Oberlandesgericht Hamm:
Urteil vom 5. Dezember 2008
Aktenzeichen: 9 U 89/08

(OLG Hamm: Urteil v. 05.12.2008, Az.: 9 U 89/08)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Oberlandesgericht Hamm hat in einem Urteil vom 5. Dezember 2008 (Aktenzeichen 9 U 89/08) entschieden, dass die Behauptung eines privaten Krankenversicherers, ein Arzt sei von der Leistungserstattung ausgeschlossen, kein unmittelbar betriebsbezogener Eingriff in den Gewerbebetrieb darstellt. Der Kläger, ein Arzt, hatte gegen den Krankenversicherer geklagt, da dieser mehreren Patienten mitgeteilt hatte, dass der Kläger von der Leistungserstattung ausgeschlossen sei. Der Arzt betreibt eine Praxis und eine Tagesklinik, in der er chronisch Kranke behandelt.

Das Landgericht Dortmund hatte die Klage zuvor abgewiesen, da es keinen unmittelbaren Eingriff in den Gewerbebetrieb des Klägers sah. Das Oberlandesgericht bestätigt nun diese Entscheidung. Es ist der Ansicht, dass die Mitteilung des Versicherers an die Patienten keine gezielte Behinderung oder Verhinderung der Tätigkeit des Klägers darstellt. Vielmehr ist die Beklagte berechtigt, ihre Interessen und Verpflichtungen aus dem Versicherungsvertrag wahrzunehmen. Das Gericht weist darauf hin, dass die Rechtmäßigkeit des Ausschlusses bereits in verschiedenen Verfahren bestätigt wurde und die Beklagte sich deshalb auf den Ausschluss berufen kann. Es liegt kein Verstoß gegen das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb vor. Der Arzt kann daher keinen Unterlassungs- oder Feststellungsanspruch geltend machen.

Das Urteil des Landgerichts Dortmund wird bestätigt, und die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Eine Revision wird nicht zugelassen.

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Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

OLG Hamm: Urteil v. 05.12.2008, Az: 9 U 89/08


Die - an sich - zutreffende Behauptung eines privaten Krankenversicherers, der auf Unterlassung der Äußerung klagende Arzt sei von der Leistungserstattung ausgeschlossen, ist kein rechtswidriger "betriebsbezogener" Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb (§ 823 Abs. 1 BGB).

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 12. Dezember 2007 verkündete Urteil der

22. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.

Der Kläger ist Arzt und wendet sich mit Unterlassungs- bzw. Feststellungsanträgen gegen Mitteilungen der Beklagten an ihren Versicherungsnehmer über seinen Ausschluss von der Leistungserstattung sowie die darauf gestützte Weigerung der Beklagten, Versicherungsleistungen an seine Patienten auszuzahlen.

Er betreibt in L3 eine Praxis und ambulante Tagesklinik mit Schwerpunkt auf der Behandlung mulitmorbid chronisch Erkrankter. Am 10. April 1996 teilte die Beklagte - noch unter ihrer alten Firma "W" - dem Kläger mit, sie schließe gemäß § 5 Abs. 1 lit. c) der Musterbedingungen für die Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung (MB/KK 94) seine "Rechnungen und Verordnungen mit sofortiger Wirkung von der Erstattung aus".

Im Anschluss an den Ausschluss des Klägers durch die Beklagte und andere Versicherungsunternehmen klagten mehrere seiner Patienten gegen die Weigerung ihrer Krankenversicherung, die Rechnungen des Klägers zu erstatten. Sämtliche Klagen sind rechtskräftig abgewiesen worden. Auf die im Tatbestand des angefochtenen Urteils aufgeführten Entscheidungen wird verwiesen (OLG Köln, Urt. vom 21.12.1995, 5 U 268/93, VersR 1996, 490; Urt. vom 4.6.1997, 5 U 175/96, VersR 1997, 1474; Urt. vom 27.5.1998, 5 U 28/98, NVersZ 2000, 23; OLG München, Urt. vom 7.12.1999, 25 U 2049/99, Bl. 41 ff. d.A.; OLG Koblenz, Urt. v. 26.5.2000, 19 U 847/99, Bl. 49 ff. d.A.).

