Oberlandesgericht Frankfurt am Main:
Beschluss vom 12. Dezember 2002
Aktenzeichen: 6 W 120/02
(OLG Frankfurt am Main: Beschluss v. 12.12.2002, Az.: 6 W 120/02)
Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung
Das Oberlandesgericht Frankfurt hat in seinem Beschluss vom 12. Dezember 2002 (Aktenzeichen 6 W 120/02) die Beschwerde einer Antragstellerin gegen eine vorherige Entscheidung des Landgerichts abgewiesen. In dem Fall waren die Parteien, die Konkurrenten im Bereich der Kommunikation sind, in Streit geraten. Die Antragsgegnerin hatte in einem Werbeschreiben bestimmte Aussagen getroffen, die von der Antragstellerin als herabsetzend und irreführend angesehen wurden. Die Antragstellerin forderte die Antragsgegnerin auf, eine Unterlassungserklärung abzugeben. Die Antragsgegnerin erklärte sich teilweise dazu bereit, bestimmte Aussagen zukünftig zu unterlassen, machte jedoch die Verpflichtung davon abhängig, dass ein Verschulden im Sinne des Gesetzes vorliegen müsse. Die Antragsgegnerin stellte zudem fest, dass die Antragstellerin eine frühere Unterlassungserklärung angenommen hatte. Die Antragstellerin reichte daraufhin einen Eilantrag ein, um die Antragsgegnerin zur Unterlassung der beanstandeten Aussagen zu verpflichten. Das Landgericht wies den Antrag ab, da es der Ansicht war, dass die Unterlassungserklärung der Antragsgegnerin bereits ausreichend sei und kein weiterer Handlungsbedarf bestehe. Die Antragstellerin legte daraufhin Beschwerde gegen diese Entscheidung ein. Das Oberlandesgericht wies die Beschwerde jedoch ab und bestätigte die Entscheidung des Landgerichts. Es stellte fest, dass die Unterlassungserklärung der Antragsgegnerin nicht ausreichend sei, um die Wiederholungsgefahr zu beseitigen. Die Antragstellerin könne jedoch den gesetzlichen Unterlassungsanspruch nicht mehr geltend machen, da sie die Unterwerfungserklärung der Antragsgegnerin angenommen habe. Das Oberlandesgericht war außerdem der Ansicht, dass die beanstandeten Aussagen keine unzulässige Herabsetzung oder Irreführung darstellen würden. Da die Beschwerde keinen Erfolg hatte, muss die Antragstellerin die Kosten des Verfahrens tragen. Eine Rechtsbeschwerde wurde nicht zugelassen.
Die Gerichtsentscheidung im Volltext:
OLG Frankfurt am Main: Beschluss v. 12.12.2002, Az: 6 W 120/02
Tenor
Die Beschwerde wird auf Kosten der Antragstellerin zurückgewiesen.
Beschwerdewert: 60.000 Euro.
Gründe
I. Die Parteien sind Wettbewerber auf dem Gebiet der Kommunikation.
In einem Werbeschreiben machte die Antragsgegnerin unter der Überschrift €Unser neuer Top-Tarif für Geschäftskunden€ u.a. folgende Ausführungen:
€Sind Sie immer noch A-Kunde€ Dann können wir Ihnen ein sehr lukratives Angebot unterbreiten.
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Dem Werbeschreiben war als €Rechenbeispiel€ ein tabellarischer Tarifvergleich beigefügt, aus dem nicht ersichtlich war, welche Tarife konkret verglichen wurden.
Nach Abmahnung durch die Antragstellerin lehnte die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 5.8.2002 bezüglich der Aussage €Sind Sie immer noch A-Kunde€ Dann können wir Ihnen ein sehr lukratives Angebot unterbreiten€ die Abgabe einer Unterwerfungserklärung ab. Im Übrigen - hinsichtlich der weiteren Aussagen zur Ersparnis bei Nahgesprächen und bei der Nutzung des neuen C.-Business Tarifs sowie hinsichtlich der Verwendung des konkreten Rechenbeispiels - verpflichtete sich die Antragsgegnerin strafbewehrt zur Unterlassung, wobei aber nach ihrer Erklärung eine Vertragsstrafe lediglich im Falle einer €i.S.v. § 890 ZPO schuldhaften Zuwiderhandlung€ verwirkt sein sollte. Mit Schreiben vom 14.8.2002 erwiderte der Rechtsanwalt der Antragstellerin, seine Mandantin habe die strafbewehrte Unterlassungserklärung vom 5.8.2002 angenommen, €soweit diese reicht€.
