Bundespatentgericht:
Beschluss vom 28. Dezember 2005
Aktenzeichen: 21 W (pat) 63/05

(BPatG: Beschluss v. 28.12.2005, Az.: 21 W (pat) 63/05)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat in einem Beschluss vom 28. Dezember 2005 (Aktenzeichen 21 W (pat) 63/05) über die Beschwerde eines Anmelders entschieden. Im Verfahren ging es um eine Patentanmeldung für ein tragbares Gerät zur Langzeit-Perfusion von Geweben. Die Prüfungsstelle für Klasse A61M des Deutschen Patent- und Markenamts hatte die Anmeldung zurückgewiesen, da die 177 eingereichten Patentansprüche auf eine Vielzahl von unterschiedlichen Gegenständen gerichtet seien und keine einheitliche erfinderische Idee erkennen ließen. Das Bundespatentgericht ist dem nicht gefolgt und hat den Beschluss der Prüfungsstelle aufgehoben. Es verwies das Verfahren zur weiteren Bearbeitung an das Deutsche Patentamt zurück. Zudem ordnete es die Rückerstattung der Beschwerdegebühr an.

Der Anmelder hatte am 3. Juni 1996 die Patentanmeldung eingereicht, die eine umfassende, funktionell unterstützende Behandlung zur Langzeit-Perfusion von Geweben zum Gegenstand hatte. Die Patentansprüche umfassten verschiedene Geräte und Verfahren, die zur Behandlung verschiedener medizinischer Probleme eingesetzt werden können. Die Prüfungsstelle bemängelte, dass die Anmeldung keine einheitliche erfinderische Idee erkennen ließ und wies sie deshalb zurück.

Das Bundespatentgericht hielt dagegen fest, dass die Patentansprüche trotz ihrer Vielfalt eine gemeinsame übergeordnete erfinderische Idee verwirklichen. Die einzelnen Erfindungen sind untereinander in einer technischen Wechselbeziehung verbunden, die den technischen Zusammenhang zum Ausdruck bringt. Das Gericht stellte fest, dass die Anmeldung eine umfassende, universelle Behandlung lebenswichtiger Organe mittels eines tragbaren Geräts zum Ziel hat. Diese gemeinsame Idee schließt auch die verschiedenen damit verbundenen Gegenstände ein.

Einige der nebengeordneten Patentansprüche wurden jedoch als nicht einheitlich angesehen. Der Anmelder hatte keine ausreichende technische Verbindung zwischen diesen Ansprüchen und den übrigen Ansprüchen hergestellt. Daher wurden diese Ansprüche als nicht einheitlich angesehen und die Rückerstattung der Beschwerdegebühr nicht angeordnet.

Das Gericht hielt es für gerechtfertigt, die Beschwerdegebühr zurückzuerstatten, da der Verfahrensfehler der Prüfungsstelle die Entscheidung des Gerichts beeinflusst hat. Es wies jedoch darauf hin, dass eine Rückerstattung der Gebühr nicht automatisch erfolgt, wenn ein Verfahrensfehler vorliegt. Es müssen auch andere Umstände des Einzelfalls berücksichtigt werden, wie zum Beispiel das Verhalten des Beschwerdeführers oder andere Kostenaspekte.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 28.12.2005, Az: 21 W (pat) 63/05


Tenor

Auf die Beschwerde des Anmelders wird der Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse A 61 M des Deutschen Patent- und Markenamts vom 5. Juli 2005 aufgehoben und das Verfahren zur weiteren Bearbeitung zurückverwiesen.

Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird angeordnet.

Gründe

I.

Der Anmelder hat am 3. Juni 1996 die Patentanmeldung mit der Bezeichnung "Tragbares Gerät zur Langzeit-Perfusion von menschlichen und tierischen Geweben, als Herz-Lungen-Nieren-Leber-Maschine, für die umfassende, funktionell stützende Behandlung und besonders auch für die lebenserhaltende Notfall-Perfusion, zur Notfall-Versorgung von Patienten" beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereicht, welche 177 Patentansprüche umfasst. Die Offenlegung der Anmeldung erfolgte am 4. Dezember 1997.

