Bundespatentgericht:
Beschluss vom 20. März 2003
Aktenzeichen: 25 W (pat) 263/01
(BPatG: Beschluss v. 20.03.2003, Az.: 25 W (pat) 263/01)
Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung
Das Bundespatentgericht hat mit Beschluss vom 20. März 2003, Aktenzeichen 25 W (pat) 263/01 die Beschwerde der Widersprechenden zurückgewiesen. Der Widerspruch wurde von der Inhaberin einer älteren Marke, die für verschiedene Dienstleistungen im Bereich Datenverarbeitung eingetragen ist, gegen eine jüngere Marke, die Schutz für Softwareentwicklungen beansprucht, erhoben. Die Markenstelle des Deutschen Patent- und Markenamtes hatte die Verwechslungsgefahr verneint. Die Widersprechende hat hiergegen Beschwerde eingelegt und argumentiert, dass aufgrund der Identität der Dienstleistungen eine Verwechslungsgefahr bestehe. Sie behauptete, dass die Buchstabenfolge der angegriffenen Marke, "COS", ähnlich wie "CE-O-ES" ausgesprochen werde und somit eine klangliche und schriftbildliche Verwechslungsgefahr bestehe. Das Gericht entschied jedoch, dass die Unterschiede zwischen den Marken ausreichend seien, um Verwechslungen im Verkehr zu verhindern.
Das Gericht führte aus, dass die grafische Gestaltung der Marken, insbesondere bei der älteren Marke ohne weitere grafische Elemente, deutliche Unterschiede aufweise und somit bereits viele Verkehrskreise nicht zu Verwechslungen neigen würden. Auch klanglich seien die Marken unterschiedlich, da die ausschlaggebende Buchstabenfolge "COS" überwiegend wie "KOS" ausgesprochen werde, während die Widerspruchsmarke einen Zischlaut enthalte. Das Gericht stellte zudem fest, dass die Dienstleistungen der Marken sich an verschiedene Fachkreise richten würden und somit eine größere Aufmerksamkeit und Beschäftigung mit dem Gegenstand zu erwarten sei. Auch schriftbildlich seien die Marken aufgrund der Unterschiede in der Mitte der Buchstabenkombinationen ausreichend unterscheidbar.
Das Gericht wies abschließend darauf hin, dass eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen nur in Ausnahmefällen in Betracht komme und im vorliegenden Fall kein besonderer Umstand vorliege, der eine solche rechtfertigen würde. Das Gericht wies daher die Beschwerde der Widersprechenden zurück und die Kosten des Verfahrens wurden ihr auferlegt.
Die Gerichtsentscheidung im Volltext:
BPatG: Beschluss v. 20.03.2003, Az: 25 W (pat) 263/01
Tenor
Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Gegen die am 11. Juli 2000 in den Farben blau/weiß/schwarz eingetragene Marke 300 13 258 die für "Softwareentwicklungen" Schutz beansprucht, hat die Inhaberin der seit dem 18. Juni 1996 für "Datenverarbeitungsgeräte und Computer, mit Programmen versehene maschinenlesbare Datenträger aller Art, Datenverarbeitungsprogramme; Druckereierzeugnisse; Ausbildung im Bereich sozialer Einrichtungen; Erstellen und Aktualisieren von Datenverarbeitungsprogrammen, Beratung von im sozialen Bereich tätigen Einzelpersonen, Firmen und Einrichtungen; Personalberatung, Durchführung von Organisationsentwicklungsmaßnahmen, Studien und Projekten; Sammeln und Liefern von Nachrichten, Anbieten und Unterhalten von Online-Datenbanken" eingetragenen Marke 395 39 820 C & S Widerspruch erhoben.
Die Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Beschluß einer Beamtin des höheren Dienstes vom 4. September 2001 die Verwechslungsgefahr verneint. Ausgehend von einer normalen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke und einer möglichen Identität der Dienstleistungen "Erstellen von Datenverarbeitungsprogrammen" bzw "Softwareentwicklungen" unterschieden sich die Marken ausreichend deutlich voneinander.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden mit der Begründung, angesichts identischer Dienstleistungen sei eine Verwechslungsgefahr nicht auszuschließen. Der Gesamteindruck der angegriffenen Marke werde allein durch den Bestandteil "COS" geprägt, während die Farbwahl und der Hintergrund sowie die Buchstaben werbeüblich gestaltet seien. Die Buchstabenfolge "COS" werde dabei nicht als Wort, sondern als Kombination einzelner Buchstaben, nämlich "CE-O-ES" ähnlich wie "AEG", "SAP", "ABB" oder "DAS" ausgesprochen. Eine klangliche wie auch eine schriftbildliche Verwechslungsgefahr könne daher nicht verneint werden.
