Verwaltungsgericht Düsseldorf:
Urteil vom 22. April 2015
Aktenzeichen: 16 K 4775/14

(VG Düsseldorf: Urteil v. 22.04.2015, Az.: 16 K 4775/14)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hat in einem Urteil vom 22. April 2015 den Gebührenbescheid der Beklagten vom 26. Juni 2014 aufgehoben. Die Klägerin des Verfahrens hatte gegen die Erhebung von Verwaltungsgebühren im Zusammenhang mit Straßenaufbrucharbeiten geklagt. Die Klägerin betreibt im Stadtgebiet der Beklagten Versorgungsleitungen unter anderem für Gas. Hierfür schlossen die Parteien einen Konzessionsvertrag. Die Beklagte erhält Konzessionsabgaben von der Klägerin im Gegenzug zur Einräumung des Rechts zur Errichtung und zum Betrieb der Versorgungsleitungen im öffentlichen Straßenraum. Der Konzessionsvertrag enthält auch Regelungen über die Durchführung von Baumaßnahmen der Klägerin in öffentlichen Verkehrswegen. Die Beklagte erteilte der Klägerin eine Erlaubnis zur Durchführung von Straßenaufbrucharbeiten, führte jedoch auch Ortsbesichtigungen während der Baumaßnahme durch, für die sie Gebühren erhob. Das Gericht entschied, dass die Gebührenerhebung rechtswidrig erfolgt sei, da die Rechtsgrundlage dafür fehle. Die Klage hatte somit Erfolg. Die Kosten des Verfahrens werden von der Beklagten getragen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung abwenden, indem sie Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leistet. Eine Berufung wurde nicht zugelassen.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

VG Düsseldorf: Urteil v. 22.04.2015, Az: 16 K 4775/14


Tenor

Der Gebührenbescheid der Beklagten vom 26. Juni 2014 wird aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Erhebung von Verwaltungsgebühren im Zusammenhang mit Straßenaufbrucharbeiten.

Die Klägerin betreibt im Stadtgebiet der Beklagten Versorgungsleitungen u.a. für Gas; hierüber schlossen die Beteiligten am 12. Dezember 2011 einen Konzessionsvertrag i.S.d. § 46 Abs. 2 Satz 1 EnWG. Die Beklagte räumte der Klägerin vertraglich das Recht zur Errichtung und zum Betrieb der Versorgungsleitungen im öffentlichen Straßenraum ein, wofür sie im Gegenzug Konzessionsabgaben erhält. Der Konzessionsvertrag enthält unter § 2 Regelungen über die Durchführung von Baumaßnahmen der Klägerin in öffentlichen Verkehrswegen. § 2 Ziff. 8 des Konzessionsvertrages lautet: "Nachrichtlich wird darauf hingewiesen, dass nach der städtischen Gebührensatzung die Überwachung, Abnahme und Kontrolle der Baumaßnahmen gebührenpflichtig sein kann."

Entsprechend § 2 Ziff. 1 Abs. 1 des Konzessionsvertrages benachrichtigte die Klägerin die Beklagte, dass sie Arbeiten am Hausanschluss N.-----weg 118 durchzuführen beabsichtigte. Mit Bescheid vom 22. Mai 2014 erteilte die Beklagte der Klägerin eine "Erlaubnis zur Durchführung von Straßenaufbrucharbeiten" in dem betreffenden Straßenabschnitt und stützte diese auf § 23 StrWG NRW. Die Beklagte führte sodann während der Baumaßnahme der Klägerin sechs Ortsbesichtigungen zwischen dem 6. und 26. Juni 2014 durch.

Mit Bescheid vom 26. Juni 2014 erhob die Beklagte eine auf ihre Verwaltungsgebührensatzung gestützte Gebühr für die Erteilung einer Aufbruchgenehmigung i.H.v. 14,50 EUR sowie für die Durchführung der sechs Ortsbesichtigungen i.H.v. 161,28 EUR, insgesamt 175,78 EUR, von der Klägerin. Entsprechende Bescheide hatte die Beklagte bereits zuvor bezüglich weiterer Bauvorhaben der Klägerin erlassen.

Die Klägerin hat am 23. Juli 2014 Klage erhoben.

Sie ist der Ansicht, die Gebührenerhebung sei rechtswidrig erfolgt. Durch die Zahlung der Konzessionsabgabe sei zwischen den Beteiligten alles abgegolten, was im Zusammenhang mit der Benutzung öffentlicher Straßen und Wege zum Zweck der Errichtung und dem Betrieb der Versorgungsleitungen stehe.