Die Beklagte informierte die Eheleute I, die seit mehreren Jahren bei dem Kläger in Behandlung waren, am 20. April 2006 darüber, dass der Kläger "aus wichtigem Grund von der Erstattung ausgeschlossen" worden ist. Bis zu diesem Schreiben waren alle von den Eheleuten I eingereichten Rechnungen des Klägers von der Beklagten erstattet worden.

Der Kläger hat im Wesentlichen die Auffassung vertreten, die Beklagte könne zehn Jahre nach dem Ausschluss nicht erstmals die Erstattung gegenüber den Eheleuten I verweigern. Sie sei nach Treu und Glauben daran gebunden, dass in der Vergangenheit Erstattungen ohne Beanstandungen vorgenommen worden seien. Der Ausschluss sei nicht in einem ordnungsgemäßen Verfahren und sachlich zu Unrecht erfolgt. Es liege ein widerrechtlicher Eingriff in seinen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb vor. Ferner sei sein allgemeines Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG verletzt. Dazu hat er behauptet, die Behandlungen seien nach den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen erfolgt und berücksichtigten die anerkannten Behandlungsmethoden. Sie seien korrekt abgerechnet worden. Durch den Ausschluss sei seine Arztpraxis in ihrer wirtschaftlichen Existenz bedroht.

Er hat beantragt, wie folgt zu erkennen:

1. Die Beklagte wird verurteilt, bei Meidung eines Ordnungsgeldes in Höhe von 10.000,- Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu unterlassen, im Rechtsverkehr Dritten gegenüber zu behaupten, der Kläger sei von der Leistungserstattung ausgeschlossen worden.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte nicht berechtigt ist, mit der Begründung, der Kläger sei von der Leistungserstattung ausgeschlossen, die Auszahlung der Versicherungsleistung zu verweigern.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und sich auf die Rechtmäßigkeit des Ausschlusses des Beklagten berufen. Die Eheleute I seien in der Vergangenheit auch nicht benachteiligt worden, sondern hätten mehr erhalten, als ihnen eigentlich zugestanden habe.

Das Landgericht hat die Klage nach Anhörung des Klägers abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass Ansprüche aus §§ 823, 1004 BGB nicht bestünden, weil die Mitteilung an die Versicherungsnehmer der Beklagten keinen unmittelbaren Eingriff in das Recht des Klägers an seinem eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb darstelle. Der Kläger habe allein drei Patienten benennen können, die von dem Ausschluss betroffen seien. Ferner sei er nach seiner Behauptung auch nur von fünf der bestehenden 40 Krankenversicherungsunternehmen von der Leistungserstattung ausgeschlossen worden. Damit könne keine existenzgefährdende Wirkung angenommen werden. Die Beklagte sei im Verhältnis zu ihren Versicherten zur Wahrnehmung der eigenen Interessen berechtigt gewesen. Die mit § 5 Abs. 1 lit. c) MB/KK 94 wortgleiche Regelung der allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) der Beklagten verstoße nicht gegen § 307 BGB. Da in der Vergangenheit in einer Vielzahl von Urteilen die Wirksamkeit des Ausschlusses des Klägers festgestellt worden sei, müsse dies nicht erneut überprüft werden. Denn die Beklagte berufe sich deshalb jedenfalls in vertretbarer Weise auf den Ausschluss. Auf einen Verstoß gegen Treu und Glauben könne sich der Kläger dagegen nicht berufen. Denn dieser Einwand stehe allenfalls den Versicherungsnehmern der Beklagten zu. Der Umfang der von der Beklagten ihren Versicherten gegenüber gewährten Leistungen sei zwischen den Parteien des Versicherungsverhältnisses frei verhandelbar. Eine unmittelbare Auswirkung auf den Kläger habe das nicht. Ein Anspruch ergebe sich auch nicht aus einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, da der Kläger durch die Mitteilung nicht in seiner Ehre verletzt werde. Er könne auch nicht auf § 826 BGB gestützt werden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Der Kläger verfolgt mit seiner Berufung die erstinstanzlich geltend gemachten Anträge weiter. Das Landgericht habe die Voraussetzungen eines Eingriffs in den Gewerbebetrieb falsch bewertet. Die Beklagte habe zielgerichtet gehandelt, da sie den Kläger bewusst habe ausschließen wollen. Das habe die gleichen Auswirkungen wie das Stromabschalten für eine Diskothek in einer Entscheidung des OLG Rostock (v. 25.6.2007, 3 U 70/07). Ausreichend für einen Eingriff sei auch bereits eine bloße Belästigung, ohne dass unmittelbar die Aufrechterhaltung des Betriebes bedroht sein müsse. Durch das Verhalten der Beklagten als wirtschaftsmächtigem Versicherungskonzern würden andere Konzerne künftig zur Nachahmung animiert.