Die Widersprechende beantragt, den Beschluß der Markenstelle für Klasse 42 vom 4. September 2001 aufzuheben und die angegriffene Marke aus dem Register zu löschen.
Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen und der Widersprechenden die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
Sie trägt vor, bei der angenommenen Identität der Dienstleistungen sei zu berücksichtigen, dass die Software der angegriffenen Marke im Vermessungswesen, die der Widerspruchsmarke jedoch im sozialen und pflegerischen Bereich eingesetzt würden, so dass keine Verwechslungsgefahr bestehe. Zudem werde die angegriffene Marke wegen der Größe des Bildbestandteils nicht allein durch das Wort "COS" geprägt. Selbst wenn man allein von dem Wortbestandteil ausginge, sei eine Verwechslungsgefahr zu verneinen, da sich zu den von der Widersprechenden genannten Beispielen für eine buchstabengemäße Aussprache Gegenbeispiele wie "EFA", "DEA" (Tankstellen), "AWO" oder "HUK" finden ließen. Auch das markante "&"-Zeichen verhindere Verwechslungen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Die Markenstelle hat den Widerspruch zutreffend zurückgewiesen, da auch nach Auffassung des Senats keine Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG besteht.
Der Senat geht bei seiner Entscheidung zugunsten der Widersprechenden von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der älteren Marke aus (vgl BGH MarkenR 2002, 332 - DKV/OKV). Dass der Bezeichnung "C & S" ein erhöhter Schutzumfang zukäme, hat die Widersprechende nicht vorgetragen; für den Senat ist dies auch aus sonstigen Gründen nicht ersichtlich.
Soweit die Dienstleistungen der angegriffenen Marke den Dienstleistungen der älteren Marke "Erstellen und Aktualisieren von Datenverarbeitungsprogrammen" gegenübergestellt werden, besteht Identität. Im Vergleich der "Softwareentwicklungen" der jüngeren Marke mit den übrigen Dienstleistungen und Waren der Widerspruchsmarke, soweit diese allgemein dem Bereich der Datenverarbeitung zuzuordnen sind, ist ein höherer bis mittlerer Grad an Warenähnlichkeit festzustellen, während die übrigen Dienstleistungen der Widerspruchsmarke wie auch die "Drukkereierzeugnisse" einen eher größeren Abstand bis hin zur Unähnlichkeit gegenüber den Dienstleistungen der angegriffenen Marke aufweisen.
Wenn demnach für den Bereich identischer Dienstleistungen an den markenrechtlichen Abstand der Marken ein strenger Maßstab anzulegen ist, reichen die Unterschiede in den Marken dennoch aus, um Verwechslungen im Verkehr entgegen zu wirken.
In diesem Zusammenhang ist zunächst festzuhalten, dass sich aufgrund der Bildbestandteile der jüngeren Marke die Marken ihrem Gesamteindruck nach deutlich voneinander unterscheiden, denn die ältere Marke stellt eine reine Wortmarke ohne weitere grafische Bestandteile dar, so dass ein großer Teil der angesprochenen Verkehrskreise bereits anhand dieser Merkmale die Marken nicht verwechseln wird.
Auch in klanglicher Hinsicht ist nicht mit Verwechslungen der Marken in entscheidungserheblichem Umfang zu rechnen. Zwar ist davon auszugehen, dass sich der Verkehr zur Bezeichnung der jüngeren Marke des Buchstabenbestandteils "COS" bedient, der im unteren Drittel der grafischen Darstellung zu erkennen ist. Auch wenn an sich verschiedene Aussprachemöglichkeiten bestehen mögen, wird nach Auffassung des Senats die Buchstabenfolge "COS" überwiegend wie "KOS" wiedergegeben werden. Hierfür spricht, dass die Buchstaben in ihrer grafischen Zusammenstellung keine größeren Abstände zueinander aufweisen, die ein Anlaß für eine buchstabengetreue Aussprache sein könnten. Auch fehlen Punkte hinter den einzelnen Buchstaben als Hinweis auf eine getrennte Wiedergabe, wie dies zB bei älteren Bezeichnungen wie "D.A.S." der Fall ist (vgl auch "F.D.P.").