Die Antragstellerin hat beantragt, der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Verfügung die eingangs zitierten Werbeaussagen - jede für sich - und die Verwendung des Rechenbeispiels zu untersagen. Zur Begründung hat die Antragstellerin ausgeführt, die einleitende Äußerung €Sind Sie immer noch A-Kunde€ €€ sei herabsetzend und irreführend. Die weiteren, preisbezogenen Aussagen und das Rechenbeispiel seien gleichfalls irreführend und enthielten einen unzulässigen Werbevergleich. Die Unterlassungserklärung der Antragsgegnerin habe die Wiederholungsgefahr nicht entfallen lassen, weil die Antragsgegnerin durch die Beschränkung auf ein Verschulden i.S.v. § 890 ZPO die Haftung für ihre Erfüllungsgehilfen ausgeschlossen habe.
Das LG hat den Eilantrag zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Aussage €Sind Sie immer noch A-Kunde€ €€ sei nicht wettbewerbswidrig. Hinsichtlich des weiteren Unterlassungsbegehrens fehle es angesichts der insoweit abgegebenen Unterlassungserklärung - unabhängig von dem möglichen Fortbestand der Wiederholungsgefahr - am Rechtsschutzbedürfnis. Denn durch den Erlass der angestrebten Unterlassungsverfügung, für deren Vollstreckung die Einschränkung des § 890 ZPO gleichfalls gelten würde, könne die Antragstellerin nicht mehr erlangen, als ihr die Antragsgegnerin bereits vertraglich zugesagt habe.
Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde. Sie vertieft und ergänzt ihr erstinstanzliches Vorbringen. Die Antragsgegnerin verteidigt die angefochtene Entscheidung. Sie vertritt die Ansicht, dass durch die strafbewehrte Unterlassungserklärung neben dem Rechtsschutzinteresse auch die Wiederholungsgefahr entfallen sei. Außerdem verhalte sich die Antragstellerin rechtsmissbräuchlich, wenn sie im Widerspruch zu der ausdrücklich erklärten Annahme der Unterlassungserklärung denselben Anspruch dann doch gerichtlich geltend mache.
II. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Bezüglich derjenigen Unterlassungsansprüche, die bereits durch die vorgerichtliche Unterwerfungserklärung der Beklagten erfasst waren, hat das LG den Eilantrag i.E. zu Recht zurückgewiesen.
a) Der Antragstellerin kann allerdings nicht schon - unabhängig von dem Fortbestand des materiell-rechtlichen Unterlassungsanspruchs - das Rechtsschutzinteresse abgesprochen werden.
Die Abgabe einer Unterwerfungserklärung kann zum Wegfall der Wiederholungsgefahr - dazu nachfolgend unter b) - führen. Wenn diese Folge nicht eintritt und der gesetzliche Unterlassungsanspruch daher vorerst bestehen bleibt, kann ein durch die Annahme der Unterwerfungserklärung abgeschlossener Unterlassungsvertrag einen Verzicht des Gläubigers bzw. einen Erlass - dazu nachfolgend unter c) - beinhalten, der den Unterlassungsanspruch mit Wirkung inter partes zum Erlöschen bringt. Neben diesen möglichen materiell-rechtlichen Folgen kommt einer Unterwerfungserklärung grundsätzlich keine prozessuale, das Rechtsschutzinteresse berührende Wirkung zu (vgl. Pastor/Ahrens/Schulte, Der Wettbewerbsprozess, 4. Aufl., Kap. 16 Rz. 7 ff.). Insbesondere bedarf die materiell-rechtliche Bewertung insoweit keiner ergebnisbezogenen Ergänzung durch besondere Anforderungen an das Rechtsschutzbedürfnis. Nach der seit längerem gefestigten Rspr. des BGH (BGH v. 24.11.1983 - I ZR 192/81, MDR 1984, 467 = WRP 1984, 199 [201] - Copy-Charge; v. 9.11.1995 - I ZR 212/93, MDR 1996, 489 = WRP 1996, 199 [202] - Wegfall der Wiederholungsgefahr I) räumt eine den einschlägigen Voraussetzungen genügende Unterwerfungserklärung die Wiederholungsgefahr auch dann aus, wenn der Unterlassungsgläubiger diese Erklärung ablehnt und hierdurch das Zustandekommen eines Unterwerfungsvertrages vereitelt. Der Schuldner hat es somit allein in der Hand, die Anspruchsvoraussetzungen zu beseitigen und einer Unterlassungsklage damit die materiell-rechtliche Grundlage zu entziehen. Eines weiter gehenden Schutzes durch besondere Anforderungen an das Vorliegen eines Rechtsschutzbedürfnisses bedarf er nicht.
