DGB - und somit auch seiner Landesverbände - sind nämlich nicht einzelne natürliche Personen, sondern, wie aus der eingereichten Satzung (Ausgabe Juli 1998, § 3) ersichtlich, die (Fach-)Gewerkschaften, deren Zahl überschaubar ist. Im übrigen sollte die neuere Entwicklung der Beurteilung der Markenrechtsfähigkeit von Gesellschaften bürgerlichen Rechts (vgl BPatG Mitt 2004, 522), die inzwischen auch zu einer Änderung der Markenverordnung geführt hat, im Lichte des § 54 BGB für das Deutsche Patent- und Markenamt Anlaß sein, auch die Markenrechtsfähigkeit zumindest solcher nichteingetragener Vereine, welche - wie Gewerkschaften - über eine feste organisatorische Struktur verfügen, zu überdenken.

Viereck Dr. Albrecht Kruppa Hu






BPatG:
Beschluss v. 11.05.2005
Az: 32 W (pat) 191/03


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