Landgericht Düsseldorf:
Urteil vom 5. Januar 2007
Aktenzeichen: 38 O 239/06

(LG Düsseldorf: Urteil v. 05.01.2007, Az.: 38 O 239/06)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Landgericht Düsseldorf hat in dem vorliegenden Urteil entschieden, dass der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung abgelehnt wird. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Antragstellerin. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Antragstellerin hat die Möglichkeit, die Zwangsvollstreckung abzuwenden, indem sie eine Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 6.500 Euro erbringt, sofern die Antragsgegnerin nicht vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Die Antragstellerin produziert und vertreibt unter anderem Drucker und die dazu passenden Druckerpatronen. Seit Mitte des Jahres 2002 nutzt sie spezielle Bildmotive zur Unterscheidung und Kennzeichnung verschiedener Tintenpatronen und der jeweiligen Druckerfarben. Diese Zeichen sollen dem Kunden das Auffinden der passenden Patronen erleichtern. Die Antragsgegnerin produziert und vertreibt ebenfalls Druckerpatronen, für die sie ähnliche Bildmotive wie die Antragstellerin aufdruckt.

Die Antragstellerin ist der Ansicht, dass die Antragsgegnerin ihr Bildsystem unzulässig übernommen hat und damit eine Herkunftstäuschung und unangemessene Ausnutzung der Wertschätzung der Produkte der Antragstellerin vorliegt. Zudem behauptet sie, dass die Antragsgegnerin unlautere vergleichende Werbung betreibt und sie gezielt behindert.

Das Gericht lehnte den Antrag auf einstweilige Verfügung ab, da keine Herkunftstäuschung festgestellt werden konnte. Die Verpackungen der Antragstellerin unterscheiden sich ausreichend von denen der Antragsgegnerin, und ein durchschnittlich aufmerksamer Verbraucher würde die Herkunft der Patronen nicht in Frage stellen. Auch eine unangemessene Ausnutzung der Wertschätzung liegt nicht vor, da das Bildsystem der Antragstellerin keine gegenüber anderen Patronen gesteigerte Wertvorstellung beim Verbraucher hervorruft. Zudem ist das Bildsystem nicht in sich geschlossen und die Antragsgegnerin verwendet ein vergleichbares System zur Zuordnung ihrer Patronen. Es konnte auch keine unzulässige vergleichende Werbung oder gezielte Behinderung festgestellt werden.

Aufgrund dieser Gründe wurde der Antrag auf einstweilige Verfügung abgelehnt. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Antragstellerin. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Streitwert wird auf 250.000 Euro festgesetzt.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

LG Düsseldorf: Urteil v. 05.01.2007, Az: 38 O 239/06


Tenor

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird abgelehnt.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Antragstellerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Antragstellerin kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 6.500,-- Euro abwenden, wenn nicht die Antragsgegnern vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Sicherheitsleistungen können durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand

Die Antragstellerin produziert und vertreibt unter anderem Drucker und die hierzu passenden Druckerpatronen. Seit Mitte des Jahres 2002 nutzt sie neben der Bezeichnung der Drucker sowie einer Artikelnummer der jeweiligen Patrone spezielle Bildmotive - beispielsweise U, F oder T - zur Unterscheidung und Kennzeichnung verschiedener Tintenpatronen und der jeweiligen Druckerfarben. Diese Zeichen sollen dem Kunden das Auffinden der passenden Patronen nebst der Modellnummer erleichtern. Jedem Drucker ist ein auf der zugehörigen Patrone vorhandenes Bildmotiv zugeordnet. Wegen der Einzelheiten der Gestaltung der Verpackung wird auf die Anlagen AS 1 und AS 2 verwiesen.

Die Antragsgegnerin produziert und vertreibt Druckerpatronen für Drucker verschiedener Hersteller, darunter auch für solche der Antragstellerin. Sie ist dazu übergegangen, auf der Verpackung neben den Druckerbezeichnungen und Artikelnummern den von der Antragstellerin verwendeten Bildmotiven stark ähnelnde Motive abzudrucken. Wegen der Einzelheiten dieser Gestaltung wird auf die Anlage AS 7 verwiesen.

Die Antragstellerin ist der Auffassung, ihr Bildsystem verfüge über wettbewerbsrechtliche Eigenart. Die Übernahme durch die Antragsgegnerin bewirke eine Herkunftstäuschung im Sinne von § 4 Nr. 9 a UWG und stelle eine unangemessene Ausnutzung der Wertschätzung der Produkte der Antragstellerin dar, § 4 Nr. 9 b UWG. Die Übernahme neben der Erwähnung der Druckerbezeichnung und der Artikelnummer sei sachlich nicht erforderlich und daher wettbewerbswidrig. Ferner werde die Antragstellerin im Sinne von § 4 Nr. 10 UWG gezielt behindert, die Antragsgegnerin betreibe unlautere vergleichende Werbung im Sinne von § 6 Abs. 2 UWG.

