Bundespatentgericht:
Beschluss vom 17. Mai 2006
Aktenzeichen: 29 W (pat) 56/04

(BPatG: Beschluss v. 17.05.2006, Az.: 29 W (pat) 56/04)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Die Entscheidung des Bundespatentgerichts betrifft den Widerspruch gegen die Eintragung einer Wortmarke. Die Widersprechende hatte gegen die Eintragung der Wortmarke "PENTASIX" Widerspruch eingelegt, da sie eine ältere Wortmarke "PENTAX" für ähnliche Waren und Dienstleistungen besitzt. Das Deutsche Patent- und Markenamt hatte den Widerspruch teilweise zurückgewiesen, jedoch die angegriffene Marke für bestimmte Waren gelöscht.

Gegen diese Entscheidung legte der Markeninhaber Beschwerde ein. Er führte an, dass die Marke "PENTASIX" nicht mit der Marke "PENTAX" in Verbindung gebracht werden kann. Zudem verwies er auf die Eintragung einer ähnlichen Marke "Penta MAX". Die Widersprechende beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen.

Das Bundespatentgericht kam zu dem Schluss, dass zwischen den Vergleichszeichen eine Verwechslungsgefahr besteht, da sie klanglich ähnlich sind. Die Waren "Photographische, optische Geräte" und "ärztliche Instrumente" sind identisch, während die Waren "Papier" und "Druckereierzeugnisse" der angegriffenen Marke nicht ähnlich genug sind, um eine Verwechslungsgefahr zu begründen.

Die Kennzeichnungskraft der älteren Marke "PENTAX" wurde als durchschnittlich bewertet. Insgesamt sind die Unterschiede zwischen den Vergleichszeichen zu gering. Daher besteht im Bereich der ähnlichen Waren eine Verwechslungsgefahr.

Das Bundespatentgericht wies die Beschwerde des Markeninhabers und die Anschlussbeschwerde der Widersprechenden ab und entschied, dass keine Kostenentscheidung getroffen werden musste.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 17.05.2006, Az: 29 W (pat) 56/04


Tenor

1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

2. Die Anschlussbeschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Gegen die Eintragung der Wortmarke 399 17 271 PENTASIX für die Waren Klasse 9: Photographische, optische Geräte;

Klasse 10: ärztliche Instrumente;

Klasse 16: Papier, Druckereierzeugnisseist Widerspruch eingelegt worden aus der prioritätsälteren Wortmarke 1 160 947 PENTAX eingetragen für die Waren und Dienstleistungen der Klassen 9 und 10 Wissenschaftliche Apparate und Instrumente für Laborgeräte; Schiffahrts-, Vermessungs-, photographische, Film-, optische und Wägeapparate und -instrumente; Blitzlichtgeräte für photographische Zwecke; Lehr- und Unterrichtsapparate und -instrumente, auch elektronische; Anzeige-, Mess-, Zähl-, Registrier-, Überwachungs-, Prüf-, Steuer-, Regel- und Schaltgeräte; Geräte zur Aufnahme, Verarbeitung, Übertragung, Vermittlung, Speicherung und Ausgabe von Nachrichten und/oder Daten sowie aus einer Kombination solcher Geräte bestehende Anlagen; Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; Magnet- und Halbleiteraufzeichnungsträger, Datenverarbeitungsprogramme (soweit in Klasse 9 enthalten), Schall- und Bildplatten; Teile aller vorgenannter Apparate, Instrumente und Geräte (soweit in Klasse 9 enthalten); chirurgische, ärztliche, zahn- und tierärztliche Instrumente und Apparate.

