Bundespatentgericht:
Beschluss vom 23. August 2005
Aktenzeichen: 27 W (pat) 28/05
(BPatG: Beschluss v. 23.08.2005, Az.: 27 W (pat) 28/05)
Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung
Das Bundespatentgericht hat entschieden, dass die Beschwerde gegen den Beschluss der Markenstelle zurückgewiesen wird. Die Markenstelle hatte die Anmeldung der Marke "EasyCard" für bestimmte Waren, wie zum Beispiel Datenträger, Papierwaren und Druckereierzeugnisse, zurückgewiesen, da die Marke nach Ansicht der Markenstelle keine Unterscheidungskraft aufweise. Das Gericht teilt diese Auffassung und führt aus, dass die angesprochenen Verkehrskreise die Bezeichnung "EasyCard" als eine beschreibende Angabe verstehen werden. Die Marke setzt sich aus den englischen Wörtern "easy" für "leicht, einfach" und "card" für "Karte" zusammen, was darauf hinweist, dass die beanspruchten Waren eine "leichte/einfache Karte" darstellen oder zum Gegenstand haben. Das Gericht stellt weiter fest, dass die Marke nicht mehrdeutig ist und daher keine Unterscheidungskraft besitzt. Aufgrund dieser Gründe wird die Beschwerde der Anmelderin zurückgewiesen.
Die Gerichtsentscheidung im Volltext:
BPatG: Beschluss v. 23.08.2005, Az: 27 W (pat) 28/05
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Beschluss vom 15. Dezember 2004 für
"Magnetische und optische Datenträger, maschinenlesbare Informationsträger und Wertträger; Papier; Pappe, Papier- und Pappwaren (soweit in Klasse 16 enthalten) einschließlich Schreibblocks, Angebots-, Präsentations-Werbemappen und -ordner, Formulare und Durchschreibeformularsätze, Datamailer, Einblattbriefe und Einblatt-Mailer; Briefhüllen, Versandtaschen, Datenträgerablagemappen und -ordner (soweit in Klasse 16 enthalten); Druckereierzeugnisse; Kalender; Kunststofffolien für die Overheadprojektion"
beanspruchten Kennzeichnung EasyCardteilweise für die Waren
"Magnetische und optische Datenträger, maschinenlesbare Informationsträger und Wertträger; Papier- und Pappwaren (soweit in Klasse 16 enthalten) einschließlich Schreibblocks, Angebots-, Präsentations-Werbemappen und -ordner, Formulare und Durchschreibeformularsätze, Datamailer, Einblattbriefe und Einblatt-Mailer; Druckereierzeugnisse"
nach § 37 Abs 1, § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG als nicht unterscheidungskräftige Angabe zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Die Bezeichnung setze sich aus den englischen Grundwörtern "easy" für "einfach, leicht, mit geringem Aufwand" und "Card" für "Karte" zusammen; der Begriff "card" im Sinne von Karte sei dabei sowohl für "klassische" Karten als auch für mit Datenträgern versehene Karten geläufig. In ihrer Gesamtheit verstehe der Verkehr die Anmeldemarke daher als schlagwortartigen, beschreibenden Hinweis darauf, dass die Waren eine "leicht zu handhabende, einfach und bequem anwendbare Karte" darstellten oder zum Gegenstand hätten. In Verbindung mit den beanspruchten Waren stelle sie sich daher als glatt beschreibende Sachangabe dar, weil die beanspruchten Waren der Klasse 9 Karten darstellen könnten, die als elektronische Karten oder in Papierform vorlägen und aufgrund ihrer Ausgestaltung und Anwendungsmöglichkeiten besonders einfach und benutzerfreundlich zu handhaben seien und Transaktionen mit ihrer Hilfe erleichterten. Die weiter beanspruchten Druckereierzeugnisse könnten sich einerseits inhaltlich mit dem System und den Besonderheiten einer "EasyCard" auseinandersetzen, aber andererseits auch selbst Karten dieser Art darstellen. Eine Mehrdeutigkeit der Anmeldemarke liege nicht vor, weil sich dem angesprochenen Verkehr nur die vorgenannte Bedeutung unmittelbar aufdränge. Begegne der Verkehr daher der angemeldeten Bezeichnung in Zusammenhang mit den beanspruchten Waren, trete der Gedanke, hierin einen Hinweis auf einen ganz bestimmten Geschäftsbetrieb zu sehen, hinter der Sachangabe zurück, so dass es der Anmeldemarke an der erforderlichen Unterscheidungskraft mangele.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie hält die Anmeldemarke für unterscheidungskräftig und nicht freihaltungsbedürftig. Die Begriffsbestimmung der Markenstelle beruhe auf einer analysierenden Betrachtung, indem das Markenwort in die Wörter "easy" und "card" zerlegt werde. Beide Worte hätten zudem mehrere Bedeutungen, so dass die Anmeldemarke mehrdeutig und allein schon aus diesem Grund schutzfähig sei. Der Bedeutungsgehalt, welche die Markenstelle der Anmeldemarke beigelegt habe, sei zudem unspezifisch und vage. Da die beanspruchten Waren weiterverarbeitet werden könnten, etwa indem Papierwaren, auf denen Karten angeordnet seien, vom Kunden individualisiert würden, bleibe offen, ob eine Karte im Zusammenhang mit ihrer eigentlichen Bestimmung oder aber bei ihrer Herstellung oder Individualisierung leicht und bequem zu handhaben sei. Der Bedeutungsinhalt, den die Markenstelle angenommen habe, sei darüber hinaus in Bezug auf einzelne der beanspruchten Druckereierzeugnisse auch abwegig. Mangels eines im Vordergrund stehenden beschreibenden Inhalts sei die Anmeldemarke daher unterscheidungskräftig und nicht freihaltungsbedürftig.
