Bundespatentgericht:
Beschluss vom 4. Juni 2009
Aktenzeichen: 27 W (pat) 27/09
(BPatG: Beschluss v. 04.06.2009, Az.: 27 W (pat) 27/09)
Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung
Das Bundespatentgericht hat in der Entscheidung vom 4. Juni 2009 (27 W (pat) 27/09) die Beschwerde gegen die Zurückweisung der Anmeldung der Wortmarke "Wall Street Radar" abgelehnt. Die Markenstelle hatte die Marke aufgrund fehlender Unterscheidungskraft abgelehnt, da sie für die Dienstleistungen im Zusammenhang mit Finanzen und Aktien lediglich als Hinweis auf eine Suchmaschine im Internet verstanden würde. Die Beschwerde der Anmelderin wurde ebenfalls abgelehnt, da die Wortmarke einen ohne weiteres erkennbaren beschreibenden Begriffsinhalt besitzt und somit nicht als Marke verstanden wird. Die Anmelderin hatte argumentiert, dass der Begriff "Radar" keine Bedeutungserweiterung im Sinne einer Suchmaschine erfahren habe. Das Gericht stellte jedoch fest, dass der Begriff "Radar" im Zusammenhang mit Such- und Vermittlungsdiensten im Internet durchaus gebräuchlich sei. Daher fehle der angemeldeten Marke jegliche Unterscheidungskraft. Die Entscheidung des Gerichts ist rechtskräftig und die Marke wird nicht eingetragen.
Die Gerichtsentscheidung im Volltext:
BPatG: Beschluss v. 04.06.2009, Az: 27 W (pat) 27/09
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Anmeldung der Wortmarke Wall Street Radarhat die Markenstelle mit Erstbeschluss vom 16. Februar 2007 teilweise für die Dienstleistungen
"Klase 38: Online-Dienste, nämlich Bereitstellen des Zugriffs auf Informationen aller Art in Bild und Ton im Internet; Dienstleistungen einer Datenbank, nämlich Bereitstellung des Zugriffs auf Datenbanken in Computernetzwerken; Klasse 42: Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Dienstleistungen einer Datenbank, nämlich Vermittlung und Vermietung von Zugriffszeiten zu Datenbanken, Aktualisierung, Erstellen und Vermietung von Datenbanksoftware, Installation und Wartung von Datenbanksoftware sowie elektronische Speicherung von Daten in Computerdatenbanken"
wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. In ihrer Gesamtheit ergebe die Marke einen ohne weiteres verständlichen Gesamtbegriff mit dem Sinngehalt "Suchmaschine im Internet zum Thema Finanzen und Aktien". Ein erheblicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise verstehe die angemeldete Bezeichnung lediglich als Hinweis auf irgendeine Suchmaschine im Internet zum Thema "Finanzen" ganz allgemein bzw. "Börse und Aktien" und damit im engen Zusammenhang stehende bzw. von dieser Suchmaschine angebotene und erbrachte Dienstleistungen. So könnten diese Dienstleistungen beispielsweise die technischen Voraussetzungen für den Betrieb einer solchen Internetsuchmaschine schaffen oder deren Funktionsfähigkeit gewährleisten. Das angemeldete Zeichen sei damit eine verständliche Bezeichnung mit eindeutigem Aussagegehalt für die genannten Dienstleistungen, so dass beachtliche Teile des angesprochenen Publikums in dem um Schutz nachsuchenden Zeichen eine reine Sachinformation und keine betriebsindividualisierenden Herkunftshinweis auf einen ganz bestimmten Anbieter dieser Dienstleistungen sähen. Dass der Gesamtbegriff lexikalisch nicht nachweisbar und auf die Anmelderin zurückzuführen sei, begründe keine Schutzfähigkeit.
Die gegen diese Entscheidung eingelegte Erinnerung hat die Markenstelle mit Zweitbeschluss vom 7. Juni 2007 im Wesentlichen aus den Gründen des Erstbeschlusses zurückgewiesen. In der Gesamtheit beschreibe die angemeldete Bezeichnung typische News-, Informations-, Sachund Vermittlungsdienste im Internet zum Thema "Wall Street" bzw. "amerikanische Aktienmärkte" als Synonym für die New York Stock Exchange, die wichtigste Leitbörse für Aktien. Nochmalige Recherchen der Markenstelle hätten bestätigt, dass der Begriff "Radar" im Sinne einer elektronischen Suchmaschine im Internet Verwendung finde. So seien Ausdrücke wie "Preisradar", "IT-Preisradar" oder "FinanzRadar" für typische Suchund Vermittlungsdienste mit News und Informationen zu bestimmten Themenbereichen durchaus geläufig, wie sich aus dem Beschluss beigefügten Internetausdrucken ergebe. Insgesamt handle es sich bei "Wall Street Radar" um einen Sachhinweis auf die Art, den Gegenstand und die inhaltlichthematische Ausrichtung des Produktund Leistungsangebots. Dies gelte für alle im Erstbeschluss versagten Dienstleistungen. Dass sich das Themengebiet "Wall Street" nach den Marktund Branchenverhältnisses anbiete, Gegenstand von News-, Informations-, Suchund Vermittlungsdiensten im Internet zu sein, ergebe sich aus dem Beschluss beigefügten Internetausdrucken.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie rügt die Verletzung rechtlichen Gehörs, da ihr im Erinnerungsverfahren keine Gelegenheit gegeben worden sei, zu den Ermittlungsergebnissen des Erinnerungsprüfers Stellung zu nehmen. Diese seien ihr erst mit dem Erinnerungsbeschluss übersandt worden, was einen wesentlichen Verfahrensmangel darstelle, so dass der Erinnerungsbeschluss aufzuheben sei.