Die Antragstellerin beantragt den Erlass einer einstweiligen Verfügung mit folgendem Inhalt:

Der Antragsgegnerin wird es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,00, an dessen Stelle im Fall der Uneinbringlichkeit Ordnungshaft bis zu 6 Monate tritt, oder Ordnungshaft, zu vollziehen an dem Geschäftsführer der Antragsgegnerin, verboten,

im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Bildmotive wie C, F oder T, die die Antragstellerin zur Kennzeichnung und Zuordnung ihrer Drucker und Druckerpatronen, benutzt, für Druckerpatronen, die mit Druckern und/oder Multifunktionsgeräten der Antragstellerin kompatibel sind, zu verwenden, namentlich

solche Druckerpatronen einschließlich ihrer Aufmachung und/oder Verpackung mit solchen Bildmotiven anzubieten und/oder anbieten zu lassen, in den Verkehr zu bringen und/oder in den Verkehr bringen zu lassen und/oder in der Werbung zu benutzen oder benutzen zu lassen,

wie mit den folgenden Bildmotiven geschehen:

Bild/Grafik nur in der Originalentscheidung vorhanden

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, sie habe sich in zulässiger Weise dem von der Antragstellerin entwickelten System zum Auffinden einer jeweils passenden Druckerpatrone angenähert. Das bisherige Nummernsystem sei für die Verbraucher angesichts der kaum noch zu übersehenden Vielzahl unpraktikabel geworden und trete bei der Antragstellerin in den Hintergrund. Das Bildsystem als solches habe sich nicht als Hinweis auf die Antragstellerin durchgesetzt. Die Voraussetzungen des § 4 Nr. 9 a UWG seien ebenso wenig erfüllt wie diejenigen des § 4 Abs. 9 b UWG. Es liege eine zulässige vergleichende Werbung gemäß § 6 UWG vor. Nur durch die Verwendung des erleichternden Bildsystems sei ein Vergleich der Produkte für den Verbraucher möglich. Im übrigen sei das entsprechende Verhalten der Antragsgegnerin und der Antragstellerin jedenfalls bereits seit der Photokina 2006 bekannt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Akteninhalt verwiesen.

Gründe

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist abzulehnen. Zweifel bestehen bereits insoweit, als die Antragstellerin mit ihrem Antrag "Bildmotive wie C, F oder T" schützen möchte, ohne dass klar bestimmbar ist, welche Bildmotive im einzelnen hiermit gemeint sind. Die erwähnten drei Elemente sind beispielhaft aufgezählt. Die weitere Angabe "die die Antragstellerin zur Kennzeichnung … benutzt" dürfte ebenfalls zu unpräzise sein. Das System ist jederzeit auf alle möglichen Motive zu erweitern. Auch weisen die Packungen der Antragstellerin Bildmotive beispielsweise von Druckerpatronen selbst auf - Anlage AS 1 -, die aber wohl nicht erfasst werden sollen. Unter diesen Umständen ist die Bestimmtheit des Verfügungsantrages im Sinne von § 253 ZPO mindestens zweifelhaft.

Unabhängig hiervon sind jedoch die Voraussetzungen eines wettbewerbsrechtlich begründeten Unterlassungsanspruches nicht erfüllt.

Eine Herkunftstäuschung im Sinne von § 4 Nr. 9 a UWG lässt sich nicht feststellen. Zwischen den Parteien besteht kein Streit darüber, dass es der Antragsgegnerin grundsätzlich erlaubt ist, Druckerpatronen zu bewerben und zu vertreiben, die speziell auch für Drucker geeignet sind, die von der Antragstellerin unter ihrem Firmennamen vertrieben werden. Auch ist unstreitig, dass die Antragsgegnerin auf die Verwendbarkeit der Patronen für die konkret bezeichneten Drucker der Antragstellerin hinweisen und beispielsweise Produkterkennungsnummern der Antragstellerin wiedergeben darf. Maßgeblich ist im Rahmen der Prüfung einer vermeidbaren Herkunftstäuschung allein, ob die angesprochenen Verkehrskreise über die betriebliche Herkunft im Zweifel sein können. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Die erforderliche Gesamtbetrachtung der Produktverpackungen zeigt eindeutig, dass die von der Antragsgegnerin vertriebenen Produkte aus ihrem Haus und nicht von der Antragstellerin stammen. Die von der Antragstellerin vorgelegten Verkaufsverpackungen sind farblich, gestalterisch und der Größe nach deutlich voneinander zu unterscheiden. Insbesondere weisen die von der Antragsgegnerin stammenden Verpackungen deutlich sichtbar an verschiedenen Stellen die - bekannte - Bezeichnung "Q" nebst dem entsprechenden Graphiksymbol auf. Die Packungen zeigen ihrerseits ein einheitliches Erscheinungsbild. Die Unterschiede beziehen sich auf die textlichen und bildlichen Besonderheiten der jeweils in Rede stehenden Drucker. Ein durchschnittlich aufmerksamer Verbraucher gerät nicht in die Gefahr, die Herkunft solcher Patronen in Zweifel zu ziehen.

