Landgericht Rostock:
Urteil vom 14. Februar 2014
Aktenzeichen: 3 O 144/13 (3), 3 O 144/13
(LG Rostock: Urteil v. 14.02.2014, Az.: 3 O 144/13 (3), 3 O 144/13)
Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung
Das Landgericht Rostock hat am 14. Februar 2014 in dem Verfahren 3 O 144/13 entschieden. Die Klage wurde abgewiesen und der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits. Das Urteil kann vorläufig vollstreckt werden, wenn eine Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages erbracht wird.
Die Parteien stritten darüber, ob die Kennzeichnung eines Produkts der Beklagten mit "sweetened with Stevia" und der Abbildung einer grünen Steviapflanze auf der Vorderseite der Verpackung sowie der Angabe "mit Süßungsmittel Stevia-Extrakt" auf der Rückseite wettbewerbsrechtlich zulässig ist.
Der Kläger ist eine qualifizierte Einrichtung im Sinne des UKlaG und behauptet, dass die Beklagte gegen wettbewerbsrechtliche Vorschriften verstoße. Die Aussage "sweetened with Stevia" in Verbindung mit der Abbildung eines grünen Steviablattes erwecke den falschen Eindruck, dass das Produkt ausschließlich aus der natürlichen Steviapflanze bestehe. Außerdem enthalte das Produkt entgegen der Angabe auf der Rückseite kein Stevia-Extrakt.
Der Kläger beantragte daher, die Beklagte zur Unterlassung der Werbung mit der Angabe "sweetened with Stevia" und der Abbildung einer grünen Steviapflanze auf der Vorderseite sowie zur Unterlassung der Angabe "mit Süßungsmittel Stevia-Extrakt" auf der Rückseite zu verurteilen. Außerdem sollte die Beklagte die vorgerichtlichen Mahnkosten in Höhe von 214 EUR zahlen.
Die Beklagte beantragte die Klageabweisung und argumentierte, dass das Informationsinteresse des Verbrauchers bereits durch die detaillierten Angaben zu den Inhaltsstoffen des Produkts auf der Rückseite der Verpackung ausreichend erfüllt sei. Zudem sei deutlich, dass mit Stevia-Extrakt die Stevioglycoside gemeint sind.
Das Gericht wies die Klage ab, da kein Verstoß gegen die Vorschriften der Lebensmittelkennzeichnung vorliege. Auf der Rückseite der Verpackung sei die korrekte Bezeichnung des Süßungsmittels angegeben: "Süßungsmittel: 0,2% Stevioglycoside". Die Werbung auf der Vorderseite möge irreführend sein, aber das Informationsbedürfnis des Verbrauchers werde durch das Zutatenverzeichnis auf der Rückseite ausreichend erfüllt. Auch die Angabe "mit Süßungsmittel Stevia-Extrakt" sei nicht fehlerhaft, da es sich bei Stevioglycosid um ein Extrakt aus der Steviapflanze handle.
Da kein Unterlassungsanspruch bestehe, sei auch kein Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen Mahnkosten gegeben.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger. Das Urteil kann vorläufig vollstreckt werden, wenn eine Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages erbracht wird.
Die Gerichtsentscheidung im Volltext:
LG Rostock: Urteil v. 14.02.2014, Az: 3 O 144/13 (3), 3 O 144/13
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreites trägt der Kläger.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit der Kennzeichnung eines Produktes der Beklagten auf der Schauseite der Verpackung mit "sweetened with Stevia" und der Abbildung einer grünen Steviapflanze sowie der Angabe auf der Rückseite der Verpackung "mit Süßungsmittel Stevia-Extrakt".
Der Kläger ist eine qualifizierte Einrichtung im Sinne der §§ 3, 4 UKlaG. Die Beklagte ist ein Unternehmen, das Süßwaren entwickelt und vermarktet. Das Produkt der Beklagten V. wird in einer Dose in den Verkehr gebracht. Die Schauseite sieht wie folgt aus:
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Die Rückseite der Dose sieht wie folgt aus:
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Die Klägerin meint, dass die Beklagte gegen § 4 Nr. 1 UWG i.V.m. § 11 Abs. 1 Nr. 1 LFGB verstoße. Die Aussage €sweetened with Stevia€ verbunden mit der Abbildung eines grünen Steviablattes erwecke den unzutreffenden Eindruck, das Produkt besteht aus der natürlichen Steviapflanze. Desweiteren enthalte das Produkt entgegen dem Aufdruck auf der Rückseite kein Stevia-Extrakt.
