Bundespatentgericht:
Beschluss vom 9. Mai 2001
Aktenzeichen: 9 W (pat) 81/98

(BPatG: Beschluss v. 09.05.2001, Az.: 9 W (pat) 81/98)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat mit seinem Beschluss vom 9. Mai 2001, Aktenzeichen 9 W (pat) 81/98, die Beschwerde des Anmelders gegen den Zurückweisungsbescheid des Deutschen Patent- und Markenamtes - Prüfungsstelle für Klasse F 03 G - vom 17. August 1998 zurückgewiesen.

Die Prüfungsstelle hatte die am 30. Oktober 1997 eingegangene Patentanmeldung mit der Bezeichnung "Schwerkraftmotor mit horizontaler Trägerstruktur zur Nutzung des Eötvös-Effektes mittels periodisch geschwenkter Drehmassen" zurückgewiesen, da sie der Meinung war, dass der Gegenstand des Patentanspruchs 1 naheliegend aus dem Stand der Technik abgeleitet werden könne. Der Anmelder legte gegen diesen Bescheid Beschwerde ein und argumentierte, dass die angeführten Druckschriften den angemeldeten Gegenstand nicht nahelegten und dass durch die angemeldete Weiterentwicklung eine nutzbare Nettoleistung erzielt werde.

Das Bundespatentgericht folgt zwar der Argumentation des Anmelders, dass der Zurückweisungsbescheid der Prüfungsstelle widersprüchlich ist, entscheidet jedoch dennoch gegen den Anmelder. Es erklärt, dass der angemeldete Schwerkraftmotor technisch nicht brauchbar sei, da die angestrebte Wirkung, nämlich die dauerhafte Wandlung der Rotationsenergie der Erde in kontinuierliche Rotationsenergie an einer vertikalen Welle, nicht erreicht werden könne. Der Motor widerspreche dem Satz von der Erhaltung der Energie, wonach Energie nicht aus dem Nichts entstehen könne, sondern nur aus einer Energieform in eine andere umgewandelt werden könne. Im vorliegenden Fall sei keine Energiezufuhr von außen vorgesehen, um die gewünschte Energieerzeugung zu ermöglichen. Zudem könnten Fliehkräfte, die durch den Eötvös-Effekt entstehen, nicht zur Energieerzeugung genutzt werden. Auch die Drehbewegungsenergie der Erde könne nicht genutzt werden, da keine Komponente in Umfangsrichtung der Erde vorliege, die die Erdrotation beeinflussen könnte. Die Anordnung von Kreiseln im Motor ändere nichts an dieser Beurteilung.

Da der angemeldete Schwerkraftmotor technisch nicht brauchbar sei, könne ihm kein Patentschutz gewährt werden. Der Antragssteller habe daher keinen Anspruch auf die Berichtigung der vorläufigen Beurteilung des Berichterstatters.

Insgesamt ist die Beschwerde des Anmelders gegen den Zurückweisungsbescheid des Deutschen Patent- und Markenamtes abgewiesen worden, da der angemeldete Schwerkraftmotor technisch nicht brauchbar sei.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 09.05.2001, Az: 9 W (pat) 81/98


Tenor

Die Beschwerde des Anmelders gegen den Beschluß des Deutschen Patent- und Markenamtes - Prüfungsstelle für Klasse F 03 G - vom 17. August 1998 wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Prüfungsstelle für Klasse F 03 G des Deutschen Patent- und Markenamtes hat die am 30. Oktober 1997 eingegangene Patentanmeldung mit der Bezeichnung

"Schwerkraftmotor mit horizontaler Trägerstruktur zur Nutzung des EÖTVÖS-Effektes mittels periodisch geschwenkter Drehmassen"

