Landgericht Braunschweig:
Beschluss vom 27. Juli 2006
Aktenzeichen: 9 O 1778/06
(LG Braunschweig: Beschluss v. 27.07.2006, Az.: 9 O 1778/06)
Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung
Das Landgericht Braunschweig hat entschieden, dass die Verwendung einer eingetragenen Marke als Ad-word in Internetsuchmaschinen eine markenmäßige Benutzung darstellt und damit die Markenrechte verletzt. Dies gilt insbesondere, wenn typische Markenbezeichnungen verwendet werden, um bei der Eingabe in die Suchmaschine das Erscheinen einer Anzeige zu erzeugen.
Im konkreten Fall wurde der Antragsgegnerin untersagt, die Bezeichnung "J" als Ad-word in Google-adword-Anzeigen für Schmuck, Uhren oder dazugehörige Accessoires zu verwenden. Bei Eingabe der Bezeichnung "J" in die Internetsuchmaschine darf das Internetangebot der Antragsgegnerin nicht angezeigt werden, ohne dass dort Produkte der Antragstellerin angeboten werden.
Für den Fall einer schuldhaften Zuwiderhandlung wurde der Antragsgegnerin eine Ordnungshaft von bis zu 6 Monaten oder ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000,00 Euro angedroht. Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragsgegnerin. Der Streitwert wurde auf 50.000 EUR festgesetzt.
Das Gericht hat entschieden, dass die Verwendung des klägerischen Zeichens als Ad-word eine markenrechtliche Benutzungshandlung darstellt, die die Ausschließlichkeitsrechte der Antragstellerin verletzt. Durch die Verknüpfung des Zeichens "J" mit den Internetseiten der Antragsgegnerin entsteht bei den Internetnutzern der Eindruck, dass dort Waren der Antragstellerin angeboten werden. Die Verwendung von Marken als Ad-words oder Metatags verletzt daher die Zeichenrechte des Markeninhabers.
Die Ordnungsmittelandrohung basiert auf § 890 ZPO. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Der Streitwert wurde gemäß § 53 Abs. 1 Nr. 1 GKG, § 3 ZPO festgesetzt.
Die Gerichtsentscheidung im Volltext:
LG Braunschweig: Beschluss v. 27.07.2006, Az: 9 O 1778/06
Die Verwendung einer eingetragenen Marke als Ad-word in Internetsuchmaschinen stellt - ebenso wie bei Metatags - grundsätzlich eine markenmäßige Benutzung dar und verletzt so die Markenrechte. Dies gilt jedenfalls für den Fall, das typische Markenbezeichnungen und nicht beschreibende Begriffe benutzt werden, um bei der Eingabe in die Suchmaschine durch einen Internetnutzer das Erscheinen einer Anzeige zu erzeugen.
Tenor
1. Der Antragsgegnerin wird untersagt, im geschäftlichen Verkehrin der Bundesrepublik Deutschland zu Wettbewerbszwecken dieBezeichnung €J€ als adword in Google-adword-Anzeigenfür Schmuck, Uhren oder dazugehörige Accessoires in der Weise zuverwenden und/oder verwenden zu lassen, dass bei Eingabe derBezeichnung €J€ in die Internetsuchmaschine dasInternetangebot der Antragsgegnerin, insbesondere ihr Onlineshop... angezeigt wird, ohne dass ein dort zulässigerweise mit derBezeichnung der Antragstellerin versehene Produkte angebotenwerden.
2. Für jeden Fall der schuldhaften Zuwiderhandlung wird derAntragsgegnerin Ordnungshaft von bis zu 6 Monaten oder einOrdnungsgeld von bis zu 250.000,00 Euro angedroht, an die Stelledes Ordnungsgeldes tritt bei Nichtbeitreibbarkeit Ordnungshaft.Ordnungshaft ist zu vollziehen an den Geschäftsführern derAntragsgegnerin.
3. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
4. Der Streitwert wird auf 50.000 EUR festgesetzt.
Gründe
Mit der Antragsschrift, auf die verwiesen wird, hat die Antragstellerin Tatsachen glaubhaft gemacht, die sowohl den Verfügungsanspruch als auch den Verfügungsgrund bejahen lassen.
Der begehrte Unterlassungsanspruch rechtfertigt sich aus § 14 MarkenG.
