Bundespatentgericht:
Beschluss vom 28. März 2001
Aktenzeichen: 26 W (pat) 192/99
(BPatG: Beschluss v. 28.03.2001, Az.: 26 W (pat) 192/99)
Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung
Das Bundespatentgericht hat in seinem Beschluss vom 28. März 2001 (Aktenzeichen 26 W (pat) 192/99) die Beschwerde der Anmelderin gegen die Zurückweisung ihrer Wort-Bild-Marke "SCHWARZ gebrannt" für Spirituosen durch die Markenstelle des Deutschen Patent- und Markenamts zugelassen. Die Markenstelle hatte die Anmeldung abgelehnt, da der Begriff "Schwarzgebrannt" in Bezug auf die Waren keine Unterscheidungskraft aufweise und auch tatsächlich irreführend sein könne. Zudem verstieße die Marke gegen die guten Sitten im Sinne des Markengesetzes. Die Anmelderin führte dagegen an, dass "Schwarzgebrannt" selten benutzt werde und eine originelle historische Bezeichnung sei. Zudem sei die Bedeutung nicht sofort erkennbar und die graphische Gestaltung trüge zur Unterscheidungskraft bei. Das Gericht gab der Beschwerde statt und hob die Zurückweisung auf. Es stellte fest, dass die Bezeichnung keine sachbezogenen Angaben über die Waren enthalte und daher keine Schutzhindernisse gemäß dem Markengesetz vorliegen. Die Markenstelle habe keine Anhaltspunkte für eine tatsächliche Verwendung im geschäftlichen Verkehr gefunden. Die Marke habe zudem ausreichende Unterscheidungskraft und verstoße nicht gegen die guten Sitten. Auch sei keine Täuschungsgefahr gegeben.
Die Gerichtsentscheidung im Volltext:
BPatG: Beschluss v. 28.03.2001, Az: 26 W (pat) 192/99
Tenor
Auf die Beschwerde der Anmelderin werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 33 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 4. Juni 1999 und 6. September 1999 aufgehoben.
Gründe
I.
Beim Deutschen Patent- und Markenamt ist die Wort-Bild-Marke mit den Wortbestandteilen "SCHWARZ gebrannt"
siehe Abb. 1 am Endefür die Waren
"Spirituosen"
zur Eintragung in das Markenregister angemeldet worden.
Die Markenstelle für Klasse 33 des Deutschen Patent- und Markenamts hat diese Anmeldung von der Eintragung zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dem Begriff "Schwarzgebrannt" fehle wegen seiner für die inländischen Verkehrskreise ohne weiteres verständlichen beschreibenden Bedeutung jegliche Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG. Auch die graphische Gestaltung besitze keinerlei schutzbegründende Eigenart. Zudem sei die angemeldete Bezeichnung ersichtlich täuschend gemäß § 8 Abs 2 Nr 4 iVm § 37 Abs 3 MarkenG. Soweit sie nämlich nicht für schwarzgebrannte, sondern legal hergestellte Produkte eingesetzt werde, sei sie geeignet, die irrige Vorstellung hervorzurufen, es handle sich tatsächlich um schwarzgebrannte Spirituosen, was den Kaufentschluß (etwa in Erwartung günstiger Preise) positiv beeinflussen könne. Außerdem verstoße die Marke gegen die guten Sitten im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 5 MarkenG, da der werbende Hinweis auf illegale Geschäftspraktiken nicht mit den anständigen und redlichen Gepflogenheiten in Handel und Gewerbe zu vereinbaren sei.
Die Anmelderin hat gegen diese Zurückweisung Beschwerde eingelegt. Der Eintragung der angemeldeten Marke stünden keine Eintragungshindernisse entgegen. "Schwarzgebrannt" sei ein selten gebrauchtes Wort und werde eigentlich nur noch im Zusammenhang mit der Prohibition in den USA benutzt. Nur dieser historische Bezug sei heute noch gebräuchlich. Es sei originell, diese historische Bezeichnung zur Produktidentifikation zu benützen. Die angemeldete Marke sei auch nicht sittenwidrig gemäß § 8 Abs 2 Nr 5 MarkenG, denn bei Fällen sog "Negativwerbung" sei Zurückhaltung geboten, wenn es sich nur um allgemeine Bezüge oder Provokationen handle. Wegen der besonderen graphischen Gestaltung dränge sich auch der Begriff "Schwarzgebrannt" nicht sofort auf, vielmehr bedürfe es mehrerer Gedankenschritte, um zu dieser Bedeutung zu gelangen. Deshalb sei der Begriff auch nicht direkt beschreibender Natur.