mit Beschluß vom 17. August 1998 zurückgewiesen. Zur Begründung führt sie unter Bezugnahme auf den vorangegangenen Prüfungsbescheid vom 14. April 1998 aus, daß sich der Gegenstand des Patentanspruchs 1 für den Fachmann in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergebe. In der DE 196 00 446 A1 sei bereits ein Motor erläutert, der wie der angemeldete Gegenstand mit einer Drehmasse unter Ausnutzung des Eötvös-Effektes arbeiten solle. Wegen der aus der Physik bekannten Präzession des Kreisels biete sich der Versuch an, diese zum Antrieb einer den Kreisel tragenden Trägerstruktur zu nutzen. Des weiteren seien aus der DE 40 17 474 A1 oder der DE 33 07 298 A1 Vorstellungen bekannt, Antriebe mit einem oder mehreren Kreiselpaaren zu verwirklichen. Diese Lehre böte den Versuch an, eine Trägerstruktur im Sinne des Gegenstandes des geltenden Patentanspruchs 1 mit mehreren Kreiselpaaren (Paaren von Drehmassen) zu bestücken, um damit eine beschleunigte Drehung der Trägerstruktur anzustreben. Damit erübrige es sich aber, der Frage nach der Ausführbarkeit des Gegenstandes des geltenden Patentanspruchs 1 nachzugehen und dabei insbesondere die Teilfrage aufzugreifen, ob die im geltenden Patentanspruch 1 angegebenen Maßnahmen überhaupt zu der dort versprochenen beschleunigten Drehung der Trägerstruktur und Wandlung der Rotationsenergie der Erde in kontinuierliche Rotationsenergie an einer vertikalen Welle führen könnten oder ob einer Erfüllung dieser Wunschvorstellungen Naturgesetze, wie beispielsweise der wohl auch bei den Schwenkbewegungen der Drehmassen zu beachtende Satz von der Erhaltung des Drehimpulses, entgegenstünden.

Gegen den Zurückweisungsbeschluß hat der Anmelder Beschwerde eingelegt. Er begründet seine Beschwerde damit, daß die angeführten Druckschriften den angemeldeten Gegenstand nicht nahelegen könnten. Dies ergebe sich bereits aus der Tatsache, daß der aus der DE 196 00 446 A1 bekannte Motor den Eötvös-Effekt nicht umsetzen könne, er funktioniere nämlich nicht. Erst durch die angemeldete Weiterentwicklung werde erreicht, daß der Motor durch Nutzung des Eötvös-Effektes eine nutzbare Nettoleistung liefere. Den Ausführungen des Berichterstatters des erkennenden Senats in der Zwischenverfügung vom 21. März 2001, nach denen der anmeldungsgemäße Schwerkraftmotor technisch nicht brauchbar sei, da mit ihm eine dauernde Nutzung der Drehbewegungsenergie der Erde nicht möglich sei, werde widersprochen. Dabei werde nämlich übersehen, daß der beanspruchte Gegenstand eine Wandlung der Bewegungsenergie der Erde unter Nutzung realer Gravitationskräfte ermögliche.

Der Anmelder beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und das Patent mit den geltenden Unterlagen zu erteilen.

Patentanspruch 1 lautet:

Schwerkraftmotor zur Wandlung von Rotationsenergie der Erde in kontinuierliche Rotationsenergie an einer vertikalen Welle durch Ausnutzung des Eötvös-Effektes, dadurch gekennzeichnet, daß eine horizontale Trägerstruktur mit vertikaler Abtriebswelle auf ihrem Umfang mit mehreren Paaren von sich jeweils gegenüber liegenden Antriebseinheiten bestückt ist, daß die Antriebseinheiten mit sehr hoher Drehzahl rotierbare Drehmassen enthalten, deren Drehvektoren immer in Nord/Süd-Richtung ausgerichtet und innerhalb eines wählbaren Winkelbereichs in der vertikalen Nord/Süd-Ebene periodisch schwenkbar sind unddaß diese Drehvektoren periodisch so geschwenkt werden, daß sie synchron zur Drehung der Trägerstruktur nördlich des durch deren Mitte verlaufenden lokalen Breitenkreises um einen bestimmten Winkel in die eine Richtung gegenüber der vertikalen Breitenkreisebene geneigt sind unddaß die Drehmassen beim Umlauf mit der Trägerstruktur in deren südlicher Hälfte in die andere Richtung um den gleichen Winkelwert geschwenkt werden, sodaß die strukturtangentialen Anteile der aufgrund des Eötvös-Effektes auftretenden Präzessionskräfte zu einer beschleunigten Drehung der Trägerstruktur führen.

In 17 Unteransprüchen sind Abwandlungen dieses beanspruchten Schwerkraftmotors angegeben.

Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die statthafte Beschwerde ist frist- und formgerecht eingelegt worden und auch im übrigen zulässig. In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg.

