Oberlandesgericht Düsseldorf:
Urteil vom 26. Oktober 2006
Aktenzeichen: I-2 U 29/06

(OLG Düsseldorf: Urteil v. 26.10.2006, Az.: I-2 U 29/06)

Tenor

I.

Die Berufung des Antragsgegners gegen das am 28. Februar 2006 verkündete Urteil der 4b Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.

II.

Dem Antragsgegner werden auch die Kosten des Berufungsrechtszuges aufer-legt.

III.

Der Streitwert für die Berufungsinstanz beträgt 100.000 €.

Gründe

Die zulässige Berufung des Antragsgegners ist unbegründet, weil das landgerichtliche Urteil im Ergebnis und im Wesentlichen auch in der Begründung zutreffend ist, so dass der Senat weitgehend auf das angefochtene Urteil Bezug nehmen kann.

Im Hinblick auf die Berufungsangriffe des Antragsgegners gegen das landgerichtliche Urteil sind nur folgende Ausführungen veranlasst:

Zu Recht ist das Landgericht davon ausgegangen, dass der Gegenstand des am 1. Juni 2004 angemeldeten und am 29. September 2005 veröffentlichten deutschen Patents 10 2004 026 xxx (Streitpatent) eine gebundene Diensterfindung im Sinne des § 4 Abs. 2 ArbEG darstellt, die sich die Antragstellerin gemäß § 6 ArbEG aneignen konnte. Zum Beleg dafür, dass die Erfindung sowohl aus der dem Antragsgegner im Betrieb der Antragstellerin obliegenden Tätigkeit entstanden ist (§ 4 Abs. 2 Nr. 1 ArbEG) als auch maßgeblich auf Erfahrungen des Betriebes beruhte ( § 4 Abs. 2 Nr. 2 ArbEG), konnte sich das Landgericht ohne weiteres auf die "Erfindungsmeldung" des Antragsgegners vom 5. November 2004, seine "zusätzliche Erklärung für Arbeitnehmer" vom 16.November 2004 (Anlage CBH 4) und seine Klageschrift vom 20. Dezember 2004 im Verfahren 4a O 484/04 LG Düsseldorf berufen. Dass die dortigen Erklärungen unrichtig seien, hat der Antragsgegner in der Berufungsbegründung weder substantiiert dargetan noch glaubhaft gemacht.

Das Landgericht hat daher zu Recht angenommen, dass der Antragsgegner verpflichtet war, die Erfindung nach dem Streitpatent in einer den Vorgaben des § 5 ArbEG genügenden Weise schriftlich zu melden.

Die Bestimmung über die Meldepflicht dient der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit. Sie soll dem Arbeitgeber eine tatsächliche Unterrichtung über abgeschlossene innerbetriebliche Forschungs- und Entwicklungsarbeiten, den beteiligten Personenkreis, den Anteil des Betriebes und den Grad der erfinderischen Leistung vermitteln, um ihm eine Entscheidung über die Frage der Inanspruchnahme zu ermöglichen. Die Meldepflicht hat damit nicht nur die allgemeine Unterrichtung des Arbeitgebers von den durchgeführten Entwicklungsarbeiten zum Zweck, sondern soll ihn gezielt und vollständig auf vom Arbeitnehmer getätigte Erfindungen hinweisen (vgl. BGH, Mitt. 1996, 16 - gummielastische Masse). In der schriftlichen Meldung hat der Arbeitnehmer gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 ArbEG die technische Aufgabe, ihre Lösung und das Zustandekommen der Erfindung zu beschreiben. Beschreiben bedeutet ein deutliches und vollständiges Darstellen und Erläutern der Erfindung. Die Erfindung muss derart beschrieben werden, dass die Erfindung ausgeführt und deren Brauchbarkeit beurteilt werden kann; dem Arbeitgeber dürfen nicht dem meldenden Arbeitnehmer bekannte wichtige Details vorenthalten werden. Auch insoweit ist die Formvorschrift streng auszulegen. (vgl. Busse/Keukenschrijver, PatG, 6. Aufl., Rdn. 9 zu § 5 ArbEG). So genügt nicht die Mitteilung des in den Hauptanspruch einer Patentanmeldung aufzunehmenden Grundgedankens der Erfindung. Die Beschreibung ist unvollständig und unzureichend, wenn dem Arbeitnehmer bekannte besondere Ausführungsformen in der Meldung verschwiegen werden. Überhaupt kann die Frage, ob eine vollständige Beschreibung der Erfindung vorliegt, nur zutreffend beantwortet werden, wenn dasjenige, was im Zeitpunkt der jeweiligen Mitteilung an den Arbeitgeber bei dem Arbeitnehmer an Erkenntnissen vorhanden war, mit dem Inhalt der Meldung verglichen wird.