Nach allgemeinen Grundsätzen ergibt sich das Rechtsschutzinteresse bei Leistungsklagen, zu denen auch Unterlassungsklagen zählen, regelmäßig schon aus der Nichterfüllung des materiellen Anspruchs. Es ist ausnahmsweise dann zu verneinen, wenn der Gläubiger sein Ziel auf einem einfacheren Wege erreichen kann. Diese Voraussetzung ist in der hier vorliegenden Konstellation indessen nicht erfüllt, weil eine strafbewehrte Unterlassungserklärung einem gerichtlichen Titel nicht gleichwertig ist (vgl. hierzu im Einzelnen Pastor/Ahrens/Schulte, Der Wettbewerbsprozess, 4. Aufl., Kap. 16 Rz. 12). So kann aufgrund eines gerichtlichen Titels unmittelbar das Bestrafungsverfahren nach § 890 ZPO eingeleitet werden, während die vereinbarte Vertragsstrafe im Klageverfahren geltend zu machen ist. Zudem ermöglicht ein gerichtlicher Unterlassungstitel bei Nichtbeitreibbarkeit des verhängten Ordnungsgeldes oder unter Umständen auch bei besonders schweren und hartnäckigen Verstößen die Erwirkung einer Haftstrafe.
Angesichts dieser Defizite, die eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ggü. einem gerichtlichen Titel aufweist, kann ein mit § 890 ZPO identischer Verschuldensmaßstab keine Gleichwertigkeit des auf dem außergerichtlichen Wege erreichbaren Rechtsschutzes begründen. Die Frage, ob bei einer Unterwerfungserklärung unter Einschluss der Haftung für Erfüllungsgehilfen gem. § 278 BGB gerade durch diese ggü. § 890 ZPO erweiterte Zurechnungsmöglichkeit die in anderer Hinsicht bestehenden Defizite kompensiert werden und deshalb i.E. die Gleichwertigkeit mit einem gerichtlichen Verbot bejaht werden kann, stellt sich im vorliegenden Fall nicht. Es soll nicht unerwähnt bleiben, dass diese das Rechtsschutzinteresse betreffende Frage auch dann keine praktische Bedeutung hätte, wenn die Unterwerfungserklärung eine Haftung für Erfüllungsgehilfen umfassen würde. Denn dann wäre die Wiederholungsgefahr entfallen.
b) Die von der Antragsgegnerin abgegebene Unterwerfungserklärung hat die Wiederholungsgefahr nicht ausgeräumt.
Indem die Antragsgegnerin die Verwirkung einer Vertragsstrafe von einer €i.S.v. § 890 ZPO schuldhaften€ Zuwiderhandlung abhängig gemacht hat, hat sie ihre Haftung für Erfüllungsgehilfen unmissverständlich ausgeschlossen. Eine in dieser Weise eingeschränkte Unterwerfungserklärung beseitigt die Wiederholungsgefahr nicht (vgl. Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 8. Aufl., Kap. 8 Rz. 29; Köhler/Piper, UWG, 3. Aufl., § 13 Rz. 11; Melullis, Handbuch des Wettbewerbsprozesses, 3. Aufl., Rz. 608a; a.A. Traub in FS für Gaedertz, S. 563, 572; differenzierend Pastor/Ahrens/Schulte, Der Wettbewerbsprozess, 4. Aufl., Kap. 17 Rz. 19 ff.; offen gelassen in BGH WRP 1999, 414 [415] - Vergleichen Sie). Denn ein Vertragsstrafeversprechen gewährleistet regelmäßig erst dann einen wirksamen Schutz, wenn der Schuldner im Einklang mit § 13 Abs. 4 UWG auch für seine Erfüllungsgehilfen einzustehen hat (vgl. BGH GRUR 1985, 1065 f. - Erfüllungsgehilfe; v. 30.4.1987 - I ZR 8/85, MDR 1988, 23 = CR 1987, 856 = WRP 1987, 555 [556] - Anwalts-Eilbrief). Die Bereitschaft des Schuldners, diesem berechtigten Schutzinteresse des Gläubigers zu entsprechen, zählt zu den Umständen, aus denen sich die Ernstlichkeit des Unterwerfungswillens ergibt, und stellt damit eine Voraussetzung für den Wegfall der Wiederholungsgefahr dar.