1. Dem Anmelder wird in seiner Auffassung gefolgt, daß der Beschluß der Prüfungsstelle in sich widersprüchlich ist. Die Prüfungsstelle hat zur Begründung ihres Beschlusses einerseits ausgeführt, daß der beanspruchte Gegenstand dem zuständigen Fachmann durch den von ihr angeführten Stand der Technik nahegelegt werde. Andererseits hat sie angegeben, daß es sich bei diesem Sachverhalt erübrige, der Frage nach der Ausführbarkeit des Gegenstandes des geltenden Patentanspruchs 1 nachzugehen. Dies wiederspricht dem fachmännischen Handeln des hier zuständigen Fachmanns. Denn dieser unterläßt offensichtlich jeden Versuch, nicht ausführbare Gegenstände weiterzuentwickeln. Sobald er nämlich erkennt, daß ein Gegenstand technisch nicht brauchbar ist, wird er alle Überlegungen zu diesem Gegenstand und seinen möglichen Weiterentwicklungen einstellen. Bei der Beurteilung einer Anmeldung ist daher zunächst als Vorfrage die technische Brauchbarkeit zu klären und erst bei Vorliegen der Brauchbarkeit die Anmeldung auf Neuheit und erfinderische Tätigkeit zu prüfen.

Von einer Zurückverweisung der Sache an die Prüfungsstelle des Deutschen Patent- und Markenamtes zur Beurteilung der technischen Brauchbarkeit hat der Senat abgesehen. Die Zurückverweisung steht im Ermessen des Gerichts; der Senat kann, muß aber nicht zurückverweisen (Schulte "Patentgesetz", 5. Auflage, § 79 Rdn 8). Im vorliegenden Fall kommt eine Zurückverweisung nicht in Betracht, da die Sache so weit geklärt ist, daß Entscheidungsreife gegeben ist.

2. Die Anmeldung betrifft nach dem vorstehend angeführten Patentanspruch 1 und unter Berücksichtigung der Beschreibung und der Zeichnungen der Patentanmeldung einen Schwerkraftmotor, der eine horizontal angeordnete Trägerstruktur T aufweist, die mit einer vertikalen Welle W1 auf einer Grundplatte F gelagert ist. Die Trägerstruktur trägt an ihrem Umfang mehrere Paare von Antriebseinheiten A (vgl nebenstehende Abbildungen).

In jeder Antriebseinheit A rotiert eine Drehmasse D (in der untenstehenden Figur strichpunktiert dargestellt), die von einem Schwenkgetriebe G, einer Welle W2 und einer Hohlwelle H gehalten wird. Die Wellen sind mit den Lagern L in einem Gehäuse gelagert, das seinerseits über Lager B in einem Rahmen K gelagert ist.

Der Schwerkraftmotor soll wie folgt arbeiten:

Im Betrieb rotiert die Trägerstruktur T zusammen mit den Antriebseinheiten A auf der Grundplatte F. In jeder Antriebseinheit A wird das Gehäuse so im Rahmen K gedreht, daß die Welle W2 immer in Nord-Süd-Richtung ausgerichtet ist. Die von der Welle W2 und der Hohlwelle H angetriebene Drehmasse D wird durch das Schwenkgetriebe, das von einem Schwenkmotor S angetrieben ist, zur Welle W2 verschwenkt und zwar abhängig vom jeweiligen Quadranten in entgegengesetzt geneigte Lagen.

Nach Auffassung des Anmelders soll durch diesen Bewegungsablauf die Drehbewegungsenergie der Erde in nutzbare Rotationsenergie umgewandelt werden, indem die auf Grund des Eötvös-Effektes auftretenden Drehmomente zu Vortriebskräften (Präzessionskräften) auf die Antriebseinheiten A und damit auf die Trägerstruktur T führten, die an der Welle W1 ständig eine Nutzleistung zur Verfügung stellten. Zusätzlich zu den durch den Eötvös-Effekt bedingten Präzessionskräften träten auch Präzessionskräfte infolge der Wirkung der Erdanziehung auf die Antriebseinheiten und die Trägerstruktur auf. Zur Erzielung eines optimalen Wirkungsgrades des Schwerkraftmotors sei es daher zweckmäßig, durch entsprechende Wahl des Drehsinns der Drehmassen zu erreichen, daß die beiden Arten von Präzessionskräften gleichsinnig und nicht gegeneinander wirkten. Mit der vom Schwerkraftmotor gelieferten Energie könnte nicht nur die zur Speisung der Hilfsmotoren in den Antriebseinheiten erforderliche Energie abgezweigt werden. Zusätzlich könnten noch bei Einsatz genügend großer und schnell drehender Drehmassen erhebliche Energiemengen gewonnen werden. Der Vorteil dieses Motors liege in der umweltneutralen Gewinnbarkeit großer Energiemengen ohne jeglichen Stoffumsatz und ohne Energiezufuhr von außen bei besonders flexibler konstruktiver Gestaltbarkeit für zusätzliche Anwendungsgebiete wie etwa Fahrzeug- und Schiffsantriebe.