Die Markenstelle für Klasse 16 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat den Widerspruch mit Beschluss vom 16. Juni 2003 teilweise, nämlich hinsichtlich der Waren "Papier, Druckereierzeugnisse" zurückgewiesen, im Übrigen die angegriffene Marke aber für die Waren "Photographische, optische Geräte; ärztliche Instrumente" gelöscht. Im Umfang der Löschung bestehe Verwechslungsgefahr, da der - aufgrund der sehr ähnlichen Waren erforderliche - weite Abstand nicht eingehalten werde. Vor dem Hintergrund eines verblassenden Erinnerungsbildes oder unter ungünstigen Übermittlungsbedingungen könnten die Vergleichsmarken klanglich nicht auseinander gehalten werden. Anders sei dies nur bei den nicht ähnlichen Waren zu beurteilen.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Markeninhabers vom 11. September 2003. Er trägt vor, die Produktion eines 6 x 6 Kamerasystems fortzusetzen, das auf eine alte Marke namens Pentacon Six hindeuten solle, jedoch mit dem Markennamen "PENTAX" nicht in Verbindung zu bringen sei. Im Übrigen gebe es ein anderes Kamerasystem, das trotz seiner klanglichen Nähe zu "PENTAX" eingetragen sei, nämlich "Penta MAX". Zur Anschlussbeschwerde der Widersprechenden hat er sich nicht geäußert.

Der Markeninhaber beantragt (sinngemäß), den Beschluss der Markenstelle für Klasse 16 vom 16. Juni 2003 aufzuheben und die Anschlussbeschwerde zurückzuweisen.

Die Widersprechende beantragt (Bl. 17 d. A.), die Beschwerde zurückzuweisen.

Zur Begründung verweist die Widersprechende darauf, dass ein Markenname "PENTAMAX" nicht geschützt und deshalb mit der vorliegenden jüngeren Marke nicht zu vergleichen sei. Vereinbarungen zwischen dem Markeninhaber und der Firma A... hinsichtlich einer Gestattung der Namensführung seien für das vorliegende Verfahren unbeachtlich. Es komme hier nur auf die Verwechslungsgefahr der beiden eingetragenen Zeichen an. Bei identischen und ähnlichen Waren sei daher aufgrund der Zeichenähnlichkeit der erforderliche Abstand zwischen den Vergleichsmarken nicht eingehalten. Mit der Anschlussbeschwerde werde die Löschung der jüngeren Marke auch im Hinblick auf die Waren "Papier, Druckereierzeugnisse" begehrt, da auch diese in einem engen funktionellen Zusammenhang zu fotografischen und optischen Geräten, und zwar im Sinn von "Aufnahmegerät und Ausgabemedium" stünden. Damit sei bei allen - nicht nur den bereits zurückgewiesenen - Vergleichswaren Verwechslungsgefahr gegeben.

II.

Weder die gemäß § 165 Abs. 4 i. V. m. § 66 Abs. 1 und 2 MarkenG zulässige Beschwerde des Markeninhabers noch die zulässige Anschlussbeschwerde der Widersprechenden haben in der Sache Erfolg. Die bestehende Zeichenähnlichkeit der Vergleichsmarken kann für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen begründen (§ 9 Abs. 1 S. 2 MarkenG), allerdings nur soweit, als die Vergleichswaren im Ähnlichkeitsbereich liegen.

1. Die Frage der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Dabei ist von einer Wechselwirkung zwischen den einzelnen Beurteilungsfaktoren der Waren- und Dienstleistungsidentität oder -ähnlichkeit, der Markenidentität oder -ähnlichkeit und der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke in der Weise auszugehen, dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr; vgl. BGH GRUR 2004, 598, 599 - Kleiner Feigling; GRUR 2004, 779, 781 - Zwilling/Zweibrüder).

1.1. Im vorliegenden Fall besteht nur teilweise Ähnlichkeit zwischen den Vergleichswaren, die nach der Registerlage zu beurteilen ist, da der Einwand der Nichtbenutzung nicht geltend gemacht wurde. Waren und Dienstleistungen sind grundsätzlich dann als ähnlich anzusehen, wenn unter Berücksichtigung aller erheblichen Faktoren, die ihr Verhältnis zueinander kennzeichnen, so enge Berührungspunkte bestehen, dass die beteiligten Verkehrskreise der Meinung sein könnten, die Waren bzw. Dienstleistungen stammten aus denselben oder ggf. wirtschaftlich verbundenen Unternehmen, sofern sie mit identischen Marken gekennzeichnet sind (st. Rspr.; vgl. EuGH GRUR 1998, 922 Rn. 23 - Canon; BGH WRP 2004, 357, 359 - GeDIOS; GRUR 1999, 731, 732 - Canon II; GRUR 1999, 586, 587 - White Lion).