Mit Bescheid der Prüfungsstelle für Klasse A 61 M vom 11. Februar 2004 wurde der Antragssteller unter anderem darauf hingewiesen, dass die 177 Patentansprüche auf so unterschiedliche Gegenstände wie ein tragbares Gerät zur Langzeitperfusion, einen Oxigenator, einen Dialysator, ein Leber-Ersatzorgan, ein Rechner-Programm, einen Sicherheitsrechner, ein Gerät zur neuronalen Erregung, ein Vielfach-Infusionsgerät, diverse Katheter, ein Filter u. s. w. und deshalb entgegen § 34 Abs. 55 PatG nicht auf eine Erfindung oder eine durch eine einzige erfinderische Idee verbundene Gruppe von Erfindungen gerichtet seien. Da der Anmelder die aufgezeigten Mängel in der Folgezeit nicht beseitigte, wurde die Patentanmeldung durch den angegriffenen Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse A 61 M vom 5. Juli 2005 unter Hinweis auf den vorgenannten Beanstandungsbescheid vom 11. Februar 2004 und die fehlende Einheitlichkeit der unverändert beanspruchten Vielzahl von Patentsprüchen aufgrund § 48 PatG zurückgewiesen. Auf das weitere Vorbringen des Anmelders, dass das derzeit medizinisch Machbare der computerintegrierten Medizin mit allgemeiner Organunterstützung und ununterbrochener Diagnose in einem einheitlichen, zudem tragbaren Gerät kombiniert sei, führt der angegriffene Beschluss aus, dass dem durch die Patentansprüche nicht Rechnung getragen werde. Es würden vielmehr völlig unterschiedliche Gegenstände ohne gegenseitige Bezugnahme beansprucht. Der Anmelder habe nicht einmal den Versuch unternommen, sein Patentbegehren auf einen einzigen Hauptanspruch (und ggf. zugehörige Nebenansprüche, die dieselbe erfinderische Idee realisieren) zu beschränken.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Anmelders, der seine Patentanmeldung mit den am Anmeldetag eingegangenen Ansprüchen unter Neufassung des mit Fax vom 18. August 2005 eingegangenen Patentanspruchs 1 weiter verfolgt und keinen ausdrücklichen Sachantrag gestellt hat. Der Anmelder führt zur Begründung der Beschwerde aus, dass die erfindungsgemäße Konstruktion nicht nur eine erweiterte, tragbare Herz-Lungen-Maschine mit absolutem Neuheitscharakter sei, sondern diesem Gerät besondere Bedeutung wegen der besonderen erfinderischen Höhe zukomme und die Ablehnung der Einheitlichkeit der Erfindung dieses erstmals in der Gesamtheit als funktionstüchtige Einheit offenbarten Gerätes geradezu vorschriftswidrig erscheine. Zur weiteren Begründung der nach Ansicht des Anmelders bestehenden Einheitlichkeit der Anmeldung verweist dieser ergänzend auf seine vorangegangenen Eingaben.

Wegen weiterer Einzelheiten, insbesondere des Wortlauts der Patentansprüche, wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

1) Die Beschwerde des Anmelders ist zulässig, insbesondere statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt, § 73 Abs. 1, Abs. 2 PatG. Die Beschwerde hat auch insoweit in der Sache Erfolg, als der angegriffene Beschluss aufzuheben und das Verfahren zur weiteren Bearbeitung und Prüfung der Anmeldung an das Deutsche Patentamt zurückzuverweisen ist, § 79 Abs. 3 Satz 1 Nrn. 1, 2 PatG.

a) § 79 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 PatG bestimmt, dass das Patentgericht die angefochtene Entscheidung ohne eigene Sachentscheidung aufheben kann, wenn die Gründe, die der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegen und welche die Frage der weiteren Erteilungsvoraussetzungen, insbesondere auch der Patentfähigkeit der Erfindung aus der Sicht des Prüfers entbehrlich gemacht haben, beseitigt werden und insoweit eine neue Sachprüfung erforderlich ist (vgl. Busse PatG, 6. Aufl., § 79 Rdn. 56 und 57; Schulte PatG, 7. Aufl., § 79 Rdn. 19 bis 21 - jeweils m. w. N.).

b) § 79 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 PatG bestimmt, dass das Patentgericht die angefochtene Entscheidung ohne eigene Sachentscheidung aufheben kann, wenn das Verfahren vor dem Patentamt an einem wesentlichen Mangel leidet. Ein solcher, die Zurückverweisung rechtfertigender wesentlicher Verfahrensmangel liegt vor, wenn der angefochtene Beschluss der in § 47 Abs. 1 Satz 1 PatG bestimmten Begründungspflicht nicht oder nicht in ausreichender Weise genügt (vgl. Busse PatG, 6. Aufl., § 79 Rdn. 58 m. w. N.). Danach erfordert die Begründung eines den Anmelder beschwerenden Beschlusses - wie hier die Zurückweisung der Patentanmeldung gemäß § 47 PatG - eine nähere Darlegung aller tatsächlichen und rechtlichen Überlegungen, welche die Prüfungsstelle zu der getroffenen Entscheidung veranlasst haben und zwar derart, dass eine Nachprüfung dieser Überlegungen durch die Beteiligten und die Beschwerdeinstanz möglich ist (vgl. Busse PatG, 6. Aufl., § 47 Rdn. 26 unter Hinweis auf DPA-PrRL 3.4 und m. w. N. zur st. Rspr. des BPatG).

Der Begründungspflicht nicht genügen insbesondere bloße summarische Feststellungen, formelhafte Wendungen oder Ausführungen, die nicht erkennen lassen, welche Gründe für die Entscheidung maßgebend waren bzw. sich in bloßen Wiederholungen des Gesetzes oder allgemeiner Rechtsgrundsätze erschöpfen (BPatGE 1, 76,77; 6, 50, 52; 7, 26, 29; 14, 209, 210-211).

So entspricht es auch ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur zulassungsfreien Rechtsbeschwerde im Falle des Fehlens von Gründen, dass ein Begründungsmangel im Sinne des § 100 Abs. 3 Nr. 6 PatG auch bei einer vorhandenen Begründung nicht nur dann vorliegen kann, wenn diese unverständlich, widersprüchlich oder verworren ist (st. Rspr. vgl. etwa BGHZ 39, 333, 337 - Warmpressen; GRUR 1991, 442, 443 - Pharmazeutisches Präparat; GRUR 1996, 753, 755 - Informationssignal), sondern auch, wenn - wie vorliegend - die Gründe inhaltslos sind bzw. sich auf eine Wiederholung des Gesetzestextes beschränken (BGH GRUR 1992, 159 - Crackkatalysator II; BGH X ZB 20/01, Beschluss vom 14. Mai 2002; Busse PatG, 6. Aufl., § 100 Rdn. 61 - m. w. N.).