3. Mit dem angemeldeten Schwerkraftmotor kann die angestrebte Wirkung nicht erreicht werden, dauernd Drehbewegungsenergie der Erde in Rotationsenergie zu wandeln, die als nutzbare Energie in Form von elektrischem Strom an der Welle des Schwerkraftmotors abgenommen werden kann. Der Anmeldungsgegenstand ist folglich technisch nicht brauchbar (vgl BGH BlPMZ, 1985, S 117, 118). Die Erfindung ist daher im Hinblick auf die angestrebte Wirkung nicht ausführbar und somit dem Patentschutz nicht zugänglich.

Die mit dem Anmeldungsgegenstand beabsichtigte Energieerzeugung widerspricht nämlich dem Satz von der Erhaltung der Energie, der inhaltlich zum Ausdruck bringt, daß Energie, durch welche technischphysikalischen Maßnahmen auch immer, nicht gleichsam aus dem Nichts entstehen kann. Sie kann nur aus einer Energieform in eine andere umgewandelt werden. Um daher einem physikalischen System Energie zur Nutzung entziehen zu können, muß dem System dafür mindestens dieselbe Energie, gegebenenfalls in anderer Form, zugeführt werden. In der Praxis ist wegen der unvermeidlichen Verluste bei einer Energieumwandlung die dem System zuzuführende Energie sogar stets größer als die dem System wieder zur Nutzung entziehbare. Diese fundamentale Lehre gilt für jedes technische System, wie immer es auch aufgebaut sein mag. Dieser Satz von der Erhaltung der Energie hat sich bei allen überprüften Fällen immer wieder als richtig erwiesen und wird deshalb von der Fachwelt allgemein anerkannt.

Im Falle des anmeldungsgemäßen Schwerkraftmotors bedeutet dies, daß die vom Anmelder angestrebte Energieerzeugung nicht möglich ist, da dem System von außen keine entsprechende Energie zugeführt wird. Entgegen der Auffassung des Anmelders ist es nämlich mit dem angemeldeten Schwerkraftmotor nicht möglich, die potentielle Energie der Drehmassen oder die Drehbewegungsenergie der Erde dauerhaft zur Energiegewinnung zu nutzen.

Beim Anmeldungsgegenstand rotieren die Drehmassen mit einer maximalen Tangentialgeschwindigkeit von 465 m/s. Diese Geschwindigkeit liegt weit unterhalb der Lichtgeschwindigkeit, so daß die Gesetze der klassischen Mechanik gelten. Hier berechnet sich Arbeit als Produkt aus Kraft und Weg oder bei Rotation als Produkt aus Kraft, Hebelarm und Drehwinkel. Zur Verrichtung von Arbeit sind somit in beiden Fällen sowohl eine Kraft als auch eine Verschiebung des Kraftangriffspunktes unabdingbar.

Der vom Anmelder angeführte Eötvös-Effekt kann nicht dauerhaft zur Verrichtung von Arbeit genutzt werden. Unter dem Eötvös-Effekt ist die Tatsache zu verstehen, daß sich das Gewicht einer Masse, die mit einer bestimmten Geschwindigkeit von Westen nach Osten bewegt wird, unterscheidet von dem Gewicht dieser Masse bei einer Bewegung von Osten nach Westen. Bei der Bewegung von Westen nach Osten ist die Masse leichter als bei der Bewegung von Osten nach Westen. Die Größe des Gewichtsunterschieds hängt ab von der jeweiligen Geschwindigkeit der Masse und von der geographischen Breite. Die physikalische Ursache liegt in der unterschiedlichen Fliehkraft. Bei einer Bewegung der Masse von Westen nach Osten addiert sich die Geschwindigkeit der Masse zur Rotationsgeschwindigkeit der Erde, so daß die Fliehkraft größer und damit das Gewicht der Masse kleiner ist. Bei der umgekehrten Bewegungsrichtung ist dementsprechend das Gewicht größer.