Entsprechend der Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BGH, Urt. vom 13.10.1998, VI ZR 357/97, NJW 1999, 297) sei das Recht des Klägers an seinem eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb gegenüber dem Informationsbedürfnis der Beklagen abzuwägen. Die Abwägung müsse angesichts der im Rahmen "verfahrensrechtlicher Besonderheiten" und unter Verletzung der "Vorschriften der Beweisaufnahmen" zu Stande gekommenen Urteile über die Rechtmäßigkeit des Ausschlusses und des überragenden Interesses an der Fortführung der Arztpraxis auch für die Patienten, die auf seine Therapie angewiesen seien, zur Annahme der Rechtswidrigkeit des Eingriffs führen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil. Der Kläger habe sich mit einer nicht mehr zu überschauenden Zahl von Klageverfahren gegen den Ausschluss gewehrt, ohne dass er auch nur in einem Verfahren obsiegt habe. Der Ausschluss sei wegen der erfolgten Übermaßbehandlungen rechtens. Das sei durch eine Vielzahl von Gutachten bestätigt.

II.

Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg. Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Es befindet sich mit seiner sorgfältig begründeten Entscheidung im Einklang mit der obergerichtlichen Rechtsprechung aller Oberlandesgerichte, die mit den vom Kläger hier erneut aufgeworfenen, in den ihm bekannten Entscheidungen aber längst geklärten rechtlichen Fragestellungen befasst waren. Der Senat sieht auch nach erneuter Prüfung keinen Anlass, von den zutreffenden Erwägungen abzuweichen.

1. Dabei kann dahinstehen, ob die erhobene Unterlassungs- und Feststellungsklage mit den geltend gemachten Klageanträgen zulässig ist. Denn es ist bereits zweifelhaft, ob der Kläger sich für die geltend gemachten Klageansprüche auf ein ausreichendes Rechtsschutzbedürfnis stützen kann.

Das gilt zum einen für den Unterlassungsanspruch, mit dem der Kläger der Beklagten untersagen möchte zu behaupten, dass er von der Leistungserstattung ausgeschlossen sei. Denn ein solcher Unterlassungsanspruch richtet sich nur gegen die Folgen des Ausschlusses und nicht gegen den Ausschluss selbst. Nach § 5 Abs. 1 lit. c) AVB ist die Beklagte berechtigt und gegenüber den Versicherten letztlich auch verpflichtet, die betroffenen Versicherungsnehmer über einen erfolgten Ausschluss zu informieren. Solange ein solcher wirksamer Ausschluss des Klägers zu berücksichtigen ist, bestehen Bedenken, ob ein Rechtsschutzbedürfnis gegeben ist, der Beklagten die Mitteilung über einen als solchen zutreffenden Sachverhalt zu untersagen. Denn damit greift der Kläger in das ihn nicht unmittelbar betreffende Versicherungsverhältnis zwischen der Beklagten und ihren Versicherungsnehmern ein. Näher gelegen hätte es, wenn sich der Kläger direkt gegen den auch ihm gegenüber mit Schreiben vom 10. April 1996 mitgeteilten Ausschluss zur Wehr gesetzt hätte und nicht nur die Untersagung der jedenfalls folgerichtigen Mitteilungen an die Patienten anstrebt, ohne deren Grund zu beseitigen. Mit den gleichen Erwägungen bestehen Bedenken gegen die Zulässigkeit des Feststellungsantrages.