Auch die Voraussetzungen des § 4 Nr. 9 b UWG sind nicht erfüllt. Die Antragsgegnerin nutzt die Wertschätzung einer nachgeahmten Ware nicht unangemessen aus.

Fraglich ist bereits, ob der Verkehr den durch das Bildsystem gekennzeichneten Produkten eine gegenüber nicht in dieser Weise gekennzeichneten Ware gesteigerte Wertschätzung beimisst. Maßgeblich dürfte insoweit aus der Sicht eines Verbrauchers nur sein, ob er ein Originalprodukt des Druckerherstellers erwirbt. Wer größten Wert auf Funktionalität legt, wird sich das "Original" beschaffen, ohne dass die Gestaltung der Verpackung maßgeblich für die Frage der Wertschätzung ist. Die Verpackung kann allein das Auffinden erleichtern, indem bestimmte Elemente leicht erkennbar sind. Damit stellt das Bildsystem der Antragstellerin nichts anderes dar als eine Ergänzung und Verbesserung des Zuordnungssystems innerhalb der Vielzahl von Druckerpatronen. Eine hierüber hinausgehende Wertvorstellung ist mit dem Bildsystem nicht verbunden. Es ist in sich auch nicht geschlossen. Die Abbildungen sind jeweils nicht etwa gleich. Vielmehr handelt es sich teilweise um nahezu lichtbildhafte Abbildungen, teilweise reine Zeichnungen. Außer der Wiedergabe eines bestimmten Symbols weist das System keine Gemeinsamkeiten auf, die als wettbewerbsrechtlich eigenartig angesehen werden können. Dementsprechend nutzt die Antragsgegnerin ein vergleichbares Bildsystem als Zuordnungsmittel. Dies stellt kein unangemessenes Ausnutzen der Wertschätzung dar. Die Antragsgegnerin verwendet ein noch nicht einmal vollständig identisches Bildsystem, um bei weiterhin deutlicher Herstellerdifferenzierung die von ihr stammenden Druckerpatronen ebenfalls leicht dem System der Zuordnung durch die Antragstellerin anzupassen. Die Antragsgegnerin muß sich nicht auf die früher vorherrschende Nummerierungspraxis verweisen lassen. Um die Kompatibilität der Patronen erkennbar werden zu lassen, stellt es keine unangemessene Maßnahme dar, neben der für Verbraucher komplizierten und fehlerträchtigen alphanumerischen Kennzeichnung Bildzeichen zu verwenden, die auch nach Auffassung der Antragstellerin die Auswahl für die Kunden erleichtern sollen.

Aus den gleichen Erwägungen scheidet auch die Annahme einer unzulässigen vergleichenden Werbung gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 3 UWG aus. Wenn die Antragstellerin selbst in ihren Katalogaufstellungen (vgl. Anlagenkonvolut AS 1) dazu übergeht, ihre Produkte durch Bildsysteme voneinander abzugrenzen und damit neben den Nummern ein weiteres Kriterium einführt, erscheint es nicht unangemessen, wenn dieses Gesamtsystem von Wettbewerbern übernommen wird, um dem Verbraucher einen unmittelbaren Vergleich der Produkte verschiedener Hersteller zu ermöglichen.

Eine gezielte Behinderung im Sinne von § 4 Nr.10 UWG liegt ebenfalls nicht vor. Es ist nicht erkennbar, dass die Antragsgegnerin objektiv und subjektiv Maßnahmen ergriffen hat, die über die Ermöglichung und Erleichterung des Wettbewerbs hinausgehen.

Mangels Verfügungsanspruch kommt es auf die Frage, ob ein Verfügungsgrund gegeben ist, nicht an.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 6 und § 711 ZPO.

Der Streitwert wird auf 250.000,-- Euro festgesetzt.






LG Düsseldorf:
Urteil v. 05.01.2007
Az: 38 O 239/06


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/fa336cf976ae/LG-Duesseldorf_Urteil_vom_5-Januar-2007_Az_38-O-239-06




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