Bundespatentgericht:
Beschluss vom 24. Juni 2004
Aktenzeichen: 25 W (pat) 54/03

(BPatG: Beschluss v. 24.06.2004, Az.: 25 W (pat) 54/03)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat in seinem Beschluss vom 24. Juni 2004 die Beschwerde gegen die Zurückweisung einer Markenanmeldung zurückgewiesen. Die Markenanmeldung wurde vom Deutschen Patent- und Markenamt abgelehnt, da die angemeldete Bezeichnung "econtor" für verschiedene Dienstleistungen im Bereich der Unternehmensberatung und EDV-Beratung als beschreibende Angabe betrachtet wurde.

Die Anmelderin argumentierte, dass das Wort "contor" im Englischen nicht existiere und daher als Fantasiebezeichnung mit Unterscheidungskraft angesehen werden sollte. Weiterhin führte sie an, dass die Zusammensetzung "econtor" nicht eindeutig die angebotenen Dienstleistungen beschreibe. Das Wort "Kontor" habe verschiedene Bedeutungen in verschiedenen Teilen Deutschlands und könne sich auf eine ausländische Handelsniederlassung, eine Handelszentrale oder das Büro eines Kaufmanns beziehen.

Das Bundespatentgericht stellte fest, dass das Wort "contor" zwar nicht zum einfachsten englischen Grundwortschatz gehöre, jedoch in Deutschland häufig in Verbindung mit verschiedenen Sachangaben verwendet werde. Die Kombination aus "e" als Abkürzung für "electronic" und "contor" ergebe die Bedeutung "elektronisches Kontor/Büro", was vom Verkehr auch so verstanden werde. Die Mehrdeutigkeit des Begriffs "Kontor" stehe dabei einer Eintragung als bloße Sachangabe nicht im Wege.

Das Bundespatentgericht kam zu dem Schluss, dass die angemeldete Marke jegliche Unterscheidungskraft fehle und auch als beschreibende Angabe im Sinne des Markengesetzes betrachtet werden könne. Auch Mitbewerber hätten ein berechtigtes Interesse daran, die Bezeichnung zu verwenden. Aus diesem Grund wurde die Beschwerde gegen die Zurückweisung der Markenanmeldung zurückgewiesen.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 24.06.2004, Az: 25 W (pat) 54/03


Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

Die Bezeichnungecontorist am 21. August 2001 für die Dienstleistungen

"Unternehmensberatung, EDV-Beratung; Bereitstellung von ecommerce Plattformen im Internet, Bereitstellung von Internetportalen für Dritte; Programmierung, Lizenzierung, Vermietung von Software und Bereitstellung über Internet"

zur Eintragung in das Markenregister angemeldet worden.

Die Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung mit Beschluss vom 15. Januar 2003 durch einen Beamten des gehobenen Dienstes gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG zurückgewiesen.

Das englische Wort "contor" bedeute im Deutschen "Kontor, Büro" und gehöre zum einfachsten englischen Grundwortschatz. Da die Bezeichnung entsprechend anderer Wortverbindungen mit dem Bestandteil "e" gebildet sei, würden die angesprochenen inländischen Verkehrskreise sie ohne weiteres im Sinne von "elektronisches Büro, Kontor" verstehen. Die Marke gäbe damit in unmittelbar beschreibender Weise Auskunft über die Art der konkret beanspruchten Dienstleistungen, da sie sich in einer bloßen Sachaussage erschöpfe. Fehlende lexikalische Nachweisbarkeit ändere daran nichts. Sie sei sprachüblich zusammengesetzt. Es bestehe auch das Eintragungshindernis des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG, da sie auch als beschreibende Angabe dienen könne.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin mit dem Antrag, unter Aufhebung des Beschlusses des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 15. Januar 2003 die Eintragung der Marke "econtor" für die Dienstleistungen "Unternehmensberatung, EDV-Beratung; Bereitstellung von ecommerce Plattformen im Internet, Bereitstellung von Internetportalen für Dritte; Programmierung, Lizenzierung, Vermietung von Software und Bereitstellung über Internet" zu beschließen.