Dass der Antragsgegner eine diesen Vorgaben entsprechende Meldung seiner Erfindung gemacht hat, lässt sich allerdings entgegen der Ansicht des Landgerichts im summarischen Verfahren der einstweiligen Verfügung nicht feststellen. Weder das im Auftrag des Antragsgegners verfasste Schreiben von Rechtsanwalt S vom 30. März 2004 (Anlage 14) einschließlich der Ergänzung vom 29. April 2004 (Anlage 15) noch die "Erfindungsmeldung" vom 5. November 2004 enthalten eine ausreichende und vollständige Beschreibung der Diensterfindung nach Aufgabe, technischer Lösung und Zustandekommen. Hinsichtlich des zuletzt genannten Kriteriums hat das Landgericht dies zutreffend bezüglich des Schreibens vom 30. März 2004 angenommen. Soweit das Landgericht allerdings davon ausgegangen ist, bei Erhalt der Meldung vom 5. November 2004 sei der Antragstellerin klar gewesen, welche technische Lehre Gegenstand der Erfindung des Antragsgegners gewesen sei, weil sie das Schweißverfahren seit Mai 1999 weltweit benutze und der Antragsgegner auf die interne Projektnummer C 10915xxx und den "Award of exellence" Bezug genommen habe, ist darauf zu verweisen, dass weder vorgetragen noch sonst ersichtlich ist, dass das von der Antragstellerin seit 1999 benutzte Schweißverfahren in allen wesentlichen Parametern dem Inhalt der vom Antragsgegner am 27. Mai 2004 getätigten Patentanmeldung (Anlage CBH 1), die ersichtlich seine schon im März 2004 vorhandenen liquiden Erkenntnisse über die Erfindung wiedergeben, entsprach. Die Antragstellerin hat dies in Abrede gestellt (Berufungserwiderung S. 15 ff = Bl. 303 ff), ohne dass der Antragsgegner dem mit einem substantiierten Vortrag entgegengetreten ist. Dabei mag die Lehre des Hauptanspruchs 1 der Patentanmeldung noch der Meldung vom 5. November 2004 zu entnehmen sein; das gilt aber nicht für die Besonderheiten der Unteransprüche und der Ausführungsbeispiele, von denen weder vorgetragen noch ersichtlich ist, dass sie für den Fachmann nur platte Selbstverständlichkeiten enthalten, so dass sich insoweit eine Mitteilung an den Arbeitgeber erübrigt hätte. Die Antragstellerin hat daher zu Recht die Meldungen vom 30. März und vom 5. November 2004 beanstandet. Ob die vom Antragsgegner vorgenommene Meldung durch die "zusätzliche Erklärungen für Arbeitnehmer" vom 16. November 2004 (s. Anlage CBH 4) ausreichend vervollständigt worden ist, kann dahinstehen, weil die Inanspruchnahmeerklärung der Antragstellerin vom 8. März 2004 (Anlage CBH 5) dem Antragsgegner jedenfalls am 15. März 2005, wie er selbst geltend macht, also rechtzeitig, zugegangen ist (§ 6 ArbEG). Auf die vom Landgericht erörterte Frage, ob die Erklärung bereits am 8. März 2005 in den Briefkasten des Antragsgegners geworfen worden ist, kommt es daher nicht an.