Ihrem Klang nach stehen sich die Bezeichnungen "KOS" und "C und S" nicht verwechselbar gegenüber. Dies folgt bereits aus der unterschiedlichen Anzahl der gesprochenen Silben. Zudem bestehen auffällige Abweichungen im Klangcharakter der wörtlichen Wiedergabe. Die jüngere Marke klingt am Wortanfang deutlich härter, während die Widerspruchsmarke an dieser Stelle einen Zischlaut enthält und dadurch ein eher weicheres Klangbild erhält.
Soweit in einzelnen Fällen die angegriffene Marke wie "ZOS" ausgesprochen werden sollte, sind diese nicht rechtserheblich, zumal klangliche Verwechslungen ebenfalls nicht zu befürchten wären. Denn auch bei dieser Variante stehen die akustischen Unterschiede in der Anzahl der gesprochenen Silben deutlich im Vordergrund.
Zu Verwechslungen könnte es in klanglicher Hinsicht nur dann kommen, wenn die angegriffene Marke als Buchstabenzeichen angesehen und getrennt wie "Tse-O-Es" ausgesprochen werden würde. Dann bestünde zwar eine Gemeinsamkeit in den Lauten "C und S". Aber auch in diesen Fällen spricht die Wahrscheinlichkeit gegen eine entscheidungserhebliche Verwechslungsgefahr, denn auch dann bleibt zu berücksichtigen, dass die Waren bzw Dienstleistungen, die sich hier gegenüberstehen, nicht im Vorübergehen gekauft oder bestellt werden, sondern dass es sich - insbesondere bei den Softwareentwicklungen der angegriffenen Marke - um solche handelt, die sich eher an Fachkreise richten und jedenfalls immer eine eingehende Beschäftigung mit dem Gegenstand voraussetzen, so dass eine eher größere Aufmerksamkeit zu erwarten ist.
Die Unterschiede sind auch in schriftbildlicher Hinsicht auffällig genug, als dass mit Verwechslungen in entscheidungserheblichem Umfang gerechnet werden müsste. Es kann insoweit offen bleiben, ob eine Verkürzung von Wort-Bildmarken auf prägende Bestandteile im schriftbildlichen Vergleich zulässig ist, weil sich die Marken in erster Linie in ihrer Gesamtheit gegenüberstehen. Aber auch wenn dies zugunsten der Widersprechenden angenommen wird, reicht die Abweichung in der Mitte der Buchstabenkombinationen trotz der Übereinstimmungen in den Buchstaben "C" und "S" aus. Das kaufmännische "&"-Symbol und der Buchstabe "O" weisen keine solchen Übereinstimmungen auf, die zu einem irrtümlichen Füreinanderhalten der Marken in ihrer Gesamtheit führen könnten. Solche Sonderzeichen fallen eher auf, weil sie, auch wenn sie unter grafischen Gesichtpunkten in Geschäfts-Bezeichnungen nicht ungebräuchlich sind, außerhalb des Alphabets stehen. Zudem treten solche Veränderungen in kurzen Buchstaben - oder Wortzeichen deutlicher hervor, denn die Abweichung betrifft hier immerhin ein Drittel der Darstellung der in Frage stehenden Bestandteile.
2. Zu einer von der Inhaberin der angegriffenen Marke beantragten Kostenauferlegung aus Billigkeitserwägungen bot der Streitfall keinen Anlaß, § 71 Abs 1 MarkenG. Grundsätzlich hat in markenrechtlichen Verfahren jeder Beteiligte die ihm entstandenen Kosten, über die von Amts wegen zu entscheiden ist, selbst zu tragen. Eine Kostenauferlegung kommt daher nur in Ausnahmefällen aus Billigkeitsgründen in Betracht (vgl hierzu Althammer/Ströbele/Klaka aaO, § 71, Rdnr 8 ff). Da die registerrechtlichen Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt und dem Bundespatentgericht nicht mit Zivilprozessen gleichgestellt werden können, ist der Ausgang des Verfahrens selbst kein Anlaß für eine Kostenauferlegung. Vielmehr bedarf es eines besonderen Umstandes, der zum Beispiel vorliegt, wenn das Verhalten eines Beteiligten nicht mit der prozessualen Sorgfaltspflicht zu vereinbaren ist, weil er in einer nach anerkannten Beurteilungsgrundsätzen aussichtslosen oder kaum Aussicht auf Erfolg versprechenden Situation ein Interesse am Erhalt oder dem Erlöschen des Markenschutzes durchzusetzen versucht (s BPatG Mitt 1974, 17; Mitt 1977, 73). Eine vergleichbare Situation liegt hier nicht vor.
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BPatG:
Beschluss v. 20.03.2003
Az: 25 W (pat) 263/01
Link zum Urteil:
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