Der Begriff "contor" gehöre entgegen der Ansicht der Markenstelle nicht zum einfachsten englischen Grundwortschatz. Es gebe ihn schlicht gar nicht. Diejenigen, die die englische Sprache beherrschten, sähen darin eine Fantasiebezeichnung, die Unterscheidungskraft habe. Diejenigen, welche die englische Sprache nur ansatzweise verstünden, schlössen daraus nicht auf die Dienstleistung eines elektronischen Büros, denn das englische Wort für Büro sei "office". Es sei auch höchst unwahrscheinlich, dass "econtor" als beschreibende Angabe hinsichtlich der Art der angebotenen Dienstleistungen aufgefasst würde. Die Assoziation zum deutschen Wort "Kontor" sei keine eindeutige Beschreibung der angebotenen Dienstleistungen. Es habe in verschiedenen Teilen Deutschlands verschiedene Bedeutungen und sei daher mehrdeutig. Man bezeichne damit je nach Gebiet eine ausländische Handelsniederlassung eines Unternehmens oder einer Reederei, eine Handelszentrale oder das Büro eines Kaufmanns einer Firma. Sollte man der Auffassung sein, es sei hier ein gewisser beschreibender Charakter nicht abzusprechen, so sei der beschreibende Bezug jedenfalls in Alleinstellung nicht klar, so dass nicht ersichtlich sei, worauf er sich beziehe. Wollte man den Begriff entgegen der regional unterschiedlichen Bedeutungen als Synonym zu Büro/Kontor ansehen, beschreibe dieser weder eine bestimmte Art von Dienstleistungen noch überhaupt eine Dienstleistung. In einem Büro würde den verschiedensten Beschäftigungen nachgegangen.

Es könne auch nicht festgestellt werden, dass das angemeldete Zeichen tatsächlich zur allgemeinen Beschreibung der Beschaffenheit der von der Anmelderin angebotenen Dienstleistungen in Deutschland verwendet werde. Vielmehr handele es sich um eine neuartige und sprachunübliche Zusammensetzung. Im Internet würde der Begriff nur in Verbindung mit der Anmelderin verwendet.

Mit der Ladung hat der Senat auch Recherchematerial zur Bedeutung des Bestandteils "contor" und zur Verwendung des Buchstabens "e" als Sachangabe sowie zu seiner Beurteilung in der jüngeren Rechtsprechung übersandt.

Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde der Anmelderin ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg, da der Eintragung der angemeldeten Marke das Schutzhindernis fehlender Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG entgegen steht und sich die angemeldete Bezeichnung zudem als beschreibende Angabe im Sinne von § 8 Abs 2 Nr MarkenG erweist.

Unterscheidungskraft im Sinne von des § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG ist nach ständiger Rechtsprechung im Hinblick auf die Hauptfunktion der Marke, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten, die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (vgl zur st Rspr BGH GRUR 2002, 1070 - Bar jeder Vernunft; EuGH GRUR 2003, 58 - COMPANYLINE zur GMV).

Danach sind insbesondere solche Zeichen nicht unterscheidungskräftig, bei denen es sich für den Verkehr in Bezug auf die beanspruchte Ware oder Dienstleistung ohne weiteres erkennbar um eine unmittelbar beschreibende Angabe im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG handelt. Allerdings kann auch sonstigen Zeichen, welche dem Schutzhindernis im Sinne des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG nicht unterfallen und auch nicht zu den allgemein gebräuchlichen Wörtern der Alltagssprache zählen, jegliche Unterscheidungskraft fehlen. Denn aus der Sicht des Verkehrs kann es zahlreiche - im Einzelfall zu untersuchende - Gründe geben, in einem Zeichen keinen herkunftsbezogenen Hinweis zu sehen - wie zB bei nur mittelbar beschreibenden Bezeichnungen bzw solchen mit lediglich assoziativer Verbindung zur Ware oder Dienstleistung oder bei Werbeschlagwörtern (vgl hierzu eingehend BPatG MarkenR 2002, 201, 205-207 - BerlinCard - mwH).

Der angemeldeten Marke "econtor" fehlt jegliche Unterscheidungskraft, da sie bezüglich der beanspruchten Dienstleistungen einen sich aufdrängenden beschreibenden Begriffsinhalt aufweist, der dazu führt, dass das angemeldete Zeichen nicht als Marke verstanden wird.