"Photographische, optische Geräte" und "ärztliche Instrumente" sind in beiden Verzeichnissen identisch enthalten, deshalb muss der Abstand zwischen den Vergleichszeichen insoweit groß sein. Entgegen der Auffassung der Beschwerdegegnerin und Anschlussbeschwerdeführerin besteht jedoch Unähnlichkeit der eingetragenen Waren der Widerspruchsmarke zu den Waren der angegriffenen Marke "Papier, Druckereierzeugnisse". Die für die Klassen 9 und 10 für die Widersprechende eingetragenen Geräte wie z. B. "photographische Geräte; Geräte zur Ausgabe von Nachrichten" benötigen zwar Papier als Trägermedium, z. B. Fotopapier oder Schreibpapier, dennoch wird der Verkehr nicht davon ausgehen, dass das jeweilige Unternehmen, das z. B. Fotoapparate oder Drucker produziert, ebenfalls das Papier selbst herstellt, auf dem jeweils der durch das Gerät gefertigte Ausdruck befindlich ist. Selbst wenn man bei einer Sofortbildkamera unmittelbar "Papier" (im Sinne von "Foto") ausdrucken kann, handelt es sich bei dem Fotopapier lediglich um eine unselbständige Ware, die regelmäßig nicht im Ähnlichkeitsbereich der Hauptware liegt (Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl., § 9 Rn. 116; Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 2. Aufl., § 14 Rn. 483 ff.). Hinzu kommt außerdem, dass die Widersprechende "Fotopapier" als Hauptware nicht selbständig geschützt hat, und damit im Ähnlichkeitsvergleich nicht gegen "Papier" vorgehen kann, da sie mit ihrer Marke lediglich Schutz für "photographische Geräte" in Klasse 9 genießt, allerdings nicht über eigenständigen Schutz für - nach der Klassifikation von Nizza in Klasse 1 eingruppierte - "fotografische Papiere" verfügt.

Papier ist in den vorgenannten Fällen regelmäßig das Produkt, das zum verwendungsgemäßen Einsatz des Geräts erforderlich ist. Eine ähnliche Beurteilung gilt für die Waren "Druckereierzeugnisse", da ein Großteil der - für die Widerspruchsmarke eingetragenen - Geräte zwar für die Nutzeranwendung mit Gebrauchsanleitungen, Systeminformationen, Hinweisbroschüren, Katalogen etc. versehen sein wird, das Publikum deshalb jedoch nicht annimmt, der Gerätehersteller sei mit dem Verlag, der das entsprechende Informationsmaterial gedruckt hat, identisch oder wirtschaftlich oder organisatorisch verbunden.

Der von der Widersprechenden genannte Zusammenhang im Sinne einer funktionellen Ergänzung von "Aufnahmegerät und Ausgabemedium" macht "Papier" und "Druckereierzeugnisse" nicht zur eigenständig geschützten Ware, da sie vom Verkehr nicht als selbständige Waren desselben Herstellers im Rahmen der Sachgesamtheit verstanden werden, sondern der Verkehr sie lediglich als unselbständiges Trägermaterial zur funktionsgemäßen Nutzung der Geräte sieht.