Die Beklagte stütze die Gebührenerhebung auf Ziff. 2.3.1 bzw. 2.3.2 ihrer Verwaltungsgebührensatzung, es fehle jedoch an einer Vorschrift, welche die Erteilung einer Aufbruchgenehmigung vorsehe: Eine Genehmigungspflicht sei weder dem Straßenrecht noch anderen öffentlichrechtlichen Normen zu entnehmen. Vielmehr unterfalle ihre Tätigkeit dem Regelungsbereich des Konzessionsvertrags, welcher wiederum einen privatrechtlichen Vertrag i.S.d. § 23 Abs. 1 StrWG NRW darstelle. Die Straßennutzung durch Leitungen der öffentlichen Gasversorgung werde, jedenfalls in Nordrhein-Westfalen, grundsätzlich privatrechtlich geregelt. Die weiteren Voraussetzungen des § 23 Abs. 1 StrWG NRW lägen vor, so dass öffentliches Recht vorliegend nicht anwendbar sei. Soweit die Beklagte die Erteilung der Aufbruchgenehmigung auf § 23 StrWG NRW stütze, sei dies rechtswidrig, denn § 23 StrWG NRW enthalte keinen Genehmigungstatbestand.

Weiter ist sie der Ansicht, die Voraussetzungen einer Gebührenerhebung nach dem KAG NRW lägen nicht vor. So gingen §§ 46, 48 EnWG - als vorrangiges Bundesrecht - insofern gem. § 1 Abs. 1 KAG NRW vor, als sie die abweichende Regelung enthielten, dass als Entgelt für die Einräumung des Rechts nach § 46 EnWG die vertraglich vereinbarte Konzessionsabgabe, und zwar als einziges, umfassendes Entgelt, zu leisten sei. Gleiches gelte für § 23 StrWG NRW, welcher eine öffentlichrechtliche Gebührenerhebung ausschließe. Auch sei sie, die Klägerin, keine Gebührenschuldnerin i.S.d. § 2 Abs. 1 der Verwaltungsgebührensatzung und § 5 Abs. 1 KAG NRW: Weder habe sie eine Amtshandlung noch eine sonstige Tätigkeit beantragt noch werde sie durch eine Leistung der Verwaltung unmittelbar begünstigt. Eine Gebühr stelle stets eine Gegenleistung für die besondere Inanspruchnahme oder Leistung der Verwaltung dar, eine solche erbringe die Beklagte jedoch nicht, vielmehr sei die Klägerin bereits aufgrund des Konzessionsvertrages zum Aufbruch der Straße berechtigt.

Die Klägerin beantragt,

den Gebührenbescheid vom 26. Juni 2014 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Ansicht, die Tätigkeit der Klägerin sei nicht als sonstige Benutzung i.S.d. § 23 StrWG NRW einzustufen, sondern als Sondernutzung nach § 18 StrWG NRW.

Die beiden Gebührentatbestände seien aufgrund des Ratsbeschlusses vom 13. März 2013 in die Verwaltungsgebührensatzung aufgenommen worden. Ausweislich der Beratungsvorlage Nr. 2843/VIII würden die Verkehrsflächen der Beklagten jährlich mit ca. 2.300 - 3.000 Aufbrüchen belastet, wodurch der Aufbau der Verkehrsflächen dauerhaft in der Struktur geschädigt werde und bei einer nicht fachgerechten Wiederherstellung Folgeschäden - meist nach dem Ablauf der Gewährleistungsfristen - zu erwarten seien. Bei den Kontrollen werde insbesondere auf die fachgerechte Wiederherstellung des Straßenaufbruchs gemäß den Zusätzlichen Technischen Vertragsbedingungen für Aufgrabungen in Verkehrsflächen (ZTVA-StB) geachtet; es würden Materialien begutachtet und ggf. geprüft, Verdichtungskontrollen durchgeführt und insbesondere auf den fachgerechten Rückschnitt der Asphaltschichten geachtet.

Die Beklagte ist der Ansicht, die Regelungen des Telekommunikationsgesetzes (TKG) seien nicht einschlägig; sie verweist jedoch darauf, dass, soweit die telekommunikationsspezifische Nutzung von Straßen, Wegen und Plätzen nicht unter § 68 TKG falle - etwa weil (noch) nicht gewidmeter Straßenraum genutzt werden soll - sich Nutzungsumfang und -entgelt nach allgemeinem Wegerecht bestimmten: Werde der Gemeingebrauch beeinträchtigt, sei die Nutzung regelmäßig als Sondernutzung genehmigungs- und gebührenpflichtig; bleibe der Gemeingebrauch unberührt oder sei die Straße überhaupt nicht gewidmet, bedürfe die telekommunikationsspezifische Straßennutzung grundsätzlich nach bürgerlichem Recht der Gestattung des Straßeneigentümers.