Entgegen der Auffassung des Erstprüfers gehört allerdings das Wort "contor" nicht zum einfachsten englischen Grundwortschatz. Das deutsche Wort "Kontor" wird im Englischen mit "overseas branch" oder "wholesale organisation" übersetzt (Pons Großwörterbuch für Experten und Universität, Deutsch- Englisch 2002, S 459). Die englische Übersetzung des Wortes "Kontor" in der Bedeutung von "Büro" lautet "office". Jedoch wird in Deutschland das Wort "Contor" auch in der angemeldeten Schreibweise in Verbindung mit zahlreichen Sachangaben durch unterschiedliche Anbieter von Waren und Dienstleistungen vielfach verwendet, wie auch die der Anmelderin übersandte Internetrecherche zu diesem Zeichenbestandteil zeigt (zB Chile Wein Contor, Aggis Tee Contor, HBC Hamburger Berater Contor, immobilien contor hasbargen, Media-Contor). In einem Lexikon über die "Schicki-Micki-Sprache" ist der Begriff ebenfalls aufgeführt. Darin wird erklärt, dass der Begriff in Referenz an die gute alte Zeit verwendet werde, indem man sein Office "Contor" nennt, aber mit "C" wie "Computer" (Andreas Lukoschick, Ganz schön shaky, Die Schicki-Micki-Sprache, München 1986, S 43). Bei dem vorangestellten Buchstaben "e" handelt es sich wie die Markenstelle bereits zutreffend ausgeführt hat um die Abkürzung für das englische Wort "electronic", das dem inländischen Verkehr aus zahlreichen Wortverbindungen wie zB "E-Business", "E-Service", "E-Cash" und "E-Commerce" geläufig ist. In der Gesamtheit hat die angemeldete Marke daher die Bedeutung "elektronisches Kontor/Büro" und wird vom Verkehr auch in diesem Sinne verstanden. Dabei spielt es keine Rolle, dass das Wort "Kontor" insoweit eine Mehrdeutigkeit aufweist, als damit sowohl ein Büro als auch eine ausländische Handelsniederlassung gemeint sein kann. Denn auch die mit einer verallgemeinernden Aussage einhergehende Unbestimmtheit einer Angabe ebenso wie die Unkenntnis der durch den Begriff im Einzelfall repräsentierten tatsächlichen Inhalte muss einem Verständnis als bloße Sachangabe - wie auch der Beurteilung als freihaltebedürftiger Sachbegriff - nicht entgegenstehen (vgl für die Sammelbezeichnung "Bücher für eine bessere Welt" auch BGH MarkenR 2000, 330, 332; BGH WRP 2003, 1429 - Cityservice; ferner BPatG MarkenR 2002, 201, 207 - BerlinCard - mwH). Eine begriffliche Unbestimmtheit kann insoweit sogar gewollt sein, um eine positive Erwartungshaltung des Kunden zu fördern und einen möglichst weiten Bereich zu erfassen, ohne die Einzelheiten zu benennen. Eine solche Mehrdeutigkeit führt daher noch nicht zur Schutzfähigkeit (vgl auch EuGH, MarkenR 2003, 450 - DOUBLEMINT; BGH, GRUR 2001, 1151 - marktfrisch). Gleiches gilt für Wortneuschöpfungen oder für Wörter, für die es Synonyme gibt, so dass auch das Argument der Anmelderin, die Bezeichnung werde nur von ihr oder in Verbindung mit ihrem Unternehmen verwendet, eine Schutzfähigkeit nicht begründen kann (vgl EuGH, MarkenR 2003, 111 - BIOMILD/Campina Melkunie).

Entgegen der Ansicht der Anmelderin ist die angemeldete Bezeichnung auch in Verbindung mit den angemeldeten Dienstleistungen nicht schutzfähig.

