Bundespatentgericht:
Beschluss vom 6. März 2001
Aktenzeichen: 33 W (pat) 108/99

(BPatG: Beschluss v. 06.03.2001, Az.: 33 W (pat) 108/99)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat in einem Beschluss vom 6. März 2001 (Aktenzeichen 33 W (pat) 108/99) eine Entscheidung der Markenstelle des Patentamts vom 16. April 1999 aufgehoben. In der Entscheidung ging es um eine Wortmarke mit dem Namen "Stellenindex", die für verschiedene Waren- und Dienstleistungen angemeldet worden war.

Die Markenstelle hatte die Anmeldung zunächst zurückgewiesen, da die Marke ihrer Meinung nach nicht über ausreichende Unterscheidungskraft verfügte und es sich um eine beschreibende und freihaltungsbedürftige Angabe handelte. Die Wortkombination "Stellenindex" sei dem angesprochenen Verkehrskreis ohne weiteres als "Stellenverzeichnis" verständlich und es existierten bereits zahlreiche ähnliche Wortverbindungen mit den Begriffsbestandteilen "Stelle" und "Index".

Gegen diese Entscheidung hatte die Anmelderin Beschwerde eingelegt und ein geändertes Waren- und Dienstleistungsverzeichnis vorgelegt. Nach Ansicht des Bundespatentgerichts besitzt die Marke "Stellenindex" für die nunmehr eingeschränkten Waren und Dienstleistungen jedoch ausreichend Unterscheidungskraft und ist nicht freihaltungsbedürftig. Die Beschwerdeführerin hatte sämtliche Bezüge zum Sektor der Stellenvermittlung beseitigt und durch die Einschränkungen des Verzeichnisses sind weiterreichende analysierende Denkprozesse erforderlich, um einen Bezug zu der Marke herzustellen.

Das Gericht stellte außerdem fest, dass die Wortmarke keine Angaben enthält, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder der Bezeichnung sonstiger Merkmale der betreffenden Waren oder Dienstleistungen dienen können. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Marke als beschreibende Angabe verwendet wird oder Verwendung finden wird.

Insgesamt hat das Bundespatentgericht daher die Beschwerde der Anmelderin für begründet erklärt und den Beschluss der Markenstelle des Patentamts vom 16. April 1999 aufgehoben. Die Marke "Stellenindex" kann somit eingetragen werden, da keine absoluten Schutzhindernisse nach § 8 Absatz 2 Nummer 1 oder 2 MarkenG vorliegen.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 06.03.2001, Az: 33 W (pat) 108/99


Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 35 des Patentamts vom 16. April 1999 aufgehoben.

Gründe

I Beim Patentamt ist am 22. Mai 1998 die Wortmarke Stellenindexfür folgende Waren- und Dienstleistungen angemeldet worden:

Klasse 35: Werbung, nämlich Arbeitnehmerüberlassung auf Zeit, Buchführung, Durchführung von Auktionen und Versteigerungen, Ermittlung von Geschäftsangelegenheiten, Marketing, Marktforschung und Marktanalyse, Aufstellen und Auswerten von Statistiken für Dritte, Unternehmens- und Organisationsberatung, Personalberatung, Vermittlung und Abschluß von Handelsgeschäften für andere, Vermittlung von Verträgen über Anschaffung und Veräußerung von Waren- und Dienstleistungen, Verteilung von Waren zu Werbezwecken, Vervielfältigung von Dokumenten, Werbemittlung; Unternehmens- und Wirtschaftsberatung und Verwaltung fremder Geschäftsinteressen; Übernahme von Geschäftsführungsaufgaben für Dritte.

Klasse 9: Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; Magnetaufzeichnungsträger, Schallplatten; bespielte und unbespielte Compact Discs und Compactcassetten, CD-I, CD-ROM; Datenverarbeitungsgeräte und Computer.

Klasse 16: Druckereierzeugnisse Klasse 38: Nachrichtenwesen, nämlich Ausstrahlung von Rundfunk-, Fernseh- und Onlineprogrammen, Sammeln und Liefern von Nachrichten.

Klasse 41: Erziehung; Unterhaltung, nämlich Vermietung von Zeitschriften, Veröffentlichung und Herausgabe von Büchern, Zeitungen und Zeitschriften, Organisation und Durchführung kultureller, sportlicher, musikalischer und künstlerischer Darbietungen.