Nach den Gesetzen der klassischen Galilei-Newtonschen Mechanik lassen sich Fliehkräfte nicht zu einer Energieerzeugung nutzen. Bei Fliehkräften handelt es sich nämlich um "Scheinkräfte", die als Trägheitskräfte eine Folge von Beschleunigungen sind und allein infolge einer Beschleunigung einer Masse auftreten. Entgegen der Auffassung des Anmelders ermöglicht beim Anmeldungsgegenstand aber auch die der jeweiligen Fliehkraft entgegenwirkende Erdanziehungskraft keine dauernde Energiegewinnung. Denn Arbeit kann nur bei einer Verschiebung des Kraftangriffspunktes in Richtung der anziehenden Kraft, also zum Erdmittelpunkt hin, gewonnen werden. Dies ist hier jedoch nicht beabsichtigt. Die Drehmassen behalten nämlich jeweils ihre nach der Verschwenkung eingenommenen Positionen bei, so daß sich die Lage ihres Schwerpunktes nicht zum Erdmittelpunkt hin verschiebt.

Eine Nutzung der Rotationsenergie der Erde ist mit dem angemeldeten Schwerkraftmotor ebenfalls nicht möglich. Denn um Rotationsenergie der Erde nutzen zu können, wäre ein Abbremsung der Erde erforderlich. Dies könnte allein durch Kräfte bewirkt werden, die der Erdrotation entgegenwirken. Es müßten beim Schwerkraftmotor also Kraftkomponenten wirken, die in Umfangsrichtung der Erde der Erdrotation entgegen gerichtet sind. Zentrifugal- und Zentripetalkräfte sind jedoch rein radial zur Rotationsachse der Erde gerichtet, so daß sie keine Komponente in Umfangsrichtung der Erde aufweisen. Sie sind daher nicht geeignet, durch Abbremsung der Erde Rotationsenergie bereitzustellen und auf die Trägerstruktur des vom Anmelder angemeldeten Motors zu übertragen.

Auch die bei der Verschwenkung der Drehmassen auftretenden Kräfte kommen nicht Betracht. Diese wirken nämlich als innere Kräfte des Schwerkraftmotors ausschließlich innerhalb des Systems.

An diesem Sachverhalt ändert auch die Anordnung von Kreiseln im Schwerkraftmotor nichts. Es ist zutreffend, daß bei einem Kreisel, der auf einem einseitig gelagerten Balken angeordnet ist, ein auf diesen Balken wirkendes Drehmoment infolge der entstehenden Präzessionskräfte zu einer Rotation des Kreisels um die Lagerung des Balkens führt. Kräfte, die der Erdrotation entgegen gerichtet sind, werden hierdurch jedoch nach den geltenden physikalischen Gesetzen nicht erzeugt.

Da beim angemeldeten Schwerkraftmotor keine weiteren Kräfte vorliegen, die die Erdrotation beeinflussen könnten, ist die Nutzung der Rotationsenergie der Erde in der beabsichtigten Weise nicht möglich.

An dieser Beurteilung des Anmeldungsgegenstandes kann auch der Hinweis des Anmelders auf die Abbremsung der Erde durch die von den Mond- (und Sonnen-)-anziehungskräften verursachten Gezeiten auf der Erde nichts ändern. Im Gegensatz zum beanspruchten Gegenstand liegen hier nämlich tatsächlich Kräfte vor, die der Erdrotation entgegen gerichtet sind und zur Verringerung der Rotationsgeschwindigkeit der Erde führen. Vor allem durch die Anziehungskräfte des Mondes wird nämlich ständig eine Verschiebung riesiger Wassermengen bewirkt, die auf Grund der Scherkräfte im Meerwasser, die der Erdrotation entgegen wirken, zu einer Abbremsung der Erde führt.

4. Der Antrag des Anmelders auf Berichtigung der Stellungnahme des Berichterstatters des 9. Senats vom 21. März 2001 ist nicht zulässig.

Der Anmelder hat offensichtlich übersehen, daß es sich bei der Zwischenverfügung des Berichterstatters um eine vorläufige Beurteilung des beanspruchten Gegenstandes, die dem Anmelder eine Stellungnahme hierzu ermöglicht, und nicht um den Tatbestand einer abschließenden Entscheidung handelt. Eine Berichtigung derartiger Zwischenverfügungen sieht § 96 PatG nicht vor. Im übrigen enthält diese Zwischenverfügung - wie die vorstehenden Ausführungen zeigen - keine Sachmängel, die zu berichtigen wären.

Petzold Dr. Fuchs-Wissemann Bork Bülskämperprö






BPatG:
Beschluss v. 09.05.2001
Az: 9 W (pat) 81/98


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/f00735342372/BPatG_Beschluss_vom_9-Mai-2001_Az_9-W-pat-81-98




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share