2. Das Landgericht hat die Klage aber jedenfalls deshalb zu Recht abgewiesen, weil dem Kläger die geltend gemachten Ansprüche auch in der Sache nicht zustehen.

a. Ein Unterlassungsanspruch ergibt sich zunächst nicht aus dem im Rahmen der §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB anerkannten Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Dieses Recht gilt auch für den Freiberufler (Palandt/Sprau, BGB, § 823 Rn. 127). Es ist jedoch nur dann verletzt, wenn ein unmittelbar betriebsbezogener Eingriff gegeben ist. Das Landgericht hat dies zutreffend unter Hinweis auf die einschlägige obergerichtliche Rechtsprechung, der sich auch der Senat anschließt, verneint (vgl. OLG Hamm, VersR 1988, 687; OLG Köln, VersR 1996, 234; OLG München, VersR 1999, 960; VersR 1977, 43; OLG Düsseldorf, VersR 2004; 984; ebenso Bach/Moser, Private Krankenversicherung, § 5 MB/KK Rn. 96). Für einen unmittelbar betriebsbezogenen Eingriff wäre erforderlich, dass die Beklagte gezielt zum Zwecke der Einengung, Behinderung oder Verhinderung der beruflichen Tätigkeit des Klägers gehandelt hat. Denn geschützt ist nur der spezifische betriebliche Organismus oder die unternehmerische Entscheidungsfreiheit (OLG München, VersR 1999, 960). Ein zielgerichtetes Handeln der Beklagten zum Nachteil des Klägers ist auch mit der Berufung nicht schlüssig dargelegt worden. Vielmehr ging es der Beklagten bei der Mitteilung in erster Linie um die Wahrnehmung ihrer Rechte und Verpflichtungen aus dem Versicherungsverhältnis mit den Patienten des Klägers. Es beruht auf einer eigenen Entscheidung der Versicherungsnehmer, entweder keine Leistungen mehr bei dem Kläger in Anspruch zu nehmen, oder die Behandlung künftig auf eigene Kosten fortzusetzen. Darin ist aber lediglich eine mittelbare Folge der Information über den Ausschluss zu sehen. Allein der Umstand, dass der Verdienst des Klägers dadurch geringer ausfällt, reicht für eine Verletzung des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb nicht hin (OLG Düsseldorf, VersR 2003, 984). Die vom Kläger angeführte Entscheidung des OLG Rostock (Urt. v. 25.6.2007, 3 U 70/07) betraf ersichtlich einen nicht vergleichbaren Sachverhalt, in dem der Störer mit dem Ziel handelte, den Betrieb der Klägerin zu beeinträchtigen und zu unterbinden.

b. Selbst wenn ein unmittelbarer Eingriff angenommen werden könnte, fehlte es an der erforderlichen Rechtswidrigkeit. Der Kläger führt zutreffend aus, dass die Rechtswidrigkeit eines Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb eine umfassende Interessenabwägung voraussetzt, bei der sowohl die berechtigten Interessen des Klägers als auch diejenigen der Beklagten berücksichtigt und gegeneinander abgewogen werden müssen. Danach stellt sich die Information der Eheleute I durch die Beklagte als rechtmäßig und insbesondere nicht - wie vom Kläger dargestellt - missbräuchliche Ausübung ihrer wirtschaftlichen Machtposition als Krankenversicherungsunternehmen dar.

Die Beklagte kann sich auf die berechtigte Wahrnehmung ihrer Interessen und Verpflichtungen aus dem Versicherungsvertrag mit den Patienten des Klägers berufen.

Die Regelung des § 5 Abs. 1 lit. c AVB ist wirksam. Sie hält der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB stand (vgl. OLG München, VersR 1999, 960; NVersZ 2000, 23; Bach/Moser, a.a.O., § 5 MB/KK Rn. 29 m.w.N.; Prölss/Martin, VVG, § 5 MB/KK Rn. 7). Es besteht insbesondere ein berechtigtes Interesse der Beklagten daran, einen generellen Ausschluss, der nicht für jede einzelne Abrechnung überprüft werden muss, herbeizuführen. Denn der Beklagten kann schon aufgrund ihrer Verpflichtung zur sparsamen Mittelverwendung nicht zugemutet werden, jede einzelne Rechnung mit aufwändigen und kostenträchtigen Gutachten überprüfen zu lassen.

