Bundespatentgericht:
Beschluss vom 10. November 2003
Aktenzeichen: 30 W (pat) 174/03

(BPatG: Beschluss v. 10.11.2003, Az.: 30 W (pat) 174/03)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat in seinem Beschluss vom 10. November 2003 (Aktenzeichen 30 W (pat) 174/03) den Antrag der Anmelderin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abgelehnt. Die Anmelderin hatte die Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr versäumt und die Beschwerde galt daher als nicht eingelegt.

In dem Beschluss wurde festgestellt, dass die Anmelderin die innerhalb der Beschwerdefrist fällige Gebühr für die Beschwerde nicht gezahlt hatte. Der Antrag auf Wiedereinsetzung wurde abgelehnt, da der Vortrag der Anmelderin nicht ausreichend war, um nachzuweisen, dass die notwendige Sorgfalt aufgewandt worden war und die Fristversäumung unverschuldet war. Es wurde angemerkt, dass die Angaben zur Arbeitsüberlastung und Krankheit im Büro der Anmelderin zu vage waren, um ein Verschulden auszuschließen.

Zusammenfassend bestätigte das Gericht, dass die Beschwerde als nicht eingelegt galt und der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abgelehnt wurde.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 10.11.2003, Az: 30 W (pat) 174/03


Tenor

1. Der Antrag der Anmelderin ihr gegen die Versäumung der Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wird zurückgewiesen.

2 Die Beschwerde gilt als nicht eingelegt.

Gründe

I.

Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Beschluß vom 5. Mai 2003 die Anmeldung der Marke 300 30 995.3 wegen absoluter Schutzhindernisse zurückgewiesen. Der Beschluß ist am 14. Mai 2003 mittels eingeschriebenen Briefes zur Post gegeben worden.

Mit Telefax vom 23. Mai 2003 hat die Anmelderin gegen diesen Beschluß Beschwerde eingelegt. Die Beschwerdegebühr wurde erst im Oktober 2003 bezahlt.

Mit der Anmelderin am 19. September 2003 zugestelltem Bescheid des Bundespatentgerichts vom 17. September 2003 wurde mitgeteilt, daß die Beschwerdegebühr nicht gezahlt worden sei, weshalb festzustellen sein werde, daß die Beschwerde als nicht eingelegt gelte.

Mit am 13. Oktober 2003 eingegangenem Telefax vom selben Tage hat die Anmelderin Wiedereinsetzung beantragt und Ausführungen zur Nicht-Zahlung der Beschwerdegebühr gemacht.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr ist statthaft, hat aber in der Sache keinen Erfolg. Die Beschwerde der Anmelderin gilt als nicht eingelegt.

Wiedereinsetzung in eine versäumte Frist erhält gemäß § 91 Abs 1 Satz 1 MarkenG auf Antrag, wer ohne Verschulden verhindert war, dem Patentamt oder dem Patentgericht gegenüber eine Frist einzuhalten, deren Versäumung nach gesetzlicher Vorschrift einen Rechtsnachteil zur Folge hat. Der Antrag muß die Angabe der die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen enthalten, die gleichzeitig oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen sind (§ 91 Abs 2, Abs 3 MarkenG). Das betrifft alle wesentlichen Umstände, die für die Frage von Bedeutung sind, auf welche Weise und durch wessen Verschulden es zur Fristversäumung gekommen ist; dazu gehören vor allem auch die Umstände, aus denen sich ergibt, dass der Säumige oder sein Vertreter (vgl §§ 51 Abs 2, 85 Abs 2 ZPO) frei von Verschulden ist (vgl Stein/Jonas ZPO 21. Aufl § 236 Rdn 6 mwN). Ohne Verschulden ist eine Frist versäumt, wenn die übliche Sorgfalt aufgewendet worden ist, deren Beachtung im Einzelfall zumutbar war (vgl Ströbele/Hacker MarkenG 7. Aufl § 91 Rdn 16 mwN).