Vorliegend erschöpft sich der angefochtene Beschluss auch in Verbindung mit der Begründung des zulässigerweise in Bezug genommenen Beanstandungsbescheids vom 11. Februar 2004 hinsichtlich des für die Zurückweisung der Anmeldung herangezogenen entscheidungserheblichen Umstandes fehlender Einheitlichkeit in dem Wortlaut des § 34 Abs. 5 PatG und in der pauschalen Behauptung, dass die beispielhaft aufgezählten Patentansprüche auf eine Vielzahl von unterschiedlichen Gegenständen gerichtet seien und jeder dieser Gegenstände offenbar eine andere erfinderische Idee zu Grunde liege, ohne jedoch anhand auch nur eines einzigen Beispiels konkret darzulegen, aus welchen Gründen welcher Gegenstand mit welchem anderen uneinheitlich sein soll. Wie eine nähere Betrachtung einzelner Patentansprüche zeigt, sind auch zumindest einige der von der Prüfungsstelle als uneinheitlich bezeichneten Gegenstände ganz offensichtlich sehr wohl einheitlich.

2) § 34 Abs. 5 PatG bestimmt, dass die Anmeldung nur eine einzige Erfindung enthalten darf oder eine Gruppe von Erfindungen, die untereinander in der Weise verbunden sind, dass sie eine einzige allgemeine erfinderische Idee verwirklichen.

a) Eine - vorliegend allein in Betracht kommende - Gruppe von Erfindungen ist anzunehmen, wenn die einzelnen Erfindungen untereinander in der Weise verbunden sind, dass diese eine einzige allgemeine erfinderische Idee verwirklichen, dh ein technischer Zusammenhang besteht, der in gleichen oder gleichwirkenden, besonderen technischen Merkmalen zum Ausdruck kommt (vgl. Busse PatG 6. Aufl., § 34 Rdn. 116), wobei die jeweiligen besonderen technischen Merkmale der einzelnen Erfindungen nicht identisch sein müssen und es auch ausreichend ist, dass diese sich nur entsprechen, dh in einer technischen Wechselbeziehung zueinander stehen (Schulte, PatG, 7. Aufl., § 34 Rdn. 244).

Die einheitliche erfinderische Idee kann deshalb auch bei Lösung mehrerer, aufgrund eines technologischen Zusammenhangs unter eine Gesamtaufgabe subsumierbare Aufgaben oder bei einer einheitlichen Wirkung mehrerer Erfindungen oder Patentansprüche unterschiedlicher Patentkategorien vorliegen, sofern diese einen technisch ausreichenden Bezug zueinander aufweisen und erkennbar ist, dass diese eine erfinderische Idee verwirklichen. Hierbei kann die Verbindung der einzelnen Erfindungen untereinander auf verschiedenste Weise zum Ausdruck gebracht werden: Nicht entscheidend ist die formale Wortwahl (vgl. Schulte, PatG, 7. Aufl., § 34 Rdn. 246 und 247). So lässt sich die Uneinheitlichkeit einer Anmeldung nicht bereits daraus herleiten, dass sich einzelne Ansprüche weder als Unteranspruch noch als Nebenanspruch darstellen (BGH GRUR 1979, 461, 462 - Farbbildröhre). Andererseits kann auch die Einheitlichkeit mangels einer einheitlichen allgemeinen Idee fehlen, obwohl die einzelnen Erfindungen nach dem Anspruchswortlaut (formal) verbunden sind.

Wie der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung betont, ist bei der Beurteilung eines Erfindungskomplexes und des hierzu erforderlichen wirtschaftlichen und technologischen Zusammenhangs auch darauf zu achten, dass eine unnötige Zerstückelung von Anmeldungen vermieden wird und zusammengehörige Fragen in einem Verfahren behandelt werden (BGH GRUR 1979, 461, 462 - Farbbildröhre; BGH GRUR 2002, 143, 146 - Suche fehlerhafter Zeichenketten). Dagegen hilft der bei der Beurteilung der Frage der Einheitlichkeit sonst im Vordergrund stehende Richtsatz, dass der Anmelder nicht missbräuchlich, etwa zum Zweck der Gebührenersparnis, mehrere Erfindungen, die nichts miteinander zu tun haben, in einer Anmeldung zusammenfassen darf, bei Erfindungskomplexen, wie bei der Stoff-, Herstellungs- und Verwendungserfindung, die eine Erfindungsgesamtheit zum Gegenstand haben und bei denen enge Zusammenhänge der einzelnen Anteile untereinander an der Erfindungsgesamtheit bestehen, nicht weiter (BGH GRUR 1974, 774, 775 - Alkalidiamidophosphite).

b) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist nach Auffassung des Senats trotz des Umstandes, dass die Vielzahl der Patentansprüche verschiedene Vorrichtungen und auch Verfahren umfassen, entgegen der nicht näher begründeten Auffassung der Prüfungsstelle hinsichtlich der beispielhaft angesprochenen Patentansprüche "tragbares Gerät zur Langzeitperfusion", "Oxigenator", "Dialysator", "Leber-Ersatzorgan", "Rechner-Programm", "Sicherheitsrechner" u. s. w. von einer Einheitlichkeit der Anmeldung i. S. v. § 34 Abs. 5 PatG auszugehen. Denn diese Patentansprüche weisen trotz teils abweichender Patentkategorie und trotz der Verschiedenheit der Gegenstände der unterschiedlichen Einzelaufgaben und der technischen Lösungen der jeweiligen beanspruchten Vorrichtungen einen hinreichenden technologischen Zusammenhang im Hinblick auf die der Anmeldung zugrundeliegende übergeordnete Gesamtaufgabe auf und sind Teil eines einheitlichen Erfindungskomplexes zur Realisierung einer gemeinsamen übergeordneten erfinderischen Idee.