Weiter ist sie der Ansicht, dass § 23 Abs. 1 StrWG NRW der Gebührenerhebung nicht entgegenstehe. Der Gebührentatbestand sei eingeführt worden, weil in der Vergangenheit festgestellt worden sei, dass Aufbrüche von Erfüllungsgehilfen von Konzessionspartnern der Beklagten nicht den Regeln der Technik entsprechend wieder verschlossen worden seien. Dies habe zur Folge gehabt, dass der durch einen Aufbruch gestörte Aufbau der Straße schneller verschlissen sei, so dass eine nicht nur vorübergehende Beeinträchtigung des Gemeingebrauchs vorgelegen habe. Das StrWG NRW gehe nicht von einer kostenlosen Übertragung des Benutzungsrechts aus, die Klägerin hafte daher für Schäden; eine Kontrolle ihrer Erfüllungsgehilfen erfolge daher durchaus im Interesse der Klägerin.

Auch § 3 der Konzessionsabgabenverordnung (KAV) stehe der Erhebung einer öffentlichrechtlichen Gebühr nicht entgegen, denn dieser regele mit einer höhenmäßigen Beschränkung lediglich das privatrechtliche Entgelt.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte Bezug genommen.

Gründe

Der Verwaltungsrechtsweg ist gem. § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO eröffnet, denn die Klage richtet sich gegen eine hoheitliche Gebührenerhebung der Beklagten mittels eines mit Rechtsmittelbelehrung versehenen Bescheids, die sie auf Ziff. 2.3.1 und 2.3.2 ihrer Verwaltungsgebührensatzung gestützt hat.

Die zulässige Klage hat Erfolg.

Der Gebührenbescheid der Beklagten vom 26. Juni 2014 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.

Die Beklagte kann die Erhebung von Verwaltungsgebühren für die Erteilung der Zustimmung zu den Aufbrucharbeiten oder für die Durchführung von Ortsbesichtigungen während und nach den Aufbrucharbeiten weder auf Ziff. 2.3.1 bzw. 2.3.2 ihrer Verwaltungsgebührensatzung noch auf eine andere Ermächtigungsgrundlage stützen, denn der öffentlichrechtlichen Gebührenerhebung stehen sowohl § 23 Abs. 1 StrWG NRW als auch §§ 46, 48 EnWG als vorrangiges Recht gem. § 1 Abs. 1 Satz 1 KAG NRW entgegen.

Bei den durch die Klägerin vorgenommen Aufbrucharbeiten handelt es sich um Tätigkeiten im Rahmen der Benutzung der Straße gem. § 23 Abs. 1 StrWG NRW, welcher hinsichtlich der zu regelnden Rechtsbeziehungen für diese Benutzung auf das bürgerliche Recht verweist.

Die Voraussetzungen des § 23 Abs. 1 StrWG NRW liegen vor.

Unter den Begriff der Benutzung der Straße i.S.d. § 23 Abs. 1 StrWG NRW ist auch die Verlegung und der Betrieb von Leitungen gem. § 46 Abs. 2 Satz 1 EnWG zu subsumieren,

vgl. OVG NRW, Beschluss vom 10. Februar 2012, 11 B 1187/11, Rn. 9 - juris.

Bei der öffentlichen Versorgung mit Gas handelt es sich um einen Fall der in § 23 Abs. 1 StrWG NRW genannten privilegierten öffentlichen Versorgung. Die öffentliche Versorgung mit Gas setzt die Verlegung und den Betrieb von Leitungen, die zu einem Energieversorgungsnetz der allgemeinen Versorgung im Gemeindegebiet gehören, i.S.d. § 46 Abs. 2 Satz 1 EnWG voraus. Unter Verlegung einer Leitung sind sowohl das erstmalige Herstellen eines Leitungsstrangs als auch wesentliche Veränderungen zu verstehen, zum Betrieb zählt neben der Kontrolle auf Ordnungsmäßigkeit, Betriebssicherheit, Dichtigkeit usw. die Reparatur der Leitung,

vgl. Salje, EnWG, 2006, § 46, Rn. 113, 35.

