Bundespatentgericht:
Beschluss vom 11. Mai 2004
Aktenzeichen: 33 W (pat) 354/02

(BPatG: Beschluss v. 11.05.2004, Az.: 33 W (pat) 354/02)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat in seinem Beschluss vom 11. Mai 2004 (Aktenzeichen 33 W (pat) 354/02) die Beschwerde der Anmelderin gegen den Beschluss der Markenstelle für Klasse 35 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 29. Juli 2002 aufgehoben.

Die Markenstelle hatte die Anmeldung der Wortmarke "New Train" für Marketing, Marktforschung und -analyse, Verkaufsförderung sowie Organisations- und betriebwirtschaftliche Beratung zurückgewiesen. Sie war der Auffassung, dass die Marke unschwer als "neues Training, neuer Trainer" verstanden werde und die beanspruchten Dienstleistungen entsprechend beschreibe. Die Anmelderin hat gegen diese Entscheidung Beschwerde eingelegt und das Dienstleistungsverzeichnis um den Zusatz erweitert, dass die Dienstleistungen nicht im Zusammenhang mit Schienenfahrzeugen, Lastzügen und Transportwesen stehen.

Das Bundespatentgericht hält die angemeldete Marke hingegen für hinreichend unterscheidungskräftig und nicht rein beschreibend. Es sieht die Bedeutung "neues Training/neuer Trainer" als fernliegend an. Zwar könne der Bestandteil "train" in Bezug auf Training als Verb für "ausbilden/erziehen/schulen/trainieren" Verwendung finden, jedoch würde das vorangestellte Adjektiv "new" nicht passen. Stattdessen sehe der Senat den naheliegenderen Bedeutungsgehalt von "neuer Zug" oder "neue Zugverbindung" in der Wortfolge "new train". Auch seien neue Züge und Zugverbindungen in Zusammenhang mit Verkaufsförderung und betriebswirtschaftlicher Beratung keine unüblichen Themen.

Die Bedenken gegen die Schutzfähigkeit der Marke hätten jedoch mit dem Disclaimer "alle vorgenannten Dienstleistungen nicht in Zusammenhang mit Schienenfahrzeugen, Lastzügen und Transportwesen" ausgeräumt werden können. Das Gericht sieht hier keine Täuschungsgefahr, da die angemeldete Bezeichnung außerhalb des Schienen- und Transportbereichs nicht mehr als Bezeichnung für einen neuen Zug verstanden werde, sondern als phantasievolle Übertragung in einen anderen Bereich. Die Marke verfüge somit über die erforderliche Unterscheidungskraft.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 11.05.2004, Az: 33 W (pat) 354/02


Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 35 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 29. Juli 2002 aufgehoben.

Gründe

I Mit Beschluss vom 29. Juli 2002 hat die Markenstelle für Klasse 35 durch einen Beamten des höheren Dienstes die Anmeldung der Wortmarke New Trainfür Marketing, Marktforschung und -analyse, Verkaufsförderung; Organisations- und betriebwirtschaftliche Beratung

(Dienstleistungsverzeichnis in der ursprünglich angemeldeten Fassung)

nach §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen.

Nach Auffassung der Markenstelle setzt sich die Marke aus den Wörtern "new" (neu) und "train" (trainieren, Trainer, Training) zusammen und werde unschwer als "neues Training, neuer Trainer" verstanden, während die Bedeutung von "train" als "Zug" angesichts der beanspruchten Dienstleistungen fernliegend seien. Die Dienstleistungen würden durch die Marke dahingehend beschrieben, dass sie ein neues Training zum Inhalt hätten oder von einem neuen Trainer angeboten würden. Es könne sich um eine neue Trainingsmethode im Marketing handeln. Marktforschung und -analyse könnten von einem neuen Trainer angeboten werden. Organisations- und betriebswirtschaftliche Beratung könne ein neues Trainingsprogramm zum Gegenstand haben.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie hat das Dienstleistungsverzeichnis mit folgendem Zusatz beschränkt:

"alle vorgenannten Dienstleistungen nicht im Zusammenhang mit Schienenfahrzeugen, Lastzügen und Transportwesen".

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II Die Beschwerde ist begründet.

Entgegen der Beurteilung der Markenstelle hält der Senat die angemeldete Marke für hinreichend unterscheidungskräftig und nicht rein beschreibend. Absolute Schutzhindernisse gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG stehen der Eintragung der Anmeldemarke gemäß §§ 33 Abs. 2, 41 MarkenG somit nicht entgegen.