An der mündlichen Verhandlung hat die Anmelderin wie vorher schriftsätzlich angekündigt nicht teilgenommen.
II Die zulässige Beschwerde ist unbegründet, weil der Eintragung der Anmeldemarke für die zurückgewiesenen Waren zumindest das absolute Schutzhindernis mangelnder Unterscheidungskraft nach § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG entgegensteht.
Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG ist nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl EuGH MarkenR 2003, 187, 190 [Rz 41] - Gabelstapler, WRP 2002, 924, 930 [Rz 35] - Philips/Remington) und des Bundesgerichtshofs (vgl (BGH GRUR 2000, 502, 503 - St. Pauli Girl; GRUR 2000, 720, 721 - Unter Uns) die Eignung einer Marke, vom durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher (vgl EuGH GRUR 2003, 604, 605 - Libertel; GRUR 2004, 943, 944 - SAT.2) als Unterscheidungsmittel für die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Trotz des grundsätzlich gebotenen großzügigen Maßstabs (stRspr, vgl BGH GRUR 1995, 408 [409] - PROTECH; BGH GRUR 2001, 413, 415 - SWATCH) fehlt einer Kennzeichnung die Unterscheidungskraft stets dann, wenn die angesprochenen Verkehrskreise in ihr keinen Hinweis auf die Herkunft der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen aus einem bestimmten Unternehmen sehen, was etwa bei einem für die fraglichen Waren oder Dienstleistungen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt (vgl BGH GRUR 2001, 1151, 1153 - marktfrisch; GRUR 2003, 1050, 1051 - City-Service; BGH GRUR 2001, 162, 163 mwN - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION) oder bei Werbeaussagen allgemeiner Art (vgl BGH MarkenR 2000, 262, 263 - Unter uns; WRP 2000, 298, 299 - Radio von hier; WRP 2000, 300, 301 - Partner with the best; GRUR 2001, 1047, 1048 - LOCAL PRESENCE, GLOBAL POWER; GRUR 2001, 735, 736 - "Test it."; GRUR 2002, 1070, 1071 - Bar jeder Vernunft) der Fall ist. Werden rein beschreibende Angaben zu einem Gesamtbegriff zusammengesetzt, ohne dass sich durch die Wortkombination ein über den bloß beschreibenden Inhalt jedes einzelnen Wortbestandteils hinausgehender weitergehender Sinngehalt ergibt, so bleibt dieser auch dann von der Eintragung ausgeschlossen, wenn es sich bei ihm um eine Wortneuschöpfung oder einen bislang nicht verwendeten Begriff handelt (EuGH GRUR 2004, 680, 681 - BIOMILD).
Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze teilt der Senat die Auffassung der Markenstelle, dass die angesprochenen Verkehrskreise die Anmeldemarke in Bezug auf die zurückgewiesenen Waren ohne Weiteres nur als eine diese Produkte beschreibende Sachangabe, nicht aber als Herkunftshinweis ansehen werden. Sie ist aus den gängigen Wörtern des englischen Grundwortschatzes "easy" für "leicht, einfach" und "Card" für "Karte" zusammengesetzt, wobei beide Wörter trotz ihrer Zusammenschreibung infolge der - gerade im hier relevanten Warensektor häufig anzutreffenden - Binnengroßschreibweise des Buchstabens "C" als eigenständige Worte erkennbar bleiben, so dass die Marke vom Verkehr ohne jede Schwierigkeit im Sinne von als "easy card" erkannt wird. Aufgrund des breitesten Bevölkerungskreisen bekannten Sinngehalts der beiden Einzelbestandteile werden diese die Anmeldemarke daher ohne jedes Nachdenken unmittelbar in der Bedeutung "leichte/einfache Karte" verstehen. Der Ansicht der Anmelderin, die Anmeldemarke sei mehrdeutig, vermag der Senat dabei wie die Markenstelle nicht zu folgen; soweit sie hierzu auf die verschiedenen Übersetzungsmöglichkeiten in einschlägigen Wörterbüchern verwiesen hat, übersieht sie, dass diese auf dieselbe Grundbedeutung zurückzuführen sind, es sich also bei ihnen nur um sog. Synonyma handelt, dh um an den jeweiligen konkreten Zusammenhang angepasste verschiedene Ausdrucksmöglichkeiten desselben Sinngehalts. Im übrigen liegt eine schutzbegründende Mehrdeutigkeit ohnehin nur dann vor, wenn die angesprochenen Verkehrskreise gleichzeitig an mehrere Bedeutungen denken, ohne sich für eine unmittelbar entscheiden zu können; fassen demgegenüber nicht nur unerhebliche Teile des angesprochenen Verkehrs eine Bezeichnung nur in einem bestimmten Sinn auf, steht dies der Annahme des erforderlichen Mindestmaßes an Unterscheidungskraft selbst dann entgegen, wenn andere Teile des Verkehrs mit ihr eine andere Bedeutung verbinden (vgl für das Freihaltungsbedürfnis auch EuGH, MarkenR 2004, 450, 453 [Rz 32] - DOUBLEMINT).