3Die Antragsgegnerin hat das geschützte Zeichen der Antragstellerin als sog. €adword€ (advertising word = Werbewort) verwendet. Der Suchmaschinenbetreiber ermöglicht dem Werbenden, selbst gewählte Keywords mit einer auf der Plattform der Suchmaschine erscheinenden kostenpflichtigen Werbeanzeige zu verknüpfen (sponsored search). Dadurch wird dem Nutzer nach Eingabe des entsprechenden Keywords als Suchbegriff automatisch die Werbeanzeige (in der Regel neben der Trefferliste als Anzeige kenntlich gemacht) präsentiert, die Werbung wird ihm somit kontext-sensitiv angezeigt (vgl. Schaefer, MMR, 2005, 807).
4Nach Auffassung der Kammer (vgl. LG Braunschweig 9 O 2852/05) sind die adwords wie Metatags zu behandeln. Metatags stehen im Header eines HTML Dokuments und werden vom Browser nicht angezeigt. Je nach dem definierten Umfang der Metatags finden sich darin Angaben über die verwendete Sprache, die Keywords, eine kurze Beschreibung der Webseite usw.
Entscheidend ist, dass adwords und Metatags jeweils für den Internetnutzer nicht unmittelbar sichtbar sind, ihre Verwendung innerhalb der Suchmaschinen aber zu Treffern bzw. Anzeigen führt.
6Die Kammer folgt für Metatags bzw. adwords der Auffassung des OLG Hamburg (MMR 2005, 186) nach der von einer differenzierten Betrachtung des Einzelfalls auszugehen ist, die dabei anzusetzen hat, welche Vorstellungen der Verbraucher bei Eingabe / Aufruf des konkreten Zeichens und der ihm sodann gezeigten Trefferliste hat (ausführliche Nachweise zum Streitstand bei OLG Hamburg a.a.O.).
7Bei dem Zeichen €J€ handelt es sich um eine typische Markenbezeichnung, die keinen beschreibenden Inhalt erkennen lässt. Die Bezeichnung ist nahe liegend nur dazu geeignet, eine darunter angebotene Leistung von dem Angebot eines anderen Unternehmers zu unterscheiden und muss daher vom Verkehr als Herkunftshinweis verstanden werden.
8Die Verwendung des klägerischen Zeichens als adword stellt deshalb eine kennzeichenrechtliche Benutzungshandlung dar, welche die Antragstellerin in ihren Ausschließlichkeitsrechten verletzt.
9Indem der Internetnutzer von einer Suchmaschine nach Eingabe des Wortes €J€ auf die Internetseiten der Antragsgegnerin hingewiesen wird, erfolgt eine gedankliche Verknüpfung, die den Eindruck entstehen lässt, dass dort Waren der Antragstellerin angeboten würden. Die Antragsgegnerin macht sich auf diese Weise die von der Antragstellerin aufgebaute Kraft der Marke zu Nutze und benutzen gerade die für Marken spezifische €Lotsenfunktion€ die darin besteht, in einem großen Angebot gezielt zu den eigenen Waren / Dienstleistungen hinzulenken. Im Ergebnis handelt es sich nur um eine moderne Form der Kennzeichnung eines Produktes. Statt im Laden den Verkäufer nach €XY€ zu fragen, wird jetzt die Suchmaschine im Internet befragt. Daher verletzen jedenfalls auf individuellen Kennzeichnungen beruhende Metatags bzw. adwords die Zeichenrechte des Inhabers. (vgl. zur Kennzeichenverletzung durch Metatags a. Ingerl/Rohnke, MarkenG, 2. Aufl., nach § 15 Rdnr. 83; Ströbele/Hacker, MarkenG, 7. Aufl., § 14 Rdnr. 118, 119; OLG Karlsruhe MMR 2004, 256; LG Braunschweig 9 O 2406/03 Urteil v. 10.12.03; sowie zu dem adword €impuls€ LG München MMR 2004, 689 - Impuls mit zust. Anm. Pankoke MMR 2004, 690).
Der Tenor war auf die angegriffene Verletzungsform zu konkretisieren ( § 938 Abs. 1 ZPO).
Die Ordnungsmittelandrohung hat ihre Grundlage in § 890 ZPO.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
Der Streitwert war gem. § 53 Abs. 1 Nr. 1 GKG, § 3 ZPO festzusetzen.
LG Braunschweig:
Beschluss v. 27.07.2006
Az: 9 O 1778/06
Link zum Urteil:
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