Bundespatentgericht:
Beschluss vom 2. Juni 2003
Aktenzeichen: 20 W (pat) 61/02
(BPatG: Beschluss v. 02.06.2003, Az.: 20 W (pat) 61/02)
Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung
Das Bundespatentgericht hat über die Beschwerde in einem Patentverfahren entschieden. In der Entscheidung wurde die Anmeldung P 43 24 094.1-35 vom Patentamt zurückgewiesen, da ein Mobilfunkverfahren mit den im ursprünglichen Anspruch 1 angegebenen Merkmalen bereits in einer US-Patentschrift beschrieben wurde. Die Anmelderin hat daraufhin beantragt, das Patent gemäß verschiedenen Anträgen zu erteilen.
Im Hauptantrag wurde ein Mobilfunk-Telefonieverfahren mit bestimmten Weiterleitungsmöglichkeiten zwischen einem öffentlichen Telefonnetz und Mobilfunkgeräten beansprucht. Im ersten Hilfsantrag wurden zusätzlich noch die Merkmale des ursprünglichen Anspruchs 2 aufgenommen. Im zweiten Hilfsantrag wurden zusätzlich noch die Merkmale der ursprünglichen Ansprüche 6 und 8 aufgenommen.
Das Patentgericht hat entschieden, dass der Anspruch 1 nach dem ersten Hilfsantrag nicht gewährbar ist, da sich sein Gegenstand in naheliegender Weise aus der zuvor beschriebenen US-Patentschrift ergab. Es wurde festgestellt, dass es naheliegend ist, dem Benutzer die Wahl zu lassen, ob sein Anruf über das teurere zellulare Telefonnetz geleitet werden soll oder ob er ihn aus Kostengründen lieber aufgeben möchte.
Auf den Hauptantrag braucht nicht gesondert eingegangen zu werden, da sein Anspruch 1 den Gegenstand des Anspruchs 1 nach dem ersten Hilfsantrag mitumfasst und ebenfalls naheliegend ist. Der zweite Hilfsantrag wurde ebenfalls abgelehnt, da die zusätzlich aufgenommenen Verfahrensschritte bereits aus der US-Patentschrift bekannt waren und keinen patentfähigen Erfindungsgegenstand darstellten.
Abschließend wurde die Beschwerde zurückgewiesen.
Hinweis: Die Inhaltsangabe wurde auf Basis der gegebenen Textvorlage erstellt und könnte ggf. von einer tatsächlichen Gerichtsentscheidung abweichen.
Die Gerichtsentscheidung im Volltext:
BPatG: Beschluss v. 02.06.2003, Az: 20 W (pat) 61/02
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I Die Anmeldung P 43 24 094.1-35 wurde vom Patentamt zurückgewiesen, weil ein Mobilfunkverfahren mit den im ursprünglichen Anspruch 1 angegebenen Merkmalen aus
(1) US 4 989 230 ohne weiteres nahegelegt sei.
Die Anmelderin beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und das Patent wie folgt zu erteilen:
Anspruch 1, überreicht in der mündlichen Verhandlung (Hauptantrag), hilfsweise, Aufnahme der Merkmale des ursprünglichen Patentanspruchs 2 in den Patentanspruch 1, überreicht in der mündlichen Verhandlung (erster Hilfsantrag), weiter hilfsweise Aufnahme der Merkmale der ursprünglichen Patentansprüche 6 und 8 in den Patentanspruch 1, überreicht in der mündlichen Verhandlung (zweiter Hilfsantrag).
Der Anspruch 1 nach Hauptantrag lautet:
"Mobilfunk-Telefonieverfahren zum wahlweisen Weiterleiten von Anrufen zwischen einem öffentlichen Telefonnetz (4) und einer Vielzahl von Teilnehmer-Mobilfunkterminals, wobei das Weiterleiten von Anrufen sowohl über Funkvermittlungsstationen eines zellularen Telefonnetzes (2) als auch über Funkvermittlungsstationen (10) eines Nahbereichs-Telefonnetzes (3) durchführbar ist und im Fall eines ein Teilnehmer-Mobilfunkterminal (12) verlassenden Anrufes zuerst der Kontakt mit einer Nahbereichs-Funkvermittlungsstation (10) versucht wird, dadurch gekennzeichnet, daß, wenn der Kontakt mit einer Nahbereichs-Funkvermittlungsstation (10) akzeptiert wird, es vorgeschlagen wird, den Anruf als Nahbereich-Telefonat durchzuführen, wobei der Teilnehmer die Wahl hat, diesen Vorschlag zu bestätigen, ihn zurückzuweisen, um den Anruf als zellulares Telefonat durchzuführen, oder um den Anruf aufzugeben.
Im Wortlaut damit übereinstimmend enthält der Anspruch 1 nach dem ersten Hilfsantrag noch die Merkmale des ursprünglichen Anspruchs 2. Dieser lautet:
"Mobilfunkverfahren nach Anspruch 1, bei dem, wenn kein Kontakt durch einen Nahbereichs-Telephonanschluß (10) akzeptiert wird, es vorgeschlagen wird, den ausgehenden Anruf im Rahmen der zellulären Telephonie durchzuführen, wobei der Teilnehmer die Zahl hat zwischen der Annahme der Durchführung des Anrufes im Rahmen der zellulären Telephonie oder der Aufgabe des Anrufes."