In der Bedeutung "leichte/einfache Karte" werden maßgebliche Teile der angesprochenen Verkehrskreise die angemeldete Bezeichnung aber in Bezug auf die zurückgewiesenen Waren nur als eine im Vordergrund stehende, diese unmittelbar beschreibende (vgl BGH GRUR 2005, 417, 419 - BerlinCard) Sachangabe verstehen, nämlich dass die beanspruchten Waren entweder solche einfach zu handhabenden Karten darstellen oder zum Gegenstand haben (vgl zu vergleichbaren Markenanmeldungen HABM R 99/98-1 - EASI-CARD; R 96/98-1 EASI-CASH; R 403/02-3 - EASILOK; R 120/99-3 - EASY COVER; R 631/99-2 - EASY ENTRY; R 59/98-3 - EASYPHOTO; R 109/98-2 - EASYPLAN; R 338/99-1 - easyTel; BPatG 27 W (pat) 146/00 - Easy Dialog; 30 W (pat) 53/99 - easymail; 29 W (pat) 118/99 - EASY-PACK; 27 W (pat) 93/01 - EASYBRIDGE; 33 W (pat) 122/00 und 142/00 - EasyTrade; sämtliche Entscheidungen veröffentlicht auf der PAVIS CD-ROM).
Da zu den in Klasse 9 beanspruchten Waren "Magnetische und optische Datenträger, maschinenlesbare Informationsträger und Wertträger" auch sog in der Regel scheckkartengroße Plastikkarten gehören, die - wie dies etwa bei Kredit-, Einkaufs-, Bank- oder Berechtigungskarten der Fall ist - auf einem Magnetstreifen oder einem Chip oder mittels eines Strichcodes Daten speichern können und üblicherweise als (elektronische) Karten bezeichnet werden, wird der Verkehr in der angemeldeten Bezeichnung vorrangig einen Hinweis darauf sehen, dass es sich bei diesen so gekennzeichneten Karten um solche handelt, die einfach zu handhaben sind, etwa indem die gespeicherten Karten vielfältig einsetzbar sind. Bei "Papier- und Pappwaren (soweit in Klasse 16 enthalten)" wiederum wird der Verkehr die Anmeldemarke als Hinweis darauf verstehen, dass es sich hierbei um einfache (Papier-)Karten handelt. Inwieweit dies auch für die ausdrücklich genannten Einzelwaren "Schreibblocks, Angebots-, Präsentations-Werbemappen und -ordner, Formulare und Durchschreibeformularsätze, Datamailer, Einblattbriefe und Einblatt-Mailer" zutrifft, kann dahinstehen, da es sich hierbei nur um eine Beispielsaufzählung ("einschließlich") handelt, so dass ihre Schutzfähigkeit mit der mangelnden Eintragbarkeit des Oberbegriffs "Papier- und Pappwaren" entfällt. Für die schließlich ebenfalls zurückgewiesenen Druckereierzeugnisse kommt die Anmeldemarke als Sachhinweis darauf in Betracht, dass diese entweder die vorerwähnten einfach zu handhabenden (Plastik-)Karten zum Gegenstand haben oder - soweit Teile des Verkehr den Bestandteil "Card" vorrangig im Sinne "(Papier-)Karte" verstehen - aus solchen einfachen (Papier-)Karten bestehen. Inwieweit ein beschreibender Sinngehalt sich auch hinsichtlich der angemeldeten Waren "Versandtaschen, Datenträgerablagemappen und -ordner (soweit in Klasse 16 enthalten)" aufdrängen mag, kann dahinstehen, da diese Waren mangels Zurückweisung durch die Markenstelle nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens sind.
Da die Markenstelle die angemeldete Bezeichnung für einen Teil der beanspruchten Waren zu Recht von der Eintragung ausgeschlossen hat, war die hiergegen gerichtete Beschwerde der Anmelderin zurückzuweisen.
Dr. van Raden Prietzel-Funk Schwarz WA
BPatG:
Beschluss v. 23.08.2005
Az: 27 W (pat) 28/05
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