Die Durchführung von Aufbrucharbeiten stellt eine Benutzung des Eigentums i.S.d. § 23 Abs. 1 StrWG NRW dar, denn sowohl die Verlegung als auch der Betrieb der Versorgungsleitungen sind ohne Aufbrucharbeiten an der Straße nicht durchführbar. Es ist nicht ersichtlich, wie die Klägerin Gasleitungen im Versorgungsnetz der Gemeinde, die regelmäßig unterirdisch verlaufen, verlegen, kontrollieren oder reparieren könnte, ohne die öffentliche Straße an der entsprechenden Stelle aufzubrechen. Hieraus folgt, dass sich eine Regelung, welche Rechte zur Benutzung des Eigentums an Straßen zum Zweck der öffentlichen Gasversorgung einräumt, sich zugleich zu der Frage der Zulässigkeit von Aufbrucharbeiten verhalten muss.

Die Befugnis, die öffentlichen Verkehrswege zur Errichtung und zum Betrieb aller für die Versorgung mit Gas erforderlichen Anlagen zu benutzen, hat die Beklagte der Klägerin bereits mit Konzessionsvertrag vom 12. Dezember 2011 eingeräumt. Hierzu zählt auch das Recht, Aufbrucharbeiten an den öffentlichen Straßen vorzunehmen,

vgl. auch Morell, in: Praxis der Kommunalverwaltung NRW, Stand: Stand: Mai 2013, D 1c, S. 114b; vgl. auch Sauthoff, Öffentliche Straßen, 2. Auflage 2010, Rn. 448, "Aufreißen der Straßenoberfläche".

So haben auch die Beteiligten in § 2 Ziff. 2, 3 des Konzessionsvertrages Vereinbarungen betreffend die Wiederherstellung der Straße getroffen, aus denen zu folgern ist, dass auch die Beteiligten davon ausgegangen sind, dass die vertragsgemäße Verlegung und der Betrieb von Versorgungsleitungen die Durchführung von Straßenaufbrüchen voraussetzt.

Wenn aber §§ 23 Abs. 1 StrWG NRW, 46, 48 EnWG für die Einräumung des Rechts zur Verlegung und zum Betrieb von Leitungen zur öffentlichen Gasversorgung vorsehen, dass dieses Rechtsverhältnis nach bürgerlichem Recht bzw. durch - nach herrschender Ansicht privatrechtlichem -

vgl. OVG NRW, Beschluss vom 10. Februar 2012, 11 B 1187/11, Rn. 13 - juris -

Vertrag zu regeln ist, dann sind auch die in einem solchen privatrechtlichen Vertragswerk vereinbarten Pflichten privatrechtlicher Natur. Die in § 2 des Konzessionsvertrages festgeschriebene Pflicht zur Abstimmung vor der Durchführung von Aufbruchmaßnahmen sowie zur Einhaltung bestimmter technischer Vorgaben bzw. zur ordnungsgemäßen Durchführung der Aufbruchmaßnahmen stellen solche privatrechtlichen Pflichten dar. Die Mitteilung eines Einverständnisses im Rahmen dieser Abstimmungspflichten sowie die ordnungsgemäße Durchführung der Aufbruchmaßnahme bzw. deren Überwachung erfolgen sodann ebenfalls auf der Grundlage bürgerlichen Rechts. Denn § 23 Abs. 1 StrWG NRW unterstellt nicht lediglich die Regelung des Entgeltes für die Benutzung der öffentlichen Straße dem bürgerlichen Recht, sondern das gesamte Rechtsverhältnis betreffend diese Benutzung,

vgl. BVerwG, Urteil vom 29. März 1968, IV C 100.65, Rn. 12 ff. - juris - zum Bundesfernstraßengesetz.

Von einer Einräumung privatrechtlicher Befugnisse sind im Übrigen ausweislich des § 1 Ziff. 1 Satz 1 des Konzessionsvertrages auch die Beteiligten ausgegangen.

Nicht gefolgt werden kann der Beklagten darin, dass die Möglichkeit von Folgeschäden an den Straßen durch unsachgemäße Ausführung von Aufbrucharbeiten der Annahme entgegen stünde, dass es sich bei den Aufbrucharbeiten um vorübergehende Beeinträchtigungen für Zwecke der öffentlichen Versorgung i.S.d. § 23 Abs. 1 StrWG NRW handelt. § 23 Abs. 1 StrWG NRW stellt insofern auf die Exante-Perspektive desjenigen Zeitpunktes ab, in dem über ein Genehmigungserfordernis nach StrWG NRW zu entscheiden ist; zu diesem Zeitpunkt stellt sich eine Aufbruchmaßnahme als vorübergehende Beeinträchtigung dar, eine - vertragswidrige - Schädigung der Straße kann zu diesem Zeitpunkt nicht vorhergesehen und daher auch nicht bei der Bestimmung des Rechtscharakters berücksichtigt werden. Anhaltspunkte dafür, dass die für eine Dauer von 22 Tagen geplanten Aufbrucharbeiten nicht vorübergehenden Charakter aufweisen, insbesondere den Gemeingebrauch der Straße nicht mehr als für die konkrete Maßnahme erforderlich beeinträchtigen, sind weder von der Beklagten vorgetragen worden noch angesichts dessen, dass die Beklagte ihre Erlaubnis ohne Bedenken erteilt hat, ersichtlich.