aa) Ausgehend von der maßgeblichen objektiven Aufgabe, die auch in der Bezeichnung und Beschreibung der Anmeldung zum Ausdruck kommt und die als Hilfsmittel für die Ermittlung des objektiven technischen Problems heranzuziehen ist (vgl. BGH GRUR 2003, 693, 695 - Hochdruckreiniger; BGH GRUR 2005, 141, 142 - Anbieten aktiver Hilfe - m. w. N.), besteht vorliegend die diesen Patentansprüchen zugrunde liegende gemeinsame, übergeordnete Aufgabe darin, eine umfassende, funktionell stützende Behandlung zur Langzeitperfusion von menschlichem und tierischen Geweben zu ermöglichen, also eine umfassende Behandlung zur Perfusion, d. h. zur "Durchblutung und Durchspülung von menschlichen und tierischen Geweben, Zellverbänden, Blutgefäßen und Organen" (Offenlegungsschrift, Beschreibung S. 2 Zeilen 60-61), oder "als vollständigen oder teilweisen Ersatz aller wichtigen Organe" (Beschreibung S. 2 Zeile 6) einschließlich der Notfallversorgung (Offenlegungsschrift, Beschreibung S. 2 Zeile 14). So heißt es auch in der Beschreibung u. a. "so wie das Gerät natürlich auch an den besonderen, gegebenen Verwendungszweck durch sinngemäßes Hinzufügen von erfindungsgemäßen Kreisläufen und weiteren Organen, ähnlich z. B. dem Leber-Ersatz-Organ (10) in seinem Organ-Behälter (53) angepasst wird" (Offenlegungsschrift, Beschreibung S. 2 Zeilen 10-12). An anderer Stelle wird darauf hingewiesen, dass "die Verkleinerung des Gerätes durch Miniaturisierung und Weglassung von Funktionen.... zur Notfall-Rettung von Patienten vorteilhaft (ist)" (Offenlegungsschrift, Beschreibung S. 2 Zeilen 14-15) oder dass "durch Zusammenfassen funktioneller Bauteile zu leicht austauschbaren Baugruppen (Organ-Halte-Beutel - 55-) ...der Austausch der so erzielten Komponenten auch im Inneren des Gerätes leicht möglich" sein soll (Offenlegungsschrift, Beschreibung S. 15 Zeilen 21-23).

bb) Wie die Anmeldung belegt, soll diese universelle Aufgabe in Gestalt eines tragbaren Geräts gelöst werden, welches gemäß Patentanspruch 1 (Fassung vom 18. August 2005 Zeilen 45-50) "dadurch gekennzeichnet (ist), dass auch die, die natürlichen Organe wie Herz, Lunge, Niere und Leber ersetzenden Organe wie Blutpumpe (1), Oxigenator (6), Dialysator (7) und Leber-Ersatz-Organ gemeinsam angetrieben werden und miteinander....verbunden sind". Dementsprechend werden in der Anmeldung eine Vielzahl von integrierten einzelnen Vorrichtungen beansprucht, durch welche die entsprechende technische Lehre und die jeweiligen technischen Merkmale zur Lösung dieser Gesamtaufgabe bereit gestellt werden - wie z. B. der "Oxigenator für ein Gerät gemäß den Ansprüchen 1-32..." (ursprüngliche Ansprüche 33 bis 38), der "Dialysator für ein Gerät gemäß den Ansprüchen 1-38..." (ursprüngliche Ansprüche 39 bis 57), das "Leber-Ersatz-Organ" (ursprüngliche Ansprüche 58 bis 68), das "Maschinenlesbare gekennzeichnete Organ-Modul" (ursprünglicher Anspruch 69) oder das Vielfach-Infusionsgerät (ursprüngliche Ansprüche 136 bis 143). Hierzu zählt auch das Zubehör - wie der "Gefäßverschlusskatheter für ein Gerät nach den Ansprüchen 1-138" (ursprüngliche Ansprüche 142 bis 145), der "Katheter zum Öffnen der Herzklappen... für ein Gerät nach den Ansprüchen 1-145" (ursprüngliche Ansprüche 146 und 147) oder der "Filter für ein Gerät nach den Ansprüchen 1-148" (ursprüngliche Ansprüche 149 bis 156), der "Notstrom-Antrieb für Perfusions-Gerät nach den Ansprüchen 1-159" (ursprünglicher Anspruch 160), der "Sicherheits-Rechner...." (ursprüngliche Ansprüche 131 bis 133) - einschließlich der hierbei anwendbaren Programme und Verfahren - wie das "Rechner-Programm... (ursprünglicher Anspruch 130) oder das "Verfahren zur dezentralgezielten, gerinnungshemmenden Blutverdünnung ..." (ursprünglicher Anspruch 167).

cc) Die übergeordnete identische erfinderische Idee, eine umfassende, universelle Perfusionsbehandlung lebenswichtiger Organe mittels des beanspruchten (Universal)Geräts zu ermöglichen, schließt deshalb die weiteren hiermit technisch verbundenen oder jedenfalls je nach Einsatzzweck in unterschiedlicher technischer Wechselwirkung stehenden Patentgegenstände mit ein und begründet die Einheitlichkeit der Anmeldung, auch wenn sowohl die Fassung der Ansprüche wie auch der beschreibende Teil Unklarheiten sowie weitschweifige und teilweise sachfremde Ausführungen enthalten, welche das Verständnis des Gewollten erheblich erschweren.