Die Wiederholungsgefahr ist entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin auch nicht teilweise, nämlich für solche Fälle, in denen die Antragsgegnerin ein eigenes Verschulden trifft, beseitigt worden. Denn der die Wiederholungsgefahr voraussetzende Unterlassungsanspruch lässt sich nicht anhand derartiger Verschuldens- bzw. Zurechnungskriterien in Teilansprüche aufspalten.
c) Durch die Annahme der Unterwerfungserklärung ist zwischen den Parteien jedoch hinsichtlich des gesetzlichen Unterlassungsanspruchs ein Erlassvertrag (§ 397 Abs. 1 BGB) zustande gekommen. Die Antragstellerin kann die Antragsgegnerin aus diesem Grund wegen der in die Unterwerfungserklärung einbezogenen Wettbewerbsverstöße nicht mehr auf Unterlassung in Anspruch nehmen.
Eine Unterwerfungserklärung, die wegen eines unzureichenden Vertragsstrafeversprechens die Beseitigung der Wiederholungsgefahr und den damit verbundenen Wegfall des gesetzlichen Unterlassungsanspruchs (auch im Verhältnis zu Dritten) nicht bewirkt, ist gleichwohl nicht rechtlich bedeutungslos.
Sie bleibt als Vortragsangebot darauf gerichtet, Rechtsfolgen inter partes herbeizuführen. Die angestrebte Rechtsfolge kann sich bei vernünftiger und interessengerechter Auslegung des in der Unterwerfungserklärung enthaltenen Vertragsangebots nicht darauf beschränken, zugunsten des Gläubigers im Falle künftiger Verstöße einen Anspruch auf die Zahlung einer Vertragsstrafe zu begründen (§§ 133, 157 BGB). Der erkennbare Zweck einer solchen Unterwerfungserklärung besteht vielmehr auch darin, die Wettbewerbsstreitigkeit zu bereinigen und die dem Verletzer wegen des vorangegangenen Verstoßes drohende Unterlassungsklage abzuwenden.
Eine strafbewehrte Unterlassungserklärung (die zur Beseitigung der Wiederholungsgefahr nicht genügt) beinhaltet daher regelmäßig das konkludente Angebot zu einem gleichzeitigen Erlassvertrag. Die Annahme durch den Gläubiger führt somit zu einem €Verzicht€ auf den gesetzlichen Unterlassungsanspruch, an dessen Stelle die Rechte aus dem Unterlassungsvertrag treten (vgl. OLG Hamm NJWE-WettbR 1999, 90; OLG Stuttgart v. 29.8.1997 - 2 U 60/97, OLGReport Stuttgart 1997, 58 = WRP 1997, 1219 [1221]; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 8. Aufl., Kap. 7 Rz. 10, Kap. 8 Rz. 2, Kap. 11 Rz. 5; Köhler/Piper, UWG, 3. Aufl., vor § 13 Rz. 207, 217).
Da eine Unterwerfungserklärung (mit einem unzureichenden Strafversprechen) regelmäßig das konkludente Angebot zu einem gleichzeitigen Erlassvertrag beinhaltet, kann der Gläubiger nicht zugleich auf seinem (weiter gehenden) gesetzlichen Unterlassungsanspruch beharren und die Unterwerfungserklärung dennoch annehmen. Erklärt der Gläubiger ausdrücklich, dass der gesetzliche Unterlassungsanspruch nicht befriedigt sei, so liegt in der gleichwohl erklärten Annahme der Unterwerfungserklärung in Wahrheit entspr. § 150 Abs. 2 BGB ein mit der Ablehnung der Unterwerfungserklärung verbundenes neues Angebot (vgl. OLG Hamm NJWE-WettbR 1999, 90 f.; Köhler/Piper, UWG, 3. Aufl., vor § 13 Rz. 207).
Nur zur Klarstellung und Abgrenzung - ohne Auswirkungen auf die hier zu treffende Entscheidung - ist in diesem Zusammenhang zu betonen, dass sich die Verzichtswirkung im Regelfall nur auf die Folgen derjenigen Rechtsverletzungen bezieht, die der Schuldner in seine Unterwerfungserklärung einbezogen hat. Im Falle einer Teilunterwerfung, die sich nicht auf alle in der Abmahnung aufgeführten Verstöße erstreckt, kommt ein Verzicht hinsichtlich eines nicht mitumfassten Verstoßes deshalb nur unter besonderen Umständen in Betracht (vgl. BGH WRP 2002, 1075 - Teilunterwerfung).