Klasse 42: Erstellung und Entwicklung von Software; Hard- und Softwaresystemberatung; Nachforschungen nach Personen, Nachforschungen in Rechtsangelegenheiten; Photographieren; technische Beratung und gutachterliche Tätigkeit, Übersetzung, Vermietung von Datenverarbeitungsanlagen, Vermietung von Verkaufsautomaten, Veranstaltung von Messen und Ausstellungen.

Die Markenstelle für Klasse 35 hat die Anmeldung durch Beschluß vom 16. April 1999 zurückgewiesen.

Die Zurückweisung wurde damit begründet, daß es der Marke im Hinblick auf die beanspruchten Dienstleistungen an der erforderlichen Unterscheidungskraft fehle und es sich um eine beschreibende und freihaltungsbedürftige Angabe handle (§ 37 Abs 1 MarkenG iVm § 8 Abs 2 Ziff 1, 2 MarkenG). Die Wortbildung erschließe sich dem angesprochenen Verkehrskreis ohne weiteres als "Stellenverzeichnis". Es handle sich um eine sprachübliche Wortbildung, die keiner zergliedernden oder analysierenden Betrachtungsweise bedürfe, um den Sinngehalt des Markennamens deutlich werden zu lassen. Diverse Wortverbindungen mit den Begriffsbestandteilen "Stelle" bzw "Index" existierten bereits.

Gegen diese Entscheidung des Patentamts hat die Anmelderin Beschwerde eingelegt. Sie beantragt sinngemäß, die Aufhebung des Beschlusses des Patentamts vom 16. April 1999, und legt folgendes geändertes Waren- und Dienstleistungsverzeichnis vor:

Klasse 35: Durchführung von Auktionen betreffend Waren und Versteigerungen von Waren; Buchführung, Ermittlung von Geschäftsangelegenheiten und Vermittlung und Abschluß von Handelsgeschäften für andere, sofern hier keine Dienstleistungen betroffen sind; Vermittlung von Verträgen über die Anschaffung und Veräußerung von Waren; Unternehmens- und Wirtschaftsberatung, Verwaltung fremder Geschäftsinteressen und Übernahme von Geschäftsführungsaufgaben für Dritte, ausgenommen im Sektor Stellenvermittlung Klasse 9: Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; Magnetaufzeichnungsträger und Schallplatten, sofern sie keine Informationen zu Stellenanzeigen enthalten; unbespielte Compact Discs, Compactcassetten, CD-I und CD-ROM; Datenverarbeitungsgeräte und Computer Klasse 41: Erziehung; Vermietung von Zeitschriften sowie Veröffentlichung und Herausgabe von Büchern, Zeitungen und Zeitschriften, sofern sie keine Stellenanzeigen enthalten; Organisation und Durchführung kultureller, sportlicher, musikalischer und künstlerischer Darbietungen Klasse 42: Erstellen und Verbreiten von Fotos, ausgenommen für Stellenanzeigen; Übersetzung; Vermietung von Verkaufsautomaten.

Die Anmelderin ist der Ansicht, die Kennzeichnung "Stellenindex" sei unterscheidungskräftig, weil ein entsprechender Begriff im deutschen Wortschatz nicht nachweisbar sei und "Stellenindex" keinen auf der Hand liegenden Begriffsinhalt habe. Ein Freihaltebedürfnis sei nicht gegeben, da die angemeldete Marke keinen beschreibenden Charakter habe. Hinsichtlich der nunmehr noch beanspruchten Waren- und Dienstleistungen sei es nicht möglich, diese im Bereich von Informationen über Arbeitsplätze einzusetzen.

Hinsichtlich der übrigen Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II Die Beschwerde ist begründet. Der Senat hält die angemeldete Marke "Stellenindex" im Hinblick auf das nunmehr vorgelegte geänderte Waren- und Dienstleistungsverzeichnis für unterscheidungskräftig und für nicht freihaltungsbedürftig, so daß ihrer Eintragung gemäß §§ 33 Abs 2, 41 MarkenG keine absoluten Schutzhindernisse gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 oder Nr 2 MarkenG entgegenstehen.

1. Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft als der einer Marke innewohnenden konkreten Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfaßten Waren- und Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden, ist grundsätzlich ein großzügiger Maßstabe anzulegen, dh jede auch noch geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um dieses Schutzhindernis zu überwinden (stRspr vgl BGH MarkenR 2000, 48 - Radio von hier; 2000, 50 - Partner with the Best). Dies gilt insbesondere deshalb, weil der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in aller Regel so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt und er es keiner analysierenden Betrachtungsweise unterzieht. Kann demnach einer Wortmarke kein für die beanspruchten Waren- und Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch nicht um ein so gebräuchliches Wort der deutschen oder einer sonst im Inland geläufigen Sprache, das vom Verkehr stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, daß einem als Marke verwendeten Wortzeichen die Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (BGH aaO - Partner with the Best; BGH GRUR 1999, 1089 - YES; 1999, 1093 - FOR YOU mwN).

Zwar hat die Markenstelle des Patentamts zutreffend ausgeführt, daß das angemeldete Zeichen aus den Begriffen "Stellen" und "Index" zusammengesetzt ist und daß sich die Wortbildung dem angesprochenen Verkehrskreis - hier dem allgemeinen Publikum - ohne weiteres als "Stellenverzeichnis" erschließt. Im Hinblick auf das nunmehr von der Beschwerdeführerin erheblich eingeschränkte Waren- und Dienstleistungsverzeichnis fehlt es nach der Auffassung des Senats jedoch an ausreichenden Anhaltspunkten dafür, daß der Verkehr den Begriff nur im Sinne einer schlagwortartigen Aussage über die verschiedenen Waren- und Dienstleistungen wertet. Die Anmelderin hat durch entsprechende Einschränkungen in ihrem Waren- und Dienstleistungsverzeichnis sämtliche Bezüge zum Sektor der Stellenvermittlung beseitigt, indem bei verschiedenen Waren- und Dienstleistungen ausdrücklich der Bereich der Stellenvermittlung ausgeklammert wurde. Hinsichtlich der übrigen Waren, wie "unbespielte Compact Discs", "Datenverarbeitungsgeräte und Computer", und Dienstleistungen, wie beispielsweise "Erziehung", "Vermietung von Verkaufsautomaten", "Durchführung von Auktionen, betreffend Waren und Versteigerungen von Waren", sind zum anderen nach der Überzeugung des Senats weiterreichende analysierende Denkprozesse erforderlich, um einen Bezug zu der Aussage der streitgegenständlichen Marke herzustellen.

2. Nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG sind von der Eintragung weiter solche Marken ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr ua zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder der Bezeichnung sonstiger Merkmale der in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen dienen können. Dabei ist davon auszugehen, daß ein Eintragungshindernis auch dann besteht, wenn eine Benutzung als Sachangabe bisher noch nicht erfolgt ist, eine solche jedoch nach den Umständen erfolgen wird (vgl BGH GRUR 1995, 408, 409 - PROTECH). Zu den nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG vom Markenschutz ausgeschlossenen Angaben zählen allerdings nicht nur die ausdrücklich aufgeführten, sondern auch solche, die für den Warenverkehr wichtige und für die umworbenen Abnehmerkreise irgendwie bedeutsame Umstände mit konkretem Bezug auf die betreffenden Waren selbst beschreiben (vgl BGH GRUR 1998, 813, 814 - CHANGE; BGH aaO - FOR YOU).

Zu diesen Angaben oder Umständen gehört die angemeldete Wortmarke "Stellenindex" nicht. Eine Verwendung dieser Bezeichnung als beschreibende Angabe im Hinblick auf die noch beanspruchten Waren- und Dienstleistungen ist derzeit nicht nachweisbar. Von einem auf gegenwärtiger Benutzung als Sachangabe beruhenden Freihaltungsbedürfnis kann deshalb nicht ausgegangen werde. Ebensowenig liegen hinreichende Anhaltspunkte dafür vor, daß im Zusammenhang mit den Waren- und Dienstleistungen, wie "Übersetzung", "Organisation und Durchführung kultureller, sportlicher, musikalischer und künstlerischer Darbietungen etc", in Zukunft eine Verwendung der angemeldeten Bezeichnung als Sachangabe erfolgen wird.

Winkler Dr. Albrecht Dr. Hock Cl






BPatG:
Beschluss v. 06.03.2001
Az: 33 W (pat) 108/99


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/e8138d4c7efc/BPatG_Beschluss_vom_6-Maerz-2001_Az_33-W-pat-108-99




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