3) Allerdings ist zumindest für einen Teil der nebengeordneten Patentansprüche die Aussage der Prüfungsstelle fehlender Einheitlichkeit i. S. v. § 34 Abs. 5 PatG jedenfalls im Ergebnis richtig. Dies betrifft z. B. den nebengeordneten Patentanspruch 163, wie auch den untergeordneten Anspruch 164. Patentanspruch 163 lautet:

"Drosselfähige Absperreinrichtung für Perfusions-Geräte nach den Ansprüchen 1-162, mit einem Flüssigkeitsbetätigten Membranventil, dadurch gekennzeichnet, dass die Ventilmembran (z. B. 28M) als Absperrkörper aus drei rollend beweglichen Membran-Teilstücken (z. B. 28M1-3) (Anm. ausgebildet€) ist, die jeweils im geschlossenen Zustand des Ventils (hier 28) in dessen Gehäuse (28G) einem Strömungskörper entsprechen, dessen Material an seiner höchsten, zur Querschnittsmitte gewandten Stelle (Q) für eine dichtende, flatterneigungsdämpfende Form, längs zur Strömungsrichtung dadurch verdickt ist, wodurch, in geöffnetem Zustand, mit rollender Membran-Bewegung, dahin, nur Falten parallel zur Hauptströmungsrichtung durch das Ventil (hier 28) entstehen".

Dieser Anspruch stellt sich auch nach Auffassung des Senats als uneinheitlich i. S. v. § 34 Abs. 5 PatG dar, da die hierfür erforderliche technische Wechselbeziehung bei einer Gruppe von Erfindungen, in welcher die erforderliche gemeinsame erfinderische Idee zum Ausdruck kommt, bei nebengeordneten Vorrichtungsansprüchen auch nicht durch eine - den Schutzgegenstand nicht einschränkende - bloße Zweckangabe erreicht werden kann, wenn die Merkmale der beanspruchten Vorrichtungen keinen technischen Bezug zu den weiteren Ansprüchen aufweisen.

Zwar kann die Verbindung der einzelnen Erfindungen untereinander auf verschiedenste Weise zum Ausdruck gebracht und auch durch eine sachgerechte Rückbeziehung der Ansprüche oder durch die Erwähnung einer besonderen Anpassung der einen Erfindung an eine andere erreicht werden. Das aber ist z. B. beim Gegenstand des Anspruch 163 nicht der Fall. Der Patentanspruch 163 betrifft ganz allgemein irgendeine drosselfähige Absperrvorrichtung, die u. a. auch bei Perfusionsgeräten eingesetzt werden kann. Die Zweckangabe "für Perfusionsgeräte" stellt jedoch lediglich eine bevorzugte Verwendung dar, ohne den Gegenstand darauf einzuschränken. Es ist auch nicht durch weitere im Patentanspruch 163 erwähnten Bauteile sichergestellt, dass sich die Absperrvorrichtung ausschließlich auf ein Perfusionsgerät bezieht. Es ist deshalb nicht ersichtlich, inwieweit die technischen Einzelheiten der beanspruchten Absperrvorrichtung einen technischen Bezug zu den weiteren Ansprüchen aufweist.

Sollte der Anmelder die Zweckbestimmung obligatorisch wünschen, so könnte er dies über einen entsprechenden Verwendungsanspruch erreichen. Der Anmelder hat aber nicht einmal seine Bereitschaft zu erkennen gegeben, die aufgezeigten Mängel zu beseitigen, und er ist auch nicht dem aus Sicht des Senats zielführenden Vorschlag der Prüfungsstelle gefolgt, zur sachgerechten Formulierung der Patentansprüche die sachkundige Beratung durch einen Patentanwalt in Anspruch zu nehmen. Auch in der Beschwerdebegründung hat der Anmelder keine Bereitschaft zu erkennen gegeben, den Mangel der fehlenden Einheitlichkeit in der üblichen Weise durch Verzicht oder Ausscheidung zu beheben.

4) Wenn eine Zurückverweisung trotz des vorliegenden wesentlichen Verfahrensmangels i. S. v. § 79 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 PatG nicht notwendigerweise erfolgen muss, sondern im pflichtgemäßen Ermessen des Senats steht und der Senat auch eine eigene Sachentscheidung treffen kann, so ist vorliegend zu berücksichtigen, dass das Verfahren auch im Hinblick auf die bisher unterbliebene Prüfung der Patentfähigkeit der geltend gemachten Ansprüche gemäß §§ 1 bis 5 PatG sowie die weiteren Patenterteilungsvoraussetzungen i. S. d. § 48 PatG - insbesondere auch des bisher nicht ermittelten Standes der Technik - nicht entscheidungsreif und von der Prüfungsstelle fortzuführen ist. Das Verfahren ist deshalb an die Prüfungsstelle zurückzuverweisen.