Richtet sich die Einräumung dieser Rechte jedoch gem. § 23 Abs. 1 StrWG NRW nach bürgerlichem Recht, gem. §§ 46, 48 EnWG nach den privatrechtlichen vertraglichen Beziehungen, so ist für eine hoheitliche Gebührenerhebung, wie sie die Beklagte vorgenommen hat, in Bezug auf die mit dem Konzessionsvertrag vom 12. Dezember 2011 eingeräumten Rechte kein Raum.

Für den Bereich der Gaskonzessionsverträge beschränkt vielmehr § 3 Abs. 1 Satz 1 KAV - welcher auf der Grundlage der §§ 7 Abs. 1, 12 EnWiG in der im Bundesgesetzblatt III, Gliederungsnummer 752-1, veröffentlichten bereinigten Fassung i.V.m. Art. 129 Abs. 1 GG erlassen wurde - die zulässigen Gegenleistungen für Wegerechte, zu denen nach dessen Ziff. 3 Verwaltungskostenbeiträge zählen. § 3 KAV gibt abschließend vor, welche anderen Leistungen neben Konzessionsabgaben als Gegenleistungen, die Energieversorgungsunternehmen für die Einräumung einfacher oder ausschließlicher Wegerechte an Gemeinden entrichten dürfen, zulässig sind,

vgl. BGH Kartellsenat, Urteil vom 7. Oktober 2014, EnZR 86/13, Rn. 29 - juris; vgl. die Begründung des Verordnungsentwurfs des Bundesministers für Wirtschaft, BR-Drs. 686/91, S. 15.

Jene Leistungen dürfen allerdings lediglich vereinbart oder gewährt werden. Es liefe dem Zweck des § 3 Abs. 1 KAV, die Umgehung der Höchstbeträge für Konzessionsabgaben gem. § 2 KAV zu verhindern,

vgl. Morell, in: Praxis der Kommunalverwaltung NRW, Stand: Mai 2013, D 1c, S. 113,

entgegen, beanspruchte die Gemeinde zusätzlich zu den im Konzessionsvertrag vereinbarten Leistungen Verwaltungskostenbeiträge, die in § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 KAV aufgeführt sind, durch Gebührenbescheid.

Eine Abrede gem. § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 KAV haben die Beteiligten in dem Konzessionsvertrag vom 12. Dezember 2011 nicht getroffen. Insbesondere kann dies nicht § 2 Ziff. 8 des Vertrages entnommen werden, welcher lediglich einen nachrichtlichen Hinweis darstellt, jedoch nicht Grundlage einer Gewährung von Verwaltungskostenbeiträgen sein kann, da der Konzessionsvertrag eine rechtlich verbindliche Zahlungspflicht nicht enthält; dem steht vielmehr der eindeutige Wortlaut des § 2 Ziff. 8 des Konzessionsvertrages entgegen.

Angesichts dessen kann die Frage, ob die Leistung der Beklagten zum Vorteil der Klägerin sowie auf deren Verlangen oder im Einvernehmen mit dieser i.S.d. § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 KAV erbracht wird, ebenso dahin stehen wie diejenige, ob die Vereinbarung entsprechender Verwaltungskostenbeiträge im Rahmen des Konzessionsvertrages überhaupt zulässig wäre,

ablehnend Morell, in: Praxis der Kommunalverwaltung NRW, Stand: Mai 2013, D 1c, S. 114 b.

Aus diesen Gründen kann auch offen bleiben, ob die weiteren Vorgaben einer Erhebung von Verwaltungsgebühren beachtet wurden. Insbesondere kommt es weder auf die Frage an, ob die Zustimmung zu den Aufbrucharbeiten oder die Durchführung der Ortsbesichtigungen - vor dem Hintergrund des geschlossenen Konzessionsvertrages - für die Klägerin eine besondere Leistung der Beklagten i.S.d. § 4 Abs. 2 KAG NRW darstellt, noch darauf, ob die Klägerin die Maßnahmen der Beklagten i.S.d. § 5 Abs. 1 KAG NRW beantragt hat oder durch sie unmittelbar begünstigt wird.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Gründe, die Berufung gem. §§ 124a Abs. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3, 4 VwGO zuzulassen, liegen nicht vor.






VG Düsseldorf:
Urteil v. 22.04.2015
Az: 16 K 4775/14


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