Die Anmelderin beantragt sinngemäß, die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 33 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 4. Juni 1999 und 6. September 1999 aufzuheben.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet. Der Eintragung der angemeldeten Bezeichnung stehen die Schutzhindernisse des § 8 Abs 2 MarkenG nicht entgegen.
Nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder sonstiger Merkmale der in Frage stehenden Waren dienen können. Zu den nach dieser Vorschrift vom Markenschutz ausgeschlossenen Angaben zählen nicht nur die dort ausdrücklich aufgeführten, sondern auch solche, die für den Warenverkehr wichtige und die umworbenen Abnehmerkreise irgendwie bedeutsame Umstände mit konkretem Bezug auf die betreffenden Waren selbst beschreiben (BGH GRUR 1998, 813, 814 - CHANGE; BlPMZ 1999, 410, 411 - FOR YOU) und die entweder bereits gegenwärtig als Sachaussage benutzt werden oder deren Benutzung als Sachaussage aufgrund konkret feststellbarer tatsächlicher Umstände zukünftig zu erwarten ist (BGH GRUR 1995, 408, 409 - PROTECH). Ein darüber hinausgehendes Eintragungshindernis eines Freihaltebedürfnisses an allgemeinen und nicht warenbezogenen Ausdrücken kann § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG nicht entnommen werden (BGH aaO - FOR YOU). Zu diesen Angaben gehört jedoch die angemeldete Bezeichnung nicht, denn sie sagt nichts Ernsthaftes über die beanspruchten Waren aus.
Die angemeldete Bezeichnung besteht aus dem Wort "SCHWARZ" in Großbuchstaben sowie dem Wort "gebrannt" darunter in Schreibschrift. Trotz der unterschiedlichen Schreibweisen und Farben der einzelnen Bestandteile wird der angesprochene Verkehr die Marke als zusammengehörig erachten, weil das Wort "gebrannt" in das Wort "SCHWARZ" hineinragt. Zusammengezogen bedeutet die Marke im Hinblick auf die beanspruchten Waren soviel wie "ohne amtliche Genehmigung hergestellte Spirituose". In dieser Bedeutung beschreibt die angemeldete Bezeichnung keinen bedeutsamen, unmittelbar mit der Ware in Beziehung stehenden Umstand (BGH aaO - FOR YOU). Die Angabe "schwarzgebrannt" ist (jedenfalls in Deutschland) nämlich keine ernsthaft gemeinte Angabe. Weder die Markenstelle noch der Senat haben Feststellungen zu treffen vermocht, die für eine gegenwärtige oder in naher Zukunft erfolgende Verwendung der Bezeichnung im geschäftlichen Verkehr sprechen könnten. Ein Interesse der Mitbewerber der Anmelderin, mit "schwarzgebrannt" darauf hinweisen zu können, daß ihre Produkte unter Umgehung des staatlichen Branntweinmonopols hergestellt wurden, ist nicht ersichtlich.
Ebensowenig kann der angemeldeten Bezeichnung jegliche Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG abgesprochen werden. Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die mit der Anmeldung beanspruchten Waren eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden. Hierbei ist grundsätzlich ein großzügiger Maßstab anzulegen, d h jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um dieses Schutzhindernis zu überwinden. Kann demnach einer Marke kein für die beanspruchten Waren im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch sonst nicht um ein so gebräuchliches Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung (BGH WRP 1998, 495, 496 - Today) - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (BGH BlPMZ 1999, 408 - YES), gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, daß einem als Marke verwendeten Zeichen die Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, daß der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (BGH BlPMZ 2001, 55 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION).