Die Beklage war auch berechtigt, sich auf den im Jahre 1996 erklärten Ausschluss zu berufen. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass in den verschiedenen Verfahren, die bereits das Landgericht in dem angefochtenen Urteil im Einzelnen aufgeführt hat, die Rechtmäßigkeit der Ausschlussentscheidung bestätigt worden ist. Es ist anerkannt, dass damit die Berechtigung zum Ausschluss im Verhältnis zu allen Versicherten der Beklagten so lange feststeht und nicht in jedem Einzelfall erneut geprüft werden muss, bis entweder der Versicherer den Ausschluss aufgrund einer geänderten Sachlage aufhebt oder sich anderweitig mit dem Arzt verständigt (OLG Köln, VersR 2000, 23; OLG Koblenz, Urt. v. 26.5.2000, 10 U 847/99; Bach/Moser, a.a.O., § 5 MB/KK Rn. 35). Auf den festgestellten wichtigen Ausschlussgrund kann sich die Beklagte sogar dann berufen, wenn ein durch andere Versicherungsunternehmen erklärter Ausschluss gerichtlich überprüft und für wirksam gehalten wurde (OLG Koblenz, Urt. v. 26.5.2000, 10 U 847/99). Denn es kommt nicht auf eine förmliche Rechtskrafterstreckung der ergangenen Entscheidungen an. Die Beklagte handelte jedenfalls dann in berechtigter Wahrnehmung ihrer Rechte und Pflichten aus dem Versicherungsverhältnis mit den Patienten, wenn sie auf Grund der bestehenden gerichtlichen Entscheidungen von der Rechtmäßigkeit der Ausschlussentscheidung ausgehen durfte. Das war ersichtlich der Fall. Die allgemeinen und nicht ansatzweise durch konkrete Tatsachen untermauerten Vorwürfe des Klägers, die Urteile seien auf Grund von diversen Verfahrensverstößen nicht ordnungsgemäß zu Stande gekommen, sind nicht geeignet, Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Ausschlussentscheidung zu begründen. Irgendwelche Zweifel ergeben sich auch nicht aus den zahlreichen in diesem Rechtsstreit vorgelegten Strafanzeigen des Klägers gegen Richter, Sachverständige und andere Verfahrensbeteiligte, in denen er den Verdacht der Rechtsbeugung, Beweisvereitelung und Erstattung falscher ärztlicher Zeugnisse geäußert hat.

Der Kläger hat keine Umstände dargelegt, aus denen sich ergeben könnte, dass die Beklagte von geänderten Umständen ausgehen und nach erneuter Überprüfung der Voraussetzungen des Ausschlusses zu einer anderen Entscheidung hätte gelangen müssen.

Auf die Tatsache, dass die Beklagte bis zum Jahre 2006 Rechnungen der Eheleute I erstattete, kann sich der Kläger nicht berufen. Denn es betrifft allein das Versicherungsverhältnis zwischen den Eheleuten I und der Beklagten, ob sich aus der Handhabung in der Vergangenheit ein Vertrauenstatbestand ergeben hat, aus dem die Versicherungsnehmer der Beklagten Rechte herleiten können. Im Verhältnis zum Kläger ändert dies nichts an der Wirksamkeit des Ausschlusses. Denn in der unbeanstandeten Erstattung einzelner Rechnungen ist nicht der konkludente Widerruf einer Ausschlusserklärung zu sehen. Die Beklagte war auch nicht verpflichtet, nach Ablauf einer bestimmten Zeit nach Erklärung des Ausschlusses in die erneute Überprüfung der Rechmäßigkeit einzutreten. Der Ausschluss wirkt vielmehr zeitlich unbegrenzt (Prölss/Martin, VVG, § 5 MB/KK Rn. 8). Der Kläger macht auch nicht geltend, dass er an seiner beanstandeten Behandlungs- und Abrechnungspraxis irgendwelche Änderungen vorgenommen habe. Er hat nur pauschal darauf verwiesen, dass die Abrechnungen gegenüber den Eheleuten I zutreffend und ordnungsgemäß erfolgt seien. Daraus ergeben sich aber keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte verpflichtet gewesen sein könnte, von einem veränderten Abrechnungsverhalten auszugehen und die Ausschlussentscheidung überprüfen zu müssen.