1.2. Die Kennzeichnungskraft eines Zeichens ist stets produkt- bzw. dienstleistungsbezogen festzustellen, da sie je nach Ware oder Dienstleistung für die das Zeichen eingetragen ist, unterschiedlich sein kann (BGH GRUR 2004, 235, 237 - Davidoff II; GRUR 2004, 779, 781 - Zwilling/Zweibrüder). Für die in Klasse 9 eingetragenen Datenverarbeitungsprogramme der Widerspruchsmarke ist die originäre Kennzeichnungskraft der Marke "PENTAX" damit lediglich durchschnittlich, da in dieser Hinsicht keine Angaben zu einer Steigerung der Kennzeichnungskraft durch intensive Benutzung vorliegen. Damit verbleibt es bei dem Erfordernis eines weiten Abstandes für die im engen Ähnlichkeitsbereich liegenden Waren. Es kann insoweit dahin gestellt bleiben, ob der Widerspruchsmarke für "photographische Geräte" eine erhöhte Kennzeichnungskraft zuzubilligen ist, da bereits bei Annahme einer lediglich durchschnittlichen Kennzeichnungskraft Verwechslungsgefahr zwischen den Vergleichszeichen besteht.

1.3. Die Markenähnlichkeit ist anhand des Gesamteindrucks nach Schriftbild, Klang und Sinngehalt zu beurteilen, wobei insbesondere die die jeweiligen Marken unterscheidenden und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind. Abzustellen ist dabei auf die Wahrnehmung des angesprochenen Durchschnittsverbrauchers, der eine Marke regelmäßig in ihrer Gesamtheit erfasst und nicht auf die verschiedenen Einzelheiten achtet (vgl. EuGH GRUR Int. 2004, 843 - Rn. 29 - MATRATZEN; BGH GRUR 2004, 779, 781 - Zwilling/Zweibrüder).

Die Vergleichsmarken sind demnach klanglich unmittelbar verwechselbar, da zu berücksichtigen ist, dass dem Verkehr die Zeichen "PENTAX" und "PENTASIX" regelmäßig nicht gleichzeitig begegnen, sondern er auf einen undeutlichen Erinnerungseindruck zurück greift. Die Übereinstimmung in denselben fünf Anfangsbuchstaben "penta-" und dem Plosiv "x" bestimmen maßgeblich die klangliche Kongruenz der Vergleichszeichen. Die jüngere Marke enthält dazwischen zwar mit "-si-" eine Silbe mehr, so dass das Wort insgesamt länger ist. Unbetonte Zwischensilben fallen bei der Prägnanz eines Wortes aber weniger ins Gewicht als Wortanfang bzw. Wortende. Die klangliche Verwechslungsgefahr wird auch nicht durch eine einprägsame Begrifflichkeit der Zeichen ausgeschlossen. Der Begriff "penta" bedeutet in Zusammensetzungen "fünf" und wird abgeleitet vom griechischen Wort "pente" = fünf (Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 5. Aufl. 2003 [CD-ROM]). Diese Bedeutung dürfte einerseits dem allgemeinen Verkehr kaum bekannt sein, da es sich nicht um ein gängiges Fremdwort handelt, das häufig allein oder in Zusammensetzungen auftaucht. Dem Publikum ist allenfalls noch das Pentagon, in der Regel allerdings als Hinweis auf das auf einer fünfeckigen Grundfläche gebaute Verteidigungsministerium der USA, und das Pentagramm geläufig. Andererseits verliert "penta-" durch das bloße Anfügen des Buchstaben "-x" diesen prima facie bestehenden Bedeutungsgehalt und wird lediglich für ein Phantasiewort gehalten werden. Auch in der angegriffenen Marke ist die begriffliche Kombination von "penta" = "fünf" und "six" = "sechs" nicht so offensichtlich, dass eine klangliche Verwechslung dadurch von vorneherein ausgeschlossen werden könnte.

Insgesamt sind daher im Bereich der eng ähnlichen Waren und unter Berücksichtigung der durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke die Unterschiede zwischen den Vergleichszeichen zu gering, so dass die Gefahr von Verwechslungen besteht.

2. Soweit eine Ähnlichkeit zu den Waren "Papier; Druckereierzeugnisse" der angegriffenen Marke nicht festgestellt werden konnte, besteht dagegen keine Verwechslungsgefahr.

3. Eine Kostenentscheidung war nicht veranlasst (§ 71 Abs. 1 S. 2 MarkenG).






BPatG:
Beschluss v. 17.05.2006
Az: 29 W (pat) 56/04


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