Die Anmelderin hat die innerhalb der Beschwerdefrist (§ 66 Abs 2 MarkenG) zu zahlende Gebühr für die Beschwerde nicht bezahlt und damit die Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr versäumt (vgl § 82 Abs 1 Satz 3 MarkenG iVm § 6 Abs 1 Satz 1 PatKostG). Die Beschwerde gilt als nicht eingelegt (§ 82 Abs 1 Satz 3 MarkenG iVm § 6 Abs 2 PatKostG).

Der gegen die Versäumung dieser Frist gestellte Antrag auf Wiedereinsetzung ist nicht begründet. Der Sachvortrag der Anmelderin ist nicht geeignet, die Feststellung zu erlauben, dass die notwendige Sorgfalt vorliegend aufgewandt worden und die Fristversäumung unverschuldet ist.

Die Anmelderin hat zwar ausgeführt, dass ihre Rechtsabteilung normalerweise mit zwei Volljuristen und zwei Sekretärinnen besetzt sei; die Volljuristen kontrollierten alle rechtserheblichen Erklärungen auf Vollständigkeit; krankheitsbedingt hätten im April und Mai 2003 Kontrollaufgaben, nach entsprechender Belehrung, an das Sekretariat als Zusatzarbeit abgegeben werden müssen.

Ungeachtet der Frage, ob Organisationsaufgaben, die dem Ziel der ordnungsgemäßen Fristwahrung dienen, Tätigkeiten sind, die "an das Sekretariat", also auf die genannten Sekretärinnen, übertragen werden dürfen, lassen diese Angaben aber schon nicht erkennen, durch welche Vorkehrungen in der Büroorganisation oder etwa Einzelfallanweisung, deren Befolgung zur Fristwahrung hätte führen können, im vorliegenden Fall dafür Sorge getragen war, dass nach Unterzeichnung der Beschwerdeschrift durch den Juristen H... aus der Rechtsabteilung der Anmelderin auch die Beschwerdegebühr - fristgerecht - gezahlt werde; insbesondere fehlt es auch an Angaben dazu, was angesichts der besonderen Umstände, - nämlich Verminderung des Personalbestands infolge Krankheit seit April 2003 und dadurch bedingt erhöhte Gefahr für den reibungslosen Ablauf des Betriebes -, die besondere Sorgfalt geboten, unternommen wurde, um die Wahrung aller Fristen sicherzustellen. Für gewerbliche Betriebe, in denen die Aufgabe, Fristen zu notieren und zu kontrollieren bzw sonstige fristgebundene Maßnahmen auszuführen, auf Angestellte zur Wahrnehmung in eigener Verantwortung übertragen worden ist, gelten dabei hinsichtlich der Büroorganisation dieselben Grundsätze wie für ein Rechtsanwaltsbüro (zB BGH VersR 1989, 930). Da der Vortrag insoweit konkrete Darlegungen vermissen läßt, kann ein fehlendes Verschulden nicht festgestellt werden.

Die eine Arbeitsüberlastung ihrer Juristen bzw ihres Sekretariats andeutenden Ausführungen der Anmelderin sind viel zu vage, um prüfen zu können, ob dadurch ein Verschulden an der Fristversäumung ausgeschlossen werden könnte. Denn eine - Arbeitsüberlastung kann eine Wiedereinsetzung nur begründen, wenn sie erheblich ist und plötzlich und unvorhersehbar eintritt. Angesichts der bereits am 11. April 003 erfolgten Operation des Juristen H... und der Erkrankung der Leiterin der Rechtsabteilung Frau R... seit April 2003 könnte jedenfalls für den Zeitpunkt der Abfassung der Beschwerde am 23. Mai 2003 und Fristablauf Mitte Juni 2003 schon von einer plötzlichen und unvorhersehbaren Arbeitsüberlastung nicht mehr ausgegangen werden.

Der von der Antragstellerin geschilderte Sachverhalt zur Operation des H... am 11. April 2003 als solcher ist als Wiedereinsetzungsvorbringen schon deshalb unbehelflich, da zu dieser Zeit die Beschwerdefrist noch nicht begonnen hatte.

Dr. Buchetmann Winter Schramm Hu






BPatG:
Beschluss v. 10.11.2003
Az: 30 W (pat) 174/03


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