5) Gemäß § 80 Abs. 3 PatG war die Rückzahlung der Beschwerdegebühr anzuordnen, da dies im Hinblick auf den der angefochtenen Entscheidung anhafteten Begründungsmangel der Billigkeit entspricht. Insoweit entspricht es ständiger Rechtsprechung, dass alle Umstände des Falles zu berücksichtigen sind, die Billigkeitsgründe sehr vielgestaltig sind und weder das Vorliegen von Verfahrensfehlern Voraussetzung für eine nach billigem Ermessen anzuordnende Rückzahlung ist, noch andererseits der bloße sachliche Erfolg der Beschwerde bereits eine Rückzahlung rechtfertigt (vgl. hierzu Busse PatG, 6. Aufl., § 80 Rdn. 95-96 - m. w. N. auf die st. Rspr.).

a) Soweit eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr aufgrund von Verfahrensfehlern in Betracht kommt, sollen nur schwerwiegende Verfahrensfehler (so Schulte PatG, 7. Aufl., § 73 Rdn. 129) oder für die Beschwerdeeinlegung ursächliche Verfahrensfehler (vgl. hierzu Busse PatG 6. Aufl., § 80 Rdn. 97; Schulte PatG, 7. Aufl., § 73 Rdn. 129; zu § 71 MarkenG Ströbele/Hacker MarkenG, 7. Aufl., § 71 Rdn. 61) eine Rückzahlung rechtfertigen. Die Ursächlichkeit eines Verfahrensfehlers soll nur dann zu bejahen sein, wenn aus der Sicht eines verständigen Beschwerdeführers nicht auszuschließen ist, dass die Entscheidung ohne den Fehler anders ausgefallen wäre und er deshalb die Beschwerde für notwendig halten durfte (Schulte PatG, 7. Aufl., § 73 Rdn. 129 - m. w. N.) bzw. ohne Verfahrensfehler möglicherweise eine andere, nicht zur Beschwerdeerhebung zwingende Entscheidung ergangen wäre (so Ingerl/Rohnke MarkenG 2. Aufl., zu § 71 Rdn. 41 - m. w. N.; zur ausreichenden Möglichkeit einer Kausalität vgl auch Busse PatG, 6. Aufl., § 80 Rdn. 97 m. w. N.). Eine Rückzahlung scheidet danach mangels Ursächlichkeit für die Beschwerdeeinlegung aus, wenn die Gebühr auch bei ordnungsgemäßer Sachbehandlungen angefallen wäre (so Busse PatG, 6. Aufl., § 80. Rdn. 97 - m. w. N.) bzw. die Beschwerde auch bei verfahrensfehlerfreier Entscheidung erhoben worden (Schulte PatG, 7. Aufl., § 73 Rdn. 130 unter Hinweis auf BPatG 30, 207, 211) und erfolglos geblieben wäre (so zum MarkenG Ingerl/Rohnke MarkenG 2. Aufl., § 71 Rdn. 41 - m. w. N.) oder auch ohne Fehlverhalten inhaltlich dieselbe Entscheidung ergangen wäre und deshalb Beschwerde hätte eingelegt werden müssen (so zum MarkenG Ströbele/Hacker MarkenG, 7. Aufl., § 71 Rdn 61 - m. w. N.).

b) Wenn der Senat diese Auffassungen auch im Ergebnis teilt, so ist jedoch zu berücksichtigen, dass der insoweit allgemein formulierte Grundsatz, die Anordnung der Rückzahlung der Gebühr sei immer dann billig, wenn bei ordnungsgemäßer und angemessener Sachbehandlung der Erlass eines Zurückweisungsbeschlusses nicht in Betracht gekommen wäre und damit die Erhebung der Beschwerde sowie die Einzahlung der Beschwerdegebühr hätte verhindert werden können (Schulte PatG, 7. Aufl., § 73 Rdn. 122 m. w. N. auf die st. Rspr.), weitergehend auch auf den Erfolg in der Sache abstellt. Dies könnte dahingehend verstanden werden, dass der Erfolg in der Sache eine zwingende Voraussetzung für eine gemäß § 80 Abs. 3 PatG mögliche Rückzahlungsanordnung sei. Dies ist aber nach Auffassung des Senats nicht der Fall und ist auch nicht der insoweit zitierten ständigen Rechtsprechung des Bundespatentgerichts zu entnehmen. Es bedarf vielmehr einer differenzierenden Betrachtung des Einzelfalls hinsichtlich der Ursächlichkeit des Verfahrensverstoßes für die Entscheidung und der hiervon zu unterscheidenden Frage der Ursächlichkeit der Beschwerdeeinlegung, welche nicht mit dem Erfolg in der Sache bzw der Frage eines inhaltlich unrichtigen Sachergebnisses der angegriffenen Entscheidung gleichzusetzen ist.