Die Klägerin beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, diese zu vollstrecken am Geschäftsführer, zu unterlassen, im Rahmen geschäftlicher Handlungen für das Produkt V. wie nachfolgend abgebildet auf der Schauseite der Verpackung in einem Kreis in grüner Schrift mit der Angabe "sweetened with Stevia" und der Abbildung einer grünen Steviapflanze zu werben bzw. werben zu lassen, wenn das Produkt Stevioglycoside enthält,
Abbildung
2. die Beklagte zu verurteilen, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 25.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, diese zu vollstrecken am Geschäftsführer, zu unterlassen, im Rahmen geschäftlicher Handlungen auf der Rückseite des Produktes V. wie nachfolgend abgebildet die Angabe "... mit Süßungsmittel Stevia-Extrakt" aufzuführen,
Abbildung
3. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 214 EUR nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klageerhebung zu zahlen (Abmahnkosten).
Die Beklagte beantragt die Klageabweisung.
Sie ist u. a. der Auffassung, dass das Informationsinteresse des Verbrauchers bereits durch die detaillierten Angaben zu den Inhaltsstoffen des Produktes auf der Rückseite der Verpackung in ausreichendem Maß erfüllt sei. Aufgrund der räumlichen Nähe der Worte Stevia-Extrakt und Stevioglycoside sei auch deutlich und für den Verbraucher nicht irreführend, was mit Stevia-Extrakt gemeint ist.
Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen.
Gründe
Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Unterlassungsanspruch gemäß §§ 8 Abs. 1, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. §§ 3 Abs. 1 Nr. 3, 5, 6 Abs. 3, 4 Abs. 1 erste Alternative LMKV, sodass Ziffer 1. der Klage abzuweisen ist. Ein solcher Anspruch würde nur bestehen, wenn das Verhalten der Beklagten gegen die Vorschriften der Lebensmittelkennzeichnung als Marktverhaltensregeln verstoßen würde. Ein solcher Verstoß liegt jedoch nicht vor. Nach § 6 Abs. 3 i.V.m. § 4 Abs. 1 erste Alternative LMKV ist für das streitgegenständliche Süßungsmittel als Zusatzstoff die in Rechtsvorschriften festgelegte Verkehrsbezeichnung auf der Verpackung anzuführen. Diese durch Rechtsvorschrift vorgegebene Verkehrsbezeichnung ergibt sich aus Artikel 1 im Zusammenhang mit dem Anhang, in Verbindung mit Artikel 3 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1131/2011. Danach kann das streitige Süßungsmittel entweder als Stevioglycosid oder als E 960 bezeichnet werden. Dies ist auf der Rückseite der Verpackung erfolgt. Bei der Aufzählung der Zutaten heißt es u. a. "Süßungsmittel: 0,2 % Stevioglycoside". Aufgrund dieser zutreffenden Bezeichnung besteht kein Unterlassungsanspruch für die angegriffenen Angaben auf der Schauseite. Diese Angaben (sweetened with Stevia und das Steviablatt) mögen zwar für sich genommen irreführend sein, jedoch wird dem Informationsbedürfnis des Verbrauchers über die Beschaffenheit des Erzeugnisses durch das Zutatenverzeichnis auf der Rückseite ausreichend Rechnung getragen (vgl. Beschluss des OLG Karlsruhe v. 31.10.2013, Az.: 4 U 117/13).
Auch der Antrag zu 2. ist unbegründet. Auch hier ist, wie hinsichtlich des Antrages zu 1., darauf zu verwiesen, dass durch die Erläuterung des Begriffes Stevia-Extrakt für den Verbraucher deutlich wird, dass es sich hierbei um Stevioglycoside handelt. So ist hinter dem Wort Stevioglycoside (Stevia-Extrakt) aufgeführt. Es wird hiermit deutlich, dass Stevia-Extrakt als Synonym für Stevioglycoside verwendet wird. Da dies in unmittelbaren räumlichen Zusammenhang mit dem ersten Satz der Zutatenauflistung, in dem auch die angegriffene Passage "mit Süßungsmittel Stevia-Extrakt" steht, kann auch hier kein Irrtum beim Verbraucher hervorgerufen werden. Im Übrigen handelt es sich bei dem Stevioglycosid auch um ein Extrakt aus der Steviapflanze. Es ist ein durch verschiedene Methoden gewonnener Auszug aus der Steviapflanze, sodass die Bezeichnung Stevia-Extrakt nicht fehlerhaft ist.
Da kein Unterlassungsanspruch besteht, besteht auch kein Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen Mahnkosten.
Die Nebenentscheidungen ergehen gemäß §§ 91, 709 ZPO.
LG Rostock:
Urteil v. 14.02.2014
Az: 3 O 144/13 (3), 3 O 144/13
Link zum Urteil:
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