Nach dem zweiten Hilfsantrag treten zum Anspruch 1 nach Hauptantrag noch die Merkmale der ursprünglichen Ansprüche 6 und 8. Diese Ansprüche lauten:
"6. Verfahren nach einer der Ansprüche 1 bis 5, bei dem gemäß einem Überwachungsfunk und einem periodischen und alternativen Abhören der Kanäle eines zellulären Netzes (2) und der Kanäle eines Nahbereichsnetzes (3) verfahren werden kann."
und
"8. Verfahren nach einem der Ansprüche 6 und 7, bei dem am Ende einer Verbindung entsprechend einem der beiden Modi und vor der Rückkehr in den Überwachungszustand der Teilnehmeranschluß (12) sich in dem Netz des anderen der beiden Modi registrieren läßt."
II 1. Der Anspruch 1 nach dem ersten Hilfsantrag ist nicht gewährbar, sein Gegenstand nicht patentfähig, weil er sich am Prioritätstag zwar nicht ohne weiteres, aber in naheliegender Weise aus (1) ergab (§ 4 PatG).
In (1) ist ein Mobilfunk-Telefonieverfahren mit den Merkmalen des Oberbegriffs des Anspruchs 1 beschrieben (Fig 1 und 5 iVm Sp 5 Z 4 bis 8).
Für den Fall, daß der Benutzer beim Telefonieren mit seinem Mobilfunkgerät dem schnurlosen Netz, dem Nahbereichsnetz, den Vorzug gibt (Sp 5 Z 4 bis 8), erfolgt, wenn der Kontakt mit dem Nahbereichsnetz nicht akzeptiert wird, automatisch ein Kontakt mit dem zellularen Netz, woraufhin bei freiem Kanal der Anruf ausgeführt wird (Fig 5 Blöcke 408, 410, 406, 416).
Es liegt indes nahe, diesen Automatismus zu verlassen und statt dessen dem Nutzer beispielsweise mittels Tastenbetätigung die Entscheidung darüber anheimzustellen, ob sein Anruf tatsächlich über das zellulare Telefonnetz an das öffentliche Telefonnetz weitergeleitet werden soll. Denn nach (1) ist dabei ein Anruf erheblich, nämlich siebenmal, teurer, als wenn er über das Nahbereichsnetz zum öffentlichen Telefonnetz geleitet wird (Sp 1 Z 20 bis 28): Wenn immer es möglich ist, sollte der Anruf über das Nahbereichsnetz erfolgen (Sp 7 Z 64 bis Sp 8 Z 3). Dann ist es aber nur folgerichtig und an den Fachmann durch den Bedarf herangetragen, wenn man dem Nutzer die Auswahl lässt, ob er den ausgehenden Anruf wirklich im Rahmen der relativ teueren Zellulartelefonie durchführen oder aus Ersparnisgründen lieber aufgeben will.
Wenn aber der Elektroingenieur mit Fachhochschulabschluß, der beruflich mit der Entwicklung von Mobiltelefonieverfahren befasst ist, daran denkt, bei erfolglosem Suchen nach einem Nahbereichskanal dem Benutzer die Wahl des Telefonierens vor dem Durchführen des Anrufs anheimzustellen, so zieht er eine entsprechende Wahlmöglichkeit auch dann in Erwägung, wenn der Kontakt mit einer Nahbereichsbasisstation akzeptiert wird: Ob man für beide Fälle einen Automatismus vorsieht oder statt dessen lieber die letzte Entscheidung den Benutzer treffen lässt, ist lediglich eine Abwägung zwischen Benutzerkomfort, Telefongebühren und Benutzereigenheiten.
2. Auf den Hauptantrag braucht nicht gesondert eingegangen zu werden, weil sein allgemeinerer Anspruch 1 den Gegenstand des Anspruchs 1 nach dem ersten Hilfsantrag mitumfasst und sein Gegenstand daher ebenfalls nahegelegt ist.
3. Auch der zweite Hilfsantrag ist nicht gewährbar.
Die zusätzlich in den Anspruch 1 nach Hauptantrag aufgenommenen Verfahrensschritte drücken seinem Gegenstand nicht den Stempel einer patentfähigen Erfindung auf.
Daß man die Kanäle des zellularen Netzes und eines Nahbereichsnetzes periodisch und alternativ abhört, ergibt sich bereits aus (1) (Fig 4 Block 302, Fig 5 Blöcke 406, 408). Dabei ist es fachmännisches Handeln, wenn nach dem Ende einer Verbindung über das eine Netz vor dem Überwachen dafür gesorgt ist, daß der Benutzer auch im anderen der beiden Netze wieder erreichbar ist. Dies erfordert eine vorhergehende Anmeldung in diesem Netz.
Dr. Anders Obermayer Martens Dr. Zehendnerbr/Be
BPatG:
Beschluss v. 02.06.2003
Az: 20 W (pat) 61/02
Link zum Urteil:
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