aa) Soweit es für die Frage einer der Billigkeit entsprechenden Rückzahlung der Beschwerdegebühr gemäß § 80 Abs. 3 PatG bei Verfahrensfehlern nach allgemeiner Ansicht zunächst zutreffend auf die Ursächlichkeit des Verfahrensfehlers für die angegriffene Entscheidung ankommt, liegt es nahe, auch die gesetzlichen Bestimmungen und die in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur zulassungsfreien Rechtsbeschwerde gemäß § 100 Abs. 3 PatG (ebenso zu § 83 Abs. 2 MarkenG und § 547 ZPO zu den absoluten Revisionsgründen) entsprechend heranzuziehen. Danach ist mit bestimmten schwerwiegenden Verfahrensfehlern eine unwiderlegbare Kausalitätsvermutung verbunden. Es ist deshalb insbesondere nicht mehr zu fragen, ob die Entscheidung auf dem Rechtsverstoß beruht und ob ohne diesen anders entschieden worden wäre (vgl. Schulte PatG, 7. Aufl., § 100 Rdn. 29 - m. w. N.). Zu derartigen, eine unwiderlegbare Kausalitätsvermutung auslösenden Rechtsverstößen zählt auch der hier maßgebliche Mangel der Begründung (vgl. § 100 Abs. 2 Nr. 6 PatG, § 83 Abs. 3 Nr. 6 MarkenG, § 547 Nr. 6 ZPO), während der Rechtsverstoß der Verletzung des rechtlichen Gehörs keine derartige uneingeschränkte Kausalitätsvermutung i. S. v. § 100 Abs. 3 Nr. 3 PatG auslöst (hierzu ausführlich BGH GRUR 1997, 637, 638 - Top Selection zu § 83 Abs. 3 Nr. 3 MarkenG; Schulte PatG, 7. Aufl., § 100 Rdn. 42; zu § 83 Abs. 3 Nr. 3 MarkenG vgl. Ströbele/Hacker MarkenG, 7. Aufl., § 83 Rdn. 68 ff). Die insoweit scheinbar entgegengesetzte Ansicht und zitierte Rechtsprechung, welche auch im Rahmen des § 80 Abs. 3 PatG für den Rechtsverstoß die Kausalitätsfrage im Hinblick auf die angegriffene Entscheidung stellt (vgl. z. B. Schulte PatG 7. Aufl., § 73 Rdn. 132 sowie die zitierte Rspr. Fußnoten 229, 230; für das Markenrecht z. B. Ingerl/Rohnke MarkenG 2. Aufl., § 71 Rdn. 41 unter Hinweis auf die Entscheidungen BPatGE 38, 127 - REFER, BPatG Mitt. 1998, 309, 311 - SMP), steht deshalb tatsächlich in keinem Widerspruch zur Berücksichtigung uneingeschränkter gesetzlicher Kausalitätsvermutungen i. S. v. § 100 Abs. 3 Nr. 3 PatG. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wird die Annahme der Ursächlichkeit des Verstoßes für die Entscheidung auch nicht dadurch beseitigt, dass sich die Entscheidung im Ergebnis aus anderen Erwägungen als zutreffend erweist (vgl. BGH GRUR 2004, 77, 79 PARK & BIKE; BGH GRUR 2004, 76, 77 - turkey & corn - jeweils zu § 83 Abs. 3 Nr. 3 MarkenG; vgl. auch Schulte BPatG, 7. Aufl., § 100 Rdn. 42 m. w. N.). Soweit in der Literatur an anderer Stelle uneingeschränkt eine Kausalitätsprüfung verlangt wird, ist zu beachten, dass sich diese Forderung nicht auf die angegriffene Entscheidung bezieht, sondern auf die Beschwerdeeinlegung (vgl. Busse PatG, 6. Aufl., § 80 Rdn. 97; Schulte PatG, 7. Aufl., § 73 Rdn. 129; Ströbele/Hacker MarkenG, 7. Aufl., § 71 Rdn. 61). Im Ergebnis ist deshalb auch vorliegend von der Ursächlichkeit des Begründungsmangels für die angegriffenen Entscheidung auszugehen, ohne dass dies in Frage gestellt werden könnte.

bb) Hiermit ist allerdings auch nach Auffassung des Senats die Rückzahlung der Beschwerdegebühr gemäß § 80 Abs. 3 PatG noch nicht hinreichend gerechtfertigt, sondern es bedarf im Rahmen der zutreffenden Ermessensentscheidung auch der Beurteilung, ob der Rechtsverstoß Anlass für die Beschwerdeerhebung aus Sicht eines verständigen Beschwerdeführer war, ob also von einer ursächlichen Beschwerdeerhebung auszugehen ist, und ob nicht besondere Umstände des Einzelfalls einer Rückzahlung entgegenstehen.