Als eine die beanspruchten Waren beschreibende Angabe kommt die angemeldete Marke jedoch, wie bereits festgestellt wurde, nicht in Betracht. Es handelt sich bei ihr auch nicht um eine Angabe, der der Verkehr aus sonstigen Gründen die Fähigkeit zur betrieblichen Herkunftskennzeichnung absprechen wird. Weder die Markenstelle noch der Senat haben festzustellen vermocht, daß der Verkehr durch eine Verwendung der angemeldeten Bezeichnung z B in der Werbung daran gewöhnt worden sein könnte, in ihr auch bei Verwendung nach Art einer Marke (BGH BlPMZ 2000, 53, 55 - FÜNFER) keine solche mehr zu sehen.
Hinzu kommt, daß die vorliegende Anmeldung bildlich ausgestaltet ist. Die Kennzeichnung "schwarzgebrannt" ist nicht in einem durchgängigen Schriftzug wiedergegeben, sondern zweigeteilt. Das Wort "SCHWARZ" erscheint in Großbuchstaben und Druckschrift, das Wort "gebrannt" ist in farblich kontrastierender Schreibschrift im unteren Teil schräg darübergelegt. Zwar ist diese graphische Ausgestaltung nicht allzu ungewöhnlich, sie darf aber bei der Gesamtbetrachtung des Zeichens nicht gänzlich außer Betracht gelassen werden und trägt insgesamt zur Bejahung der erforderlichen Hinweisfunktion bei.
Die angemeldete Marke verstößt auch nicht gegen die guten Sitten gemäß § 8 Abs 2 Nr 5 MarkenG. Ein Verstoß gegen das religiöse Empfinden oder politische Wertungen liegt ohnehin nicht vor, da die Bezeichnung keinen entsprechenden Aussagegehalt hat. Auch ein Verstoß gegen das sittliche Empfinden oder eine grobe Geschmacklosigkeit liegt nicht vor. Es kann nämlich nicht übersehen werden, daß die Verkehrsauffassung über derartige Tatbestände zunehmend lockerer und liberaler geworden ist. So wird es im allgemeinen nicht (mehr) als anstößig empfunden, wenn Waren mit Kennzeichnungen versehen werden, bei denen negative oder anrüchige Bedeutungsgehalte mitschwingen, wie etwa bei der Kennzeichnung von Parfümerieartikeln mit "Opium" (BGH GRUR 1992, 314). Die Grenzen sind erst dann überschritten, wenn eine Marke im Geschäftsleben nicht mehr hinnehmbar erscheint (BGH GRUR 1995, 592 - Busengrapscher). Hinzu kommt, daß im registerrechtlichen Eintragungsverfahren nur die Marke selbst in Verbindung mit den von ihr erfaßten Waren zu beurteilen ist. Eine mögliche Sittenwidrigkeit muß also gerade im Verhältnis dieser Bezeichnung in Bezug zu den beanspruchten Waren liegen, wobei auch sittenwidrige Umstände, die sich erst aus der Benutzung der Marke ergeben können, außer Betracht zu lassen sind. Mag danach uU früher die Bezeichnung "schwarzgebrannt" als provokativer Verstoß gegen gesetzliche Vorschriften aufgefaßt worden sein, so wird die Bezeichnung heute erkennbar nicht ernstgemeint aufgefaßt werden (ähnlich 26 W (pat) 112/97 - Cannabis, anders 26 W (pat) 107/97 - Schenkelspreizer; vgl auch Ingerl/Rohnke, MarkenG, § 8 Rdnr 117: scheinbar provozierende Antimarken verstoßen nur im Ausnahmefall gegen die guten Sitten).
Die angemeldete Bezeichnung ist auch nicht ersichtlich täuschend gemäß § 8 Abs 2 Nr 4 iVm § 37 Abs 3 MarkenG. Nach Auffassung des EuGH ist auf den durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher abzustellen (Althammer/Ströbele, MarkenG, 6. Aufl, § 8 Rdnr 228). Dieser wird erkennen, daß es sich bei der vorliegenden Marke lediglich um eine reklamehafte, witzig gemeinte Anpreisung handelt. Deshalb liegt bereits keine Täuschungsgefahr vor.
Kraft Reker Ederprö
Abb. 1 http://agora/bpatg2/docs/26W(pat)192-99.3.gif
BPatG:
Beschluss v. 28.03.2001
Az: 26 W (pat) 192/99
Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/f4f299f57eab/BPatG_Beschluss_vom_28-Maerz-2001_Az_26-W-pat-192-99