Im vorliegenden Fall hat die Antragsgegnerin mit ihrer Unterwerfungserklärung vom 5.8.2002, die von der mit der Abmahnung verlangten Unterwerfung abwich, der Antragstellerin das Angebot unterbreitet, einen strafbewehrten Unterlassungsvertrag abzuschließen. Dieses Angebot beinhaltete gemäß den vorstehenden Ausführungen bezüglich der in die Unterwerfungserklärung einbezogenen Verstöße das Angebot zum Abschluss eines Erlassvertrages hinsichtlich des gesetzlichen Unterlassungsanspruchs.
Durch ihr Anwaltsschreiben vom 14.8.2002 hat die Antragstellerin das Angebot der Antragsgegnerin einschl. der auf den Erlassvertrag gerichteten Offerte angenommen. Zwar enthielt das Schreiben der Antragstellerin die Formulierung, die Unterlassungserklärung werde angenommen, €soweit diese reicht€. Damit war aber entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht die - dem Abschluss eines Erlassvertrages entgegenstehende - Erklärung verbunden, dass der gesetzliche Unterlassungsanspruch bezüglich der in die Unterwerfungserklärung einbezogenen Wettbewerbsverstöße (teilweise) fortbestehe (§§ 133, 157 BGB). Aus der maßgeblichen Sicht der Erklärungsempfängerin bezogen sich die Worte €soweit diese reicht€ vielmehr zwanglos auf den Umstand, dass sich die Antragsgegnerin bezüglich der gleichfalls abgemahnten Werbeaussage €Sind Sie immer noch A-Kunde€ €€ nicht unterworfen hatte. Schon aus diesem Grund reichte die Unterwerfungserklärung nicht so weit wie die Abmahnung. Eine über diesen Punkt hinausgehende Bedeutung der Formulierung €soweit diese reicht€ erschließt sich aus der Annahmeerklärung vom 14.8.2002 nicht. Im Übrigen kommt eine auf den Fortbestand bzw. den Erlass des gesetzlichen Unterlassungsanspruchs bezogene Differenzierung zwischen eigenem Verschulden der Antragsgegnerin und einem Verschulden ihrer Erfüllungsgehilfen nicht in Betracht, weil der Unterlassungsanspruch (wie oben bereits ausgeführt) insoweit nicht teilbar ist.
2. Auch soweit die Antragstellerin ihr Unterlassungsbegehren wegen der Äußerung €Sind Sie immer noch A-Kunde€ Dann können wir Ihnen ein sehr lukratives Angebot unterbreiten€ weiterverfolgt, ist die Beschwerde unbegründet.
Eine pauschale Herabsetzung der Antragstellerin, die in unangemessener Weise abfällig, abwertend oder unsachlich erscheint und deshalb gegen § 1 UWG verstößt (vgl. hierzu BGH WRP 2002, 973, [975] - Lottoschein), hat das LG mit Recht verneint. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass ironisch kritisierende Formulierungen, wie sie in der Werbung nicht selten verwendet werden, um Aufmerksamkeit zu erzielen, nicht ohne weiteres eine unzulässige Herabsetzung oder Verunglimpfung darstellen (vgl. BGH WRP 2002, 1441 [1444] - Preisgegenüberstellung im Schaufenster; WRP 2002, 973 [976] - Lottoschein).
Es besteht ferner nicht die Gefahr, dass der durchschnittlich informierte, aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher, auf den insoweit abzustellen ist, durch die beanstandete Werbeaussage irregeführt wird (§ 3 UWG). Da die Antragstellerin der Antragsgegnerin die Äußerung schlechthin verbieten lassen will, kommt es auch nicht darauf an, ob das im konkreten Fall unterbreitete Angebot tatsächlich in der Relation zu dem Leistungsangebot der Antragstellerin als €sehr lukrativ€ bezeichnet werden konnte.
Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen, da ihr Rechtsmittel keinen Erfolg hatte (§ 97 Abs. 1 ZPO).
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 574 ZPO) lagen nicht vor. Auf die hier vom Senat beantwortete, vom BGH bislang noch nicht entschiedene Frage, ob die Wiederholungsgefahr durch die Abgabe einer auf den Verschuldensmaßstab des § 890 ZPO beschränkten Unterwerfungserklärung ausgeräumt werden kann, kam es nicht streitentscheidend an.
OLG Frankfurt am Main:
Beschluss v. 12.12.2002
Az: 6 W 120/02
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