Denn unter Billigkeitsgesichtspunkten muss selbst ein sich auf die angefochtene Entscheidung unwiderleglich auswirkender Verfahrensfehler, welcher die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung rechtfertigt, für sich genommen nichts zwangsläufig die Rückzahlung der Beschwerdegebühr rechtfertigen. So ist zu berücksichtigen, dass nicht jeder zur Aufhebung einer Entscheidung rechtfertigender ursächlicher Verfahrensfehler primär dem Schutz des Beteiligten dient. Dies gilt selbst bei den schwerwiegenden Verfahrensverstößen im Rahmen der nicht zugelassenen Rechtsbeschwerde i. S. v. § 100 Abs. 3 PatG, wie z. B. den Vorschriften über die Öffentlichkeit. Hinzu kommt, dass es auch insoweit stets einer konkreten Geltendmachung des Verfahrensverstoßes bedarf und zudem selbst mit der erfolgreichen Verfahrensrüge nicht zwangsläufig eine Niederschlagung der Kosten des Rechtsmittels verbunden ist, sondern nur im Rahmen des § 8 GKG wegen fehlerhafter Sachbehandlung möglich ist (vgl. Busse PatG 6. Aufl., § 109 Rdn. 25). Dies gilt erst Recht im Rahmen der nach § 80 Abs. 3 PatG zu treffenden Billigkeitsabwägung. Es ist deshalb einzubeziehen, ob der Verfahrensfehler trotz seiner Ursächlichkeit für die angegriffene Entscheidung im konkreten Fall jedenfalls deswegen nicht ohne Auswirkung für die Beschwerdeerhebung geblieben ist, weil feststeht, dass die Beschwerde auch bei verfahrensfehlerfreier Entscheidung erhoben worden wäre, (vgl. auch Schulte PatG, 7. Aufl., § 73 Rdn. 130), oder weil die Beschwerdebegründung einen hiervon losgelösten sonstigen Beschwerdegrund offenbart oder weil der Schutzzweck der verletzten Verfahrensvorschrift ohne Auswirkung auf die berechtigten Interessen des Beschwerdeführers an einer Überprüfung der angegriffenen Entscheidung geblieben ist. Auch sind die weiteren jeweiligen Umstände des Einzelfalls in die Abwägung einzubeziehen, welche trotz veranlasster Beschwerdeerhebung eine negative Entscheidung zu Lasten des Beschwerdeführers rechtfertigen können, so z. B. ein eigenes erhebliches Fehlverhalten des Beschwerdeführers oder andere Kostengesichtspunkte, wie sie sich z. B. im Falle einer eigenen Sachentscheidung des Senats und hierdurch bedingter Kompensation der Kosten ergeben können (vgl. z. B. BPatGE 30, 207, 211).

Zusammenfassend ist demnach festzustellen, dass es für die gemäß § 80 Abs. 3 PatG dem billigen Ermessen entsprechende Anordnung der Rückzahlung der Beschwerdegebühr bei Vorliegen eines Verfahrensverstoßes im Rahmen der Würdigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls einer differenzierten Betrachtung hinsichtlich der Ursächlichkeit des Verfahrensverstoßes für die Entscheidung und der hiervon zu unterscheidenden Frage der Ursächlichkeit der Beschwerdeeinlegung bedarf. Insoweit ist es ausreichend, wenn aus Sicht eines verständigen Beschwerdeführers wegen der nicht auszuschließenden Möglichkeit einer ursächlich bedingten Fehlentscheidung in der Sache Veranlassung zur Beschwerdeeinlegung resultierte (im Ergebnis ebenso BPatGE 6, 50, 52-53; 14, 209, 211; Schulte PatG, 7. Aufl., § 73 Rdn. 133). Der Erfolg in der Sache bzw. die Frage eines inhaltlich unrichtigen Sacheergebnisses der angegriffenen Entscheidung ist hiermit nicht gleichzusetzen und auch keine zwingende Voraussetzung für eine der Billigkeit entsprechende Rückzahlungsanordnung.

c) Nicht entscheidend ist danach, ob sich vorliegend der Verfahrensfehler in der zu treffenden Sachentscheidung tatsächlich ausgewirkt hat, insbesondere ob die angefochtene Entscheidung im Ergebnis in der Sache ohne den Fehler anders ausgefallen wäre oder ob sich diese aus anderen Gründen als zutreffend erweist, weil auch das Beschwerdegericht das Resultat der angegriffenen Sachentscheidung im Ergebnis teilt. Auch belegt die Beschwerdebegründung, dass sich der Beschwerdeführer ausdrücklich mit der Frage der seiner Auffassung zu Unrecht verneinten Einheitlichkeit auseinandergesetzt hat und hierzu auch aus der Sicht eines verständigen Beschwerdeführers Veranlassung bestand, so dass von einer ursächlichen Beschwerdeerhebung auszugehen ist. Dass sich im Ergebnis der angegriffene Beschluss im Hinblick auf einzelne, nicht erwähnte Patentansprüche als richtig erweist, weil auch der Senat insoweit eine Einheitlichkeit der Anmeldung verneint, vermag hieran nichts zu ändern und spricht nicht gegen eine der Billigkeit entsprechende Rückzahlung der Beschwerdegebühr, zumal vorliegend mangels bisheriger Prüfung der Patentfähigkeit die Sache auch nicht aus anderen Gründen entscheidungsreif ist und zur weiteren Bearbeitung an das Patentamt zurückzuverweisen ist. Eine abweichende Beurteilung könnte vorliegend nur deshalb in Betracht zu ziehen sein, weil der Anmelder selbst die Bearbeitung seiner umfänglichen, unübersichtlich gestalteten und inhaltlich nur schwer zu durchdringenden Anmeldung selbst erheblich erschwert hat. Der Anmelder ist auch den Empfehlungen des Prüfers nicht nachgekommen, sich des fachkundigen Rats eines Patentanwalts zu bedienen und die angesprochenen Mängel im Hinblick auf die Formulierung der Ansprüche zu beseitigen. Allerdings ist andererseits auch zu berücksichtigen, dass diese gegen eine Rückzahlung der Gebühr sprechenden Umstände im Hinblick auf den schwerwiegenden Begründungsmangel und die auch in der Sache erforderliche Zurückverweisung weniger schwer wiegen, so dass im Ergebnis eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr gerechtfertigt erscheint.

Dr. Winterfeldt Dr. Maksymiw Dr. Häußler Engels Pr






BPatG:
Beschluss v. 28.12.2005
Az: 21 W (pat) 63/05


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/faece5cfb9d5/BPatG_Beschluss_vom_28-Dezember-2005_Az_21-W-pat-63-05




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