In der Sache hält die Anmelderin die angemeldete Bezeichnung für unterscheidungskräftig. Entgegen der Auffassung der Markenstelle habe der Begriff "Radar" keine Bedeutungserweiterung im Sinne einer elektronischen Suchmaschine im Internet erfahren. Dies ergebe sich auch nicht aus den dem Erinnerungsbeschluss beigefügten Internetausdrucken. Der Begriff "Preisradar" werde als Bezeichnung für einen Produkttest und der Begriff "IT-Preisradar" für Preisvergleiche verwendet, wie sich aus von der Anmelderin ermittelten Internetausdrucken ergäbe. Lediglich der Internetausdruck zu "Finanzradar" beziehe sich auf eine Suchmaschine. Aus einer einzigen Fundstelle lasse sich jedoch nicht ableiten, dass der Begriff "Radar" für Suchund Vermittlungsdienste im Internet geläufig sei. Für die Dienstleistungen der Klasse 42 sei die Bezeichnung "Wall Street Radar" nicht beschreibend, da es sich bei diesen technischen Dienstleistungen um vorgelagerte Hilfsdienstleistungen bzw. Zusatzleistungen handle, die mit der eigentlichen Übermittlung oder Bereitstellung der Informationen nichts zu tun hätten.
Die Anmelderin beantragt sinngemäß, die Beschlüsse der Markenstelle in dem Umfang aufzuheben, in dem die Anmeldung zurückgewiesen wurde, und die angemeldete Marke in vollem Umfang einzutragen.
II.
Die zulässige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg, weil der angemeldeten Bezeichnung für die verfahrensgegenständlichen Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG fehlt.
1.) Die Anmelderin rügt zwar zu Recht die Verletzung rechtlichen Gehörs gemäß § 59 Abs. 2 MarkenG durch die Markenstelle, da sie keine Gelegenheit hatte, sich zu den von der Markenstelle ermittelten Internetausdrucken zu äußern. Dieser Verfahrensmangel ist durch die Anhörung im Beschwerdeverfahren jedoch geheilt, so dass eine Zurückverweisung an das Deutsche Patentund Markenamt gemäß § 70 Abs. 3 Nr. 2 MarkenG aus prozessökonomischen Gründen nicht angezeigt ist.
2.) Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, die Waren oder Dienstleistungen für welche die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren und Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 428, 431, Nr. 48 -Henkel; BGH GRUR 2006, 850, 854, Nr. 18 -FUSSBALL WM 2006). Wortmarken besitzen nach der Rechtsprechung dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die angesprochenen Verkehrskreise für die fraglichen Waren oder Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen. Ist -wie hier -die Unterscheidungskraft einer Wortfolge zu beurteilen, so bestehen grundsätzlich keine abweichenden Anforderungen gegenüber anderen Wortmarken. Bei einer aus mehreren Wörtern bestehenden Marke ist auf die Bezeichnung in ihrer Gesamtheit abzustellen (vgl. BGH GRUR 2001, 162 -RATIONAL SOFTWARE CORPO-RATION).
Nach diesen Grundsätzen fehlt der angemeldeten Marke "Radar Wall Street" für sämtliche beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft, da sie bezüglich dieser Dienstleistungen einen ohne weiteres erkennbaren beschreibenden Begriffsinhalt aufweist, der dazu führt, dass das angemeldete Zeichen nicht als Marke verstanden wird. Die aus dem deutschen und englischen Wort "Radar" und der bekannten New Yorker Bankenund Börsenstraße "Wall Street" zusammengesetzte Wortfolge werden die von den Dienstleistungen angesprochenen inländischen Verkehrskreise in ihrer Gesamtheit ohne Weiteres im Sinne einer "Orientierungshilfe in Finanzdienstleistungen auf dem US-Markt" verstehen. Ob das Wort "Radar" für sich betrachtet auch als Internet-Suchmaschine verstanden wird, wie von der Markenstelle ausgeführt und von der Anmelderin bestritten wurde, kann letztlich dahingestellt bleiben. Die von der Markenstelle ermittelten Belege zu den Begriffen "Preisradar" und "Finanzradar" belegen jedenfalls ein Verständnis des Publikums im Sinne einer Suchhilfe bzw. Orientierungshilfe.
In Bezug auf sämtliche beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen enthält die Marke einen beschreibenden Sachhinweis auf deren Inhalt bzw. Thema. Dies gilt entgegen der Auffassung der Anmelderin auch bezüglich der technischen Dienstleistungen der Klasse 42. Eine Differenzierung erscheint dem Senat insoweit nicht möglich, weil der Oberbegriff "Dienstleistungen einer Datenbank, nämlich ... nach dem Dienstleistungsverzeichnis sowohl für Dienstleistungen der Klasse 38 als für Dienstleistungen der Klasse 42 beansprucht wird.
Ob der Eintragung zusätzlich das Schutzhindernis der Merkmalsbezeichnung gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegensteht, kann als nicht entscheidungserheblich dahingestellt bleiben.
Zu einer Erstattung der Beschwerdegebühr gemäß § 71 Abs. 3 MarkenG besteht kein Anlass, da die Anmelderin aus den ihr erst mit dem Erinnerungsbeschluss zugeleiteten Internetausdrucken im Beschwerdeverfahren keine verfahrensbeendenden Schlüsse gezogen hat.
Dr. Albrecht Dr. van Raden Kruppabr/Me
BPatG:
Beschluss v. 04.06.2009
Az: 27 W (pat) 27/09
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