Im Gegensatz zur Markenstelle hält der Senat den Bedeutungsgehalt "Neues Training"/"Neuer Trainer" für fernliegend. Diese Bedeutung müsste sprachlich korrekt mit "new training" oder "new trainer" ausgedrückt werden, was auch für Personen mit geringen Kenntnissen der englischen Sprache auf der Hand liegt. Im Zusammenhang mit Training kommt der Markenbestandteil "train" allenfalls als Verb für "ausbilden"/ "erziehen"/ "schulen"/ "trainieren" in Betracht; dann aber würde das vorangestellte Adjektiv "new", das sich nur auf Substantive beziehen kann, sprachlich deplaziert wirken. Für "neues bzw. erneutes trainieren" würden sich hingegen eher Ausdrücke wie "to train once more, ... newly, ... again" o.Ä. anbieten. Im englischsprachigen Internet hat der Senat die Wortfolge "new train" in Zusammenhang mit Trainieren auch nie ohne zusätzliche Wörter gefunden, die einen gänzlich anderen gesamtbegrifflichen Bedeutungsgehalt ergeben (z.B. "a new trainthetrainerseminar"). Die Frage, ob der von der Markenstelle angenommene Bedeutungsgehalt für die beanspruchten Dienstleistungen, die keine Lehr- oder Trainingsdienstleistungen darstellen, überhaupt eine unmittelbare Bezeichnung von Merkmalen darstellen würde, kann damit auf sich beruhen.

Allerdings weist die angemeldete Wortfolge "new train" den sprachlich näher liegenden und für jedermann ohne Weiteres erfassbaren Bedeutungsgehalt "neuer Zug" (im erweiterten Sinn auch "neue Zugverbindung") auf. Dabei könnte es sich durchaus um eine Bezeichnung eines Merkmals der beanspruchten Dienstleistungen, insbesondere ihres inhaltlichen Gegenstands, handeln. Hierzu hat der Senat mehrere Internetbelege ermittelt, in denen neue Züge oder neue Zugverbindungen, auch soweit sie sich auf deutsche Verhältnisse beziehen, in englischsprachigen Texten mit "new train" bezeichnet werden. Außerdem sind kommerziell betriebene Eisenbahn-/Stadtbahn-Züge auch Gegenstand von Verkaufsförderung und betriebswirtschaftlicher Beratung, was z.B. aus der Presseberichterstattung über die Deutsche Bahn AG und deren Preissysteme sowie Beraterverträge allgemein bekannt ist und auch aus einigen Internetausdrucken hervorgeht, die der Senat der Anmelderin übersandt hat.

Die insoweit bestehenden Bedenken des Senats gegen die Schutzfähigkeit der Marke hat die Anmelderin nunmehr jedoch mit dem Dienstleistungsdisclaimer "alle vorgenannten Dienstleistungen nicht in Zusammenhang mit Schienenfahrzeugen, Lastzügen und Transportwesen" ausgeräumt. Zwar kann ein solcher Disclaimer u.U. eine Täuschungsgefahr i.S.d. § 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG begründen, nämlich wenn die angemeldete Marke ein naheliegendes Merkmal so direkt bezeichnet, dass der Verkehr zwangsläufig von einer unmittelbaren Dienstleistungsbeschreibung ausgeht. Hier jedoch wirkt die angemeldete Bezeichnung außerhalb des Schienen- und Transportbereichs nicht mehr als Bezeichnung eines neuen Eisenbahn- oder Transportzugs, sondern als phantasievolle Übertragung des Begriffs "neuer Zug" in einen anderen Bereich (vgl. a. 25. Sen. v. 27. September 2001, 25 W (pat) 39/01 - "FORMEL ONE" schutzfähig für verschiedene Internetdienstleistungen, "nicht in Zusammenhang mit Motorsportaktivitäten"). Sie kommt daher weder als Merkmalsbezeichnung i.S.d. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG noch als täuschende Angabe i.S.d. § 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG in Betracht. Als phantasievolle Übertragung eines Begriffs aus dem Schienenverkehr in den Bereich absatzorientierter Dienstleistungen der Klasse 35 weist die angemeldete Marke auch die erforderliche Unterscheidungskraft auf (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).

Winkler Dr. Hock Kätker Cl






BPatG:
Beschluss v. 11.05.2004
Az: 33 W (pat) 354/02


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/f25b7bead767/BPatG_Beschluss_vom_11-Mai-2004_Az_33-W-pat-354-02




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