Wie das Landgericht zutreffend dargelegt hat, ist das Streitpatent mit dem Zugang der Inanspruchnahmeerklärung (§ 7 ArbEG) auf die Antragstellerin übergegangen, so dass sich die vom Antragsgegner vorgenommenen Schutzrechtsverwarnungen als rechtswidriger Eingriff in das Recht der Antragstellerin an ihrem eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb darstellen und einen Anspruch der Antragstellerin auf Unterlassung derartiger Eingriffe begründen.

Mit durchweg zutreffender Begründung, auf die der Senat Bezug nehmen kann, hat das Landgericht auch eine Versäumung der Vollziehungsfrist durch die Antragstellerin verneint.

Insbesondere tritt der Senat der Auffassung des Landgerichts bei, dass die Beschlussverfügung vom 20. Oktober 2005 nicht dem damaligen anwaltlichen Vertreter des Antragsgegners gemäß § 172 Abs. 1 ZPO hätte zugestellt werden müssen. Denn es war im Zustellungszeitpunkt am 21. Oktober 2005 für die Antragstellerin nicht eindeutig geklärt, dass Rechtsanwalt K gerade für das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung als Prozessbevollmächtigter "bestellt" worden war, zumal der Antragsgegner in seiner persönlich abgefassten Schutzschrift vom 20. Oktober 2005 Rechtsanwalt K lediglich als "voraussichtlichen" Prozessbevollmächtigten bezeichnet hat.

Die zur Vollziehung der einstweiligen Verfügung erforderliche Zustellung konnte daher an den Antragsgegner persönlich erfolgen. Die Ausführungen des Landgerichts zur Wirksamkeit der vom Obergerichtsvollzieher M am 21. Oktober 2005 vorgenommenen Ersatzzustellung sind in vollem Umfang zutreffend, so dass der Senat sie sich zu eigen machen kann. Zu korrigieren ist nur das auf Seite 17 des angefochtenen Urteils wiedergegebene und vom Antragsgegner auf Seite 10 der Berufungsbegründung gerügte Zitat, das ersichtlich einen Schreibfehler enthält und statt "§ 181 ZPO" richtig "§180 ZPO" lauten muss.

Ergänzend ist noch darauf zu verweisen, dass dem Antragsgegner die einstweilige Verfügung nach seinem eigenen Vortrag am 22. Oktober 2005 tatsächlich zugegangen ist und dass er von ihrem Inhalt Kenntnis genommen hat. Soweit der Antragsgegner im ersten Rechtszuge nach Schluss der dortigen mündlichen Verhandlung geltend gemacht hat, die mit der Beschlussverfügung übermittelten Anlagen seien nicht vollständig gewesen, hat er diesen Vortrag in der Berufungsbegründung nicht wieder aufgegriffen; im Übrigen fehlen auch substantiierte Angaben dazu, welche Unterlagen gefehlt haben sollen und dass hierdurch das Verständnis dessen, was ihm untersagt worden ist, erschwert worden sei. Es ist deshalb davon auszugehen, dass etwaige Zustellungsmängel gemäß § 189 ZPO geheilt worden sind. Nach dem ersatzlosen Wegfall des früheren § 187 ZPO entspricht es überwiegender Meinung in Rechtsprechung und Literatur, dass auch bei der Zustellung von Beschlussverfügungen, die zur Wahrung der Vollziehungsfrist dient, Mängel geheilt werden können (vgl. z.B. Zöller/Stöber, ZPO, 25. Aufl., § 189 Rdn. 10; Baumbach/Lauterbach /Albers/Hartmann, ZPO, 63. Aufl., § 189 Rdn. 13; Berneke, Die einstweilige Verfügung in Wettbewerbssachen, 2. Aufl., Rdn. 315).

Da die Berufung des Antragsgegners erfolglos geblieben ist, hat er nach § 97 Abs. 1 ZPO auch die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Eines Ausspruchs zur vorläufigen Vollstreckbarkeit bedurfte es nicht, weil das vorliegende Urteil als zweitinstanzliche Entscheidung im Verfahren der einstweiligen Verfügung keinem Rechtsmittel mehr unterliegt (§ 542 Abs. 2 Satz 1 ZPO) und ohne besonderen Ausspruch endgültig vollstreckbar ist.






OLG Düsseldorf:
Urteil v. 26.10.2006
Az: I-2 U 29/06


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