Die vom Kläger angeführte Entscheidung des BGH vom 13.10.1998 (VI ZR 357/97; NJW 1999, 2534) zu geschäftsschädigenden Äußerungen eines Haftpflichtversicherers gegenüber Unfallgeschädigten, die bei dem klagenden Autovermieter einen Ersatzwagen angemietet hatten, ist mit dem hier zu entscheidenden Sachverhalt nicht vergleichbar. Denn der BGH hat die Rechtswidrigkeit des Eingriffs gerade darin gesehen, dass die dortige Beklagte sich auf eine unzutreffende Rechtsauffassung gestützt hatte und durch deren Verbreitung die Kunden des Autovermieters gezielt verunsichert hat. Demgegenüber beruft sich die Beklagte dieses Rechtsstreits auf eine Rechtsauffassung, die durch eine Vielzahl rechtskräftiger Entscheidungen als zutreffend bestätigt worden ist.

Der Kläger kann auch nicht mit Erfolg geltend machen, dass er die Behandlung der Eheleute I zwingend fortsetzen müsse, weil andernfalls die Gesundheit bzw. das Leben der Patienten gefährdet wäre. Denn die Patienten hatten - wie es in § 5 Abs. 1 lit. c) AVB vorgesehen ist - drei Monate nach der Mitteilung Zeit, notfalls den Arzt zu wechseln. Bis zum Ablauf dieser Frist war die Beklagte verpflichtet, die Liquidationen des Klägers weiter zu erstatten.

Darüber hinaus kann der Kläger auch nicht auf eine gegebenenfalls im Rahmen der Abwägung zu seinen Gunsten zu berücksichtigende besonders einschneidende Wirkung der Mitteilung durch die Beklagte auf den Betrieb seiner Praxis bzw. Tagesklinik verweisen. Auf Nachfrage des Landgerichts in der persönlichen Anhörung hat der Kläger lediglich die Vermutung geäußert, dass neben den Eheleuten I maximal drei weitere Patienten betroffen sein könnten. Eine erdrosselnde Wirkung für den Betrieb seiner Praxis ergibt sich daraus nicht. Der Vermutung des Klägers, die Beklagte handele auf Grundlage eines abgestimmten Verhaltens sämtlicher bzw. der großen Krankenversicherungsunternehmen, ist bereits dadurch der Boden entzogen, weil der Kläger selbst ausgeführt hat, dass lediglich fünf von 40 Unternehmen einen Ausschluss erklärt hätten.

c) Ein Unterlassungsanspruch des Klägers ergibt sich auch nicht aus § 824 BGB, da die Beklagte keine unwahre Tatsache behauptet, sondern auf einen zu Recht erklärten Ausschluss hingewiesen hat.

d) Zu Recht hat das Landgericht einen Unterlassungsanspruch auch nicht aus einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und aus § 826 herzuleiten vermocht. Auf die Ausführungen in dem angefochtenen Urteil wird insoweit verwiesen.

e) Schließlich besteht kein Unterlassungsanspruch aus §§ 8 Abs. 1, Abs. 3, 3, 4 UWG. Denn die Beklagte steht nicht im Wettbewerb mit dem Kläger; sie begünstigt auch durch ihre Mitteilung nicht den Wettbewerb eines anderen Arztes mit dem Kläger, sondern handelt ausschließlich zur Förderung der eigenen wirtschaftlichen Betätigung (vgl. OLG Düsseldorf, VersR 2003, 984). Denn die Beklagte hat nicht etwa in Form eines "Boykottaufrufs" dazu aufgefordert, sich bei einem anderen Arzt behandeln zu lassen.

2) Der geltend gemachte Feststellungsanspruch ist ebenfalls unbegründet. Es gelten die vorstehenden Ausführungen sinngemäß. Nach der zutreffenden Mitteilung über den Ausschluss des Klägers an die betroffenen Patienten ist die Beklagte nach § 5 Abs. 1 lit. c) AVB berechtigt, sich im Verhältnis zu den Patienten auf die Leistungsfreiheit zu berufen.

3) Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in § 708 Nr. 10 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.






OLG Hamm:
Urteil v. 05.12.2008
Az: 9 U 89/08


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/ff5c1168afa5/OLG-Hamm_Urteil_vom_5-Dezember-2008_Az_9-U-89-08




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