Das Eintragungshindernis kann sich nicht nur aus dem Bezug des Zeichens zu der Ware oder Dienstleistung selbst ergeben, sondern auch daraus, dass die angesprochenen Verkehrskreise im Hinblick auf den möglichen Inhalt oder Gegenstand der jeweiligen Waren bzw Dienstleistungen in einem beanspruchten Zeichen eine Sachinformation sehen (BGH MarkenR 2002, 338, 340 - Bar jeder Vernunft; EuG GRUR Int. 2001, 864, 866 - CINE COMEDY; BPatG MarkenR 2002, 299, 301 - OEKOLAND).

Wie bereits die Markenstelle in ihrem Beschluss ausgeführt hat, kommt die angemeldete Bezeichnung für sämtliche beanspruchten Dienstleistungen als Sachangabe in Betracht, da diese Dienstleistungen den Bereich des elektronichen Büros betreffen können.

Die Dienstleistungen "Unternehmensberatung, EDV-Beratung" können eine Beratung zum Gegenstand haben, wie ein elektronisches Büro eingerichtet und verwaltet werden kann. Die Dienstleistungen " Bereitstellung von ecommerce Plattformen im Internet, Bereitstellung von Internetportalen für Dritte" können ebenfalls dazu dienen, den Betrieb eines elektronischen Büros zu ermöglichen und zu unterstützen. Auch die Dienstleistungen "Programmierung, Vermietung von Software und Bereitstellung über Internet" können als Gegenstand die Einrichtung und Unterhaltung eines elektronischen Büros haben, in dem die dafür notwendigen Programme und Software entwickelt und angeboten wird. Die Dienstleistung "Lizenzierung" kann sich ebenfalls auf solche Programme und Software beziehen.

Daraus ergibt sich ein tatsächlicher Anhalt dafür, dass der angemeldeten Bezeichnung jegliche Unterscheidungskraft fehlt, denn der Verkehr versteht den Begriff "econtor" auch in Verbindung mit den vorliegenden Dienstleistungen nur als solchen und nicht als Unterscheidungsmittel (vgl BGH Bl f PMZ 2004; 30 f - Cityservice). Insoweit ist auch zu berücksichtigen, dass bei einem Dienstleistungsverzeichnis, welches wie vorliegend durch die Verwendung von Oberbegriffen unterschiedliche Einzeldienstleistungen umfasst, die Eintragung des angemeldeten Zeichens für einen beanspruchten Oberbegriff bereits dann ausgeschlossen ist, wenn sich auch nur für eine spezielle, hierunter fallende Dienstleistung ein Eintragungshindernis ergibt (vgl BGH WRP 2002, 91, 93-94 - AC - unter Hinweis auf BGH GRUR 1997, 634, 635 - Turbo II - zum Löschungsverfahren; BPatG MarkenR 2002, 299, 301 - OEKOLAND). Andernfalls wäre es möglich, ein für bestimmte Waren oder Dienstleistungen bestehendes Eintragungshindernis dadurch zu umgehen, dass in das Verzeichnis ein entsprechend weit gefasster Waren-/Dienstleistungsbegriff aufgenommen wird.

Der Senat sieht auch hinreichende Anhaltspunkte für die Feststellung gegeben, dass die angemeldete Marke in Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen eine beschreibende Angabe im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG darstellt, an welcher die Mitbewerber ein berechtigtes Freihaltungsinteresse haben (vgl zum Begriff der beschreibenden Angabe ausführlich BPatG MarkenR 2002, 201, 207-209 - Berlin Card - mwH). Denn bei der angemeldeten Bezeichnung "econtor" handelt es sich - wie oben ausgeführt - um eine den Gegenstand der beanspruchten Dienstleistungen selbst unmittelbar betreffende Sachinformation. Deshalb haben auch Mitbewerber an der Verwendung der angemeldeten Bezeichnung ein berechtigtes Freihaltungsinteresse, wobei es keine entscheidende Rolle spielt, ob die konkrete Wortverbindung im Verkehr bereits verwendet wird oder es dafür Synonyme gibt (EuGH, MarkenR 2003, 111 -BIOMILD/Campina Melkunie).

Die Beschwerde der Anmelderin war deshalb zurückzuweisen.

Kliems Sredl Bayer Na






BPatG:
Beschluss v. 24.06.2004
Az: 25 W (pat) 54/03


Link zum Urteil:
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